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HIER$EMANNS HAI/DBUCHEB, BAND JH
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DAS
ÖLAS IM
ALTERTUME
HIERSEMANNS HANDBÜCHER
BAND III
HIERSEMANNS HANDBÜCHER
BAND III
ANTON KISA DAS GLAS IM ALTERTUME
UNTER MITWIRKUNG VON ERNST BASSERMANN-JORDAN
MIT EINEM BEITRAG ÜBER FUNDE ANTIKER GLÄSER :: IN SKANDINAVIEN VON OSKAR ALMGREN ::
ILLUSTRIERT DURCH 19 TAFELN
6 IN FARBENDRUCK, 6 IN AUTOTYPIE, 7 FORMENTAFELN
UND 395 ABBILDUNGEN IM TEXTE
IN 3 TEILEN
LEIPZIG
VERLAG VON KARL W. HIERSEMANN
1908
HIERSEMANNS HANDBÜCHER BAND III
Das Glas im Altertume
VON
ANTON KISA
' ' : AV'.
ERSTER TEIL
MIT 1 FARBENDRUCKTAFEL UND 153 ABBILDUNGEN IM TEXTE
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LEIPZIG
VERLAG VON KARL W. HIERSEMANN
1908
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Vorwort.
Nach mehreren vorbereitenden Arbeiten, wie die Katiilog-i- sierung" der bedeutendsten Privatsammlung- antiker Gläser Deutsch- lands, jener der PVau Maria vom Rath in KcUn und die Kinzel- pubhkationen über die rheinische (Glasindustrie, die Funde der Luxemburg-er Straße in Köln, die sog"enannten Vasa diatreta, die rätselhaften Murrinen, die Schlang-eng-läser und die Erfindung- des Glasblasens überg^ebe ich hiermit diese zusammenfassende Dar- stellung- der antiken Glasindustrie der Öffentlichkeit.
Sie ist das Ergebnis jahrzehntelang-er Studien. Als ich vor nun- mehr achtzehn Jahren mit der Ordnung und Inventarisierung- der reimischen Lokalaltertümer des Museums Wallraf-Richartz in Köln betraut wurde, fühlte ich mich als alter Kunstgewerbler vor allem für die Glasarbeiten interessiert, die aus den Kölnischen Xekropolen in so unvergleichlicher Fülle und Schönheit ans Tageslicht treten. Durch eine systematische Ausgrabungstätigkeit und durch glück- liche Ankäufe gelang es, in wenigen Jahren die bisher ziemlich stiefmütterlich behandelte .Vbteilung ungewöhnlich zu bereichern und insbesondere die Gläsersammlung zur größten und erlesensten der Rheinlande, wenn nicht zur hervorragendsten diesseits der Alpen überhaupt auszugestalten. Bei der Katalogisierung drängte sich mir die Frk(MiiitTns auf. daß die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiete mit der .Vusgriibungstätigkeit nicht gleichen Schritt gehalten habe. Freilich besitzen wir eine Anzahl vor- trefflicher Bearbeitungen des umfangreichen -Stoffes; in erster Linie ist die Marquardts zu nennen, welche in bezugr auf die \'^erwertung der antiken Schriftquellen musterg-ültig ist, dann die prächtige Publikation Froehners, die in ihrem geschichtlichen
VI
Teile ebenso g-ediegen, wie form\'ollendet ist, in technischen Fragen sich jedoch manche Blößen gibt. Beide ^Verke leiden, wie alle anderen Darstellungen daran, daß in ihnen einerseits die Anfänge der Glasmacherei in der ägyptischen Heimat, andererseits deren Fortentwickelung»" zur Fabrikation in den West- provinzen noch nicht die gebührende Würdigung finden konnten. Inzwischen haben namentlich die Funde von Flinders Petrie über jene neues Licht verbreitet und die rührige Lokalforschung in Rheinland, Belgien und Frankreich gezeigt, daß sich die gallischen Hütten vom IL Jahrhundert ab zu gleichvv^ertigen Wettbewerbern der alexandrinischen aufgeschwungen hatten.
So hat sich das Gesamtbild der antiken Glasmacherei ver- schoben. Meine Darstellung sucht diesem Umstände Rechnung zu tragen und vor allem die seit der Erfindung des Glasblasens begründete Vorherrschaft des farblos-durchsichtigen Glases mit allen Folgen festzustellen. Von den früheren Bearbeitern, welche zumeist vom antiquarischen Standpunkte ausgingen, unterscheide ich mich auch dadurch, daß ich die Glasmacherei der Antike als einen Teil der allgemeinen Geschichte der Kunst bezw. des Kunstg"ewerbes betrachte und deshalb lieber auf eine Schilderung der künstlerischen und technischen Errungenschaften, als auf epigraphische Beutezüge ausgehe. Stempel und Inschriften, die S^immler und Deuter in Hülle und Fülle gefunden haben, werden nur soweit berücksichtigt, als es das Streben nacli möglichster Vollständigkeit in der Aufzählung aller Merkmale wünschenswert erscheinen ließ.
Bei meinen Studien, namentlich iiuch bei meinen Reisen, habe ich manche freundliche Anregung und liebenswürdige Unterstützung durch Museumsvorstände, Privatsammler und Fach- genossen erfahren. Ich fühle mich ihnen dafür zu herzlichem Danke verpflichtet; insbesondere meinem leider allzufrühe von uns geschiedenen Freunde Professor Alois Rieg-1 in Wien, der bis kurz vor seinem Tode an den Fortschritten meiner Arbeit lebhaften Anteil nahm, den Herren Dr. Bassermann-Jordan in München, Regierungsrat Folnesics in Wien, Direktor Maßner
VII
in Breslau, Prof. AViedeiiiann in Bonn vnul IVof. Freiherrn von Bissing in ^München. WY^m meine Darstellung des Anteiles Ägyptens an der Entwickelung unseres Kunstgebietes gegen frühere den Anspruch auf möglichste Vollständigkeit und Korrekt- heit erheben darf, so ist dies zum großen Teile der selbstlosen und mühereichen Mitwirkung der beiden letztgenannten Gelehrten zuzuschreiben; sie hatten sogar die Güte die Korrekturen des ägyptischen Abschnittes zu lesen. Bei der Bearbeitung- der nordischen Funde ging mir ITerr Konservator Dr. Oskar Almgren vom Staatsmuseum in Christiania durch dankens- werte Hinweise auf die lokale Literatur an die Hand und ül)er- nahm es, jene in einem besonderen Kapitel des Werkes zusammenzustellen. Wie den genannten Forschern fühle ich mich auch dem Verleger, Flerrn Karl W. tliersemann gegenüber verpflichtet, welcher meinen \'orschlägen bezüglich der Ausstattung mit vollem Verständnisse und großer Opfer- willigkeit entgegenkam. Die Tafeln und Textbilder wurden, soweit sie nicht photographische Aufnahmen wiedergeben oder cinderen Werken entnommen sind, nach meinen Aquarellen und Zeichnungen hergestellt.
Godesberg, im Dezember 1906.
Änton Kisa.
Vorwort des Verlegers.
Mit dem vorlieöfenden Werke veröffentlicht der unter- zeichnete Verlag die Lebensarbeit des Museumsdirektors a. I)., Herrn Dr. Anton Kisa. Der hochverdiente (jelehrte, der in Fachkreisen mit Recht als hervorragender Spezialist, ja geradezu als Autorität für iintikes Glas galt, hat dem Thema lange Jahre seiner Tätigkeit gewidmet, aus der ihn im vorigen Herbste der Tod hinwegnahm, als er eben die letzte Hand anlegen und das Schlußkapitel beenden wollte. Der weitaus größte Teil des Werkes war bereits gedruckt, als die Katastrophe eintrat, die vSchlußbogen bis auf Abschnitt XII bereits abgesetzt und von ilim korrigiert.
Herr Dr. Ernst Bassermann-Jordan in München, durch verwandte Arbeiten und Interessen mit dem \'^erstorbenen seit langem verbunden, hat sich in liebenswürdigster Weise bereit gefunden, die Erledigung der letzten Revisionsbogen, die Durch- sicht, Zusammenstellung und Ergänzung des hinterlassenen Manu- skriptes zum letzten Abschnitt XII „vStempel und Inschriften auf antiken Gläsern" zu übernehmen. Außerdem hat der genannte Gelehrte, dem ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche, sich der mühsamen und zeitraubenden Aus- arbeitung des Registers unterzogen. So ist es, wenn auch mit einiger Verzögerung, dank der freundlichen und wertvollen Hilfe Dr, Bassermann -Jordans doch möglich geworden, das Lebens- werk Kisas, das auf lange Zeit hinaus als die wichtigste und umfassendste Veröffentlichung- über dieses Gebiet wird gelten müssen, in abgeschlossener Form herauszugeben.
Leipzig, I. Mai 1908.
Karl W. Hiersemann.
Inhaltsübersicht.
VORWORT.
I. Tl'-.IL. Seite
Abschnitt I . Die H e r s t e 1 1 u n g- des ( 1 1 a s e s . 3 — 30
Abschnitt II. Die O lasarbeit in Ägypten und
im alten Oriente 33 — 106
Ägypten 33 — 89
Phönizien 90 — 96
Syrien und Judiia 96 — 100
Mesopotamien loi — 105
Indien 105 — 106
Abschnitt III. Der antike Olas schmuck und
seine \' erbreit ung. Das Ismail 109 — 160
Abschnitt I\'. Die Verpflanzung der Industrie nach (Griechenland, Rom und
den Provinzen 163 — 255
Griechenland 163 — rS6
Oberitalien 187
Etrurien 187
Umbrien, Latium, Picenum, Cam-
panien 188
Apulien, Sizilien, Sardinien . . 189
Spanien 1S9 — 190
Gallien 190 — 204
Britannien 205 — 210
Skandinaxien 210 — 211
Dänemark 211 — 212
Schweden 212
Norwegen 213
(Germanien 213 — 255
Abschnitt \'. I'arbiges und farliloses Cilas.
Die ]-'rfindung der (Glaspfeile 259 — 307
X
II. TEIL.
Abschnitt VI. Die Ver wen düng; des Glases in d e r A n t i k e u II tl d i e g e b r ä u c h - liebsten Glaserformen
Altersbestimmungen ....
Abschnitt VII. Die Fadengläser
Die Alabastra und verwandte
.Arbeiten
Die Petinet- und Filigrangläser .
Die Fadenauflage
Die Schlangenfadengläser
Die Barbotine auf Glas
Die Nuppengläser
Abschnitt \TI i . \' a s a M u r r i n a u n d \^ a s a D i a t r e t a
Die Mosaikgläser
Die Überfanggläser
Das Opus interrasile in Glas (iravierte und geschliffene Gläser
III. TEIL.
Abschnitt IX. Die geformten Gläser.
Die Reliefgläser von Sidon und
Verwandtes
Campanische Reliefgläser Die gallischen Zirkusbecher . Gefäße in Naturformen
Abschnitt X. Bemalte und vergoldete Gläser
Die Goldgläser
Rheinische Goldemailgläser .
Gläserne Meßkelche
Spätere Goldgläser ....
Abschnitt XI. Die Funde antiker Gläser in Skandinavien
Abschnitt XII. Stempel und Inschriften auf antiken Gläsern
Register
Seite
311—397 376 — 397 401—497
401 — 419 419 — 424 425—444 444—472 472—479 479 — 497 501 — 692 501—569 569—591 591 — 630 631 — 692
695 — 804
695 — 722
722 — 725 726 — 750 751— S04
807 — 900 S34— 867 867—888 888 — 894 S95— 899
903 — 920
923 ff- 969
Verzeichnis der Tafeln.
In Farbendruck.
Seite
Teifel I. Altäg-3'ptisches Bunt<Tla.s und \'er\\ andtes.
(Bonn, Slg". AMedemann) 65
Tafel IL Balsamarien. (Köln, Slg. vom Rath) . . . .405
Tafel UI. Fadenbandgläser. Aus dem Schatze von Castel
Trosino. (Rom, Thermen-Museum) . . - 42 1
Tafel IV. Fadengläser. (Köln, Slgg. Xießen, vom Rath
und Mus. Wallraf-Richartz) 437
Tafel \" u. \L Schlangenfadengläser. Aus Kölner Grab- funden. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) 453 u. 469
In S c h w a r z d r u c k .
Tafel \TI. Die Portlandvase. (London, Britisches Museum) 565 Tafel VIII u. IX. Amphora in Cberfangtechnik. Aus
Pompeji. (Neapel, Museum) 581
Tafel X. Kopfglas. (Köln, Slg. Xießen) 613
Tafel XL üenochoe mit Vogelfedermuster. Aus Ilaus-
weiler. (Bonn, Provinzialmuseum). - . . 645
'I'afel XII. Rüsselbecher. (Köln, ^NIus. AVallraf-Richartz) . 661
L^ormentiifeln A bis G • Teil III am Schluß.
ce»53
Verzeichnis der Textbilder.
S.-ite
1. Grabrelief von Beni Hasan 3
2. Vase Tutmosis' III. (London, Britisches Museum) 5
3. Vase Tutmosis' III. (München, Antiquarium'i 7
4. Balsaraarium. Ägyptisch, um 1500 v. Chr 9
5. Amphoriskc. Ägyptisch, um 1500 v. Chr. Ii
6. Becher der Prinzessin Xsichonsu, 18. Dynastie 13
7. Baisamarium in Säulenform. (Brüssel, Musee du Cinquantenaire) .... 15
8. Vase Tutmosis' IV. Aus Theben 17
9. Kännchen aus dem Grabe Amenophis' II. in Theben 19
10. Fisch, Glasmosaik. (Wien, Österr. Museum) 21
1 1. Amphoriske. Ägyptisch. (München, Frhr. v. Bissingl 23
12. Ägyptische Balsamarien in Verpackung 25
13. Gefäßformen 27
14. Grabstein des M. Valerius Celerinus aus Astigis. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) 29
15. Tragegestell für Lagonen. (Xeapel, Museum) 35
16. Schmelzofen nach Agricola 37
17/18. Syrische Balsamarien 39,41
19. Groteske Maske. Alexandrinisch 42
20. Maskenperle. Ale.xandrinisch 43
21. Maskenperlen. Ägyptisch 45
22. Becher des Königs Sargon. (London, Britisches Museum) 47
23. Glasbügel von elruskischen Fibeln. (München, Antiquarium) 49
24. Schmuckperlen. Vorrömisch 51
25. Schmuckperlcn. Römische Kaiserzeit 53
26. Brustschmuck von Dahschür. (Kairo, .Museum) 56
27. Brustschmuck der A'hhötcp. (Kairo, Museum) 57
28. Armband der A'hhotep. (Kairo, Museum) 59
29/30. Gallische Emailfibeln 61,63
31. Große Glaskugel. (München, Frhr. v. Bissing! 64
3-. .Aggry-Perle 65
33. Schema des sogen. Gralsbechcrs. (Genua, Domschatz) 67
34. Schema des Bechers Theodelindes. (Monza, Domsohatz) 68
35. Becher der frühen Kaiserzeit 69
36. Gläser der frühen Kaiserzeit 71
37. Kännchen, türkisblau, mit weißen Fäden. (Breslau, Museum) 73
XIV
Seite
38/39. Kännchen mit Fadensclimuck. Au« rhein. Gräbern 75)77
40. Kännchen mit Fadenschmuck. Aus Köln 79
41 42. Gerippte Schalen. I. Jahrh '*^'i8i
43. Gerippte Schale, goldbraun. Köln. II. Jahrh 85
44. Kugelbccher, künstlich irisiert. (Köln, vom Rath) 87
45. Gepreßte Schale. (Köln, ehem. Sammig. Disch) 89
46. Muschelkanne. III. Jahrh. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) 91
47. Kegelkannc. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) 93
48. Traubenkanne. III. Jahrh. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) 95
49. Lagona mit Schlangenfäden. Köln 97
50. Murra aus Sackrau 9g
51. Römisches Plattengrab. Rheinisch. I. Jahrh loi
52. Schälchcn aus Kryslallglas. Ägyptisch. (München, Antiquariuni; . . . I03
53. Baisamarium aus Krystallglas. Ägyptisch. (Paris, Louvre) ..... 105
54. Aschenurnen aus Glas. Rheinisch 109
55. Aschenurnen. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) iii
56. C)lfläschchen. (Köln, ehem. Sammig. Merkens) 11:;
57. Stamnium und Faßkannen. Köln, II. jahrh 115
58. F'aßkanne. (Köln, Mus. Wallraf-Richarlz'i T16
59. Faübecher. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) 117
60. Kannen und Delphiniläschchen. (Köln, vom Rath) 119
61. Delphinfläschchen. (Köln, Nicßen) 121
62. Delphinfläschchen. (Köln, Mus. Wallraf-Kichartzj 123
63/63a. Badefläschchen mit Bronzeverschluß und Henkel. (Köln, Nießen) . 125, 126
64. Prismatische Kannen aus Ale.xandrien 127
65/66. Merkurflaschen. (Köln, vom Rath und Nießen) 129. 131
67. Amphoriske aus farblosem Glase. (Neapel, Museum) 133
68. Kugelfläschchen und Balsamarien. (Köln, vom Kathi 135
69. Askos aus Glas. (Neapel, Museum) 137
70. Becher mit durchbrochenem Ringkragen. (Ronen. .Museum) 139
71. Gefäß in Form eines Korbes. (Köln, Nießen) 141
72. Trinkgefäß mit Widderkopf. Terrakotta, .'\ttisch 143
73. Tonlampen. (Mannheim, .Antiquarium) 145
74. Becher aus Glas in F"orm eines Nachens. (Mailand, Mus. Poldi-Pezzoli) . 147
75. Flandspiegel. (Regensburg, Antiquarium) 149
7'). Glocke und Trichter aus Glas. Rom und Neapel 150
77. Gruppe von Glasgefäßen. Rom und Neapel 151
78/79. Zierflaschen mit Muschcllicsatz. (Köln, vom Rath und Trier, Museum) 153, 155
80. Taubenkanne. (Köln, Museum) 157
81. Baisamarium mit Korbmuster. Agvptisch J59
82. Lekythos mit sog. F'arnkrautmuster. Ägyptisch 165
83. Fläschchen mit bunter Aderung. (Neapel, Museum) . 167
84/85. I'läschchen mit farbigen Streifen. (Breslau, Museum und Ne\v-"\'or]c,
.Metrop. .Museum 169, 171
86. Fläschchen mit bunter Aderung. (^.Xew-York, Metrop. Mus.) 173
XV
Seite
87. Fläsclichen mit Korbmustcr. (Neapel, Museum) 175
88. Schale mit farbigen ReticcUastreifen. (Florenz, Mus. archcol) .... 177
89. Fläsclichen mit Spiralfaden. (Breslau, Museum) 179
90 91. Ciläser mit Spiralfadenschmuck . . . 18 r, 183
92. Gläser mit Fadenschmuck. (Köln, ehem. Sl^:. Merkens) 1S5
93. Kanne mit Spiralrippung. (Köln, vom Rath) 187
94. Becher mit gerippten Fäden. (Namur, Museum) 189
95. Gläser mit Spiralfäden. (Köln, vom Rath) 191
96. Gläser mit Netz- und Zickzackfäden. (Köln, vom Rath) 193
97. Gläser mit Fadenverzierung. (Köln, vom Rathi 195
98. Xctzbecher. (Köln, Museum) 197
99. Kännchen mit Xetzverzierung. (^Trier, Museum) 199
100. Gläser mit F'adenverzierung .201
101. Sog. Hornbecher. (Dcidesheim, Bassermann-Jordan) 203
102. Fränkische Becher. (Köln, Xicßen) 205
103. Trinkhorn. (Köln, vom Rath) 207
104. Trinkhorn aus Castel Trosino. (Rom, Musco (^ivico) 209
105. Parfümfläschchen in Gestalt eines Schweinchens. (Köln, .Museum) . . . 211
106. Gläser mit Zickzackfäden. (Köln, ehem. Slg. Merkens) 213
107. Napf mit Zickzackfäden. (Breslau, Museum) 215
J08. Xapf mit Buckeln und Zickzackfaden. (Köln, Xießen) 217
109. Becher mit Xetzwerk. Venezianisch. 18. Jahrh. (Paris, Basilewsky) . 219
I 10. Tonbecher mit Schuppen. (Köln, Museum) 221
111. Becher aus terra sigillata. Aus Arberg 223
112. Becher mit aufgesetzter farbiger Weinranke. (Paris, Louvrci .... 225
113. Oenochoe mit farbigem Fadenschmuck. (Brüssel, Musee du Cinquant.) . 227 114 115. (iläser mit farbigen Schlangenfäden. (Köln, vom Rath) . . . .229,231
116. Ilelmglas mit Fadenverzierung. (Köln, Mus. Wallraf-Richartzj .... 233
117. Trulla mit farbigen Schlangenfäden. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) . . 235
118. Oenochoe mit farbigen Schlangenfäden. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) . 237
119. Carchcsium. smaragdgrün, mit Fadenverzierung. 1 Köln, Mus. Wallraf-Richartz) 239
120. Kanne mit Rosettenschmuck. (Köln, Museum) 24.1
121. Stamnium mit Schlangenfäden. (Köln, Museum) . 243
122. Flasche mit Schlangenfäden. (Köln, Museum) 245
123. Stengelbecher mit Schlangenfäden. (Köln, Xießen) ........ 247
124. Xapf mit Schlangenfäden. (Köln, Xießen) . 249
125. Helmglas mit Schlangenfäden. (Köln, ehem. Slg. Discli) ..... 250
126. Pilgerflasche mit Schlangenfädcn. (Köln, Xießen) 253
127. Becher mit Schlangenfäden. (Bonn, .Museum) 255
128/129. Gläser mit Schlangenfäden 259,261
130. Kanne mit Schlangenfäden. (Boulognc, .Museum) 263
131. Flasche mit Barbotineschmuck. (Köln, Museum) 265
132. Becher mit F'adcninschrift. • (Rouen, .Museum) 267
133. Bruchstück eines Bechers mit Fadeninschrift. (Köln, Museum.) .... 268
134. Boden eines Goldglascs mit Fadeninschrift. (^London, Britisches Museum) 269
XVI
Seile
35. Gallischer Trinkbecher mit Barbotine. (Köln, Museum) 271
36. Jagdbecher mit Barbotine. (Köln, Museum.) 273
37. Besatzstücke 275
38. Araphoriske mit Lotusknospen. (Köln, Museum) 277
39. Becher mit Netzwerk und Lotusknospen 279
40. Becher mit Netzwerk und Rosetten. (Bonn, Museum) 281
41. Becher mit Ilerzauf lagen. (Ronen, Museum) 283
42. Becher mit dreieckigen Auflagen. (Rom, Kircherianum) 285
43. Becher mit langgezogenen Tränen. (Ronen, Museum) 287
44. Nuppengläser. (Köln, vom Rath) 289
45. Polypenbecher. (Köln, vom Rath) 291
46. Flasche mit Fadenverzierung. (Köln, vom Rath) 293
47. Kugelflasche mit farbigen Nuppcn. (Köln, Niellen') 295
48. Becher mit farbigen Nuppen und Zickzackband. ' Jvöln, Museum) . . . 297
49. Cantharus mit farbigen Nuppen. (Köln, Museum) 299
50. Rüsselbccher. Fränkisch. (Wiesbaden, Museum) 301
51. Rüsselbecher. Fränkisch. (Köln, Museum) 303
52. Kugelbecher mit Stacheln. (Köln, Museum) 305
53. Gruppe von Gläsern 307
54. Becher mit farbigen Nuppen. (Deidesheim, Basscrmann-JorJan) . . . 313
55. Cantharus mit Tränen. (Köln, ehem. Slg. Merkens) 315
56/158. Henkelformen 317,319,321
59/160. Gruppe von Gläsern 323, 325
61. Becher aus d. Silberschatze v. Bosco Reale. Alexandrien. (Paris, Louvre) 327
62. Gläser mit Fadenverzierung. (Köln, vom Rath i 329
63. Napf mit Doppelrand. (Köln, Nießen) 332
64. Becher mit acht Henkeln. (Breslau, Museum) 333
65. Cantharus mit Kettennetz. — Cantharus mit Kettenhenkeln. — Naj^f mit
Fadenverzierung am Rande. (Rom, Vatikan und Neapel, Museum) . 335
66. Becher mit Wellenfaden. (Köln, Museum) 337
67/16S. Gruppe von Gläsern. (Köln, ehem. Slg. Merkens) 339» 34l'
69. Satyrmaske in Glasmosaik. (Rom, ehem. Slg. Sarti, jetzt München, -Antiquarium) 344
70. Silenmaske in Glasmosaik. (Rom, ehem. Slg. Sarti, jetztMünchen, Anticjuarium) 345
71. Tigerkopf in Glasmosaik. (Rom, ehem. Slg. Sarti, jetztMünchen, Antiquarium) 347
72. Mosaikeinlage. (Rom, ehem. Slg. Sarti, jetzt .München, Antiquarium) . . 349
73. Rosette in (jlasmosaik. (Rom, ehem. Slg. Sarti, jetzt München, Antiquarium) 351
74. Streifenmuster in Glasmosaik. (Rom, ehem. Slg. Sarti, jetzt München, Slg.
Arndt) 353
75. Ornamentfüllung in Glasmosaik. (Rom, ehem. Slg. Sarti) 356
76. Randornament in Glasmosaik. (Rom, ehem. Slg. Sarti, jet/.t München,
Antiquarium) 357
77. Bildchen in Glasmosaik. (München, Antiquarium) 359
78. Randeinfassung in Glasmosaik. (München, Antiquarium) 362
79. Rosettenfüllung in Glasmosaik. (München, Antiquarium) 363
So. Randornament in Glasmosaik. (München, Antiquarium) 365
xvu
Seile
i8i. Blumenmuster in Glasmosaik. (Wien, Österr. Museum) 368
1S2. Blumenmuster in Glasmosaik. (Wien, Österr. Museum) 369
183. Ornament in Glasmosaik. (Wien, Österr. Museum) 371
184. Schachbrettmuster in Glasmosaik. (Wien, Österr. Museum) 374
185. Augenmuster. (Wien, Österr. Museum) 375
1S6. Onyx-Cameo mit der Vergötterung des Augustus. (Wien, llofmuseum) 377
187. Sardony.x-Cameo mit Gcrmanicus v(ir Tiberius und Livia. (l'aris, Xational-
bibliothek) 379
188. Reliefs der Portlandvase. (London, Britisches Museum) 381
189. Attys vom Boden der Portlandvase. (London, Britisches Museum) . . . 383
190. Sog. Auldjo-Vase. (Neapel, Museum) 3S6
191. Trulla mit Überfangdekor. Aus Pompeji. (Neapel, Museum) .... 3S7 igzj ig2a. Flasche mit bacchischer Szene in Uberfangtechnik. (Florenz, Mus.archcol) 390
193. Apollo u. Musen. Relief in Uberfangtechnik. Angebl. v. Theater des Scaurus 393
194. Lampe mit Harpokrates 395
195. Bruchstück eines Reliefs in Überfang. (München, Frhr. v. Bissing) . . 402
196. Bruchstück einer Vase mit Überfangdekor. (Bonn, .\kad. Museum) . . 403
197. Schale von Sackrau. (Breslau, Museum) 405
198. Medusa in Uberfangtechnik. (Köln, Nicßen) 408
199. Relief in Uberfangtechnik. (London, Kensington-Museum) ..... 409
200. Ägyptische Amphora. (London, Kensington-Museum) 411
201. Oenochoe mit Vogelfedernmuster. Aus Hausweiler. (Bonn, Museum) . 413
202. Baisamarium in Süulenform. Ägyptisch. (London, Kensington-Museum) 415 203 203 a. Vas murrinum. (New-Vork, Metropolitan-Museum) . . . . . 418, 419
204. Schale aus Mosaikglas. (London, Kensington-Museum) 421
205. Mosaikschale aus Trier. (Trier, Museum) 423
206. Muschelkanne. (Köln, Mus. Wallraf-Richartz) 425
207. Fadeninschrift auf einem Fondo d'oro. (Rom, ehem. Slg. Sarti) . . . 427 208/208 a. Cantharus in Silberfassung. (Petersburg, Eremitage) . . . . . 431
209. Becher in Silberfassung. Aus Varpelev. (Kopenhagen, Museum) . . . 433
210. Becher in Silberfassung. (Ronen, Museum) 435
211. Murrinenschale. (Köln, Nießen) 437
212. Murrinenschale. (Hamburg, Kunstgewerbe-Museum) 439
213. Murrinenschale. Aus Heilange. (Luxemburg, .Museum) 441
214/215. Murrincnschalen. (Trier, Museum) 444,445
216. Mosaikschale. (Köln, vom Rath) 447
217/218. Fadenbandgläser. (Köln, Museum u. ehem. Slg. Merken.s) . . .450.451
219. Gerippte Schale. (Köln, Museum) 453
220. Netzbecher aus Köln. (Berlin, Museum) 455
221. Netzbecher aus Köln. (München, Antiquarium) 457
222. Netzbecher von Hohensülzen. (Bonn, Museum) 461
223. Netzbecher aus Daruvar. (Wien, Hofmuseum) . . 465
224. Netzbecher. (Mailand, Marchcse Trivulzio 469
225. Netzbecher, ehem. in Straßburg 473
226/227. Situla. (Venedig, San Marco) . .477,481
XVIII
Seilt-
228. Geschliffener Becher. (Mailand, Cagnola) 4S5
229/229 a. Geschliffener Becher aus Szezsard. (Ofen-Pest, Nationalmuseum) 488,489
2^0. Netzglas. (Ofen-Pest, Nationalmuseum) 491
231. Bruchstück eines geschliffenen Krystallbechcrs. (Wien, Hofmuseam) . . 49:5
232. Scherbe eines geschliffenen Glases. (Wien, Oesterr. Museum) .... 495
233. Lykurgosbecher. (London, Lionel Rothschild) 497
234. Gläser mit gravierten Reifen. (Köln, vom Rathl 50^
235. Stamnium mit Liniengravierung. (Köln, Nießen) 507
236. Kugeltlasche mit geschliffenem Netzmuster. (London, Kensington-Muscum) 511
237. Cantharus mit Liniengravierung. (Köln, Nießen) 515
23S. Teller mit geschliffenem Rosettenmuster. Köln 519
239. Gläser mit Hohlschliff und Gravierung. (Köln, vom Rath) 523
240. Teller mit Fassettenschliff. (Köln, Museum) 527
241. Kugeltlasche mit Fassettenschliff. (Köln, Museum) 531
242. Becher mit eingeschliftener Inschrift u. Ornamentik. Aus Krain . . . 535
243. Becher aus geschliffenem Krystallglase, (Trier, Museum) 539
244. Schematische Ansicht von Puteoli. Schlifl' einer Kugelflasche aus Odemira 543
245. Stamnium mit bacchischer Szene in Hohlschliff. Aus Hohensülzen. (Bonn,
Museum) 547
246. Beclier mit Szene aus dem Lynkeus-Mytlms in Hohlschliff. (Köln, Museum) 551
247. Lynkeusbecher. (ivöiln, Museum) 555
248. Becher mit Venus u. Amor an der Weinsclienke. Graviert. (Bonn, Museum) 559
249. Becher mit Amoren in leichtem Hohlschliff. (Köln, Museum) . . . . 563
250. Bruchstück einer Vase mit Wagenrennen. Hohlscliliff. (Trier, Museum) 566
251. Bruchstück einer Vase mit Wagenrennen. Gravierung. Aus Pisa . . . 5^7
252. Becher mit Amoren und Ranken in Gravierung. (Bonn, Museum) . . 571
253. Kugelflasche mit Amor auf der Löwenjagd, llohlschliff. (Köln, Museum) 575
254. Schale mit Medusa u.Fassetten in Hohlschliff. (New-York, Metropolit. -Museum) 579
255. Besatzstück mit Medusa in Hohlschliff. (Trier, Museum) 581
256. Probe von Liniengravierung auf einem Becher aus Köln. (I:'>onn, Museum) 585 257/257a. Becher m. Gravierung; Gladiatoren i. Kampf geg. wildeTiere. (Trier,Mus.) 589
258. Becher mit Reigentanz in Hohlschliff. (Köln, vom Rath) ...... 593
259. Becher mit Auferweckung des Lazarus in Hohlschlift". (Köln, vom Rath) 597 26o/26oa. Siegesbecher aus Sidon. (New-York, Metropol. -Museum) .... 602
261. Etruskischer Bronzespiegel mit Gravierung . 607
262. Schale mit Neptun. Aus Köln. (Berlin, Museum) ........ 61 1
263. Teller mit Hirschjagd in Gravierung. (Köln, vom Rath) 615
264. Teller mit Abrahams Opfer in Gravierung. (Trier, Museum) . . . . 619
265. Teller mit Susanna und den beiden Alten in Gravierung. (Köln, vom Rath) 623 266/268. Fläschchen, geformt. (New- York, Metropolit. -Museum) . . 628, 629, 633
269. Kännchen, geformt, (l'.reslau, Museum) 637
270. Kännchen, geformt. (Salzburg, Museum) 642
271. Becher mit Gottheiten, geformt. (Petersburg, Eremitage) 643
272. Geformte Gläser. (Neapel, Museum) 647
273/273 a- Amphoriske des Ennion. (New-York, Metropolitan-Museum) . .652,653
XIX
Seite
274. Amphoriskc des Eiinion aus l'anticapäum. (Petersburg, Eremitage) . . 657 275/275au. b. Becher des Ennion. Vom Agro Adriese ..;... .662,663
276/276au. b. Becher des Ennion. \'om Agro Adriese 668,669
277. Becher, geformt 673
278. Eimer, geformt 677
279/279a. Zirkusbecher mit Darstellung eines Wagenrennens. Aus Couven.
(Namur, Museum) 682, 683
2S0. Zirkusbecher mit Darstellung eines Wagenrennens. Aus Colchester . . 687
281. Zirkusbecher mit Gladialorenkämpfen. Aus Mondragone. (Xew-York,
Metropolitan-^luseum) 697
282. ZirkusbechermitDarstellungeinesWagenrennens. Aus Schönecken. (Trier, Mus.) 699
283. Bruchstück eines Zirkusbechers mit riladiatorenkämpfen. (Trier, .Museum) 701
284. Gruppe von Zirkusbechern mit Gladiatorenkämpfen 7^3
285. Becher mit Sinnspruch und Rankenfries 7°?
286. Becher in Form eines Satyrkopfes. Terrakotta, griechisch 710
287. Baisamarium in Form eines Frauenkopfes. Terrakotta, süditalisch. (Rom,
ehem. Slg. Sarti) 7 1 1
288. Pilgerlläschchen aus Syrien. (Rom, ehem. Slg. Sarti) 715
289. Büste eines Imperators. Lapislazuliglas. (Köln, Nießen) 7^9
290. Fläschchen mit Masken. (Wiesbaden, IMuseum) 'J22
291. Fläschchen in Gestalt einer Medusa 7-3
292. Fläschchen in Gestalt einer Doppel-Medusa. (Köln, ehem. Slg. Merkens'l 727
293. Fläschchen mit Medusa. (Köln, vom Rath) 73°
294. Fläschchen mit Medusa. (Köln, ehem. Slg. Merkens) 731
295. Fläschchen mit Doppel-Medusa. (Köln, Museum) 735
296. Fläschchen mit Doppelkopf. (Xew-Vork, Metropolitan-Museum) . . . . 737
297. Kanne in Form eines männlichen Kopfes. (Köln, Nießen) 739
298. Kanne in Form eines Frauenkopfes. (Xew-York, Metropolit. -Museum) . 743
299. Flasche in Form eines Januskopfes. (Köln, Museum") 745
300. Kanne in Form eines karikierten Xegerkopfes. (Köln, vom Rath") . . . 747
301. Becher in Form eines Negerkopfes. (New- York, Metropolit.-Museum) . . 749
302. Fläschchen in Form eines karikierten Frauenkopfes. (Köln, vom Rath) . 751
303. Flasche in Form eines karikierten weiblichen Negerkopfes. (Köln, Museum) 753
304. Flasche in Form eines karikierten Kopfes. (Köln, Nießen) 756
305. Kännchen in Form eines karikierten Kopfes. (Köln, Nießen) .... 757
306. Flasche mit Gesichtszügen. Modern. (Speyer, Museum) 759
307. Flasche in Gestalt eines sitzenden .Vffen mit der Syrinx. (Köln, Museum) 761
308. Parfümflasche in Gestalt eines Vogels. (Köln, vom Rath) 763
309. Traubenkanne. (Brüssel, Musce du Cin(|uantenaire) 765
310. Traubenkanne. (Köln, Museum) 7^7
311. Traubentlasche. (Köln, vom Rath) 7^9
312. Traubenkannc. (Köln, Museum) 77"
313. Muschelkanne. (Köln, Nießen) 773
3I4/3l4a. Becher mit Konchylien. (Trier, Museum) 776, 777
315. Becher mit Konchylien. (Vatikan) 7^1
XX
Seite
316. Becher mit Konchylicn. (Köln, Museum) 783
317. Gläser mit Falten und Eindrücken. (Köln, Xießen) 7S5
31S. Faltengläser. (Köln, vom Rath.) 787
319. Kürbisflasche mit Zackenfuß. (München, Zettlcr) 789
320. Gläser mit Rippen, Eindrücken und Falten . . . 791
321. Gläser mit Falten und Kanneluren. (Neapel, Museum) 793
322. Kännchen mit Spiralfaden u. Kanne mit Kürbisrippen. (Wiesbaden, Mus.) 795
323. Strigilierter Becher. (Köln, Museum) 799
324/324a. Frontinuskanne. (Deidesheim, Bassermann-Jordan) S02, 803
325. Kanne mit Schrägrippung. (Köln, Nießen) S09
326. Kanne mit Rippenansätzen. (Köln, Museum) 811
327. Kürbiskanne aus dem Spessart. XVI. Jahrh 813
328. Gebuckelte Kanne. (Köln, Nießen) 815
329. Becher mit Buckelung. (Köln, Museum) 817
330. Becher geformt. (Paris, Sambon) 819
331/331 a. Becher mit Emblemen, geformt. (Paris, Sambon) 822,823
332. Kanne, geformt. (Paris, Sambon) 825
333. Fränkische Schale mit Monogramm Christi 827
334. Saugheber aus rheinischen Gräbern 829
335/335^ u. b. Scyphus aus Blei. Mit Glaseinsätzen 831,832,833
336. Bruchstücke eines Goldglases mit Plan einer Stadt. (Bonn, Museum) . . 835
337. Tongefäß von Charinos. (Berlin, Antiquarium) 837
338. Flasche aus Syrien, mit Satyrszene. (Paris, Louvre) 839
339/339 a. Becher mit Pigmäenkampf, bemalt. Aus Nimes 840, 841
340. Becher aus Khamissa, bemalt. Aufrollung 843
341. Zwei Rosetten von Glasdeckeln. Aus Algier 844
342. Deckel mit Amor. (Paris, Hamberg) 845
343. Fläschchen, mit Fischen und Skorpion bemalt 847
344. Scherbe eines Bechers mit Jagdszenc. (Köln, Museum) 848
345. Flasche, rotes Glas mit aufgemalter Quadriga. (Bonn, Museum) . . . 849
346/346a. Fläschchen mit Rennpferden. (Bonn) 85 1
347/347 a. Becher mit Tierkampf, gemalt. (Kopenhagen, Museum) . . . 852, 853 348/348a. Becher mit Tierkampf, gemalt. (Kopenhagen, Museum) .... 856, 857
349. Becher mit Tieren, gemalt. (Kopenhagen, Museum) 859
350. Becher mit drei Vögeln und der Inschrift DVBP. (Kopenhagen, Museum) 860
351. Becher mit Tieren (Kopenhagen, Museum) 861
352/353. Piecher mit Gladiatoren. (Kopenhagen, Museum) 863, 865
354. Goldglas mit Brustbild der Stadtgöttin Alexandria. (Wien, Graf) . . . 866
355. Goldglas mit Brustbild, gemalt. (London, Britisches Museum) .... 867
356. Goldglas mit Achilles u. den Töchtern des Lykomedes. (Pesaro, Mus. Olivieri) 869
357. Goldglas mit parstellung eines Schiffsbaumeisters. (Vatikan) . . . . 871
358. Goldglas mit Abbildung einer römischen Weinschenke. (Vatikan) . . . 872
359. Goldglas mit Viergespann. (Paris, Privatbesitz) 873
360. Goldglas mit Faustkämpfern 875
361. Goldglas mit Darstellung des siebenarmigen Leuchters in Emailmalerei . 877
XXI
Seite
362. Goldglas mit jüdischen Kultusgeräten in Emailmalerei. (Vatikan) . . . 879
363. Goldglas mit Darstellung des Wunders des Sonnenzeigers 881
364. Goldglas mit Adam und Eva. (Rom, ehem. Slg. Sarti) 882
365. Goldglas mit Adam und Eva. (London, Britisches Museum) 883
366. Goldglas mit zwei d. Magier von d. Anbetung des Kindes. (Großenhain, Zschille) S85
367. Goldglas mit Auferweckung des Lazarus 887
368. Goldglas mit einer Taube. (Köln, ehem. Slg. Merkens) 889
369. Schale von St. Ursula. (London, Britisches Museum) 891
370. Schale von St. Severin. (London, Britisches Museum) 893
371. Becher mit Schlangenfaden. (Kopenhagen, Museum) 895
372. Brandgrab mit Totenbeigaben vom Grabfeldc d. Luxemburger Straße in Köln 897
373. Fränkisches Grab aus Vermand . 899
374. Schale, Mosaikglas. Aus Fünen 903
375. Becher, unten mit Vcrtikalrippen. Aus Vestergötland 904
376. Becher mit Fassettenschliff. Aus Varpclev 904
377. Becher mit Fassettenschliff. Aus Sojvide 905
378. Becher mit eingeschliffenen Ovalen. Aus Vallstenarum 906
379. Becher mit eingeschlittenen Ovalen. Aus Bremsncs 907
380. Becher mit griech. Inschrift. Aus Vorning 907
381. Bruchstücke eines Glasgefaßes in der Technik d. Barberini-Vase. Aus Solberg 908
382. Becher mit Schlangenfadenverzierung. Aus Xordrup ....... 908
383. Trinkhorn mit Schlangenfadenverzierung. Aus Österhvarf ...... 909
384. Becher mit Netz- und Fadenauflage. Aus Oland 910
3S5. Schale mit Nuppenverzierung. Aus Haugstad 911
386. Hornbecher. Aus Norwegen 912
387. Rüsselbecher. Aus Vendel 913
388. Becher mit Fadenauflagen. .\us .-Mands 914
389. Becher ohne Fuß. Aus Bjärs . 915
390. Vase aus gelbbraunem Glase. .\us Gotland 915
391. Trichterförmiger Becher. .\us Björkö 916
392. Zylindrischer Becher. Aus Björkö 917
393. Becher mit Vertikalrippen und Fadenverzierung. Aus Björkö . . . 918
394. Traubenbecher. Aus Björkö 919
395. Kugelbecher mit rotem Rand. .\us Björkö 920
ce»5]
Die Herstellung des Glases.
Kisa, I 'as Glas im Altcrluinc
Abi). 1. Grabrelief von Beni Hasan.
Die Herstellung des Glases.
Glas ist ein Schmelzprodukt, eine bei hoher Temperatur dünnflüssig"e, beim Erkalten ^lllmählig aus dem zähflüssigen in den starren Zustand übergehende Masse, deren Hauptbestandteil, die Kieselerde, aus miiglichst reinem Flußsande gewonnen wird. Um diese im Feuer schmelzbar zu machen, müssen sog. Fluß- mittel zugesetzt werden, Alkalien, welche zugleich durch ihre verschiedenen Eigenschaften die Sorten des Glases bestimmen. Im .Altertume benützte man dazu teils vegetabilische Alkalien, wie Pflanzenasche, namentlich die vom Farnkraut und der Buche, die noch heute neben der Plichenasche bei der Her- stellung gewöhnlicher Weinflaschen verwendet wird, teils ein von dem älteren Plinius, unserer llauptquelle für antike Tech- niken, als Nitrum bezeichnc^tes Produkt. \) Darunter ist ein mineralisches Alkali, natürlic^lie Soda oder Pottasche zu xcr-
^) Plinius, historia naturalis II, 36, 66. Gaius Plinius Secundus Maior, geboren 23 vor Chr. zu Como, verunglückt beim Ausbruche des Vesuvs 79 nach Chr. in Pompcii. Er Schrieb eine llistoria naturalis in 37 Büchern, das wichtigste Do- kument für antike Natur- und Kunstgeschichte und Kenntnis der Kunsttechnik, sehr vielseitig, aber nicht frei von Irrtümern und Flüchtigkeiten. Gerspach nennt ihn darum in seiner Verrerie antique, Paris 1885, S. 10: ,,Un litterateur traitant sans aucune preparation des sujets scientifiques", und Cuvier stimmt ihm darin bei. Über das Glas handelt er besonders im 36. Kapitel seines II. Buches, doch finden sich auch in anderen zahlreiche Notizen darüber zerstreut.
I*
stehen/) die namentlich in Thr^ikien, Makedonien und Ägypten tfewonnen, in Naukratis und Memphis, zwei Hauptorten der ägyp- tischen Glasindustrie neben Alexandrien und früher Theben, fabriks- mäßig hergestellt wurde. "■^) Der fein zermahlene und zerstoßene Kiessand wurde im Verhältnisse von 9 zu 3 mit dem Flußmittel vermischt und in irdenen Gefäßen in den Ofen zum Schmelzen gestellt. ■') Vor der Rrfindimg des Schmelzofens schmolz man diese Mischung in Krdgrul^en, doch erhielt sich diese primitive Art neben der \orgeschrittenen namentlich im Oriente bis in das Mittelalter hinein. Dabei darf man sich freilich nicht mehr auf die Szenen in dem (irabe von Beni Hasan in Ägypten aus der 4. Dynastie berufen, wo ein sehr primitiver Ofen ab- gebildet ist, weil in ihnen, wie in folgendem ausgeführt werden wird, gar nicht Glasarbeit, wie man früher ann^ihm, dargestellt ist. Die mit Soda gemischte Schmelze ergab im ersten Brande die Fritte, griechisch Mülit'iig genannt, die mit eisernen Löffeln aus- geschöpft und in flachen Pfannen einer erneuten stärkeren Glut ausgesetzt wurde. 1 liezu gebrauchte man in Agy])ten mit \"or- liebe die Wurzeln und Stiele der l'apvrusstaude, doch zog man nach Plutarch vielfach das Holz der Tamariske \or, die in Syrien und am Nil die Größe einer Fiche erreicht. Mit Hilfe dieser stärkeren Feuervnig kam die Masse bald in Flui), wurde tüchtig aufgerührt und \'erwandelte sich in das i lammonitrum, eine fettige, schwärzliche Masse, die weiter gekocht wurde, verschie- dene Zusätze erhi(4t und sich nach dem Abschöpfen des Schaumes in reines ( rias \-erwandelte. ¥Ä\\ Zusatz \'on .Schwefel machte nach T'linius die Masse hart wie vStein. Doch auch andere Zu- sätze kannte man. Gewöhnlich ist das antike (rlas nach seinen Hauptbestandteilen Kieselsäure. Kalk und Natron mit einem modernen Ausdrucke als Natronglas zu bezeichnen, sehr häufig
^) Niclit wie Froehner ,,Verrcrie antique, Collection Charvet", Paris 1879, S. 10, nach 11g in Lobmeyrs Glasindustrie, StuUgart 1874, meint, Salpeter. Künstlichen Salpeter vermochten die Alten noch nicht darzustellen. Vgl. Beckmann, Beiträge zur Geschichte der Erfindungen V, S. 511 tT. und C. Friedrich in seiner Rezension von Frochners Werk, Bonner Jahrbuch 74, S. 104 f.
-) Plinius 31, 311.
^) Vitruv VII, II. Froehner nimmt dabei an, dass Plinius seine Proportion 3 : I nach dem r)uodczsystcm berechne.
5
ist es al:)er aus Kieselsäure. Kalk und Kali zusaniUKMi^'esetzt. in unserem Sinuc also KaliLjias. wir es in ilrv luodenu'n Industrie xorlicrrselu. I lautii^- sind der antiken Mischung" auf natürlicheui We^c, dureli X'erunreini^unL;- des Sandes, Blei und J'äsen beis^'ctuti't , wck^hen in erster Linie die starke \'er- witterung' der (iläser. besonders wenn sie in sandii^cin l-)oden steckten, und der Ansatz einer ( )xvdschieht , der \on Sannnlern oft iil)ertrie])en hewertt^ten Iris, zuzuschreil)en ist. Doch s(»tzte man lUeioxvde oft absichtlich zu, um das Glas rein und durchsichtii.>' zu machen. I'.s tMj^Miete sich in diesem Zustande, oi)\vohl es an 1 (arte verlor, besonders zum SchiuMd(Mi und .Schleifen und entwickelte (großen Glanz und Leuchtkraft. Kalk \erschafft(^ man sich, indem man den la])is Alal)andicus, den sch\\ärzlich-j)ur})urnen Marmor \'on Alabanda in Karlen, pulverte.') Auch Kieselsteine w urden fein g-emahlen, be- sonders Ouarzkiesel, und erjraben an Stelle des unreinen Flußsandes farbloses. durchsichtit,''es (ilas. Die Nachricht des l'linius, daß man in Indien so^t,'"ar Bery'krvstall zu diesem Zwecke ^■er\vendete, ist natürlich unrichtiiL;': wahrschein- lich ist unter dem „Krystalle" g'leichfalls Ouarz zu ver-stehen. Derselbe Autor nennt unter den Zusätzen auch den Magneteisenstein, der nach Lenz leicht mit der Glasmasse zusammen- schmilzt und si(% in j^-eriniifer Menge beigemischt,
dunkelschwarz färl)t. Außer verschiedenen Metalloxvden. die zur I"'är])ung des (ilases benützt wurden, x'erwendete man fossilen Sand. Schnecken- und Muschelschalen. di<' aus kohlensaurer Kalkerde bestehen und gleichfalls die Larbe und dcMi (ilanz des Glases bestimmen. I'linius luid rhe()])hrast nemien auch aus- drücklich den Zusatz xon Ku])fer. .\ach Lenz gibt Ku]_)ferox\-(lul dem Glase eine pracht\'olle kirschrote Larbe. besonders wenn es dünnwandig geblasen wird.';
Abb. 2. VasL- Tutmosis' III. britisches Museum.
^) Nach Lenz, .Mineralogie der Griechen und Römer, ist dieser ,,Sclnvarzc, aber mehr zum Purpur nei<;endc Stein" ein Rauchtopas. — I'linius 36, 62. -) Plinius 36, 193. Theophrast lapid. 49.
Leider besitzen wir keine Nachrichten und Abbildung-en aus g-riechischer oder römischer Zeit, die den Schmelzprozeß näher veranschauhchen würden. Nur in dem erhaltenen PVag-- mente eines g-riechischen Dichters aus Hadrians Zeit, des Meso- medes, wird ein Arbeiter geschildert, welcher einen Glasblock zerschlägt und die .Stücke in den Schmelzofen wirft, als gälte es Blei zu schmelzen.^)
Über die Art, wie die Alten ihre Gläser nach der Formung abkühlten, haben wir keine Nachrichten. Die häufigen Funde verbogener und schlecht geformter Gläser beweisen, daß man die Gefäße oft zu früh, ehe sie gehörig erhärtet waren, aus dem Ofen herausholte und zum Erkalten oder zu weiterer Bearbeitung auf den Marmor brachte. Solche F'ehler rühren nur in seltenen Fällen von dem Leichenbrande her, wie Deville") meint, denn man findet sie ebenso häufig in .Sarkophagen neben unver- brannten Leichen.
Die Schmelzung des Rohm^iteriales \ollzieht sich in den modernen Glasöfen mit ihrem gewaltigen 1 iitzegrade sehr rasch und gründlich; es geht aus ihnen als eine homogene, flüssige Masse hervor, die, so wie sie ist, sofort verarbeitet werden kann. Das Altertum aber mußte sich nocli mit einem recht einfachen Ofen und ])riniitiver Feuerung begnüg'en, weiche den vSchmelz- prozeß sehr verlangsamte und allerlei Zufällen aussetzte. Die erste Nachricht über die pLinrichtung des antiken Glasofens stammt aus dem frühen Alittelalter: wir finden sie in dem Buche des Heraclius „Von den Farben und Künsten der Römer".'') Er schildert den Glasofen seiner Zeit, da diese aber in der Glasindustrie ausschließlich von antiken Überlieferungen zehrte, wie auch noch das XII. Jahrhundert, wird seine Beschreibung schwerlich wesentliche Neuerungen enthalten. Aus einem Worte des Plinius, den „continuis fornacibus" kann man schliei^en, daß die
') Mesomedes, ind. Anthologia graeca XVI 323. Froehner a. a. O. S, 24 f, '•^) Achille Deville, histoire de l'art de la verrerie dans l'anliquite. Rouen 1S75. *) Heraclius, Von den Farben und Künsten der Kömer. Hcrausgeg. von A. Ilg in Eitelbergers Quellenschriften zur Kunstgeschichte und Kunsttechnik Bd. IV. Unter diesem Titel sind die Aufzeichnungen von drei verschiedenen römischen Schrift- stellern des X. bis XII. Jahrh. zusammengefasst.
Römer einen ( )ft'n niil mehreren A])teilun^-en benutzten, wie es der des J lt>ra<'lius und aueh jener ist, den Theo])hilus beschrcMbt.^) Der Ofen dt^s Ileraclius ist aus Backsteinen j>-ebaut, rund g-e- wölbt und in drei Al)teilungen getrennt, welche verschieden stark erliit/.t werden konnten.
„Das (ilas wird", so erzählt TTeraclius, „mit leichtem und dürrem Holze t.;-el)rannt, mit einem Zusätze von Ku])fer und Xitrum (Salpeter) in ( )fen wie Erz geschmolztMi und in Massen geformt. Aus den Massen wird es dann wieder in den Werk- stätten gegossen, eines durch Bla- sen geformt, ein anderes mit dem Dreheisen gedrechselt, ein drittes wie .Silber ziseliert. Auf das beste dient weißes Glas, welches dem Krystiüle am nächsten kommt, wo- durch es auch (iold und -Silber als Trinkgerät \erdrängt hat. Ehe- mals wurde (ilas in Italien, dallien und Spanien gemacht. Man mahlte den weichsten weißen .Sand mit vStößel und Mühlen, dann kamen drei Teile Nitrum dazu und nach dem Schmelzen wurde das ganze in den Ofen übertragen. Diese Masse hieß Admoxitrius und lie- ferte nach abermaligem Brennen eines weißes ( jlas. Zu der Gattung
des Glases wird auch der Obsidian gerechnet: dieser ist zuweilen grün, zuweilen scliwarz. oft auch bei größerer Körperhaftigkeit durchsichtig, und als .Spiegel an der Wand zeigt er Schatten anstatt Bilder."
Diese NachriehtcMi stammen zum Teile wörtlich aus Plinius. Man kann schon daraus schließen, daß römische Tradition für I leraclius auch in anderen Punkten maßgebend sein wird. Admo-
Al)b. 3. \'ase Tutmosis' I München, Anliquarium.
') Plinius 31, 193. — Theophilus, Diversarum artium schcdula. HerausgCCT. A. von Ilg in Eitelbergers Quellenscliriflen V>d. II, S. 9g M.
vitrius will Ily- als Ilarzj^-las erklären, indem er odä/iac und nitrum vereiniitift. Eis ist aber offenbar nichts als das korrumpierte Uam- monitrum des Plinius.
\^on der Glasbereituny- erzählt ileraclius III, 7 weiter: „Glas wird £ius Asche fjfemacht, nämlich aus jener des Farnkrautes und von Faina (Fai^ina, Buche), zwei Teile von Farnkraut und ein Teil von Faina. Dann baue einen Ofen, bei welchem du die Steine mit Ton verkittest. Das Fundament mache ^ .^ Ellen- bogen lang-, ebenso hoch und g-anz flach: die innere \"ertiefuni4- des Bodens lasse frei, weil dort das Feuer anzubring^en ist. Ober- halb des E^undamentes mache drei Zellen, welche man Archae nennt: in ihnen sollen E>nsteröifnunL,'-en sein. Die mittlere Archa mache gToß, mit zwei E>nstern, auf jeder Seite eines. In diese Archti stellt man innen vor die Mündung" zwei wol^j^ebrannte Töpfe, Mortariola (Mörser), und darin schmilzt man die Asche und den Sand; zu l)eiden Seiten mache noch, je eine Arche, die zur Rechten kleiner als die zur Linken. i:i d(^r linken wird das Glas Tag und Nacht geschmolzen, bis es wie Leim flüssig ist. Dann schöpfe es mit eisernen Löffeln aus den Mörsern und koche es, bis es ganz weiß ist. Willst du aber rotes Glas, so gebrauche nicht völlig gebrannte .Asche in folgender Weise: Nimm Kujiferfeile und brenne sie zu Puher, tue sie in den Mörser und es entsteht das rote (ilas, das wir (ialienum nennen." Hierauf folgen andere Rezepte zur Herstellung farbigen Glases. Dann sagt er weiter über das Blasen: „Nimm eine eiserne Röhre von beliebiger Länge, die am Ende ein kleines innen hohles Molz mit einem ganz winzigen Loche hat. Nimm ein Stückchen Teig aus dem Mörser, s])rudele es in den Händen herum und bilde was dir gefällt auf dem Elisenmarmor, der neben dem Ofenmundloche steht. Du machst nämlich dort eine Schutzwand und stellst da- hinter den eisernen Tisch, welcher Marmor heißt. Ist das Gefäß fertig, so stelle es in die linke Arche, wo es langsam auskühlt."
Ilg bemerkt dazu ganz richtig,'') daß bei den Rohmaterialien die Hauptsache, nämlich der Kiessand vergessen ist. Gräser, Binsen enthalten infolge ihrer Bodennahrung zwar etwas Kiesel- erde, aber in so geringen Mengen, daß sie kaum zur Glasur
^) Heraclius S. 1 34 f.
\'on 'Jonwaren, xicl wcnij^'er zur 1 lerstolhnii^" xon (rlas liinrcichcn würden. Farnkraut soll am 'i^ag-e der EnUiau])lunL;- joliannis geholt werden. Diese Stelle beruht nach Grimm ^) auf altheid- nischem, im A'olksmunde fortlebendem Aberi>-lauben und beweist, daß sie nordischen l'rs])runs^-es und später eini>fpfüt>-t ist. Die Asche der P)ucht> wird auch später l:)ei Theophilus erwähnt und noch heute zur dlasbereitung benützt.
Die durch den Schmelzprozeß gewonnene reine (ilasniasse wurde in verschiedener Weise \'erarbeitet. Man ließ sie etwas erkalten und zäher werden und formte aus dieser bildsamtMi Paste mit freier I land (jefäße und Geräte um einen Tonkern, welchen man später entfernte. Oder man preßte sie auf Platten und in 1 lohl- formen zu Reliefs, Schmucksachen, .\muletten und Zierwerk mancherlei Art. Man goß sie in Formen, tropfte sit^ auf eine Platte auf oder gab ihr durch Blasen mittels der Pfeife die Form von Kugeln und kugeligen Gefäßen. Die Pfeife (A'irga) war ein eisernes Rohr \-on etwa einem Meter Fänge und einem Zentimeter innerem Durchmesser, an dessen einem Ende sich eine knopfartige Verdickung oder eine trompetenförmige Öffnung, an dessen anderem ein hölzernes Mundstück befand, l/m einfache Gefäße zu bilden, tauchte der Arbeiter jene Öffnung in die flüssige Glasmasse, holte sich so den nötigen Teil lieraus und blies dann durch das Mundstück hinein, wobei sicdi d\c an- haftende (jlasmassc^ zu einc^r runden Blase ausdehnte, wie die .S(Hfenblas(^ am Strohhalme des s]ii(>lend(Mi Knaben. Durch ilin- und Ilerschw (Miken. durc1i Walzen auf einer eis(^rnen oder steinernen I Matte, durcli AnlialtcMi eines bestimmt ])rofilierten vStabes, durch Finblasen in eine Xegatixform gab er d(MU Crefäße die gewünschte Gestalt. Sollte es eine Flasche wcM'den, so hielt
Abb. 4. Miilsamarium.
Ägyptisch, iS. Dyn. (um 1500
vor Clir I
') Grimm, Deutsche Mythologie S. i 160 f.
lO
er nach P>zielung- einer kug-elig'en oder eirunden Blase inne, ließ die inzwischen zäher g-evvordene Masse an der Pfeife senk- recht herabhäng'en, so daß sie sich röhrenförmig in die Länge zog und bildete damit den Hals. Diesen schnitt er glatt von der Pfeife ab, wie es jetzt noch in Italien bei den gewöhnlichen Haschen geschieht, oder er legte den Rand platt oder wulstartig um, indem er ihn entweder auf eine Platte aufdrückte oder mit der Zange umkremijelte, und setzte die noch heiße Masse auf einen flachen Untersatz aus Prisen oder Stein (der mit Rücksicht auf das Material, aus dem er offenbar ursprünglich regelmäßig geformt war, der „Marmor" heißt), wodurch sie eine Standfläche bekam. Diese konnte mit gewissen Werkzeugen kegelförmig oder konkav eingestochen oder durch Auflage einer runden Platte verstärkt werden, wenn man nicht einen besonders geformten Fuß ansetzte. Die so gebildeten Gefäße wurden in die dritte Abteilung des (Jfens gestellt, um dort in mäßiger Hitze langsam zu erhärten und dann, sei es im erkalteten Zustande, sei es nach erneuter Erhitzung und leichter Erweichung verschiedenen Ver- zierungsweisen unterworfen zu werden. Der für das Glas kenn- zeichnende allmähliche Übergang aus dem flüssigen in den festen Zustand, sowie die große Härte, welche es in diesem besitzt, gestatten eine Mannigfaltigkeit der technischen Behandlung, wie sie keinem anderen Stoffe eigen ist, so daß das Glas schon Plinius als das bildsamste aller Materialien der Kunst erschien. Der Ofen des Theo])hilus,'^) eines Mönches, der mit seinem eigentlichen Namen wahrscheinlich Rotger hieß und zu Ende des XL und Anfang des XII. Jahrh. im Benediktiner- kloster Helmershausen an der Diemel (ehemals im Paderbornschen, jetzt in Niederhessen) tätig war, läßt liereits zwei Teile als Feuer- herd und Calcinierofen erkennen. F^r hat acht (Öffnungen für die Tö])fe, zwei Feuerlöcher und ringsum eine Schutzmauer mit ( )ffnungen zvun Einschieben der Gefäße. Es ist der Werkofen mit zwei Herden und kugeligem Dachgewölbe. Daneben hat er einen Kühlofen. Im ersten Herde geht das Kochen, im zweiten das Reinigen und Schmelzen, im dritten das Kühlen \'or sich. Dieser Ofen ist besser als der des Heraclius und war, wie wir
1) Vgl. Seite 7.
II
sehen werden, der Antike j^ieichfalls nicht unbi'kannt. Im ersten Ka])itel des /weiten liuches schildert Throphihis die Kinrichtun.t,'- seines Ofens und die (ilaslK^reituni,»" tbl^'-endermaßen:
„Nimm trockenes Buchenholz, verbrenne es und sieh, daß kein Steinclien und Krde darin bleibt. Den Ofen errichte dann aus Steinen und Krde 13 Fuß lanjr und lO Fuß breit. Zuerst lege den drund auf jeder Lantrseite einen F'uß dick, mache in der ]Mitte einen festen und ebenen Herd aus Stein und Ton und teile ihn in drei t^ieiche 'l'eile, so daß zwei Teih^ für sich und der dritte wieder für sich durch eine Ouer- mauer g-eschieden sind. Dann mache an jeder Breitseite eine (jffnunj^". durch welche man Holz imd Feuer hinein])rin!L;'en kann, und indem du die Mauer ring'sum 4 F\iß hoch erbiiust. mache abermals einen festen und g"änzlich ebenen Herd und lasse die Ouermauer ein weniijf emporrag'en. Dann mache in dem j^'rößeren Räume auf der einen Lang^seite \'ier ( )ffnuni^"en und \ier in dem anderen in der Glitte des Herdes, wohin die Gefäße kommen: ferner zwei Offnung"en in der Mitte, durch welche die Flamme aufsteiijfen kann.^) Baue ringsum eine Mauer, mache zwei \iereckige Fenster, eine Hand lang und breit, je eines auf jeder -Seite gegen die ( )ffninigen hin. Durch diese werden die Gefäße hineingeschoben und herausgenommen. Mache auch in dem kleineren Räume eine Öffnung in der Mitte des Herdes, nahe an der mittleren Mauer, sowie ein Fenster eine Hand hocli an der äußeren StirnmautM-. durch welche man hineinsetzen und fortnehmen kann, was zur Arbeit gehört. 1 last du dieses so angeordnet, so gib dem inneren Räume durch die Außenmauer die Gestalt eines gewcilbten ( )fens. innen ein w (Miig höher als \ .^ F"uß, so daß du oben den Herd ganz eben und im Umfange mit einem Rande von drei Finger Höhe machen kannst. Dieser Ofen heißt W'erkofen."
Abb. 5. Amphoriske. Ägyptisch, 18. Dynastie.
*) Vgl. die üeschrcibung der Glasjfcn von Wilderspool S. 20 IT.
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Im foli^-enden Kapitel wird die Anlag-e des Kühlofens ge- schildert: „Mache auch einen anderen Ofen, lo Fuß lang, 8 breit, 4 hoch, liier mache an der \^orderseite eine Öffnung-, damit Holz und Feuer hineinq-epfeben werden kann, und an einer Seite ein Fenster i Fuß hoch, zum Finstellen und Herausheben des Nötigen, inwendig aber einen festen und ebenen Herd."
Das dritte Kajiitel beschreibt einen dritten Ofen, den sog. Ausbreitofen, 6 Fuß lang, 4 breit, 3 hoch, mit ( )ffnungen, Fen- stern und 1 lerd wie beim vorigen. Die hierbei nötigen Werk- zeuge sind ein eisernes zwei Fllen langes, einen Daumen dickes Rohr, zwei £iuf einer .Seite mit Fisen beschlagene Zangen, zwei eiserne Löffel sowie andere deräte aus llolz und Fisen.
Die Glasbereitung geht bei Theophilus (II cap. I\^) folgender- mal)en \-or sich: „Mache ein leichtes Feuer von beiden Seiten des größeren Ofens mit trockenem ßuchenholze. Dann nimm zwei Dritteile der anfangs erwähnten Asche und ein Dritteil feinen Flußsandes ohne Steinchen und Frde. Nachdem dies lang und tüchtig gemischt ist, bringe es in einem eisernen Löffel in die kleinere Abteilung des oberen Herdes und laß es dort einen Tag und eine Nacht warm werden, indem du es schüttelst, damit es nicht flüssig werde." (II ca]). Y) „Nimm Tr)])fe aus weil^em Ton, oben breit, unten enge, mit nach innen gebogenem Rand und stelle sie in dit^ ( )fi^nungen des glühenden Ofens, die dazu bestimmt sind. Dann schö])fe mit dem Löifel die gekochte san- dige Asche am Abende hinein und feuere die ganze Nacht, damit das aus dem .Sande und der Asche flüssig hervorgegangene Glas gcänzlich geschmolzen werde." Die folgenden Kapitel beziehen sicli wie bei Heraclius auf die Herstellung farbigen Glases und die weitere Bearbeitvmg.
Überreste von antiken Glaswerkstätten sind an verschie- denen Orten gefunden worden. So in Teil el Amarna in Ägypten, in der lybischen AVüste, in Tyrus, in Lyon, in Foret de Mervent in der Normandie, bei Namur. in der Hochmark der Eifel bei Cordel, \-ielleicht auch bei Trier, in der Nähe von Worms, an der Nahe, in Köln, in AVilderspool in England u. a. Ob die alten Glasöfen, die ehemals westlich vom Feldsberge am sog. (xlaskoi^fe in der Nähe der Saalburg aufgedeckt wurden, bereits in römischer Zeit betrieben worden sind, ist nicht ganz
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sicher, [-"ür ihren antiken L'rs])run^" spricht, daß man hier neben /ahlriMclien Schlacken aucli einii^e römische Glasscherben i^e- fundcn. daij'ei^-cn die Tatsache, dal) (ilasiimde auf der Saall)uri^ zu den .Seltenlieiten ^-ehören. Sicher ist es, daß daselbst noch in den letzten JahrhuntlertcMi (das hertfestellt wurde, wovon auch das nahe I )orf ( ila.^hütte seinen Xanien liat. Leider wurden die ( )fen zerstört, ohne daß eine nähere Untersuchun_iJ" und .\idnahme statt- q-efunden hätte^l. Dieses Schit^ksal teilen übrigens fast all(- an- deren _s.j"enannten I-\nid>talten roiniscIuM" ( daswerkstätten. Man beg"nüg"te sich damit die Anlaj^'e oder die vS])uren \on Schmelz- öfen festzustellen sowie» die \orhandi'nen Reste \on l-"ritte, Rohmateri- alien und Scherben halb- \ollendeter oder fertis^er Glas waren zu sammeln, die imm(^rhin einen Ein- blick in die Art des Be- triebes sj;ewähren. Die funde \()n der Nahe, jetzt im Museum \-on Wies- baden, enthalten Scher- ben jrewöhnlicher Ge- brauchstrläser des I II. imd I\'. Jahrhunderts, darun- t{»r eine Anzahl \on klei- nen runden Gefäßböden aus farblos-durchsichtii^'em (dase, deren Rand mit kleinen Zacken \ersehen ist, etwa so wie man sie auch auf den \Vell(m]:)latt(Mi mittelalterlicher Töj^fe im Rheinlande antrifft.") Neben Scherben fertii^er (xläser enthält dieser Fund auch Reste von mililunjrenen, im Feuer zusammeng'eschmolzenen Fläschchen und .Stücke grünlicher Fritte. (rroße Massen von dieser sind in der Gereonsstraße in KTiln l)ei (irundarbeiten \or etwa 12 Jahren aufg"etaucht und xon 1 ländlern an mehrere Pri\atsammler \er-
Abb. D. Becher der Piiiucssin Nsichonsu. Aijvptisch, iS. Dynastie.
^) Jacobi, Das Kömerkastcll Saalburg S. 456 f.
'-) Flaschen mit gezahnter Fu platte sind nicht häufig. Ihre Gestalt ist auf F"ormeniafcl B 8r ersichtlich gemacht. Ein vollständig erhaltenes Exemplar befindet sich in der Sammlun<! F. X. '/etiler in >.ünchen.
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teilt worden. Auch bei dieser (jelegenheit wurde eine planmäßig"e Aufdeckung durch die Bauunternehmer \ereitelt und jede Spur des Betriebes zerstört. Sicher ist nur, daß eine Glaswerkstatt, die nach den Massen \-on Fritte, Scherben von Glashäfen und fertigen Gläsern zu urteilen, einen größeren Betrieb darstellte, an der Nordmauer der .Stadt lag, in der Gegend, in welcher man das Amphitheater \ermutet. Auf die (jlasfabrik in der Hochmark hatte zuerst Pfarrer Ilevdinger aufmerksam gemacht, worauf 1880 das Provinzialmustnun von Trier an der bezeichneten .Stelle Aus- grabungen vornahm. Dabei fand m^m ziihlreiche Glashäfen, derbe Tongefäße, welche ganz verschlackt waren, Reste von grünlichem T'ensterglas und von Schmelzproben, dann lilarotes, mit Mangan und ku]iferrotes, mit Kupferoxydul gefärbtes Glas, viele Reste gewöhnlicher grünlicher Gefäße mit .Spiralfäden; ein Glas mit aus- gezwickten Nuppen, das Bruchstück eines dicken Gefäßes aus Eisenglas mit roter und gelber Färbung, das Bruchstück eines Einsatzornamentes aus blauer opaker Paste mit einer Blumen- ranke in Rehef, die .Scherbe einer he'll- blaugrünen .Schale mit breiten Rippen, die aus blaugrünen und weißen .Spiralfäden auf- gelegt sind; ferner .Stangen aus grünem und rotem (xlase, Glas- tropfen und noch allerlei andere Gefäßscherben, darunter mehr- flirbige. Das Relief und die gerippte .Schale gehören wohl noch dem I. Jahrliundert an. das meiste übrige dem dritten, was auf eine sehr lange Tätigkeit der Fabrik schUeßen läßt. Die Funde werden im Provinzialmuseum verwahrt. Die genannten .Stangen stellen fertige (ilasmasse dar, welche weiter verarbeitet werden konnte, indem man sie durch Erhitzung ^•on neuem flüssig machte und sie zum Austropfen benutzte, wodurch Perlen und .Spiel- steine, Besatzstücke mit aufgeprägtem Muster oder glatte Nuppen hergestellt, auch dünnere Fäden zur A^erzierung \on Gefäßen und Perlen ausgezogen werden konnte. Man brachte auch Glaspasten, zumeist farbige, in .Stangenform, die sich zur Versendung in größere Entfernungen eignete und stellte aus ihnen geblasene und gegossene Gefäße her. In Stücke gebrochen waren sie das Material für Mosaiken, pulverisiert das für Emails. Freilich gab man in der Mosaikkunst wie noch heute den in flache rundliche oder x'iereckige .Scheiben gepreßten Pasten den Vor- y.ug, aus welchen .Stücke beliebiger Form und Größe gebro-
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chen werden konnten. Manche der kurzen (ikisstäbe, die man nicht selten in (jräbt^rn findet, zumeist aus ordinärem jrrünHch durclisichtii^'^ein (ilase, manchmal schraubentVlrmii^- gedreht, an einem PInde leicht zuj.j"es])itzt. am andt^rn abg-eplattet oder mit einem Rint^^e versehen, dienten als Salbenreil)er, zur 1 lerrichtuni»- \"on Schminke, /ahupuh'er und ds^i. I )i(' mit einem kleinem Rint^'e schlit^ßenden können zum Umrühren und Mischen xon (ie- tränken benutzt worden^) sein. (Formentafel d 408, 409). Angeblich trugen auch römische Beamte als Amtsabzeichen kurze Stäbe aus gedrehtem, mit einem Knopfe abgeschlossenen Krystallglase: vielleicht haben sich in (iräbern aucli Stücke \on solchen erhalten. Ein Jahr nach dem »scheinen der Heydingerschen Notiz wurden dem Trierer Museum gegen hundert feine Millefiorischerben angeboten, die in der Glaswerkstatt der i lochmark zum \'orscheine gekommen sein sollten. Damit wäre der Be- weis erbracht gewesen, daß diese kostbare Sorte von (iläsern auch am Rhein hergestellt worden sei. Der Kauf wurde unter \"orbehalt abgeschlossen, und nachträglich erwies sich die Angabe des Händl(>rs als eine Täuschung. Der größere Teil der Scherben stammte aus einer Kölner Priviitsammlung und war in Rom er- worben worden. Die authentischen Funde aber reichten hin. den Glasbetrieb rcimischer Zeit in einer Gegend festzustellen, in der noch heute, an der Saar und in Schnappsbach (ilas erzeugt wird.-)
Ergiebiger waren die Nachgr^doungen, die Flintlers i'etrie in Teil el ^Vmarna in .\gv])ten nc'ich alten (das- und Glasurwerk- stätten angestellt hatte.'') liier war durtdi Ameno]»his I\'. um 1400 vor (^hr., nachdem dieser seine bisherige I iaujHstadt Theben \"er- lassen, eine neue ])rächtige Residenz erl)aut und mit allem Euxi;s
') Vgl. S. 14.
-) Bonner Jahrbuch Bd. 69, S. 27.
'•^) Flinders Petric, Teil cl .\marna, London 1894, S. 25 f.
Al)l). 7. Baisamarium
in Säulenform.
Brüssel, Musee du Cin-
quantenaire.
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ausg"estattet worden. Der Schmuck leuchtend emailherter Fhesen, der die Palastbauten auszeichnet, wurde an (Jrt und Stelle in Fabri- ken hergestellt, deren Überreste im Verein mit den anschließen- den Glaswerkstätten zeigen, zu welch reicher Entwickelung die Glasmacherei und farbige Tonglasur bereits zur Zeit der i8. Dy- nastie, zu Beginn des neuen Reiches gediehen war. Namentlich für die erstere war diese Periode besonders ergiebig. Man fiind hier drei bis vier Glasfabriken und zwei große Glasurwerke, deren Werkstätten zwar auch hier fast ganz verschwunden sind, die aber soviel halbfertige und .Scherben von vollendeten Ar- beiten, sowie Reste von Werkzeugen zurückgelassen haben, daß man deutlicli allt^ hier geübten Techniken erkennen kann. Außer- dem enthalten die Abfallgruben des Palastes solche Mengen \'on zerschkigenen , aber fertig gemachten Gläsern, daß sich danach alle Einzelheiten der Arbeit feststellen lassen.
Die bei dieser Gelegenheit gefundenen Glaswaren sind ^iber durchaus nicht die ältesten des Pharaonenlandes. Schon in den Gräbern der 12. Dynastie (3050 — 2840 vor Chr.) sind sie nicht selten. Ihre Analvse durch Dr. Russell ergab als Bestandteile Kieselerde, Kalk, Alkali, Ivohle und Kujiferkarbonate, von letz- teren 3"/„ in hellem Blaugrün (Türkisblau) und 2o'7o '^"^ reichem Purpurblau (Azurblau). Die grüne Färbung ist durch Eisen herxorgerufen. welches in dem zur Glasbereitung \'erwendeten vSande last immer vorhanden ist und die daraus gewonnene Kieselerde blaugrün färl)t. Daher haben die ordinären Gläser Agy])tens und die der Antike überhau])t einen stärkeren oder schwächeren .Stich ins Blaugrüne oder Grünliche. Um feineres Glas herzustellen, mußte man sich bemühen die Mischung von Eisen zu befreien. 1 leutzutage verwendet man als Entfär- bungsmittel Manganoxyde, das Altertum dagegen konnte hierbei nur empirisch vorgehen. Wie ihm die Entfärbung gelang, war bisher unbekannt, man vermutete nur, daß man, um reines Glas zu erzeugen, dm Flußsand durch Ouarzsteine ersetzte, die man zu Puher zerrieb. Diese Vermutung wurde durch Petries F\mde be- stätigt. Von einer Fintfärbung im strengen .Sinne des Wortes kann man eigentlich niclit sprechen, richtiger von einem Ersatz des eisenhaltigen .Sandes durch ein reineres Rohmaterial. Der ge- nannte F'orscher zog aus den Trümmern einer Glas Werkstatt in Teil
el Amarna das Bruchstück ciiK^r T'fanne hervor, die aui^enscheinhch im Schmelzofen ijeborsten war, che sich die in ihr befindhche MisrliuiiL;' xollkomnien aufi^elclst und vereinig"! hatte. I)ic Miscluniir enthielt durch die ganze Masse \erteilte Flocken von Kieselerde, kleine Teilchen von zerstoßenen Ouarzkieseln, wie sie massenhaft in der Wüste iJfefunden werden, wohin sie der Xil aus den süd- lichen Felsenberg'en iinschwemmt. I)ie halbfertig'e Fritte hatte eine violette Farbe, ein Zeichen, dall sie eisenfrei war. Die Kohlen- säure im Kalke und das Alkali waren bereits frei ytnvorden und hatten jene wi<' einen schwammigen Te\g aufg'etrieben. W'eim die Kieselsäure läng"er der dlut ausg"esetzt bliel). \'erschwand sie allmählis^' und es bil- deten sich mehr oder wenig-er flüssige Silikate. Bei starkem Hitzegrade wurden diese zu einer teigartigen blasse, welche leicht feinere Fär- bung annahm. Man ließ sie erstarren und formte aus ihr BUicke, die aufs neue unter Zusatz färbender Mineralien im Feuer ge- schmolzen und geglüht wurden, bis sich nach einiger Zeit durch einen bestimmt(^n Hitze- grad die gewünschte Färbung einstellte und ein weicher, krystallinischer, poröser und brüchiger Kuchen entstand. Kieselsteine von .\bb. 8. VaseTutmosis IV. weißem Quarz wurden auch in die Öfen als Aus Theben.
Unterlage der Pfannen gelegt, denn man
fand zahlreiche von solchen, an deren einer Seite Fritte festsaß. vSie dient<Mi auch als Unterlage der zu glasierenden Gegen- stände und sind deshalb tt^'lwfMse mit ht^runti^rgeflossener grüner (ilasur bedeckt. Offenbar hatten sie sowohl den Zweck im Schmelzofen eine reine Unterlage herzustellen, als auch den. nachdem sie durch die wiederholte F.rhitzung mürbe geworden waren, umso leicht("r Z(^rmahl(Mi und der fritte beigemischt zu werden.
Die Pfannen für die |-ritte hatten ungefähr lo engl. Zoll Durchmesser und 3 Zoll Tief(\ Außer ihnen fand man in den Abfällen der Schmelzöfen zahlreiche Bruchstücke zvlindrischer Tonkrüge von etwa 7 Zoll Durchmesser und 5 Zoll I löhe. Sie waren mit der Mündung nach unten in den < )fen gestellt, um
Kisa, Das Glas im Altertume. 2
die flachen Pfannen und Glastiegel über dem Feuer zu stützen. Blaug-rüne, weiße, schwarze und andersfarbig-e Glasur war an ihnen herabgeflossen und bildet A'om Boden bis zur Mündung an ihnen Streifen.-^)
Von Schmelzöfen für Glasmalerei ist in Teil el Amarna kein Beispiel vorhanden. Ein Ofen, welcher in der Nähe einer Glasur- fabrik gefunden wurde, diente zum Brennen von Kohlen, die in ihm noch massenhaft vorhanden waren, während Scherben von Glas oder Ton fehlten. Er bildet ein unregelmäßiges Viereck von 43X57 engl. Zoll, dessen Dach zerstört war."') In der nörd- lichen Wand befand sich eine Öffnung von 29X15 Zoll, durch welche der Luftzug eingelassen wurde, in der südlichen eine solche von 16X13 Zoll zum Abzüge der Gase. Es ist möglich, daß die Glas- und Glasuröfen ähnlich angelegt waren, oder daß man einen Ofen zu verschiedenen Zwecken benutzte.
Der Herstellungsprozeß des Glases ließ sich genau verfolgen. Die Tiegel, in welchen die Rohmaterialien geschmolzen wurden, waren tiefer als die flachen Frittenpfannen oder -Becken. Ihre zapfenartige Form wird durch die Umrisse der zahlreich auf- gefundenen Glasschmelze kenntlich, welche noch die vS])uren der rauhen Innenseite des Tiegels und selbst kleine Splitter von diesem zeigen, während die obere Fläche glatt geschmolzen ist. ^) Oft ist der obere Teil aber schaumig und wertlos, was durch die während des Schmelzens entweichende Kohlensäure verursacht ist. Das beweist, daß das Material in diesen Gefäßen selbst zu- sammengeschmolzen wurde: wäre die Glasmasse in anderen Tiegeln geschmolzen und in jene zu abermaliger Schmelze ein- gefüllt worden, so hätte sie ganz klar werden müssen. Die Art, wie die Glasmasse aus dem Schmelztiegel herausgelöst wurde, zeigt zugleich, daß sie bis zum Erkalten darin stehen blieb, so daß allmählich der Schaum in die Höhe stieg und der Bodensatz sich senkte, etwa in der Art. wie es jetzt bei der Herstellung optischer (xläser geschieht, ^^"ürde die Glasmasse in flüssigem Zustande ausgegossen worden sein, so hätte man keine solchen
') Petrie, a. a. O. Abbildung T. XIII 62. -) „ „ T. XLII.
■'') „ „ T. XIII 40.
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festg-eformten Zapfen g-efunden, sondern eine Menge formlosen 1 lartghises (cast), das bisher t^anz fehlt. Es ist daher sicher, daß man die Glasmasse nach dem Schmelzen in dtMi Ticg-chi stt-htMi ließ, bis der Ofen erkaltet war, dann die festgewordenen Blöcke aus den Tiegeln herauslöste, wobei diese gewöhnlich zertrümmert worden sein mögen, die unlirauchbaren Teile der Masse, wie Schaum und Bodensatz abschnitt und so klare Brocken guten (rlases zu weiterer Bearbeitung erzielte. Während d(>r Schmelze nahm man mit einer Pinzette Proben aus den Tiegeln, um die Beschaffenheit und Farl)(' zu untersuchen. \"iele solcher Prol)en, die an einem Ende den P^indruck eines ab- gerundeten Stäbchens zeigen, sind gleichfalls hier gefunden worden. ^)
Nachdem man so Brocken reinen Glases gewonnen hatte, wurden diese zerkleinert und abermals durch Hitze erweicht. In diesem Zustande legte man sie auf eine glatte Pkitte und walzte sie in diagonaler Richtung aus. Diese Art des AX'alzens von Eck zu Eck ver- hindert, daß die Masse ungleichmäßig dick wird, was leicht vorkommt, wenn man einen Teig im rechten Winkel ausrollt. Ein so behandelter Teig ist nämlich geneigt, wie gehämmerte Eisenstäbe in der Mitte hohl zu werden, da die Ränder stärker angespannt j^bb. 9. .A.us dem Grabe werden als das übrige und infolgedessen der Amenophis' II. in Theben. Länge nach zu platzen. Wenn man aber mit
einem diagonal gelegten Stabe immer nur kurze Strecken rollt, hält die Masse zusammen und sj)littert nicht. Man kami so auch einen kräftigeren I)ruck ausüben und selbst kühler und darum zäher gewordenes Glas bearbeiten, ohne Gefahr /u lauten, daß der Streifen ungleichmäßig werde. Die Anzeichen des diagonalen Rollens sind an einzelnen Stücken deutlich erkennbar.'")
Die durcli diagonales Rollen hergestellten Platten wurden zu Stiiben ausgezogen, noch weiter \'erflacht imd so lineare
1) Petrie, a. a. O. Abbildung T. XIII 41, 42. -j Petrie, a. a. O. Abbildung T. XIII 43.
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vStreifen oder dünne (jlasbänder herg-estellt, die poliert und zu Einlag"en benützt wurden. Auch zu Röhren wurden sie ^■er- arbeitet: auf welche Weise, ist nicht i^"anz sichergestellt, wahr- scheinlich dadurch, daß man Stäbe so lange rollte, bis sie durch Zentrifugalkraft hohl wurden. Solche Rohren wurden mitunter zur Herstellung \'on (llasperlen benützt, indem man sie in kleine zylindrische Stücke schnitt. Durch Biegung wurde diese Sorte von Röhren nicht bearbeitet. Die weitere Verwendung des so gewonnenen Materials wird in dem folgenden Abschnitte ge- schildert werden.
Deutliche Reste von Gkisw^erkstätten aus der römischen Kaiserzeit sind durch die Ausgrabungen von Wilderspool bei Warrington, unweit des Merseyflusses, also auf dem entgegen- gesetzten Punkte der antiken Welt, durch die Nachgrabungen von Thomas May in den Jahren 1899 bis 1900 zu Tage ge- fördert worden.^) \Vilders]iool war in römischer Zeit kein Legionslager, sondern eine civitas, eine befestigte .Stadt, der Sitz einer auf verschiedenen Gebieten des Handels und Gewerbes tä- tigen Bevölkerung. Deutlich ist in dem Orte eine von Nord nach Süd führtMidr llau])tstraße zu erkennen, von welcher nach Westen zwei Seitenwege mit den Resten von Straßenpflaster abzweigen. Am nördlichen Teile der Straße fand man in der Tiefe von zwei engl. Fuß drei I^lattformen, die nur wenige Schritte voneinander getrennt. ])arallel mit deren Richtung lagen. Jede enthielt zwei gleichartige Schmelzöfen.-) Zu unterst bestanden die Pkittformen aus einer Schichte von zermahlenem Kies, darauf kam eine Lage von Ziegelsteinen und schließlich eine solche von Lehm, so hoch, daß sie drei Seiten der von ihr eingeschlossenen Ofen um 3 bis 4 Zoll überriigte und um sie einen Ring von etwa i Fuß Breite bildete. FLine gleich starke Lage von Ton trennte die beiden nebeneinander liegenden Öfen. In den Ofen der ersten Platt- form befand sich in der Mitte eine ovale Grube, zu welcher von einer Seite eine fächerförmig erweiterte Heiz- oder Stochöfifnung
^) Thomas May, excavalions on tlic side of the Romano-british civitas at Wilderspool, years 1S99 — 1900. A papcr read beforc the Historie society of Lan- cashire and Cheshire, I5th Nov. 1900. Liverpool 1901.
") ibd. T. IX 1—3. T. III 3.
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führte', welche die l'mtassuii^Mnauer tlurchth'aiiy" und außen auf der I'latttorm in einer sori^'fältit;' i^'emauerten kreisrunden Feuer- stelle sclilol). Bei dem einen ( )fen war an der entg"ejj"eng"esetzten Seite in einer \va_i>-erechten Richtunt^- eine kanalartig^e Ausfluß- Öffnung;- ani^-ebracht, bei dem ^lnderen g"iny diese rechtwinkelig^ zu der Meizvorrichtuny \-()n einer Seitenwand aus.') Die beiden Feuerstellen der Xachbaröftni waren nicht s^'anz ,i.^"leich in der Anlag-e. Die des (Mnen ( )fens bestand aus y^ebranntem Ton, der mit 21 einyesteiujx'lten Kreisen von je 2^.2 Zoll Durchmesser verziert war. die des andertMi war sort^-fältii;" mit .Stein])latten
Abb. 10. Fisch. Glasmosaik. Alexandrinisch. Wien, ( )sterr. Museum.
und einem t^rolien Zieg'elstein von 15X11 />oll Umfani^- und 2^ ■> Zoll Dicke bedeckt, der in der (rlut i>"eborsten war. Offenbar dienten die beiden Feuerstellen zur Frzeu^unt;- verschiedener l]itzet,''rade. Der eine .Schmelzofen hatte den Grundriß eines g-e wohnlichen Backofens. Nach der Dicke und der roten Farbe der darin b(^findlichen Fehmmasse und d(^r Menjj^e \"on Iriim- mern mit ixalkbtnvurf die ^]^^n Pxxlen l)etleckte. war er ursprün^'- lich überwölbt. Der andere Ofen scheint tlazu Ix^stimmt i.^'-ewesen zu sein einen Kessel oder Schmelztiei.;"el zu erhitzen. .Schräi,»" imter dem Fußboden der ihm \"oriJ"elasrerten Feuerstelh^ Rini^" ein röhrenförmiii'er Kanal von 0 — 7 Zoll Durchmesser hindurch, der zug-leich die g-anze Plattform w i(> ein Ivaninchenbau umg^ab. Fr begann an der nordöstlichen Fcke an einer zweiten, kleineren
M ibd. T. XI 2, 3.
Feuerstelle aus gebranntem Lehm und endig'te an der entgeg'en- jjfesetzten südwestlichen Ecke in zwei Ausgäng-en in einer Plnt- fernung von über 32 Fuß. Dieser Kanal war noch offen und der g-anzen Ausdehnung nach von Ruß geschwärzt. In der Nähe der Ileizöffnung des zweiten Schmelzofens verbreiterte er sich in eine Kammer von einem Ouadratfuß Umfang, die mit dem Bruchstücke einer großen, fest in Lehm eingebetteten Amphora gewölbeartig bedeckt war.
Die beiden Schmelzöfen der zweiten TMattform waren von denen der ersten in der Anlage und wohl auch in der Bestimmung x'erschieden. Der eine war flacher als die früheren und fast viereckig: \-or seiner Öffnung war eine vSancKtcinplatte von 7 Zoll Höhe angebracht; der andere hatte eine langgestreckte ovale Grundform, die offenbar nicht zur Aufnahme eines runden Kessels oder Schmelztiegels bestimmt war. Eine Menge roten Form- lelims, mit welchem das Innere beider gefüllt war, Pjruchstücke \on verglastem Ion, die mit dem Ik)den xt^rschmolzen waren, ein Ring \'on weichem Lehm am oberen Rande, von welchem der Kalkbewurf des Inneren abgebröckelt war, lassen darauf schließen, daß auch sie überwölbt waren. In dem zweiten Ofen stellten Zwischenböden unter der Feuerstelle drei Abteilungen her. Der untere dieser Bö)den war mit einer 2 Zoll dicken Lage von Sand und Kies bedeckt, der obere mit einer 2^ ., Zoll starken -Schichte \on Kohlen. Gegen die Mitte der zweiten Abteilung zu gingen zwei Öffnungen nach der darüber gelegenen Feuer- stelle, eine dritte führte seitwärts ins Freie; durch alle drei konnte dem Feuer durch einen Blasebalg verstärkte Luft zu- geführt werden. Die Zwischenböden waren angebracht, um \er- schiedene I litzegrade zu erzielen mid dabei an Heizmaterial zu s])aren, nicht etwa um einen schadhaft gewordenen durch den anderen zu ersetzen, denn alle befanden sich in gutem Zustande. Das vStochloch war überwölbt und erweiterte sich nach außen. Da\'or stand ein gut gebauter Herd aus gebranntem Ton, beinahe halbkreisförmig, 2 Fuß 4 Zoll im Durchmesser. V\w ihn war in gleicher I h'ihe eine Lage feinen weißen Sandes aufgeschichtet, wie man ihn in den benachbarten Feldern reichlich antrifft und in früheren Jahren in Warrington zur ( ilasbereitung ver- wendete.
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Von ovaler ( irundfonn Wcireii auch die beiden < )t"en der dritten I^lattform. Je ein(^ hall)kreisf(")rmijre Feuerstelle aus i^e- branntem Ton lag- symmetrisch \or ihren beiden ÖfFnunijfen und war sjfleichfalls mit eins^-epri^ßten rins^arti^-en Rosetten verziert.
Auf der zweiten Plattform und in unmittelbarer Xähe der dritten fanden sich unter aiulert^n foljjfiMide (ie^g-enstände: Hin silberner Konsulardenar des iVug'ustus. b'juc IVonzemünze Traians. Die Scherbt^ eint^s Sij^illatabechers zylindrischer bOrm mit scMik- rechter W'aiuluns^-. darauf eine Keliefh^"ur der Miner\a. Eine Scherbe \on ojiakschwarzem, d(Mn übsidian ähnlichem Glase von kon- vexer Form, wohl von einer Flasche. Eine Glasj^erle von s])här()idischer (jestalt, i^oZoll Durchmesser, 4'., Zoll Umfantif, mit Bohrloch, der e^rün- lich durchscheinende Grund mit drei Reifen g-eschmückt, von welchtMi der mittlere aus einem lichtblauen vmd weißen Faden zusammentifedreht ist, während die beiden anderen o] jak- weiß sind. Zwei streifenförmisj-e Stücke von o])akweißem Glasschmelz. ¥Än formloser Klumjien Kupfer, i^/« Unzen schwer. Zwei ung^efähr viereckig^e Stücke von Blei. Ein Klumpen Kalk, etwa ein Pfund schwer, unmittelbar über einem vSchmelzofen festklebend. Alle drei g^enannten Materialien,
welche an derselben Stelh^ zum \'orscheine kamen, an welcher der wt^iße Sand aufg"ehäuft war. dienen zur ( ilasl)ereitung\
In dem geschwärzt(m Boden an der Südseite d(^r ersten Plattform fand man, nur wenig^e Fuß entft^rnt, zahlreiche römische i'berreste, besonders Scherben xon (iläNern, darunter eine drei- eckig-e Sch(^rbe von g^rünlich durchsichtig-em Gkise, in einer Form g-eblasen, mit dem Inschriftreste AL in Relief, der als VALI^ zu (»rg-änzen ist. Das Wort lüldett^ die Überschrift der Reliefdarstellung (ünes ^Vag■enrennen^ mul stand, nach gewissen Spuren zu schließen, zu J iäu])ten der Gestalt eines der drei im
Abb. II- Aniphoriske. Ägyptisch. Sammlung von Bissing, München.
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\Vett.spit4(' unterleg-enen Wag-enlenker. ^) Ferner ein Stück einer gedrehten Stange aus farblos durchsichtigem Krystiillglase von etwa zwei Zoll Länge, das May für den Überrest eines vStabes von ungefähr einem Fuß Länge und einem runden Abschluß- knojife hält, wie ihn römische Beamte als .Vbzeichen ihrer Würde trugen. Leider ging das Stück verloren, dafür fand man ^lber nachträglich ein ähnliches in der Nähe, das im Museum von Warrington verwahrt wird.") Drei Glasbrocken regelloser Form von drei verschiedenen Sorten: (rewöhnliches grünlich-durchsichtiges, opak-weißes und reines durchsichtig-farb- loses sogenanntes Krystallglas, jeder etwa eine l'nze schwer. Zwei Brocken gewöhnlichen grünlich -durchsichtigen Glases, aus der Schmelzmasse herausgebrochen. Line kleine flach- runde Glasperle, dunkelgrün-opak ^/^ Zoll Durchmesser, ^/^ Zoll hoch. Eine dreieckige vScherbe olivgrünen. trül)en Glases von der Bauchung eines Gefäßes. Line vScherbe von hellgrün durchsichtigem Glase vom Rande einer Schale. Verschiedene Scherben von Seiten- und Fußteilen viereckiger und runder Gefäße aus bläulich-grünem durchsichtigem (ilase, wahrschein- lich von Aschenurnen. Ein kleines Stück opak -blauer Glas- oder Emailpaste. Zahlreiche Streifen und Stücke von Bleiplatten, sowie ein Bleigewicht mit der eingekratzten Zahl XIIII. Klumpen von Tuffsteinen iius der llauptfundstätte, dem Brohltale in der Eifel. Eine Bronzemünze Traians. Ein Klumpen von Fritte aus weißlich opaker Masse, die mit viel Lehm verbunden war und wahrscheinlich den Bodensatz eines zerbrochenen Schmelztiegels bildete. D^is Blei war tils Zusatz zur Glasmasse, zur Herstellung des feinen Krystallglases bestimmt, welches in der Regel durch Gravierung und Schliff \erziert wurde. Zahlreiche Bruchstücke beweisen, daß diese Techniken auch hier gepflegt wurden. Sie stammen von Bechern, Flaschen und anderen (iefäßen mit senk- rechten zylindrischen Wandungen und sind häufig mit ovalen Hohlschliffen, bei 'einem Stücke mit tief eingeschnittenem Rauten-
^) L'ber die Becher mit Wagenrennen und Zirkusszenen s. Abschnitt IX ,, Ge- formte Gläser". Sie sind ferner ausführlich behandelt von Schuermans, Verres ä courses de chars (de Couvin) Namur 1S93; von Roach Smith, Illustrations of roman London S. 122; ders. Collect, antiq. II 16; ders. Catalogue of the museum of London anti- quities S. 48. A. Hartshorne, Old English glasscs S. 11 u. a.
") Vgl. die Bemerkung über die in Rümergräbern gefundenen Glasstäbe Seite 15.
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Illuster fiissettiert: \on den Rauten ist nur eine ])oliert. wäh- rend die andereii ruuli stehen i»-eblieben sind. Dasdefäß hatte vielleicht widirend der BearlieituuL;" einen S])runj^" bekommen und wurde als miliraten zum Abfalle i>'eworfen: das sjiricht wiederum dafür. daP) die Bearbeitung sich unmittelbar an die Sehmelzw t^rkstätten anschloß.
Die Stelluni^- der 1 lenh" innerhalb des Umkreises der Platt- formen und die Anlai^-e eines besonderen initer- irdischen K anales für Mrhit/.ungsz wecke unter der zweittMi Plattform machen es unmöi4'- lich. etwa an die Zentralt^rube eines kanalisierten I lypo- caustums zudenken. Wenn man die Mt>n- yen feintMi weißen Sandt\s berücksich- tigt, die noch jetzt auf der zweiten TMattforni aufsre- hduft waren und in Krwä^-unj^' zieht, daß auch aus Werk- stätten an der Xord- seite desbefestii»"ten
Umkreises der civitas i^rolje MtMii^'en von (rlasscherben hervor- i,'"et>'ang"en sind, während Tojifscherben 'üfanz fehlen, muß man zu der C'berzeu;yuni^- i^-(daniL;-en. daß) sämtliche Ofen zur (ilasbereitunj;^ iredient haben. Auch früher, bereits ]^()() uiul \Sjo w^iren in benachbarten Sandg"rid)en zahlreiche reimische Glasscherben zum Vorscheine fjfekommen, auln'r ihnen auch das Bruchstück eines .SchmelztieL>-els aus bräunlichem feuerfestem Ton, das im hmeren Abla^'eruuLj'en von a/ur])laueni und i^'elbem (ilasßussc zeij^'te.
Die Funde von \\'ilders])ool sind um so bedeutsamer, ^ds sie die einzi^i^en verhältnismäßig ij'ut erhaltencMi Überreste antiker Glas-.Sr]inielz(ifen darstellen, die man überall andc^rswo aus Un- kenntnis oder Unachtsamkeit zerstört hat. Sie tj-eben xon eintMii
Abb. 12. -ägyptische Balsamarien in \cr|)ackung.
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ansehnlichen und vielseitigen Betriebe Zeugnis, der sowohl or- dinäre grünliche Gebrauchsware, wie feines Krystallglas , farb- loses und farbiges umfaßte, die Dekoration mit farbigen Auflagen, wie Gravierung und Schliff pflegte, außer Gefäßen auch Schmuck- perlen herstellte. Mit der Beschreibung des Heraclius sind die Schmelzöfen allerdings nicht in allen Punkten in Übereinstim- mung zu bringen, namentlich ist die Dreiteilung fallen gelassen und durch eine Trennung in mehrere selbständig tätige Öfen ersetzt, deren Hitzegrad beliebig eingerichtet werden konnte. Aber je nach der Art und dem Umfange des Betriebes werden provinzielle Unterschiede in dem weiten Bereiche der antiken Welt ebenso stattgefunden haben, wie im Laufe der Zeit allmäh- liche Veränderungen und Verbesserungen. Die Trennung der (jfen erinnert deutlich an die oben zitierte Beschreibung des Theophilus, der einen Werkofen, einen Kühlofen und einen Aus- breitofen unterscheidet. Die Wölbung finden wir auch hier, der kreisförmige Grundriß ist durch den ovalen, in einem Falle durch den rechteckigen ersetzt, den wir auch in Teil el Amarna ange- troffen haben. Wie dort wurde. die Schmelzung der Rohmate- rialien in zwei St^idien vorgenommen. Zuerst wurden diese in .Schmelztiegeln gemischt und auf den kleineren Feuerstellen in Fluß gebracht: dann ließ man die Masse erkalten, e-ntfernte den Schaum und den Bodensatz, zerbröckelte das Übrige und schmolz e.'> in den Ofen von neuem. Einzelne \"on diesen mögen zur Herstellung bestimmter (xlassorten verwendet worden sein, so jener der ersten Plattform, bei welchem man zahlreiche Stücke von Blei fand, zur llerstellung von Krystallglas, andere zur Er- zeugung farbiger Gläser und zur Verzierung farbloser mit far- bigen Nu}:)])en und Fäden. Aber weder der Ofen der zweiten Plattform mit flacher viereckiger Basis, noch jener mit der lang- gestreckt ovalen scheinen zur Aufnahme \on Schmelztiegeln bestimmt gewesen zu sein, sondern zu der von halb vollendeten Waren, die hier einem bestimmten I litzegrade ausgesetzt wurden, um weiter bearbeitet zu werden. Die Steinplatte vor dem ersten Ofen diente gleichfalls zu weiterer Bearbeitung, zum Rollen ge- blasener Gefäße, zum Plätten und Ausziehen, zum Auftropfen, Pressen, sowie zur vollkommenen Abkühlung fertiger Erzeug- nisse. Der große Kanid, der die Plattformen durchzog, hielt das
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Abb. 13.
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g'anze vSystem in einer ^"leichmälMiJfen Temj^eratur, welche in den einzelnen Ofen nach Bedarf gesteigert wurde. Eine gleichmäßige Temperatur war aber besonders für die weitere dekorative Be- handlung der bereits in den Grundformen fertig gestellten Gegenstände von großem \"orteile. Zur Regulierung diente auch der dreiteilige ()fen, in dessen Fächern die (xläser ver- schiedenen Hitzegraden ausgesetzt waren und allmählich er- kalten konnten, indem man sie aus den wärmeren Abteilungen mit einer hölzernen .Schaufel in eint^ kühlere und schließlich auf die äußere Plattform in freie Luft, bez. in die Wohnungs- temperatur übertrug. Wir müssen ja wohl annehmen, daß die drei Plattformen mit den .Schmelzöfen sich innerhalb eines Ge- bäudes, vielleicht eines Fachwerkbaues befanden, von dem sich keine Spuren mehr erbrüten haben. P>st dann gewinnt der unterirdische I4eizungskanal seine richtige Bedeutung.
Die Fund(^ beweisen, daß man in Wilders])Ool auch Glas- perlen herstellte, obwohl dieser bei den Barbaren des Nordens ebenso wie bei den Negern der Ost- und Westküsten Afrikas geschätzte .Schmuck in überwiegenden Massen aus der großen Weltindustriestadt Alexandrien eingeführt wurde. Mögen auch sehr \'iele der in giillisch- rheinischen luid l^ritannischen Glas- werkstätten gefundenen Perlen von solchem Imjiort her- rühren, so gibt es doch für eine Nachahmung dieser fremden Muster Beweisstücke genug. Dazu gehören die aufgefundenen farbigen Pasten, die man gdeichfalls aus Alexandrien, aber auch aus Italien, Belgica und anderen gallisclK^n Pjetrieben bezog. Aus ihnen wurden die farbigen Glasjierlen selbst hergestellt oder die Päden gezogen, mit welchen man farblose Perlen schmückte. Daß man auch Filigranglas herstellte, scheint jene Perle zu er- geben, die mit einem blau-weißen zusammengedrehten Reif um- wickelt ist. Neben Gravierung und Schliff \'erstand man sich auch auf das Blasen in Ilohlformen, wie das Bruchstück eines Bechers mit dem Reliefeines Wagenrennens ergibt. D^is würde Schuermans' Vermutung aufs neue bestätigen, daß diese .Sorte von Gläsern außer dem nördlichen Gallien in Britannien selbst eine Heimat gefunden habe.
Im allgemeinen hat der Glasofen bis auf die neuere Zeit keine erheblichen Wandlungen durchgemacht. Die älteste Ab-
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bikluny" eines sol- chen in Ai^ricol.is Buche: „De re ine- talhca" cius dein XVI. Jahrh. stimmt noch mit der Be- schreibung- des 1 le- racHus überein^). vSic zeig"t einen Aufbau in Form eines ei- runden Bienenkor- bes, welcher in drei Stockwerke g^eteilt ist, wie ein jrewcihn- licher Zieg-elofen. Die oberste Kam- mer, 6 F'uT) lan«^-, 4 breit und 2 hoch, hat an einer Seite eine ( )ffnuny'. durch welche das gepul- \'erte Rohmaterial, Kieselerde und Al- kali, in Tiei>-(4n einem P'euer aus trockenem I lol/e ausg-esetzt wurde, um zu schmidzen undsich in Klumjien unreiner Masse zu verwandeln. Nach- dem diese erkaltet waren, wurden sie zerbrochen, die un- brauchbaren St ücke
M-W;CELERINV PAPIRJA- ASTIG 1 CIVIS-AGRIPPINE VETEK:LEGX-GPF VIVOS-FECIT-SII ET-MAR-CIAE-PRO
CVLAE-VXORl
^
n-^^i^
Ahli. 14. (irabstrin des M. \ alcrjus Celcrinus ;ius Astigis in Spaniin, Bürgers von Köln, Veteranen der X. Legion und seiner G.iltin Marcia l'rocula. Köln, Mus.jWallraf-Ricliartz.
^) .Agricola, de re mctallica lib. IX. p. 337 — 339. Die Abbildung seines Glas- ofens ist Seite 37 dieses Werkes wiedergcgel.cn.
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entfernt und die übrigen in Pfannen aus feuerfestem Ton in der zweiten Abteilung des Ofens, dem sogen. Sitze, abermals zum Schmelzen gebracht. Dieser war mit der oberen durch eine vier- eckige Öffnung im Zwischenboden verbunden, während eine an- dere, runde Öffnung von ihm nach abwärts führte und die Hitze, freilich bereits in vermindertem Grade, nach der untersten Ab- teilung leitete, in welcher halb- oder ganz vollendete Glasgefäße aufgestellt wurden, teils um sie während der Arbeit neu anzu- wärmen, teils um sie abzukühlen.
Die moderne Glasindustrie verfügt seit der Erfindung der Siemensschen Gasfeuerung über einen außerordentlich hohen Hitzegrad und über gewaltige technische Hilfemittel aller Art. In einfacheren Betrieben verwendet man aber immer noch den sogen. Krippenschmelzofen, der den älteren verwandt ist. Es ist ein viereckiger Aufbau aus Ziegeln, durch dessen Vorder- seite zylindrische Röhren von verschiedener Länge eingeführt sind, die aus feuerfestem Ton bestehen, 9 — 10 engl. Zoll Durch- messer bei einer Wandungsdicke von 2 Zoll haben und schräge liegen, damit man leichter durch sie hineinsehen und hintünlangen kann. Das Eeuer wird durch eine kleine C)ffnung im Boden ein- geführt und spielt von allen Seiten um die Schmelztiegel, die im Inneren der Krippe aufgestellt sind. I)(^r Luftzug wird dadurch erzielt, daß man von der oberen Sjütze der Kri}){)e einen Kanal zur Feuerstelle führt.
II.
Die Glasarbeit in Ägypten und im alten
Oriente.
Die Glasarbeit in Ägypten und im alten Oriente.
Ägypten.
Der ] Jauptbest;ui(lt(Nl des Glases, der Kiessand, kommt nur an weniiren Orten in entsprechender Reinheit \or. F.he man das \"erfahren gefunden hatte, die störenden Beimengung-en zu tMitfernen, bez. den Kiessand durch den eisenfreien Ouarzkiesel zu ersetzen, war die Glasmacherei naturgemäß an diese wenigen Orte und deren nähere Umgebung gebunden. In erster Linie waren es die Ufer des Xil und die des Bckis in Phönizien. ])ru Alten g£Üt das seefahrende llandelsvolk an der syrischen Küste als PZrfinder des Glases. Phönizische Schiffer, so heißt es bei Plinius, wollten sich am Meeresufer eine Mahlzeit bereiten. Da sie keine Steine fanden um den Kochkessel daraufzusetzen, nahmen sie vStücke Sodas \'on der Schiffsladung und machten sich daraus einen lierd zurecht. In dt^r Glut des I lolzfeuers habe sich die Soda mit dem darunter liegendem Sande \ermischt und so wäre zufällig zum ersten Male Glas entstanden. Dies ist aber technisch unmöglich, weil das gewöhnliche 1 lerdfeuer zum Schmelzen xon Sand und Soda nicht ausreiclit: hierzu ist eine Hitze \on looo — 1200 Zentigraden nötig. Auch daß am Meeres- ufer .Steine gefehlt haben sollen, klingt sehr unglaubwürdig. Trotzdem haben einige Forscher, namentlich L'roehner^), \on der Anekdote etwas für die Phönizier zu retten \ersu(iu. indem sie diesen zuerst di(^ AnwtMidung eines mineralischen Alkalis an Stelle d(\s früher ausschließlich üblichen \(\yetabilisch(m, die des Saljieters als l-lullmitlel. /usehrieben. I )ie X'i'ilker. welche das
^) l-"roehner, a. a. O. S. 3. Kisa, Das Glas im .^Iterlunie.
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Glas vor den Phöniziern kannten, hatten als Fluljmittel nur die Pottasche, ein \'eg"etabilisches, durch Verbrennung- von Pflanzen- asche gewonnenes Alkali verwendet. Dergleichen glaubten sie nämlich als historischen Kern der vSage herausschälen zu können. Zugleich war damit ausgesprochen, daß den Phöniziern durch dieses mineralische Alkali die Herstellung eines farblos-durchsich- tigen Glases anstatt des bisherigen unreinen gelungen sei, eines Glases, wie es sich zur Behandlung mit der Pfeife, als geblasenes Glas eigne. Diese Ansicht ist aber vom Standpunkte des Tech- nikers aus unhaltbar. Wenn die Phönizier auch tatsächlich zuerst Soda als Flußmittel benutzt hätten, so würde darin doch kein technischer Fortscliritt liegen, weil es ganz gleichgültig ist, ob Pottasche (Kali) oder .Salpeter (Natrium, Soda) zum Schmelzen verwendet wird. Man kann auf beide Art gleich gutes durch- sichtiges, farbloses Glas herstellen. Die Reinheit hängt nicht sowohl vom Flußmittel als von der zur Schmelze verwendeten Kieselerde ab. Damit fällt auch Froehners Annahme, daß den Phöniziern die PLrfmdung des farblos-durchsichtigen Glases zuzu- schreiben sei.-^)
Die ältesten Spuren des Glases führen uns unzweifelhaft in diis Pharaonenland. Sie reichen hier bis in das IV. Jidir- tausend vor Chr. zurück, wenn auch damals die Bearbeitung mit der Pfeife, das Blasen des Glases, noch nicht bekannt war, wie man bisher nach den der 12. Dynastie angehörigen Darstellungen von Beni Hasan umgenommen hat. Diese zeigen Szenen aus dem Leben eines Beamten des Pharao Usertesen I. und kommen ganz gleich oder ähnlich auch in anderen Gräbern des mittleren und neuen Reiches sehr häufig vor.") (Abb. i.) Unmöglich ist es sie auf das Glasblasen zu deuten, da man aus dieser Zeit noch keine geblasenen Gläser gefunden hat. F. L. Griffith hat Aielmehr nach-
^) Diese wird besonders von Carl Friedrich, Bonner Jahrb. 74, S. 164 bei Besprechung des Froehnerschen Werkes scharf bekämpft.
^) Fig. I nach Maspero, archeologie egyptienne S. 247. Perrot und Chipiez, histoire de l'art dans l'anticjuite I 829, III 933. deutsche Ausgabe S. 763. Lepsius, Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien II 13. Wilkinson, manners and customs II 2, 140. Brugsch, Wörterbuch VII 1187. Steindorff, das Kunstgewerbe der alten Aegypter S. 10 Gerspach, verrerie antique S. 9. — Vgl. auch v. Bissing, recueil des travaux 28, S. 20.
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^rt'wit'sen, cUilj das bi'malte Relict von Bcui Hasan, d^is sich an der nördlichen Seite der Westm^iuer des ( jrabes II befindet, wie g-ewöhnlicli mit I )arstellung'en des Aletallwägens verbunden sei und zu einer größeren Folge \'on Szenen gehöre, welche die verschiedenen .Stadien der Metallbearbeitung schildern/) Es Z(Mgt das Au>l)lastMi des Schmelzofens um darin Metall zu er- hitzen. Die beiden Männer blasen zu diesem Zwecke die Mammen mit sehr dünnen und langen Röhren primitiver Art an. die aus Metall geformt imd an der Spitze, um diese xor dem Feuer zu schützen, mit (Mner birnförmigen ilülk' feuerfestenTones umgebtMi sind. Die helle grünlich- graue Farbe des Tones sowie der ^\'ände des -Schmelzofens hat manches dazu beigetragen, daß man die I lüUefür eine Glasblase ansali. (ileiche Szenen wie- derholen sich in den Gräbern der iS. Dynastie (ca. lOoo bis 1368), wie z. P). in dem des Rechmara in Theben, doch ^ind hier die Blasen nicht grünlich sondern gelb, was noch deutlicher auf Metall hinweist. Andere ähnliche Darstellungen sieht man in Gräbern des alten Reiches auf der Hoch- ebene \-on Sakkarah. welche der vierten, xielleicht der dritten Dxnastie angehören.-) Bei dem \^ergleiche der älter(Mi Dar- stellungen mit solchen aus späterer Zeit findet man bereits grol'je Fortschritte in der Technik, die in PicTii 1 hisan genau dieselbe ist. wi(^ man sit> noch heute bei den kleinen Metallarbeitern In- diens beobachten kann. Anstatt allein ihre Lungen anzustrengen, haben die späteriMi Arlx-iter bereits Blasebälge eingerichtet, die mit dem huße betrii"l)en werden, so daß ein starkt^r Zug durch
Abb. 15. Tragegestell für Lagonen. Museum von Xeapel.
^) L. öritfith, archeological survcy of F.gypt. Beni Hasan, pari. IV. Die früher für Glasbläserei gehaltene Szene ist in Farbendruck auf T. XX wiedergegeben und im Texte S. 6 f. beschrieben.
-) Sauzay, les merveilles de la verrerie S. 5. Lepsius, Denkmäler 11 13, 49. Brugsch, die ägypt. Gräbcrwelt S. 24.
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ein daneben befestisj-tes Rohr in das Feuer g-eleitet wird. Die bloße Pfeife wird allerdiniJfs noch benützt, jedoch nur für kleinere und feinere Arbeiten. In der 26. saitischen Dynastie (666 — 525) wurden die alten Darstellungen in den Gräbern kopiert, darunter auch mehrmals die von Beni Hasan und andere Szenen von Metallbearbeitung-. Dagegen fehlen solche von Glasbläserei auch in dieser Periode noch ganz. Offenbar war das geblasene Glas selbst im VI. Jahrh. vor Chr. noch unbekannt.
Zum ersten Alah^ tritt uns eine glasartige Substanz in der Ausstattung eines hölzernen Kästchens im Ashmolean-Museum zu Oxford entgegen, das aus der Sammlung Amelineau stannnt und der i. Dynastie angehört. Es enthält Einlagen aus grün- blauer Fayence und eine schwarze Glasperle: \-ielleicht ist auch die grünblaue Masse besser als (jlaspaste zu bezeichnen. Auf dasselbe ehrwürdige Alter darf ein Fayenceplättchen in demselben Museum zurückblicken, in welches eine schwarze, fast undurchsichtige Glaseinlage in Gestalt einer 8 eingelassen ist. D^mn kommen xereinzelt Glasperlen schon im alten und mitt- leren Reiche vor: eine grünliche, ungefärbte Perle \-on runder, nur an den Durchbohrungsstellen abge])latteter P^orm trägt den Namen Amenophis' 1.')
Die Glasfunde, welche bis in die 11. Dynastie (3050 bis 2S40), bis zur Erliebung Thebens, der „Gottesstadt", zur Resi- denz und früher hinaufreichen, zeigen uns eine undurchsichtige Masse von lebhafter, oft glänzender Farbe, die in teigartig weichem Zustande mit freier Hand zu Gefäßen, Perlen, Amu- letten, künstlichen Edelsteinen mit Reliefschmuck oder glatter Hache, zu Ringen, Halsketten, Anhängern, Zierbändern, Gehängen in Form von tierischen und menschlichen Figuren sowie \'er- schiedenen Gegenständen, zu Einlagen und Auflagen in Form von Hieroglyphen und Ornamenten u. a. verwendet wurde. In dieser ersten und ältesten Periode der (jlasindustrie diente die durch Schmelzprozeß gewonnene Pasta durchweg zur Nachbil- dung farbiger Edelsteine und emaillierter Tonwaren. Die che- mische Analyse zeigt, daß sie ungefähr dieselbe Zusammensetzung
^) Ich verdanke diese Angaben brieflichen Mitteilungen des Herrn Professors Freiherrn von P>issing in iNlünchen.
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wie das Glas von heute hatte, aber außer Kieselerde, Kalk, .Vlkali, vSoda verhältnismäßiijr große Meng-en fremder Bestandteile, wie Ku])fer, Kisen, Man^aiioxyde enthielt, von welchen man sie nicht zu befreien \ermochte. Die schönen dunk(41)]au(Mi Mäschchen enthalten noch ßroi^"niart, Kieselsäure, Kalk, Alkali. Kupfer u. a. Die an sich aus der ersten Scinnelze in ]:)läulich,s^TÜner Farbe hervor- g-eg^anifene Masse wurde in der zweiten Schmelze durch Bei- meng-uncf von Metalloxyden noch stärker und tiefer g'efiirbt: Durch Kupfer und Kobalt bhiu, durch ersteres je nach dem Ilitzeg'rade mt^hr oder weniger leuchtend gTÜn, durch Mangan violett und l)raun, durch Eisen g"elb, durch Blei oder Zimi 0])ak-weiß. Eine Sorte von leuchtendem Purpurrot enthält 30^/0 Kupfer (Bronze) und bedeckt sich unter dem Einfluße \'on Feuchtigkeit oft mit (rrün- span. Natürlich war die Chemie der alten Agvpter rein empiriscli und intuitiw auf bloßen Werk- stiitt-Überlieferung"en und prak- tischen Erfahrung"en beruhend. Die Arbeiter fenden die zur F'ärbung nötig"en Stoffe in der Nähe der Öfen oder bezog"en sie
durch den I hind(4 aus anderen Werkstätten. Sie In^nutzten die .\h'tallox_\(le in dem Zustande, in welcliem sie sich ihnen boten, mit allen fremden Beimeng"ungen. ohne die Gewißheit zu haben, die g-ewollte F'arbe auch wirklich zu erzielen, ohne dafür V)ürg-en zu köniKMi. ein bestimmtes Muster zu erreichen. So sind manche der schonen FarbenzusammenstellungiMi nur dem Zufalle zu verdankeii imd kein zweites Mal mit .Xb^icht witnler erreicht worden.
Die reichen l-inuU' von 0])ak-farl)igen (iläsern in ägvp- tischen (iräbern des neuen Reiches haben endgfühig mit der
Abb. 16. Schmelzofen nach .Agricola.
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Fabel aufg'eräumt, dal] das alte in Ag'ypten vorhandene Glas phönizischen oder cyprischen Ursprung'es ist. Der großen ägyp- tischen Ausbeute steht in den Lokalfunden dieser beiden Länder ein verhältnismäßig so geringes Quantum entgegen, daß man un- bedingt das \^erhältnis umkehren, ägyptische Plinfuhr in Phönizien, Cypern und den anderen Gebieten des Orientes annehmen muß. Namentlich die Ausgrabungen von Theben haben bewiesen, daß seit dem Ende des IL Jahrtausends vor Chr. und schon vorher der Gebrauch und die Herstellung farbiger Gläser in Ägypten ganz allgemein war.-^) In Kurned Murrai und in .Schech ^\bd el Kurna kamen nicht nur zahlreiche Perlen, Amulette für Tote, kleine Säulchen, Herzen, mystische Augen, Xilpferdchen, Enten aus blauer, roter und mehrfarbiger Glaspaste, sondern auch Ge- fäße zum Vorschein, die man früher für phönizisch hielt, solange man unter dem Banne jener Anekdote stand, welche den Phöni- ziern die E!rhndung des Glases zuschreibt. Ein Amulett aus blauem Glase im Britischen Museum, bezeichnet mit dem Namen Antefs lA"., versetzt man in die Zeit von etwa 2420 bis 2380 (13. Dynastie).-) Sonst wird es seit der 18. Dynastie (um 1500 \'or Chr.), in der Blütezeit Thebens, Sitte, (rlasgefäße mit dem Namen des regierenden Königs zu \'ersehen. Gläser mit dem Namen von Königen der 18. und 19. Dynastie fand man in Theben und in den Ruinen des 1 lathortempels auf der Halbinsel Sinai. Der Name einer .Schwester Tutmosis' III., der Prinzessin Hatschepsut (Hatasu) steht auf einer Perle \'on schwarzgrünem, dem Obsidian ähnlichen Glase im Britischen Museum, ebenso auf einer türkis- blauen Kugelperle bei Professor AViedemann in Bonn. Von beiden wird noch einmal die Rede sein. Die Hieroglyphenschrift dieser Bezeichnungen begann zuerst Mißtrauen gegen den angeblich phönizischen Ursprung der Glaswaren zu erregen. Die Blütezeit Thebens (1600 bis etwa 900 \or Chr.) ist gleichzeitig die erste Blütezeit der Glasindustrie, d.h. die der opak-farbigen Paste. Den Namen Tutmes oder Tutmosis III. (um 1500) trägt ein Kännchen aus hellblauem opakem Glase im Britischen Museum, das am Halse mit einem eierstabartigen Cluster in braungelb,
i) :\Iaspero a. a. O. S. 248 f.
'^) Fowler, on the process of decay in glass in Archaeologia 46 (r88o) S. 65 f.
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am Bauche mit vier aufsteig-enden i>-leichfalls brauni>'elben Ris])en ijfeschnnickt ist, dessen Zweig^e mit kleinen KnötchiMi iMidij^'en. I)a/\\is(iuMi l)efinden sich, \on s^-elben Bändern und weißen i*unktreihen umschlossen, ])raiine I lierog"lyphen, die den Xamen des König's bezeichncMi. Der einfach s^'ebojjfene, aus einem dicken
Rundfaden herirestellte Henkel ist hell- hliiu imd mit weißen, dimkelblaiKMi und g"elben Streifen gemustert, der Rand und Fuß des Gefäßes von gelben Fäden
Abb. 17. Syrische Balsamarien.
inngeben (Abb. 2).^) Die \"ase ahmt offenbar in l-"orm und \"erzierung ein glasiertes Tongefäl) nach, und die Di<ke der A\"andung, die Stärke der Mündungsplatt»' tVirdern diesen Ein- druck. Die Ris])en sind gewissen in sumphgen Cjegenden, auch am Xil häufigen T'flanzenformt>n getreu nachgebildet. In ihrer primitiv steifen Form unterscheiden sie si(-h sehr von den schwungvollen Linien des sogenannten Farnkrautnnist(^rs. das noch in derselben Periode auftaucht und l)is in di«^ Kaiserzeit hinein in der ägyptischen dlasindustrie eine her\or- ragende Rolle s])ielt. Am schönsten wurde es in der frülifii Kaiserzeit ausgebildet, in der (jlanzepoche iVlexandriens, und selbst von der gallisch-rhiMnischen ( ilasmacherei, ja noch \ on der
') Nach schriftlichen Mitteilungen, welche ich Herrn Prof. v. Biising verdanke.
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fränkischen, auf (refäßen und Schmuckperlen nachgeahmt. Den Namen Farnkrautmuster träg't es übrigens ebenso zu Unrecht, wie wegen seiner Ahnhchkeit mit dem Barte einer zum Schreiben zugestutzten Kielfeder den des Federmusters. Das Farnkraut ist in der Flora Ägyptens kaum vertreten. In Wirklichkeit ist das AIoti\' dem Gefieder der Phönixpalme und dem Blatte der Papyrusstaude entlehnt.-^) Das Kännchen Tutmosis' III. gilt für das älteste erhaltene Glasgefäß Ägyptens. Nicht viel jünger sind einige teils wohlerhaltene, teils glücklich aus Scherben wäeder zusammengesetzte Gläser und \iele Bruchstücke von solchen, welche Daressy in den Gräbern des Maherpra und Amenophis' IL, des Nachfolgers Tutmosis' III., in Theben entdeckt hat.
A^iel zierlicher und leichter in F orm und \"erzierung als dieses ist das Kugelfläschchen mit sogenannten Farnkrautmuster (Fig. 4), das in die Zeit derselben Dynastie gehört. Es ist 8 cm hoch, von leuchtender türkisblauer Grundfarbe, \'ollkommen fleckenlos wie ein Edelstein und gleichfalls mit gelb gemustert. Den Rand umgibt ein gelber F^adenring. Die kleinen, aus einem etwas stärkeren Fladen zusammengerollten, dicht an den kurzen Hals gedrückten ( )sen finden sich in dieser Form bei (3l- und Parfümfläschchen bis tief in die Kaiserzeit hinein. In der Ptole- mäerzeit und später erhalten sie unter den Händen griechisch geschulter Arbeitt^r manchmal die Gestalt kleiner Delphine und werden danach auch dann benannt, wenn der Faden in seinen zufälligen Bildungen nichts mehr von der Gestalt eines Delphines verrät. Durch die kleinen Löcher wurden Bronzeringe gezogen und das Fläschchen mittels dieser und einem Kettchen an den Gürtel gehängt. Solche Gehänge haben sich an einfachen Bade- fläschchen aus bläulich grünem Glase noch häufig in Gräbern der Kaiserzeit erhiilten. In der Keramik traten an die Stelle der kleinen Ösen oft Figürchen hockender, an einen Hals in F'orm eines Lotuskapitells angelehnter Affen (vgl. Abb. 1 3, No. 9). Ein anderes beliebtes Muster zeigt eine Amphoriske von nicht
^) Die Vase Tutmosis' IH ist auch bei Fowler a. a. O. und bei Deville, bist, de la verrerie T. IV i abgebildet. Über die Funde Daressys vgl. Fouilles de la vallee des rois 1. Tombes de Maherpra et d'Amenophis II T. 7. Auch Maspero, guidc of Cairo Museum. Englische Ausgabe mit Register S. 444.
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g-anz rri>-eliiiäßit^er spitzbauchit>-er (jestalt (Abb. 5). von tiefolix- grüner (jrundfarbe, etwas durchscheinend, an der dicksKMi Stelle mit einem mehrfachen Zickzackbande in g"elb und blau umg"eben, das von g-(^lben Reifen und Wellenlinien eingefaßt ist. Die ähn- lich wie bei dem vori- gen Stücke geformten Ösenhenkel sind licht- grün, der Faden und die Mündung türkis- blau. Die in einen \^' Knopf oder eine Spitze \ endigende Gestalt war neben der kugeligen oder oxiden, sowie der mit einer kleinen run- den Fußplatte versehe- nen, bei den kleinen zierlichen Alabastren bis in die Zeit der Claudier hinein beliebt. Aus dieser Periode stammen die Gläser der Sammlung M. vom Rath in Köln (Taf. ü). Von besonderem Int<'resse sind die Becher, welche der Prinzessin Xsichonsu (aus der 21. Dynastie. za. iioo bis 1000 vor Chr.) in ihr Gnd; zu Deir-el-Bahari beige- geben waren. Sieben
von ihnen sind aus ziemlich dickwandiger, etwa 5 mm starker, hellgrüner, gelber oder blauer Glaspaste, vier aus schwarzer, mit weil)en, unregelmäßigen, größeren und kleinertMi Flecken, einer mit \ielfarbigem Farnkrautmuster, das in senkrechten Linien in dichter Reihung das Gefäß umgibt und an den
Abb. 18. Syrische Balsamarien. Sammlung M. vom Rath, Köln.
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Rändern von farbii^'en Fäden abg-eschlossen ist (Fig". 6). Die Form der Becher ist uns sehr vertraut. Diese einfachen zylindri- schen Gefäße finden sich in allen Perioden der Antike, in Pompeji ebenso wie in gallischen, rheinischen und nordischen Gräbern aus der Kaiserzeit. »Sie waren damals ebenso modern wie heute. Unser anspruchloses Wasserg-las kann sich einer .Vhnenreihe rühmen, wie sie kaum ein anderes Stück des Haus- rates in gleich stattlicher Länge aufzuweisen hat.
Aus den Gräbern von Gurob, die noch der 1 8. Dynastie angehö- ren, stammen zwei schöne mehrfarbige Gläser des Musee du Cinquantenaire in Brüssel. Das eine ist ein schlauchförmiges Fläschchen mit kurzem, breitem 1 lalse und dickem Randwulst, an der Spitze abgebrochen, verziert mit mehr- farbigen, mit den Spitzen nach oben gekehrten Wellenbändern. ^) Das andere, gleichfalls ein Fläschchen, ist gut erhalten, hat genau die Form einer Säule mit Palmenkapitell, wie manche der in Gräbern gefundenen gläsernen Amulette, und ist glcMchfalls mit mehrfarbigen Wellenbändern verziert, welche jedoch im oberen Teile des Gefäßes zum Zickzack wer- den (Abb. 7). Unterhalb des Kapitells zieht sich ein vierfacher Faden herum, der wie alle anderen bisher beobachteten \>rzierungen \-ollkommen fiach ist und nirgends plastisch her\orragt. Das ist dadurch (^rzielt, daß man den aufgelegten Faden nicht nur durch Rollen auf dem Marmor in die noch weiche Gefäß- masse eindrückte, sondern das fertige Gefäl) nach dem Erkalten auch noch sorgfältig al)schliif. Die Säulenform verdient be- sondere Aufmerksamkeit, weil sie den Ursprung einer weit- verbreiteten Klasse antiker Gläser enthüllt, nämlich der in (rräbern häufigen Fläschchen für Öle und Parfüme von schlank zylindrischer Gestalt. Das Kapitell verschwand im Laufe der Zeit und wurde durch eine trichterförmig erweiterte ^Mündung
Abb. 19. Groteske
Maske.
Alexandrinisch.
^) Jean Capart, guide descr. des antiqu. egypt. des musees roy. du Cinquan- tenaire ä Bruxclles 1905. S. 92 f. Abb. S. 96, Fig. 19a.
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ersetzt, in deren äußerem l'mrisse noch die ursprünt^diche Form des l^flanzenkapitells deutlich naciikhii^t. Auch (he Fußplatte erfuhr mannii»-fache Umbildunj^en. 'j
Aus einem (jrabe der i8. l)3'nastie stammt auch ein anderes Fläschchen. das den mclu'farbiLj'en Zickzackschmuck in reicher Ausbilduni>- zeit^'t und zui^leicli das bislier l)(>obac]itete Formen- material lun d<Mi so häufiiifen r_v])us des Kus^'(4fläschchens mit runder, auf einem düniu'n i>-esch\veiften Fuße ausgesetzter Stand- jilattt^ bereichert (Abb. 8). Das Grab, welches die Überreste des Pharao Tutmosis I\". (um 1400 vor Chr.) umschloß, wurde \'om Howard Carter inid Percv F. Xewberry \'er- öffentlicht.'") Das Fläschchen. 9 cm hoch und 6 cm im g'rößten Durchmesser, träg"t auf kuufeliöfem Bauche einen kurzen Hals mit dickem Randwulst vuul ist \on hell türkis- blauer Grundfarbe. Das Zickzack zeig't einen Wechsel \on lichtblauen, gelben, violetten, weißen und schwarzen Streifen. .Auch am Halse wird ein unreg'elmäßig'es Zickzack von sjf(db. wt^ß und schwarz sichtbar. Die Profile sind au diesem Stücke etwas schwerfällig", Abb. 20. Maskenperle, leichter und ij'efällij^'er waren die Rand})rofile Alexandrinisch.
einiger Becher geformt, von welchen sich
Bruchstücke in demselben Grabe erhalten haben. .Sie hatten ent- weder zylindrische, nach oben etwas geschweifte, oder kugelige Gestalt. Die AFindungen sind teils schräge, teils flach gerandet und einfach, aber scharf g'ekantet, ähnlich wie Tonbecher aus augusteischer und flavischer Epoche am Rhein. ■^)
Seit den Zeiten der grolu-n thelianischen D\-nastien waren die Glas- und die Glasurwerkstätten in \-oller Tätigkeit. Kleine Hügel von Abfällen, Üb(^rreste von (jlaswerkstätten bezeichnen noch beim Ramtvsseinn in Iheben, in f,l-l\.ab, auf dem Pell xon Asch-
^) Vg!. die Abbildungen gallischer Parfumlliiscliclu-n in meinem Kataloge der Sammlung M. vom Rath in Köln 1899. T. V, 47, 49, 51, 53. Das Hrüsseler Fläschchen ist abgebildet bei Capart a. a. O. S. 96, Fig. 19 b.
') Howard Carter & Percy E. Newberry, tomb of Thoutmosis IV. Wesiminster 1904 T. XXVII I.
*) Abbildungen in dem vorgenannten Werke.
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munein die .Stellen, an welchen einst Schmelzöfen standen. Selbst in der lybischen Wüste stieß man bei Xatronsümpfen auf die Reste uralter Glaswerkstätten.^) Antike Schriftsteller berichten von allerlei Gefäßen, Schmucksachen und anderem Zierrat aus Glas. So sah Ilerodot an den heiligen Krokodilen große bunte Kugeln aus Glas. Aber auch architektonische und plastische Werke sollen aus den Glaswerkstätten hervorgegangen sein. Der Kommentar zu Pomponius Mela sagt den Ägyptern nach, daß sie große Statuen aus schwarzem (rlase zu gießen verstünden. Nach Plinius befand sich im Tempel des Ammon eine i3^/.2 Fuß (9 Ellen) hohe Statue des Serapis und ein aus vier Stücken zusammen- gesetzter Obelisk in Gesamthöhe von 40 Ellen, beide aus Sma- ragd.-) Die Gelehrten schwanken, ob sie das Material dieser Arbeiten gleich dem der angeblichen Smaragdsäule im Tempel des Melkart zu Tyrus für Glas oder im Hinbhcke auf eine ägyp- tische Statue in der \^illa Albani in Rom, ein Sitzbild aus „Plasma di Smeriddo," prime d'emeraude, also doch für Smaragd, den lauchgrünen Praser halten sollen.'^). Die ungewöhnhche Größe, besonders des Obelisken, macht aber die Anwendung dieses kost- baren Materials unwahrscheinlich. Aus Theophrast hat sich bei Phnius auch die Nachricht erhalten, daß aus Babylon ein 4 Ellen hoher Obelisk von Smariigd als Geschenk nach Ägypten gekommen sein soll. Bisher hat man in Agyjiten solche Arbeiten weder in Glas noch in Smaragd wirklich gefunden. Bei den geringen tech- nischen Kenntnissen der antiken Schriftsteller sind namentlich die Berichte aus dem Wunderlande am Nil mit großer Vorsicht auf- zunehmen. Wenn sie sich über das Materi^d täuschten, kann dies um so weniger auffallen, als es noch heute im Zeitalter der Naturwissenschaften derlei strittige Fälle gibt. So war man z. B. bis vor kurzem nicht darüber im klaren, ob die bereits erwähnte Collierperle der Prinzessin Ilatschepsut (llatasu) aus Glas oder Obsidian bestehe: dem Äußeren nach sind diese Mate- rialien durchaus gleichartig. Seltsamerweise hat man die Ent- scheidung zwar hervorragenden Kennern wie Augustus tranks
^) Vgl, Ilg in Lobmeyrs Glasindustrie .S. 7.
^) Plinius 39. 74. 75. Er hat seine Nachricht von Theophrast.
'') Wilkinson a.a. O. — Visconti, la villa Albani S. 147 No. 1037. Froehner a.a.O.
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m
Abb. 2 1. Maskenperlen.
Ägyptisch.
und Miikchiu' anlieimj^H^stellt, die zu keinem l*>t;-ebni,s ^elang'ten, aber die sehr naheliegende chemische Untersuchung erst zum Schluße x'orgenommcMi. Diese ergab nach \Vilkinson diis sjje- zifische (jewicht xon Kronglas, also (das.') Dieses Ergebnis braucht niclit zu überraschen, da schon damals di(^ 1 lerstellung schwarzen (dases keine Schwierigkeiten bot. Ks hat unsere lv<Mmtnis der alten ägyptischen (ilasmacherei wenig gefördert, dal) man sich anfangs zu ängstlich btnnühte, durch ])hilologische Untersuchungen die Nachrichten der alten AutoriMi aufzuklären und sich erst spät dazu entschloll die Funde selbst si)rechen zu lassen. Die Frag'e nach dem Mate- rial der Riesenstatuen imd der Riesenobelisken scheint gleichfalls durch Funde ge- löst zu sein. Die später zu (erwähnenden Überreste von Palastbauten enth£dten so viele Arbeiten in glasiertem Ton, daß wir diese Technik
auch für die von Plinius genannten Werke in Ansj^ruch nehmen können.
Ein langwieriger Streit entspann sich über die Nachrichten von gläsernen Särgen der Agy]:»ter. Athioper und anderer Völker des Ostens, llerodot und Diodor erzählen, daß die Ägypter von altersher ihre Toten in Särgen von dickem opakem Glase zu bestatten ])flegten. Das wäre an sich nicht gerade undcmkbar, wir haben alx^r auch dafür kein Beispiel. Doch könnte, ähnlich wie bei den mit glasierten Tonornamenten ausgelegten Säuhni. der Schmuck die \'eranlassung gegeben ha])en. mit ihm das Ahitt^rial des geschmückten Gegenstandes selbst zu bezeichnen. Melleicht hatten die griechischen .Schriftsteller jene Mumien- särge aus Ala])aster uiul Holz im Sinne, die xollständig mit Einlagen aus farbigem Glase inkrustiert waren. .Sie konnten dann mit demselben Rechte \on gläsernen Särgen sprechen, mit welchem wir heute manchmal von Emailbildern, Email- schmuck. \()n Relicjuiensehreinen und anderen l"vOstbarkeiten aus
^) Wilkinson a. a. O. I 53, III 90. Vgl. auch C. Friedrichs a. a. O.
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Email .s})rechen, wobei wir über der Dekor^ition den Grund aus Gold, Kupfer und dergl. ig-norieren. Ein derartig-er nach alt- äg-yptischer Sitte mit farbigen Glaspasten reich ausgelegter vSarkophag mag jener gewesen sein, in welchem nach Stra- bos Mitteilung Saleucus Eubiosactes den Leichnam Alexanders des Großen beisetzte. Augustus ließ sich diesen Sarg bei der Unterwerfung Ägyptens zeigen.
Größere Schwierigkeiten bereitet die Erklärung der Nach- richt Ilerodots IIL, 24 über die Behandlung der Leichen bei den Athiopern, den Nachbarn der Ägypter. „Nach der Mu- mifizierung", schreibt der griechische Historiker, „bedeckt man den Körper mit einer Lage Gips, auf welchen die Maler ihre Farben auftr^igen, indem sie die Züge des Toten möglichst treu wiedergeben. Dann schließt man das ganze in einen Trog aus ausgehcihltem (ilase. Dieses Glas ist leicht zu bearbeiten und wird in großen Mengen aus dem Boden gewonnen." Offenbar meint er hier wieder andere Särge als die früher genannten aus opakem und schwarzem Glase. Die Kommentatoren erklären den Stoff zur Füllung als „sei gemme", Salzstein, der in Äthio- pien häufig gefimden wird. Dagegen berichtet Diodor \'on Si- zilien, ein Zeitgenosse des Caesar und Augustus, ausdrücklich, daß die Äthioper den Leichnam mit geschmolzenem Glase um- gaben und dann in einen durchsichtigen Sarg legten. Damit der Leichnam nicht durch das heiße Glas versengt werde, umgab man ihn nach Ktesias von Knidos (416 — 398 vor Chr.). einem griechischen Arzte am Hofe des Perserkönigs in Susa. mit einer »Schichte von Gold, bei minder Reichen von Silber, bei Armen von Töpferton und dann erst mit Glas. Bisher ist noch kein solcher Sarg aufgefunden worden. Die Nachricht \on dem ge- schmolzenem Glase verträgt sich freilicli niclit mit Salz oder einem anderen fossilen Stoffe. Herodot und Ktesias sagen aber ausdrücklich, daß das Material aus einem Steinbruche geholt wurde. Froehner^) will dies damit erklären, daß er in dem Steinbruche die jenseits der Katarakte gelegenen Sandgruben sieht, aus welchen man den zur Glasbereitung nötigen Sand holte, und tritt so dafür ein, daß der Stoff zur Umbettung der
') Froehner a. a, O. S. 9 f.
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Leichen wirklich dhis war. Wie soH man aber sclion zu Hero- dots Zeiten (hir(iisichti,L;--farl)hjses (ilas in sohiien Meng-en her- g-estellt haben? Schon (hes(>r Anachronismus schht'lk die Erklä- runi»- Froehners aus. Da sich (he Ang-aben der alten Schrift- steller widersprechen, ist eine Lcisuni^' des Rätsels schwer mög-- lich. Wahrscheinlich bleibt aber, dal) es eine s^-allert- oder leim- arti,i;'e Flüssig-k(Mt war,
«i5r«^.''5!^
i
die man zur Konservie- rung" der Leich(Mi \er- wendete. An Mariengias ist kaum zu denken, ol)- wohl dieses im Feuer leicht schmilzt inid des- halb zum l'mg'ießen hättte benutzt werden k(innen.
So \erwirrend wie die Ijcrichte der Alten über die (xlasarbeiten der l'haraonenzeit, so klar sind die Erg'eb- nisse, welche die neueren Funde und ihre tech- nisch sorg"fältig'e Prüfung" lieferten. \'or allem kom- men hier die Gläser- fund(^ I)ari\ssys in The- ben in Px'tracht. welche nach uns(^rem jetzig'en Stande der Kenntnis zu
den ältesten sicher dati(^rten (.läsern nicht nur Agyi^tens. sondern zu den ältesten Gläsern überhaupt g'ehorcn. In den (rräl)ern des Maherjira und denen des Amenoj^his II. wurden außer einig"en voUkonnnen erhaltenen dlaskännchen g"eg"en 3000 Scherben farbig"er Gläser mit den prächtig"sten P'adenverzie- rung^en, aiu-h mit buntfarbig-en Rosetten und anderen Mustern gefunden, welche im X'ereine mit den l-'undt-n \ on 1 dl el Amarna beweisen, daß schon um 1400 \or Chr. die Industrie in
Abb. 22. Becher des Königs Sargon. Britisches Museum.
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hoher BUite stand und namenthch die ITerstellunj^ leuchtender Farben in zahlreichen \^arianten, sowie die \"erzierunj»' mit Wellen- und Zickzacklinien vollkommen ^lus^ebildet war. Die Muster erscheinen ungemein reich, weil die einzelnen Fäden in \'ielen Reihen dicht zusammengepreßt sind. Die Unregelmäßigkeit der Linienführung wirkt nicht nur durchaus nicht störend, sondern erhöht \'ielmehr den Eindruck künstlerischer Freiheit. Darunter befindet sich ein unverziertes Kännchen aus blauer Paste, 14 cm hoch, kugelbauchig, mit langem Röhrenhalse und dünnem ge- schlängelten Henkel (Abb. 9) von sehr graziöser Form. Der Hals ist aus einem besonderen Stücke angefügt. Das Gefäß enthielt ein Piirfüm , das zwar jetzt bis auf einen braunen Satz entwichen ist, sich aber immer noch durch seinen Wohlgeruch bemerkbar macht. Dieser ist nämlich teilweise in den Leinen- stopfen übergegangen, welcher die jVIündung verschließt und mit gelben und roten Bändern umwickelt ist, die von einem rosenfarbigen Band umschnürt werden.^) PZin anderes Fläsch- chen, leicht spitzbauchig, gleichfalls aus blauer Paste, die aber gegen das Licht grünlich durchscheint, ist am Halse mit vier Reihen \-on Zickzack in bunten Farben geschmückt (Kat. Xo. 24059). Die zum Teil sehr ansehnlichen, mehr als die Hälfte von kugelbauchigen oder schlanken Fläschchen und Kännchen umfassenden Bruchstücke bieten mit ihren leuchtenden Farben und reichen Mustern einen prächtigen Anblick (Kat. No. 24753 bis 24843, Abb. T. XLIII) Eines zeigt auf dunkelblauem Grunde ein dichtes Wellenmuster und den \'ornamen Amenojjhis IL Ein anderes ist melonenartig gegliedert, war ursjirünglich etwa 20 cm hoch, 14 cm im Durchmesser breit und mit zwei blauen Henkeln versehen. Die blaue Grundpaste ist in zehn senkrechten Riefen von gelben Längslinien durchzogen und jeder Abteil mit kleinen weißen Rosetten, rotem und grünem Sternmuster verziert, wo- bei zwischen den beiden oberen ein gelbes gleichschenkeliges Kreuz angebracht ist. Es ist nachträglich gelungen, gerade dieses durch seinen eigenartigen Schmuck ausgezeichnete Gefäß aus zahllosen Bruchstücken wieder zusammenzusetzen. Der \^or- name des Amenophis II. kehrt auf dem Reste einer anderen
^) Vgl. Daressy a. a. O. No. 24057.
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Vase wieder. Eine besonders schöne cantharusähnliche \'asen- fonn mit Stentrelfuß und lireitein 1 lalse ist in einem sehr ansehn- hchen Bruchstücke von lasurljlauer Grundfarbe mit bunten W'ellcn- g-ehäng-en erhalten. Aus unzähhi^-en Isleinen Schrrlx-n liat man auch eine opakweiße \'ase wieder zusannntMi^-elirarht. deren \'er- zierung- gleichfalls von der o-(>\völndiclien abweicht. Sie l)esteht aus reg-ellosen Wellenzügen in lAiiu und ])raun. die den Kr>r])er bedecken, während der Hals xon ein(Mn ganz dichten Zickzack in g'-oldbraun und liellblau umgel)en ist. Die \'ase ist mit /.wr] Xamensschildern Amenophis" II. bezeiclnie-t. Zu den vollständigi-n
Abb. 23. Glasbügel von etruskischen Fibchi. München, Antiquarium.
(jefäßen und .Scherben von solchen kommt noch eine gToße Zahl von Schmuckgegenständen und Bruchstücken \on Arm- ring-en aus dunkel- und hellblauer Paste, welche die in \'or- rcimischer Zeit übliche Form gläserner Armbänder zeig-en, außen g\»rundet, innen flach sind. 1 )ie X'erzierung- besteht außer farbigen Wellen-, Zickzack- und I lorizontalfäden in kleinen rautenförmig-en Besatzstücken mit farbigen Rändern, wtdche so in die Masse eing'edrückt sind, daß sit^ leicht her\'orragen 'Kat. Xo. 248^4 bis 24842).
.Auch in der Sannnlung \on i'rofessor breilierr w Bissing in Münch(Mi befinden sich dlasfunde \on Theben aus der Zeit Amenophis' 11. Einige fallen durch ihre Dünnwandigkeit und regelmäßig'-e Gestalt auf. so daß man sie fast für g-eblasen halten kömite. wenn nicln die ImKMiseite deutliche Spuren des Tonkernes aufwiese. Interessant sind auch die o])akweißen, \oll- kommen milchfarbig-en und glänzend polierten Stücke, tünes mit türkisblauem Bandmuster, ein aiuh^rt^s mit braunen und dunkel- blauen Flecken. Aus der iS. Dyn^istie, aber \ on einem hinderen späteren Funde, rührt das l)ruchstück (üner türkisblauen (rlasvase
Kisa, Das Glas im Altertuiiie. ,
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her, das mit schwung-vollen und feinen Wellenranken in weiß und jj;-elb verziert ist; die Ranken sind nur am unteren Teile flach einjjfewalzt und lieg'en oben am Rande stark plastisch auf. Der- selben Sammlung gehört eine zierliche Amphoriske an, die nach der wohl verläßlichen Angabe des Händlers gleichfalls aus einem (jrabe von Theben stammt und der i8. Dynastie an- gehört (Abb. ii). Ihre Form ist sehr graziös aus freier Hand gebildet. iVm Ansätze des breiten Halses befinden sich zwei kleine Querhenkel, unten ein kurzer Stengelfuß mit Rundplatte. Der dunkel azurblaue (xrund ist durchscheinend und matt- glänzend. Den Rand umgibt ein blau-weißer Spiralfaden, den I lals ein dreifaches langgezogenes Zickzack in weiß, orangegelb und türkisblau, den Bauch ein gleiches, aber \'ielliniges Ornament in denselben Farben. Die Henkel sind wie der Grund azur- blau. Bis auf eine kleine Lücke in der unteren Bauchung ist das Gefäß vollkommen erhalten.
Nach (jriffith sind alle Gläser des Y. und IV. Jahrhundert vor Chr., die in Italien und Griechenland aufgetaucht sind, ebenso wie die Gläser der i8. und 19. Dynastie in Ägypten (1600 — 1220 \-or Chr.) über einen Kern geformt. Tatsächlich reicht aber die Modellierung aus freier I land bis zur Kaiserzeit, bis zur Er- findung der Glaspfeife, welche den neuen Stil des Glases be- gründete. Die langhalsigen Flaschen zeigen in ihrem Inneren noch die Spuren der rauhen aschigen Oberfläche der Form. Da das Glas opak war — vollkommen undurchsichtig sind von Natur aus allerdings nur gewisse rote Pasten, während alle übrigen bei genauer Prüfung leicht durchscheinend sind und ursprüng- lich, bei völlig gkitter, unverwitterter Oberfläche, noch mehr Licht durchließen — war das Aussehen des Inneren unwesentlich, denn man wurde seiner nur gewahr, wenn das Gefäß zerbrochen war. Anders war es allerdings bei off"enen Gefäßen, Bechern, Schalen u. dgl., deren Inneres sorgfältig geglättet, manchmal mit dem Rade übergangen werden mußte, bis auch die innere Fläche glatt und glänzend war. Da das Äußere einer so durchgreifenden Be- arbeitung nicht bedurfte, erscheint es schon beim ersten Blicke weniger glänzend und weicher als das Innere.
Die in der Blütezeit der ersten Periode der Glasindustrie, jener der farbigen Paste, geübten Techniken schildert Flinders Petrie in
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seinem ßerichte ül)er die Ausj^rabung-en in Teil el Amarna sehr eing"eh('n(I und mit völlig-er Sachkenntnis.^) Die t^-ewfihnliche .\rt Perlen zu erzeug"en war. daß man einen düim ausjrozog'enen
Abb. 24. Schmuckperlen. Vorrömiscli.
Glasfaden um einen I)raht wic^kelte. Solche I)rähtt> mit den noch daran haftenden Pt^rlen wurden mehrfach y"et\niden. .Mit Draht ist aber nicht unbeding-t gtv.og'ener jremeint, da solcher noch nicht einmal den Römern bekannt gewesen sein dürfte.
') F. Petrie a. a. O. Die Terlen sind T. XIII 59 — 61 abgebildet.
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Das vStück Draht, das im Museum von Neapel als römisch g-ilt, ist noch nicht mit Sicherheit auf sein Alter bestimmt. Bronze- draht aus der i8. Dynastie aber zeigt unter der Lupe deutlich Spuren der Bearbeitung^ mit dem Hammer. Viele Perlen waren unfertig und glichen mehr vSpiralen, weil das Ende des Fadens beim Zusammendrehen mit dem Körper der Perle nicht fest vereinigt worden war. Solche Korkzieherformen waren nicht selten.^) Flache Perlen erzielte man einfach durch Zusammen- pressen der gewickelten, die man dann durchschnitt.") Die IVrlen zum Anhängen, bis i^/o Zoll lang, zeigen in der hellen Struktur der Masse deutlich die Fadenspiralen, aus welchen sie entstanden sind. Jede Perle dieser Epoche hat den kennzeich- nenden .\usgang in eine längere oder kürzere Spitze, die sich durch das Abschneiden des Fadens ergab. Dagegen sind alle Perlen der koptischen Epoche durch das Ausziehen einer Glas- röhre gebildet, wie aus ihren blasigen Längsstreifen deutlich hervorgeht. Diese Röhre wurde unter einer vSchnittvorrichtung hindurchgerollt und von dieser an einzelnen Stellen eingeknickt, an welchen man sie mit der 1 land vollends in Stücke brechen konnte, um sie dann durch Schliff weiter auszuarbeiten. Beide Sorten von Perlen, die gewickelten und die gezogenen, sind so verschieden in der Technik, daß man sie deutlich durch bloßen Augenschein auseinander halten kann. Den ausgezogenen Glas- stab bog man auch zu Ohr- und Fingerringen oder ähnlichem Zierrate kreisförmig zusammen.
Ganz eigenartig aber ist die Technik der Gefäße dieser ersten Periode. Sie sind weder gebkisen, noch geformt, sondern mit freier Hand modelliert. Ein zylindrischer Mettillstab, so dick wie die Halsweite der Flasche oder Kanne werden sollte, wurde an einem F.nde mit einem Kerne aus feinem Formsande \'er- stärkt, der genau die (restalt des Hohlraumes des geplanten (jefäßes bekam. Stab und Kern wurden in geschmolzene Glas- masse getaucht und so mit dieser überzogen. Dieser Überzug wurde hierauf mit freier 1 hmd bearbeitet, der P\iß in einer bereit- stehenden Hohlform ausge]ireßt, ebenso wie die gepreßten Füße
i| F. Petric a. a. O. Die Perlen sind T. XIII 53 ff. abf;ebildet. -) ibd. T. XIII 57, 60.
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römiscluM- (xiasbecher. .Lt Ka.ul (l.r AKin.lun^- nach aulJen ^e- bo^vn und schliHlli<-l, d\c YcrzU'ruu^ hergestellt, indem man
mj^.
Abb, 25. Sclimuckperlen. Römische Kaiserzeit.
dünne farbi.^-e (dasfäden um das Gefäß lehrte und dieses so lange auf dem Marmor rollte, bis die Fäden i^anz in die Masse eing-e-
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drungen waren. Wellenmuster erzielte man, indem inan die Fäden mit einem kammartigen Werkzeuge abwechselnd hinauf und hinab- zog, entweder jeden P'aden einzeln oder, wie es die Zähne des Kammes möglich machten, gleichzeitig eine ganze Reihe. In diesem Falle wurde ein fast vollkommener Parallelismus erzielt. Der spiralförmige Rand der Mündung und des Fußes wurde her- gestellt, indem man einen opakweißen mit einem farbigen Faden zusammendrehte und beide um das Gefäß schlang. Schließlich wurden aus farbigen Rundfäden verschiedener Stärke, manchmal aus zwei verschiedenfarbig zusammengedrehten, die Henkel an- gefügt. (Der Ausdruck „angelötet", der häufig gebraucht wird, ist irreführend, weil er an ein eigenes Lötungsmittel, wie bei der Metallarbeit, denken läßt. Glas läßt sich dagegen un\er- mittelt in heißem und erweichtem Zustande an Glas festfügen). Wenn das Gefäß im Laufe der Arbeit zu sehr erkaltete und durch Erhärtung an Bildsamkeit verlor, wurde es am Ende des Stabes oder mit der Zange wieder der Glut ausgesetzt und so stark erwärmt, als nötig war. Nach Vollendung der Arbeit und völligem Erstarren lockerte sich der Metallstab von selbst in der Masse und konnte leicht herausgezogen werden, worauf man den inzwischen bröckelig gewordenen Formsand aus dem Inneren herausrieb.
Unter den größeren fein gemusterten Bruchstücken von Glasgefäßen hatten 150 einfache Wellenlinien, 36 doppelten Zick- zack, ebensoviele gewundene Bänder, 42 Augenmuster, 2 Spiral- muster, drei unregelmäßige weiße Flecken und drei Eindrücke. Alle diese Muster erhielten sich auch in sjiäteren Zeiten und gingen in die ptolemäische und römische Glasindustrie über. Nach Plinders Petrie sind die späteren Nachbildungen roher und zeigen namentlich nicht den Glanz und die Glätte jener frühen Arbeiten, die jetzt bestimmt in die Zeit um 1400 — 1350 \or Chr. versetzt werden können. Aber dieser Ansicht stehen zahlreiche andere Beobachtungen gegenüber, nach welchen wir gerade der Ptolemäerzeit und jener der ersten Kaiser das größte Raffine- ment in der Technik und die feinste und reichste Ausbildung der Muster in Formen und Farben zuschreiben müssen. Zu den geschilderten Verzierungsarten und Techniken kamen in diesc^i Zeiten zahlreiche andere, die bei der Besprechung der Alabastra
und der Mosaikt^'läser näher y-ckcMinzeichnet w crdtMi sollen, zu den altäg"yptischen ^luch griechische Motive, \v(4che dem Umrisse der Gefäße einen Grad von Zierlichkeit, P^leg'anz und dabei von praktischer Einfachheit verliehen, wie er kaum zu anderer Zeit wieder erreicht worden ist. Die ah^xaiulrinischen Werkstätten, in welchen sicli die Glasmacherei der Ag-vi)ter konzentrierte, nahmen damals einen außt^rordentlichen Aufschwunir und ver- sorgten mit ihren I\rzeu^"nis>en nicht nur das Mittelmeerl^ecken. sondern auch die Provinzen im Norden der Al})en.
Vielleicht bezieht sich die Bemerkung Petries nur auf die saitische Periode, in welcher die Industrie g^leichfalls eine g^roße Ausdehnung hatte. Jedenfalls können es die aus freier Hand geformten Gefäße in der Regelmäßigkeit der Rundung und der F(Mnheit der Einzelheiten nicht mit den geblasenen aufnehmen, zimial man s])äter auch üljer eine vi(4 leichter flüssige ( rlas])aste \erfügte. Eine Rundung aus freier i land kann selbst wenn das Gefäß nachträglich noch so sorgfältig abgeschliffen wurde, nicht so vollkommen regelmäßig sein, wie eine an der Pfeife her- gestellte Glasblase, ebenso wie ein frei modelliertes Tongefäß nicht den Schwung einer auf der Töpferscheibe gedrehten \''ase haben kann. Man betrachte daraufhin nur die Glasbecher der Prinzessin Xsichonsu (Fig. 5), deren unregelmäßige Formen man kaum als das Ergebnis besonders sorgfältiger .Arbeit und hochentwickelter Technik in Ans])ruch nehmen wird. Freilich geben diese Unregelmäßigkeiten, die man \'om technischen Stand- punkte aus als Mängel bezeichnen muß, den Gläsern als KiMin- zeichen freier Handarbeit einen individuellen Reiz, der ihren künstlerischen Wert manchmal anstatt ihn zu beeinträclitigen. eher steigert. Auf gewissen Zufälligkcüten inid .\bweichungen von der fabriksmäßigen (ileichartigkeit neuerer Erzeugnisse berulit zum großen Teile der \'orzug der antiken (ilasindustrie \()r der modernen. Die Arbeit der frtMtMi Hand 1)ringt Finzel- werke von individuellem (jepräge hervor, welche oft künstlerisch höher stehen ^ils die äußerlich zwar korrekte, aber schematische und unpersönliche Massenarbeit. Aber abgeseh(Mi da\on muß die oft ausgesj)rochene Ansicht, daß die Alten in der (ilas- bereitung eine Stufe der \^ollendung erreicht haben, die seitdem nicht wieder eingetreten sei, daß ihre technischen Methoden den
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unseren in vielen ßeziehung-en überlet^'en j^ewesen seien, zurück- gewiesen werden. Diese Überschätzung beruht einerseits auf der zu wörthchen Ausleg-ung enthusiiistischer Berichte antiker Schriftsteller, welche in ihrer Ahnungslosigkeit einzelne hervor- ragende Glasarbeitt^n ihrer Zeit für Wunderwerke erklärten, w^eil ihnen die Kenntnis technischer \^orgänge abging, andererseits auf der Unkenntnis der Fortschritte unserer eigenen Industrie.
Abb. 26. Brustschmuck von ü.ihschür. Vorderseite. Museum Kairo, Salle des bijoux.
Unsere Glastechnik steht, wie Friedrich benierkt, ohne Zweifel himmelhoch über jener der Antike.-^) Die zahllosen F'arben- nuancen des Krystallglases, die gewaltigtMi S])iegelgläser von 6 Meter Umfang im Geviert, die so rein und fleckenlos sind, daß man in freie Luft zu sehen glaubt, unsere o])tischen Gläser, unsere Glasgesi)inste sind in der antiken Glasmacherei einfach undenkbar. Andererseits würde die Nachahmung von Riesen- obelisken und l^ildsäulen, wenn die Agyi:)ter solche wirklich aus
^) C. Friedrich, Bonner Jahrb. 74, S. 164 f.
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Glas herirestdlt hätten, unserer Industrie, wie nianche ^ire\valtit;-e Schaustücke auf unseren Ausstelkni^-en l)e\vcMsen. keine Schwierig- keiten bereittMi.
Aber wenn wir auch die h(Jchste I')hite der ä,t;-y])tischen Glasmacherei in die I'toleniäerzeit vc^rlei^-en müssen. lüeil)(Mi doch die Arbeiten vom Bes^inne des neuen Reiches, die der i8. Dy- nastie inid der nächstfolgenden. Glanzleistunt,'-en von hervorr^i-
Abb. 27. Brustschmuck der A'hhötcp. Museum Kairo, Sallc des bijoux.
Inender Schönheit und ini,L;"(^w (ähnlicher techiüsclier Sors^-falt. Unter den Gefäßen findet man die zierlichsten Formen: Phiolen. 1 h^^ikel- kannen, breitbauchiife Töpfe. Am]:)horen mit Spitzfuß. kuj^'el- bauchi^iJ^ und solche mit runder f ulijjlatte. Hecher in Form \'on l.otusblumen (z. B. im Louvre, einer ab^eb. bei Gerspach a. a. O. S. 15;, Canthari, Büchsen u. v. a. Die Farben sind leuchtend und heute noch so frisch wie vor 3000 Jahren, da die ojiak-far- big"en Glaspasten nur wenij^' imter der \'erw itteruns^' !u;"elitten mid nur selten Iris ang-esetzt haben. \'on der Mannig-faltii^"ktMt und Zierlichkeit der Muster und dem Emailglanze der Farben geben
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die Darstellungen der Tafel I einen Begriff, wenn es auch nicht möglich ist, die volle Schönheit des Türkisblau, eines glänzenden und reichen Grünlichblau, in Aquarell und Farbendruck wieder- zugeben. Ich habe in ihnen einige Bruchstücke von Gläsern abgebildet, die zum Teile (Nr. ii — 16, i8) von den Aus- grabungen in Teil el Amarna herrühren und von Flinders Petrie an Professor Wiedemann in Bonn geschenkt worden sind. Die Stücke Xr. i — lo stammen aus dem Palaste Ameno- phis' III. zu Theben, Xr. ii — 16 aus dem seines Xach folgers Amenophis IV. Das Stück Xr. 12 ist glasierter Ton und hier zum Vergleiche aufgenommen. Es unterscheidet sich auf den ersten Blick kaum von den Glasscherben und er- klärt so auch seinerseits wie leicht von antiken vSchriftstellern bei ihren Xachrichten über Ägypten Arbeiten aus glasiertem Ton mit solchen aus Glas verwechselt werden konnten, wodurch manche Verwirrung angerichtet wurde. Der Ohrring Xr. 17 stammt gleichfalls aus einem altägyptischen Grabe, doch ist dessen Zeitstellung nicht näher bestimmt. X'^ichts hindert ihn für gleichalterig mit den anderen Stücken zu hidten, aber er kcinnte ebenso leicht aus einer der späteren Dynastien herrühren. Das Bruchstück eines Pläschchens Nr. 19 ist mit arabischen Sachen zu- sammen gefunden und wohl gleichfalls arabisch. In diesem Falle wäre es einer der gar nicht seltenen Belege für die Fortdauer antiker Tradition, die ja gerade nach der koptischen Episode mit neuer Macht auftrat. Fast alle Stücke sind ziemlich dünnwandig, durchsclmittlich nur 2 — 3 mm dick, auf der \^orderseite glänzend poliert, manchmal, namentlich größere, auch auf der Rückseite, die meisten hier jedoch rauh und noch mit Spuren von Form- sand und Asche behaftet. Verhältnismäßig die dickste Wandung hat das Fläschchen Nr. 19. Die einfachste Art der Zickzackver- zierung zeigt Nr. 13, bei welchem das ^Muster nicht vollständig in die Masse eingedrückt ist, sondern in leichtem Relief vor- steht, was häufig vorkommt. Wellenbänder sind teils in dünnen h'äden, teils in breiteren Streifen gezogen. Auch bei X>. i ist das Muster leicht erhaben, gleichzeitig die Wandung mit flachen Eindrücken versehen, bei Nr. 7 bildet es leichte Wulste. Einen ganz ähnlichen Gefäßrand, dessen Hals aber mit mehrfarbigem Zickzack verziert ist, besitzt das Österreichische Museum in
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W'icMi.V) I )it" niehrreihil;!'!! Wellen- und /ickzackbänder anderer Proben sind dadurch heryt'slellt. dal) man di(^ 1-äden ])arallel auf den Gefälikörper aufles^-te und dann mit dem Kamme ab- wechselnd hinauf und hinabzoi»". Wenn man nur dieses tat, bildeten sich Wellenbog-en wie bei den XX. 2, 3, 6, die unten in scharfen Spitzen zusammentreffen: zo^»- man sie auch nach oben, so entstand ein spitzwinkelii>-es Zickzack. Besonders schön in Formen und Far- ben sind die W'ellen- muster \'on Xr. 6, 15, 16 und i.S: letztere Art ist in der ah^xan- drinischen Industrie sehr beliebt ijfewor- den. Bei Xr. 5 ent- steht anscheinend ein unregelmäßiges onyx- artiges Geäder, doch- ergibt sich bei der Frgänzung auch hier ein mehrfarbiges Wel- lenband. So sehr die Xachbildung einfar- biger Edelsteinarten auch schon in dieser ersten Periode ent- wickelt war, so finden sich doch keine Be- weise dafür, daß sie auch l)ereits den Onyx und dit^ r(\gellosen Muster verschiedener Marmorarten in (ilasfluß imitierte. Diese pracht- vollen Techniken gehören erst der alexandrinischen (ilaskunst an. Bei Xr. 8 ist die zusammenlaufende Aderung durch denselben Drehprozeß hervorgerufen, der oben bei Herstellung von I'erlen geschildert worden ist; deutlich ist zu sehen. \\i(^ der 1^'aden nach
Abb. 28. Armband der A'hhotep. Museum Kairo, Salle des bijou.x.
^) Herrn Gustos Regierungsrat Folnesics verdanke ich photographische Auf- nahmen dieses Stückes, wie anderer antiker Gläser des Oesterr. Museums und des k. k. Antikenkabinettes. Die Scherbe wurde zwar in Italien erworben, stammt aber sicher aus .Ägypten.
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der Drehuny abg^eschnitten \\urde, so daß sich ein kleines Plätt- chen bildete. Bei Xr. 4 folj^''t der Zug der Fadenwellen den senkrechten Rippen, die das Gefäß kürbisartig- gliedern. Den äußeren Umriß des Ohrringes \'on leuchtendem, tiefen Kobalt- blau begleitet ein aus Schwarz und Weiß zusammengedrehter I^oppelfaden.
Unter den Farben ftillen bei den Bruchstücken mehrere Arten von Blau und Gelb, reines opakes Weiß und solches mit einem Stiche ins gelbliche und bläuliclie. dann Oninge, Braun und Schwarz auf. Besonders schön ist ein tiefes warmes Purpur- azur-blau und das für Ägypten kennzeichnende Türkisblau \on wundervollem Glänze und höchster Klarheit. Es bildet d(^n Grundton \'on Xr. i, 2, 8 und 16 und kommt in einzelnen Streifen auch in Xr. 6, 15, 18 und auf der glasierten Tonscherbe vor. Grün, Rot und Violett fehlen hier zufällig, sind aber sonst in Teil el Amarna häutig \ertreten gewesen.
Aber man \erstand zur Zeit der 18. Dynastie nicht nur das Glas im weichen Zustande zu bearbeiten, sondern auch im erkalteten zu scimeiden und zu graxieriMi. Den an die Bearbeitung der härtesten und s])rödesten Gesteinsarten gewohnten Ägyptern bot auch das Glas dabei keine Schwierigkeiten. Schon der feine Schliff der zu Gefäßen modellierten Pasten und der Perlen gibt Jtmen Unrecht, welche den Agvptern dir Ivcnntnis des Dreh- stuhles absprechen wollen. In Teil el Amarna und an anderen (jrten fanden sich zahlreiche Stücke mit isolierter Ober- fläche und eingeschnittenen oder gra\'ierten \"erziervnigen, so mehrere Fingerringe, \i und das Stück einer o])ak-weißen gläsernen Schüssel, die .Vlabaster oder ähnlichen Stein nachahmte und tief eingravierte Verzierungen hatte, die wahrscheinlich für far- bige Einkigen bestinmit waren. (Eine derartige Tauschierarbeit in Glas, eine der idlergrößten vSeltenheiten, gleichf^üls eine Schale, befindet sich unter den alexandrinischen Arbeiten des Museums in Xeapel.) Flinders Petrie fand ferner zierlich geschnittene Vo- luten aus blauem (ilase, die wahrscheinlich in gleicher Art zur Einlage in Alabaster bestimmt waren, wie sie der Alabiisterfries von Tiryns mit seinem Schmucke kleiner blauer Glasflüsse zeigt;
1) Abgeb. bei F. Petrie a. a. O. T. XIV, 23, 53. T. XV 133.
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außerdem zalilreiche aus farbii^-cm Glase g-eschnittene lliero- s^iviiluMi zum runlt^uvn in die Wände. Die aufg-efundenen Farben- sorten sind \iel zahlreicher, als tue oben ^geschilderten Scherben vermuten lassen. Würde man die vielen Hunderte von Glas- stäben, in welchen sie zur Bearbeituni^- Ix^reitstanden, nach der
Abb. 29. G;illischc [-"niailfibeln.
Fiirbe ordnen, kc'inntt^ man \on derselben Farbe doch nur i^'anz wenijr jrleiche zusannncMibring-en. Es gibt Purpurrot, opakes Violett, Blau, (jrün, Gelb in zahlreichen Abschattierungen, opakes Rot, Schwarz und Weiß. Die Abstufungen von Blau und Grün sind unendlich. P'ast alle Farben sind sowohl durchsichtig wie undurchsichtig \ertreten.
Von hervorragender Schönheit sind unter den Arbeiten der 18. Dynastie und späterer, auch noch der saitischen Perioden,
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die z^ihlreichen .Schmucksachen, wie Armbänder aus Glas, mit welchen man auch Statuen an den 1 landg-elenken schmückte, Ring'steine, Amulette und Besatzstücke verschiedener Art, welche in Hohlformen aus farbig-en Glaspasten g^epreßt und häufig- noch mit andersfarbigfem Glase dekoriert wurden. Mehrere solcher llohlformen besitzt das Musee du Cinquantenaire in Brüssel. .Sie rühren neben zwei Bruchstücken von Schmelztieg-eln mit ver- g-laster Paste und anderen Werkzeug^en aus den Funden von Teil el x\marna her ^) und zeig^en Zierschilder mit dem Namen des Königs und der König-in, Einsatzstücke für Ring-e, Aug-en, Lotus- blumen, tanzende und musizierende Bes, Fische, Palmetten, Scara- bäen, Ochsenschenkel, das Hierog-lyph des guten Lebens, Früchte, Blumen, Formen für runde und längliche Perlen. Amulette spielten im Leben der Ägypter eine große Rolle, eine noch größere im Totenkultus. Die Stelle des Körpers, an welcher ein Amulett g-etragen werden mußte, war g^enau bestimmt, auf Mu- mien bildeten sie eine wahre magische Ausrüstung.") Besonders häufig sind unter ihnen kleine Götterfigürchen aus farbigen Pasten, manche mehrfarbig, aus \'erschiedenen -Stücken zugeschnitten und in einen gemeinschaftlichen Grund eingeleg^t, auf der Vorderseite leicht g-erundet, rückwärts flach, wie es die -Stücke aus der Sammlung -Somzee im Brüsseler Museum''), solche im Louvre, im Britischen Museum, in der Sammlung- \on Bissing zu München, im Museum zu Kairo und zahlreiche andere zeigen. Außer Götter- figuren kommen solche von Tieren, Geräten des täglichen Ge- brauches, von 11 erzen, Augen, kleinen Säulen u. a. vor. Jaspis, Lapis Lazuli, Carneol, der schwarze ( )bsidian, wurden dabei ziem- lich geschickt nachgemacht, wenn auch damit durchaus nicht die Absicht der Täuschung verbunden war. .Vus mehreren Glas- stücken verschiedener Farbe ist eine schöne Einlage in Form eines Fisches zusammengesetzt, die angeblich aus Teil el Amarna stammt, und sich in der Sammlung- \'on Bissing- in München befindet. Sie ist etwa lO cm lang und zeigt auf azurblauem Grunde einen silberg-rauen karj^fenartigen Fisch mit rot-schwarzen Augen und roten Flossen, die einzelnen Schup])en durch dunkel-
^) Vgl. Capart a. a. O. S. 26.
-) Wicdemann im Bonner Jahrbuch 83, S. J 1 5 f.
•') ibd. Abb. Fig. 24.
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braune bot^eiiförmig-e EinlaL;-en angedeutet. Das Ganze ist von vortrefflicher, lebendig-er ZeichnunL;-. \'ielleicht g-ehört die Arbeit erst in idexandrinische Zeit. Ein ^anz ähnlicher Fisch gleicher Herkunft befindet sich im Österreichischen Museum in Wien. (Abb. lo.) Aus farbig-en Glaspasten geschnittene I lieroglyphen und Zierplättcheii wurden in Säulen, Friesstreifen und andere Teile \on Pjauwerken, in Sarkophage, Mumienhüllen. Statuen,
Abb. 30. Gallische Emailfibeln.
MTilx'] usw. eingesetzt, man maclite ganze 1 lierogl\])lien-ln- schriften auf diese Art und rahmte sie in Ilolz, SttMu oder Metall ein. Besonders j5chön ist diese Dekoration an den zwei Särgen der Mumie von Xotemit (Net'em — t, um iioo), Mutter des Pharao i Irilior-Siamon entwickelt.^) Das Äußere ist \"ollkommen mit dicken Gold])latten belegt, nur die Frisur und einige Einzel- heiten sind freigelassen, welche (^benso wie di(^ einen grollen Raum einnelimenden 1 lieroglvplien-lnschriften und die ( )rnamente aus farbigen leuchtenden Glaseinkigen bestehen. Die Mumien \om Fayün waren in (fips oder Stuck eingebett<^t und dieser Über- zug mit figürlichen Szenen und Hieroglyplien aus farbigen Glas-
^) Maspero a. a. O. S. 249.
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einlag-en g-eschmückt. Bei einfacheren Mumien beschränke man sich darauf, diese Ausstattung- mit Farben aufzumalen. Die größten figürhchen Darsteüungen waren aus verschiedenfarbigen Glas- stücken mosaikartig zusammengesetzt und zugleich mit dem Grab- stichel in Relief ausgearbeitet. So hat die Königin Mail alle nackten Teile, Gesicht, Hände und Füße türkisblau, die Frisur dunkelblau, die Fäden im Haarnetz abwechselnd hellblau und gelb, das Kleid zinnoberrot. In der Nähe \'on Daphne fand man einen Naos aus Holz und dabei die Reste eines gleichfalls hölzernen Sarges, \on dessen dunklem Grunde sich die direkt in das Holz eingesetzten Hieroglyphen aus farbigen Gläsern glanzvoll abheben. Das Ganze macht einen ungemein reichen und ])rächtigen Eindruck. Besonders beliebt waren die farbigen Glaseinlagen in der saitischen Periode (721 — 332)^), ebenso die kleinen Schmuckpasten. Aus der saitischen Periode stammen Glaseinlagen der Samm- lung von Bissing, von w^elchen freilich ein Abb. 31. Große Glaskugel. Teil durch Brand zerstört ist. Die einen Sammlung von i'.issing. sind einfarbig, die iinderen zeigen die ein- zelnen Körperteile der Figuren in \er- schiedenen Farben. Am häufigsten sind stehende Figuren \"on Gottheiten, Sjihinxe und Boote, die sog. Sonnenschiffe. Doch reicht die Sitte der (ilaseinlagen in Holz, namentlich in Mumien- särge, teilweise bereits bis in die 12. Dynastie hinauf, um unter den Ptolemäern, wie der pracht\olle mit Glas inkrustierte Thron- sessel des Museums \-on Turin zeigt, zugleich mit den anderen Glastechniken sich zu höchstem Glänze zu entfalten.
Außerordentlich in Blüte stand außer der (rlasindustrie die Glasur \'on Ton waren, eine verwandte, mit beinahe gleichem Material arbeitende Technik. Diellälfte der in unseren Museen befindlichen vStatuetten von Sklaven für das Jenseits, der sogenannten Uschebtis, \on Göttern, Kr)nigen, Tieren, dann der Scarabäen, Amu- lette und Zylinder aus Kalkstein, Tignit, Ton, Steingut und anderen Stoffen sind mit leuchtenden farbigen Glasuren überzogen, die ihnen
^;<^ß^
^) Wiedemann a. a. O. .S. 21^
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oft das Ansehen fcirl)i,i;"er (ilaspasten verlcilien. Man findet Arbei- ten \ on jrlasiertem Ton schon in den ähesten ä^-yptischen Bauten. Zu den frühesten y-(»li(")reii (he Sieg"elzy]in(h'r. khMn(\ meist sech.s- seitig'e I'rismtMi mit (ilasiir in x-erschiedencn I^'arljen. die ältesten g-elbhchweil), an den StMtenflächen mit eini^-esclmittenen lliero- i^'lyphen \erziert, die in W'achssiei^'el ^d^j^'edrückt wurden. \'on derselben Art sind (hi- späteren assyrischen und l)al)\lonischen Sieg"elzylinder. Ilnien fol^ttMi die Siei,''elsteine in I^Orm des heili- g'en Käfers, die Scarabäen, die auf der unteren flachen Seite mit J liero!L;'l\])hen s^TaN-iert wurden. Außerdem fand der Sciira- bäus als Amulett und Zierstück zu allen Zeiten un- i^'emein reiche \'erw «Miduny. Zur Zeit des Menchera (4. Dynastie, imi 4200 lüs 4000 \or Chr.) waren schon beide Arten der Sieirelsteine in (iebrauch. Das Mate- rial, aus welchem sie bestehen, ist verschiedenartis^'. Der eine Ton ist weif) und sandig", der andere fein. lichtg'rau, beide durch Puherisierung" eines Kalk- steines i,'"ewonnen, der sich in eroßer Ausdehnung- bei Quench, Luxor und Assuan findet, dann ein dritter rötlich, mit Kreide und Ziegelpulver g-emischt. Diese ^bb. "2. Tonarten sind g'leichmäßig unter dem unzutreffenden Aggry- Perle. Xamen .,äg"V])tisches Porzellan oder Fayence" bekannt. Man preßte das angefeuchtete schlammartige jNIaterial in ] lohl- formen aus gebninntem Ton, tauchte die geformten Gegenstände in noch weicluMU Zustande in feinen ( dasstaub luul brachte sie so ins Feuer. Beim Schmelzen legte sich die farbige Glasur wie eine feine Haut über alle Teile. Doch ist diese Technik nur bei kleineren Stücken, besonders Scinnucksachen, nachw(üsbar. Bei anderen wurde das Stück vor der ( dasiu" einmal gebrannt, w obei bereits die Kieselsäure austrat imd einen leichtt'u glasartigen L'lierzug bildet(% dann in flüssige ( dasiu- eingetaucht, mit sok-her benialt oder übt^r- gossen. Bei (iefäßen i-^t oft im Inneren der unregelmäßige l'])er- lauf der Glasur zu bemerken. I)i(^se ist sehr \-erschieden. An den ältesten Stücken ist sie fast glanzlos und Tudierst dünn, so daß sie nur in den X'ertiefungen der i iierogbphen und andt^ren ein- geschnittenen \'erzierungen, den Gesichtszügen u. dgl. sich ansam- melt und dort durch ihren dunklen (ilanz malerisch von den matt gebliebenen Teilen absticht, in den alten D\ nasiien überwiegt
Kisa, Das Glas im .■\ltertiimo. r
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weitaus die lichtgrüne GUisur, doch wurde die gelbe, braune, rote, blaue, violette keineswegs verschmäht. Von den ersten Jahren des mittleren Reiches an (um 3000) herrscht ßlau vor und zwar in zwei Hauptstufen, einem w^eichen leuchtenden Lapislazuliblau und dem den Türkis nachahmenden schönen Grünblau. Im Museum \on Bulak standen drei Nilpferdchen mit jenem wundervollen LajMslazulibkiu. das man erst nach 2000 Jahren wieder gleich prächtig und rein findet und zwar in den Totenfigürchen von Deir-el-Baliari. Das Grün tauchte in der saitischen Epoche wieder auf, aber etwas abgeblaßt; es herrschte da im Norden, in Mem- ])his, Bubastis und Sais \or, ohne jedoch das Blau ganz zu \er- drängen. Türkisblau fand mit Beginn des neuen Reiches (um 1600) am meisten Anklang und behauptete sich \'on da ab bis ans Ende als 1 hiuptfarbe. Die dicke })astenartige Eayencegkisur gehört x'orwiegend in den Beginn des neuen Reiches.^) Auch die Gläser folgten in den Grundfarben diesen wechselnden Moden. Andere Nuancen traten in den ersten vier bis fünf Jahrhimderten des neuen Reiches auf, von Amos 1. bis zu den Ramessiden; nur da tindet man die Dekorationen in Weil) auf Rot, die Lotus- blumen, die gelben, roten und \ioletten Blümchen und .Streif- muster auf Dosen.") Die Töpfer aus Amenophis' III. Zeit (18. Dynastie) hatten eine besondere Vorliebe für graue und violette Farben. Die Herstellung vielfarbiger Glasuren scheint in der- selben Periode unter Amenoiihis I\". ihre höchste Entwickt^ung er- reicht zu haben, wenigstens haben sich die feinsten und elegan- testen vStücke gleichfalls wieder in Teil el Amarna gefunden. Gelbe, grüne und violette Ringe, weiße und blaue Blümchen, Fische, Gran^lten und Weintrauben bilden die beliebtesten PTemente der Verzierung. Hier kam auch ein Tonfigürchen des Hör zum Vor- schein, mit blauem Körper und rotem Gesichte, ferner ein Ring, auf dessen blauem Kasten der Name des Königs in Violett aus- gespart ist. Die kleinsten und feinsten Muster sind mit so sicherer Hand aufgesetzt, daß die Farben nicht ineinander laufen, sondern scharf abstechen. P^in Fharaonenkopf avis mattem Blau trägt
^) Vgl. V. Bissing, Die altägyptischen Fayencegcfäßc. Catalogue general du Musee du Caire. S. XVI.
'^) Maspero a. a. O. S. 252 f.
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eiiK'U Kojjfpulz mit (lunkclljhiucii Streifen. Das Meisterstück
der ganzen Klasse kleinerer iunaily-lasuren ist die MumienhüUe
des ersten Propheten des Amon I'tah in-i Museum \on ßulak
mit ihrem reichen Schmucke von I lierogiyphen und Ornamenten
in glasit^rten Tonreliefs, wobei sich die glänzenden Emailfarben
von dem w cilleii (irunde fast ebenso jirächtig abheben, wie die
eingelegten (rlasj)asten des h()lzern<Mi Sarges \-()n Dajjhne. (iesicht
inid Hände sind türkisblau.
der Kopfputz gelb mit
violetten Streifen : violett
ist auch die llit^roglyphen-
schrift und der (reier, der
stMue Fittige auf der I>rust
der Mumie entfaltet. Der
(iesamteindruck ist trotz der
Lebhaftigkeit der Farben
harmonisch, die Zeichnung
der Umrisse von großer
Schärfe.
Von der i8. bis zur 20. Dynastie waren die Ful)- Ijecher in Form eines Kegel- stutzes besonders in Mode, die gewöhnlich wie ein halb- entfalteter Lotuskelch deko- riert worden sind. Ein schö- nes mit dem Xamensschilde Tutmosis' IlL \ersehenes Stück dieser Art ist im Münclieiier während der „Führer" als Material i-'ayence angibt, erklärt es Pro- fessor V. Bissing mit Recht für Glas, ein neuer Iieweis für die oft fest- gestellte Tatsache, daß Gläser und glasierte Tonarbeiten d(^s alten Ägyptens schwierig zu trennen ->ind. .Xuch Dr. Kiezler und andere sachkundige Px'urteiler treten tür (das ein. ich selbst schließe mich
Vi Vgl. Christ, Führer, No. 630, S. 117; v. Bissing a. a. O. S. XVlf. Eine ungenaue Abbildung des Münchener Bechers bringt auch Deville T. VIII A. Im Texte ist weder angegeben , was diese Abbildung vorstellt , noch wo sich das Original befindet.
5*
Abb.
^3. Schema des sog. Gralsbechers. Genua.
.\ntiquarium '1 i.\l)b. 31. .\ber
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ihnen, nachdem ich frühere Bedenken überwunden habe, nunmehr an. München kann sich demnach rühmen, mit dem Britischen ATuseum eines der beiden ältesten sicher datierten Gkisgefäße zu besitzen. Der Becher Tutmosis' III. hat etwa die Form unserer Eierbecher mit leicht j^-eschweifter Wandun^t^ und kurzem Fuße ist türkislilau «^'lasiert, oben mit einem Dopj^elg'ehän^e in gelben und schwarzen Wellenfäden, initen mit einem g"leichartigen, aber bloß aus drei weiten Wellenboj^en bestehenden Zierrate versehen. Dazwischen ist ein schwarzes Rähmchen mit dem Königsnamen aufgemalt. Die llauptzeit der Kelchbecher verlegt \'. Bissing
freilich erst in die 22. Dynastie und die Folge, also ca. 900 — 700 vor Chr. .Auch Kugelbecher waren damals beliebt, die auf kobalt- oder türkisblauem Grunde schwarz aufgemalte mystische Augen, Lotus, Fische, Palmen u. a. zeigen. Im Museum von Kiiiro befinden sich leuch- tend glasierte Tongefäße in Form von gehenkelten Kreuzen, Didu - Zeichen,^) runde Bälle, viereckige Büchsen und große Ringe von sehr lebhafter und reiner Emaillierung. Neben diesen älteren Sachen, welche beweisen, daß die Cilasurarbeit den Ägyptern damals trotz allem geläufiger war als die schwierigere Bearbei- tung des Glases'-) — Plumpheiten, wit^ bei der Londoner Vase Tutmosis HI. und den Bechern der Nsichonsi kommen nicht häufig \ or — ist ein Prachtstück der Ptolemäerzeit nicht zu über- sehen. Es ist ein Gefäl] von 21 cm 1 leihe und 20 Durchmesser, von lasurblauer Grundfarbe, Hals und Fuß mit Girlanden und IMumen in R(4ief und liclitgrüner Cxlasur geschmückt. Die eine
Abb. 34. Schema des Hechers
Theodelindes.
(Cuppa). Monza.
') Zalilreichc derartige Amulette sind im Münchener Antiquarium und in der Sammlung F. \V. v. Bissing. Sie bestehen aus verschiedenen Materialien, aus glän- zend glasiertem Ton, Glas, Lapislazuli u. a. und erreichen acht und mehr cm Höhe. Sie gleichen einer Säule mit mehrfachen Kämpfergliedern auf einem Lotuskapitell. Die Form ist noch unerklärt, da sie in der .\rchitcktur nicht vorkommt. Der heilige l'feiler Didu, Ded, als Schriilzeichen = bleiben, dauern, spielt im Osiriskult eine große Rolle.
'•^1 Wiedemann a. a. O.
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I lälfte dieser in Sakkarah irefundenen Vase ist alt, die andere 14'eschickt ero-änzt. Eine y-hMch alte Stiituette eines Hundes sowie StatuctttMi \on (jöttern und (jenrefi^ürchen sind allcrdini^-s plumper in der Modellierunj^'. aljer von leuchtender I 'rächt in den Glasuren. ^)
Weit älter als die Skarabäen, Schmuckstücke. Amulette und Gefäße sind einzelne Teile arc^liitektonischer Dekora- tion aus g-lasiert(>m Ton. In König"spalästen lialxMi sich zahl- reiche Platten zur W'andbekleiduniJ' erhalten, die teils (Mufarbi^^" JL>iasiert, teils bemalt, teils durch farbii^'e Reliefs und l^inlatren ver- ziert sind. Schon die Stufenpyra- mide \-on Sakka- rah, welche für den ältesten ])yra- midenartig"en Mo- numentcübau des Wunderlandes yilt luid einst ein
^7 c b
.■\bb. 35. IVclicr der frühen Kaiserzeit.
Opakfarbiges (ilas.
a Schatz von S. Marco, Venedig, b Genua, Palazzo Bianco.
c Neapel, Museum.
is.(imy"ss4Tal) em- schlol), erfr(/ute sich bis Zinn \n- fani^'e des vorig'en Jahrhunderts eines derartii^i^en .Schinuckes. ') Eines ihrer (iemächer war zu drei Viert- teilen mit rechteckiiren ufrünen Fliesen bekleidet, die auf)en leicht kon\-(^x y-ebo.iren, auf der Imienseite s^anz flach und mit einem Za])floche versehen waren. Die fliesen standen auf den Schmal- seiten auf Um die rechtecki,ye Türciifnunt^- schlang- sich ein Rahmen aus breitg-estellten l'liesen j^-leicher (jrölk\ luiter w eichen farbii^-e, undekorierte mit h(41,i>-elblichen abwechselten, die mit bunten 1 liero^i>-lyphen \erziert waren. Die Decke hatte ein q-roßes Sternenmuster, g'elb auf hnu^htendeni 1 limmt^lblau. Die Tür be- findet sich jetzt im lierliiier Museum. Zweitausend Jahre s])äter lief)
1) Maspero, Guide, engl. Ausgabe S. 361, 449.
2) Lcpsius, Denkmäler II T. 2. Maspero a. a. O. S. 256., Fig. 230. Vgl. Üorchardt, /eilschrift für ägyptische Sprache III S3 f.
Ranises III. in Teil el Jahudi einen g"anzen Tempel mit farbij^'en Tonglasuren ausstatten. Dabei wurde ein eijj"enarti^es »System beobachtet. Die Platten, welche zumeist ornamentalen Schmuck haben, Rosetten, Pfliinzenmoti\e, ijfeometrische Fig^uren, Voluten, Ranken, vSpinneng^ewebe, sind klein zugeschnitten und mosaik- artig mit feinem Zement aufg"esetzt. Der Grund ist jjfrau oder blau, die Blümchen, das Netzwerk u. a. gelblich weiß. Einige sind reliefartig" g'earbeitet, andere ihrerseits mit farbigen Einlag'en x'ersehen. Der Tempel hatte ein traurij^es Schicksal. Zu Be- i^'inn des vorii^en Jahrhunderts entdeckt, zoj^ er die Aufmerk- samkeit Champollions auf sich, der einig^e Reliefs mit Darstel- lung-en von Gefangenen, die gleichfalls zur Bekleidun^j- der Wände i4"edient hatten, für das Louvre erwarb. Der Rest ward durch J ländler nach allen IJimmelsrichtunfjfen zerstreut, doch j^'"elani^'" es Mariette einige der wichtigsten Fragmente wi(^der zu sammeln, darunter eines, das den Namen des P>bauers, Ramses III., ent- hält, Bordüren von Fötus und \T)geln mit Menschenhänden. Köpfe von äthioj)ischen und asiatischen Sklaven u. a. ^)
Eine Art farbiger Pasten reicht bis in die Zeit der 6. Dynastie zurück. In den Gräbern des N(4'ermat und der Atet in Medüm") sind die Verzierungen und Eiguren in Stein eingeschnitten und mit farbigen Pasten ausgelegt, die zumeist glatt abgeschliffen sind, mit Ausnahme einiger am Eingange, welche Reliefs zeigen. Dieses neue System war eine Erfindung Nefermats, der be- obachtet hatte, daß die Farben der bem^dten Skulpturen ab- blätterten und durch den Regen \erwaschen wurden. Er sagt selbst in einer Inschrift, daß er seinen Göttern dieses Werk in un\erderblicher Farbe gemacht habe. Die Skuljitur seines Grabes ist vertieft gearbeitet und die Ecken unterschnitten, so daß sich die farbigen Füllungen tnnfügen ließen, welche zur größeren Sicherheit auch noch \erzapft wurden. Die Einzelheiten an Fig'uren, z. B. die Perrücke und das Gesicht, waren oft von ver- schiedener Tiefe, wodurch ebensowohl die vSchattenwirkung wie
^) Abgeb. bei Maspero, archeol. egypt: Fig. 235. Vgl. K. B. Hofmann, Leber die .Schmelzfarben von Teil el Jehüdye in der Zeitschrift für ägypt. Sprache XXIII 62 f. ; Lewis, Tell-el-Jahoudeh in Transact. of the See. of Bibl. Archaeology VII 177 und A. Dedekind, ägyptologische Untersuchungen S. 159 f. mit Abb.
-) Fl. Petrie, Medüm S. 24 f.
die Festii^'keit erlu'iht wurde. Ivlcine Einzelheiten \-erschied(nier Farbe, wie die Gesiehtszü^'-e, das Gefieder eines Vogels u. a. wurden dargestellt, indem man die Umrisse in (^ine Paste ein- schnitt und sie mit Stückchen anderer Farben füllte. Oft wurde für die unteren Teile eine minderwertige Paste verwendet, und diese durch wertvollere gedeckt. Aber so schwierig diese Art des farl)igen Wandschmuckes war. hatte si(^ doch unter den Unbil- den der Wit- terung eljenso zu leiden, wie die bemalten Reliefs. Die farbigen Pas- ten fiel(Mi he- raus und w ur- den zerstört. Außerdem hat die Wirkung des vS^llzes, das in Agv])ten überall \or- kommt, vieles \on dem was blieV) in loses weißes Pulver vcrwandelt.Die Untersuchung der Pasten
durch F. C. j. Sporrrll ergal), daß sit\ das Weiß ausgenommen. mit einer Art Miistix oder (iummi gemisc^ht und gekocht sind: in anderen Stücken dagegen fand man eine un^tM-er Gelatine ähnliche tierische Masse. Diese Einlagen sind also ebensowenig als Email oder Glas zu bezeichnen, wie di(^ altägyptischen Sclnnuckeinlagen. Glasurwerkstätten lagen in Teil el Amarna dicht neben denen für Glasbereitung. König Amenophis I\^.. der Erbauer des dortigen P^dastes, war ein gro(5er Freund l)eider Industrien. Ganze Mauern wurden unter seiner Regierung mit glasierten Ziegeln und Hieroglyphen bedeckt, gewaltige Statuen aus gla-
<l I) C d
.•\bb. 36. (lläser der frühen Kaiseizeit. Opak-farbig.
(1 Mailand, Museum Poldi-Pezzoli. \) Stuttgart, Museum.
C Neapel, Museum, d Trier, l'rovinzialmuseum.
/-
siertem Ton bewiesen, daß die Technik allen Schwierig-keiten un- g-ewöhnlicher Größenverhältnisse zu trotzen vermochte. Ein voll- endetes Beispiel der architektonischen \"er\vendunj^ der Tong-lasur ti"il:)t ein Saal des Harems von Teil elAmarna.^i Während sich in ihm keine vSpur steinerner .Säulen zeij^t, findet man Mengen g'erippter und glasierter Ziegel, mit welchen man Säulenschäfte bekleidet hatte, um sie zu Pflanzenbündeln auszugestalten, wie man es ja auch in Stein tat. Bei der Ornamentik wurden Blumen- motive, besonders Lotusblüten und Knospen, mit \"orliebe ver- wertet. Man setzte sie als Schmuck zwischen die Rippen der Kapitelle ein und umschnürte diese am Ansätze des Schaftes mit Bändern aus heller, oft vergoldeter Bronze; iiuch die Längs- ri])pen selbst wurden vergoldet. Flinders Petrie bildet ein Lotuskapitell in Farbendruck ab, dessen Blattrippen dicht mit kleinen schmelzartigen Einsätzen, abwechselnd in Blau und Gold besetzt und mit Goldstreifen eingefaßt sind. Der Grund ist wie bei Arbeiten in Grul:)enschmelz in kleinen runden, drei- und viereckigen Feldern ausgestochen und darin Blättchen \'on blau vnid rot glasiertem Ton eingelassen. Neben der breiten Mittel- rip])e jedes Blattes sind auch die schmalen Fassungen der kleinen Felder vergoldet, so daß das Kapitell den Eindruck einer prunk- vollen Emailarbeit ungewöhnlicher Größe macht. ') Breite Bänder in Blau. Rot und Gold umschnüren es am Ansätze des Schaftes. Beim Anblicke eines solchen Stückes erinnert man sich der Be- richte antiker Schriftsteller über die „gläsernen" Säulen der Ägy]:)ter. Man wird wohl nicht irre gehen, wenn man annimmt, daß solche mit ltaichtendt>n. farben]:»rächtigen (ilasuren und \"er- goldungen bedeckten Säulen \on ihnen für Glas gehalten wurden, zumal Glas und Glasur mit denselben Substanzen arbeiten. Gerspach meint daß sogar Kenner von heute bei altägyptischen Arbeiten in glasiertem Ton oder in Glas die beiden Materialien mitunter nicht genau durch bloP)en Augenschein unterscheiden könnten.^) Um wie viel leichter ist eine \"erwechselung bei einem antiken Schriftsteller und Reiseberichterstatter denkbar.
ij Fl. Petrie, Teil el Amarna. Plan auf T. XXXII.
-) ibd. T. vi.
'') Man denke an die Müncliener \'ase Tutmosis' III.
dem es nicht so sehr auf technisch j^"enaiie Beschreüjuns^ als auf eine präi^"nante W'iedcry-abe des Kindruckes aid-cam und dem technische Kenntnisse abg'ini^'"en.
Auch die Wände wurden in Teil el Amarna mit ijlasierten Tonpkitten geschmückt. In einer gTolien 1 lalle an der West- seite des Palastes fand man in (Muer Ausdehnung \on üIxm- 200 Fuß grüne ?dies])latt('n mit Margarethen, l)ist(4n und an- deren Pflanzenmüti\"(Mi. l-"ußbodenplatten waren mit stilisierten ^Vasser^vellen, Fischen und Lotus bemalt und damit das Ufer des Xils oder emes Sees nach- gebildet; in steinerne Mauern waren glasierte Ornamente, A'ogelgestalten und I lieroglyphen eingelegt. Natürlich benutzte man auch hier die Glasur zum Schmucke des Hausrates. ^Man entdeckte Scherben von Schüsseln in phantasti- schen Mischformen, halb Fisch, halb gelbe Melone oder grüner Flaschenkürbis, wahrschein- lich Teile des königlichen Tafelservices, \^asen mit ein- und aufgelegten Mustern \-on Figuren und Blumen. Unter den Farben war die Ein- lage von Dunkelblau in Lichtblau, \on Hellgrün in ^"iolett. von d rasgrün in Dunkeh'iolett vor- herrschend. Am häufigsten aber befanden sich türkisblau mit weißen unter dem glasierten Ton .Statuetten und kleine Fäden. Frühe Kaiser- Schmuckstücke, Z. B. Fingerringe^), Besatz- zeit. Aus Köln. Breslau, stücke, die auf Kleider genäht wurden"'), .Vn- hänger in Form von Früchten"), Zierschlangen. Köpfe von Gottheiten^). Blumen für eingelegte Arbeit'') und i iieroghphcn "1. Man fand zu .Stücken die Hohlformen aus gebranntem Ton, welche auf der Rückseite den Abdruck der Handfläche oder der Finger zeigten. L'ntt^r den noch nicht glasierten Exemplaren waren Tonperlen
Abb. 37. Kännchen,
Schlesisches Museum f. Altertümer und Kunst- gewerbe.
allen di'rartiij'en
^) Fl. Petrie, Teil el Amarna. T. X\[ i6i — 240.
-) ibd. T. XVI 57, 50, 260, 436.
8) ibd. T. XVI 291 tr.
') ibd. T. XVI 322 — 327.
6) ibd. T. XVI 456—506.
«) ibd. T. XVI 241—269.
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von solcher Zierlichkeit und Exaktheit der kleinen ^Muster, daß man als Material für die Formen den feinsten weißen Formsand, vielleicht zermalenen Quarz annehmen muß.
Die räumliche Verbindung- \'on Glas- und Glasurwerken, wie sie in Teil el Amarna und auch anderwärts beobachtet ist, beruht keineswegs auf einem Zufalle. Beide arbeiteten mit dem- selben Rohmaterial und teilweise mit denselben Formen. Sie halfen sich g-egenseitig aus, selbst die Ofen dürften manchmal beiden Zwecken gedient haben. Gefäße, Schmucksachen, farbige Einlagen, wiederholen sich genau in Glas wie in glasiertem Ton, die Arbeit in Ton lieferte als die ältere und beweglichere jener in Glas die Muster. Die Behandlung mit (jlasur mußte den Ge- danken nahe legen, diesen Stoff selbständig, ohne Unterlage von Ton zu verwerten und so den Anstoß zur Erfindung der Glasarbeit geben. Nicht jenem .S]iiele des Zufalles, das sich am Strande des Belus xoHzog^en haben soll, ist die F^rfindung des Glases zu danken, sondern Jahrhunderte langer Beschäftigung mit der Tong-lasur und danach mit den zur Erzeugung»- des Glases nötigen Rohstoffen. Dal') dies iiber zuerst in Agvpten geschah, ergibt sich aus dem hohen Alter der dort gefundenen (jlasuren und Gläser, welche in der Zeit den gleichartigen P>zeugnissen anderer Völker weit \orauseilen.
Die ursprünglichste selbständige \>rwendung des Glases war die in Form farbiger Pasten, die zu kleinen .Schmuck- gegenständen, Einsätzen etc. durch Tro])fen. Aufg-ießen, Pressen und Schneiden \erarbeitet wurden. Ihr folg-te allmählich die weitere Ausnutzung- zu Gefäßen und architektonischem Zierrate. Seitdem durch die Funde \on Glaswerkstätten jeder Zweifel daran verschwunden ist, dal) die in (rräbern der ii. bis zur 20. Dynastie \-orhandenen Gläser im Lande selbst hergestellt wurden, ist der Ruhm der ]-)hönizi.schen (xkismacherei ver- blalk.-^) Es waren ägy])tische (ilasgefäße, \or allem Glas- perlen und andere kleine Schmucksachen aus farbigen, Edel- steinen ähnlichen Pasten, welche \on dem betriebsamen Ilandels-
^) Auch in den Griibern von Kahün , welche der XIII. Dynastie angehören, hat Petrie Glas gefunden. Vgl. l'etrie, Kahün S. 32.
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\-olke an den l\.ü>tcn des Mittflmfcres und tief in das Binnen- land hinein \ t^rhreitet wurden. Die Bewohner der i^Tiechischen Insehi. (He IvkMnasiaten, die Kelten der iberischen Halbinsel hielten den Kaufmann, der ihnen die üflänzenden, farbenprächtisjfen (iebilde \-erinittelte. auch für den l>heber dieser Schätze. Aber selbst die ihnen bisher zuj.if-eschriebenen \>rdienst(^ um die Vvr- breituny der Industrie bedürfen starker Kinschränkunt,»-. Zwar ist es jrewil). dali sie \"on ihren afrikanischen Pflanzstätten aus sowie auf dem St'ewet>t^ in das Innere des scdiwarzen Weltteiles
Abb. 3S. Kännchen mit Fadenschmuck. Aus rheinischen Gräbern.
\-ori)fedrun_iren sind und selbst die Xet'i'er der Goldküste mit äjjfvptischen (ilasperlen x-ersori^t haben, aber im 1 landel mit dem Norden f'.uropas liefen ihnen die driechen bald ch^i Rans^" al:). Der AufschwuniT, welchen die Gkisindustrie im neuen Reiche irenonnnen hatte, hielt auch noch unter den saitischen Dynastien an, wenn auch die selbständii^' schöj^ferische Tätigkeit nachgelassen haben maj^'. Man \ersuchte die 1 lerrlichkeit des alten Reiches wieder h(^rzustellen und kopierte \itdfach die Arbeiten fn'ih(>rer P)lütezeiten. .\uch in der Glasindustrie wurden die Gefäße der i S. D\nastit\ die Schmucksachen, die eini^'eleyten Arbeiten nachi^-eahmt. Gleichzeitiii!' mit diest^r R(Miaissance der altä3L»"yptischen Kunst (iffnete sich die Küste s^'ritH^hischen An- siedlern imd t;riechische I\lemente begannen namentlich in die Kleinkunst einzudrin^"en. In Xaukratis und anderen l\.üsten- städten entstanden Werkstätti-n, in welchen hJnheimische ini
7(^
Vereine mit Griechen arbeiteten und eine für den Plxiiort berechnete Industrie schufen, welche mehr als bisher auf den Geschmack anderer Völker Rücksicht nahm. In demselben Maße, in welchem sich die altäjj-yptische Kvnist für die Aufnahme fremder Formen empfänglicher zeig'te, wuchs ihr Geltuni>"sbereich. Mit der I lerrschaft der Ptolemäer wich die frühere Abg"eschlossen- heit vollends. \Vährend die altäj.^"v])tische Keramik einem unheil- baren \"erfall entg'eg"eng"in_Lf , lebten in der Glasindustrie die Formen der ersten Blütezeit wieder auf, um mit den 1 lilfemitteln einer g'esteig"erten Technik luid teilweise in A'erbindung" mit |jfriechischen Formen eine Mannigfaltigkeit und Gediegenheit der Produktion zu entwickeln, die noch heute unsere Bewunderung erregt. Theben trat den \"orrang an .Vlexandrien ab, das sich namentlich unter Ptolemäus Philadeli)hus zur ersten Kunst- und Industriestadt des gräzisierten Orients und Griechenlands selbst erhob. ') Zwar nahm eine Zeitlang das gleichfalls g'räzisierte vSidon an dem Aufst-hwunge teil, aber es war nicht auf die Dauer imstande, drn \\'ettl)tn\erb mit seiner ägv]:)tischen Nebenbuhlerin auszuhalten. In Alexandrien wurden die bedeutungsvollen und zukunftsreichen Krfindungen gemacht oder doch zuerst in höherem Mal)e ausgenutzt, wt4che die Glasmacherei \-öllig umgestalteten, einen ganz neuen Stil der Industrie begründeten, ihr g'anz neue Wirkungskreise eroberten. Hier entstanden oder entfalteten sich nicht niu- i(Mie glänzenden Techniken, die in Rom als Wunder angestaunt w urden luid später, nachdem sie im Mittelalter brach gelegen, sich auf die Wnezianer \ererlien sollten; es wurden aucli die in Alexandrien gt^schaffenen Formen für die (xlasindustrie des g'esamten Römerreiches von Indien bis nach Britannien maß- g'ebend. Alexandrien wurde in der Kaiserzeit zum Mittelpunkte des Luxus. ül)erschwemmte aber neben Arbeiten \'on feinstem Kunstwerte die Provinzen mit seinen Massenartikeln und (le- brauchsgegenständen gewohnlicher Sort(\ Vom fernsten Norden bis in die Ivbische ^Vüste hinein sind seine (Glasperlen, seine Parfumfläschchen und .Salbentiegel, die V)laugrünen Kannen in allen Größen zu finden, in welchen Wein. Toilettewässer und orientalische ()le versendet \\ lu'den.
^) Wocrmann, Geschichte der Kunst I 197.
\'on (ItMii X'orrans^'f. den Alcxandrifii^ (ilasiiulustrit' in der Kaisorzeit (Miinalini, /euyft die Stellt' bei Stralx), die den Sand \()n Alexandrien tür besonders zur ( dasbcrcitiuiL;" •^■»■ci^-net erklärt. M Dieser \'()rzuL;' blieb ihm noch lani^'e. nachdem man aueh bei (umae und Liternum an der Küste ('am])aniens feine SandhiLier entdeekt hatte, luid im weiteren X'erlaufe bei laracco in Spanien, in dallien und am Khein. Auf eine seiner Ansicht nach iini>'ehörii,''e Uberschätzini^" der heimischen (ilaskunst weisen (h!e \Vorte des I\.irchen\aters Clemens von Alexandrien liin:
Abb. 39. Kännchcn mit F'adcnschniuck. Aus rheinischen (Iräbern.
„Ouin etiam curiosa et inanis caelatorimi in \itro vana ^t>"loria ad franij'endum artem ])aratior. quae timere docet simul ac bibas, est a bonis nostris institutis exterminanda." ") Ein Beweis für die starke Rej.csamkeit der Bevölkerung;" tler ^-roßen Industrie- stadt ain Xil lieL,''t in dem Worte Hadrians, daß kein Mensch in ihr müßi^" t^"ehe."i .Mitunter scheint si(> sich aber zu sehr auf ]\.osten der anderen feile des Reiches e-eltend i^'emacht zu
') Strabo X\'I 758. ,,l"go vilrariis Alc.xandriae audivi quamdam Icrrain vitra- riam esse in Aegypto, sine qua sumptuosa quaedam et multorum colorum opera perfici requisitum." Namentlich für mehrfarbige Gläser rühmte sich Ägypten des besten Matcriales.
-) Clemens von Ale.xandrien, paedagogus lib. II 3.
•') „Civitas opulenta, dives, in ([ua nemo vivat otiosus, alii vitrum conllant, ab aliis charla conticitur." Vopiscus, in Saturninum. Die Beschäftigung mit der Glas- und Papierindustrie wird besonders hervorgehoben.
7«
haben, namentlich dürfte die gewaltig-e Ausdehnung- der Glas- industrie Alexandriens für die anderer Provinzen von Nach- teil gewesen sein. Vielleicht gab dies Severus Alexander Ver- anlassung alexandrinische Gläser mit einem hohen Zolle zu belegen, den Aurelian erneuerte und auch auf Papyrus aus- dehnte.^) Es ist aber auch möglich, dal) man mit diesen Maßregeln, die ein sehr steuerkräftiges Objekt trafen, nur der notleidenden Staatskasse aufhelfen wollte. Der erstgenannte Kaiser Septimius Severus verwendete den P>trag der Steuer zur Krrichtung öffentlicher Bäder.
Neben Alexandrien blieb noch Theben für die Glasindustrie \on Bedeutung. Nach Arrian war Diosjiolis wegen seiner Kristallgläser und murrinischen Gefäße berühmt.") Auch Sidons Tätigkeit wird \on Plinius und anderen hervorgehoben,'') doch konnten sich beide mit ersterem nicht messen. Das Bemühen seiner Werkleute, immer neue Muster auf den Markt zu werfen und damit jcnlem Wettbewerl^e die Spitze zu bieten, erinnert sehr an moderne \"erhältnisse. Athenäus berichtet, daß sie aus diesem Grunde Umschau in der Keramik gehalten und dabei fast alle Formen \on Tongefäßen nachgeahmt haben. |) In der Tat ist die Gefäßbildnerei in Ton als die älteste und nächst- liegende Schöpferin \-on Formen für die Behandlung anderer Stoffe xorlDÜdlich gewesen, wenn auch deren besondere Eigen- schaften häufig zu eigenartigen Bearbeitungsweisen und Dekora- tionen Wranlassung gaben. Andererseits hat, wie wir sehen werden, die Tonbildnerei sich Formen und Verzierungen an- geeignet, die sicli zuerst bei Metall und (ilas entwickelt hatten.
^) Vopiscus, Aurelian cap. 45. Bei Lamprides heißt es von Alexander Severus: ,,Braccariorum, vitreariorum , argentariorum , aurificum et caeterarum artium vertigal pulcheriorum instituit." Das hinderte ihn aber nicht ein großer P>eund der Glas- macher zu sein. Er trank niemals aus Gold, sondern stets aus Glas, selbst aus ge- wöhnlichem, und verlangte nur, daß es rein und glanzvoll sei: ,,In convivio aurum nescit, pocula mediocra sed nitida semper habuit." (ibd.l
-) Arrian, peripl. mar. Erythr. 4.
'^j Plinius 36, 66.
"') ,,l(aTaax.3ua^oucji ok 01 ev 'AXc^avopcta tirv SaXov, [X£TappUi)|i.i!^ovT£; xoXXa"? •/.a\ Tioiy.'.Xa.<.c, (vulg. TTOÄXäzt; 7:c/XXat?) lOciai; Ttoxspiwv, 7:avT05 xoG navxayi.'&sv xxxa- xtjij.i^o[i.£ vou xspap.oi) ~rv tociav [j.'.[ju[j.£vot''' .\thenaeus XI 7^4-
79
Auf der l/l)('rtr;ii^ui\L;" der bOrnicnsprcuiie eines Stoffg"e})ietcs auf ein andt»r(»s, udt^r mit anderen Worten, auf dt^r ^rößtmög"- lichen Kntfaltunjr aller Eis^enschaften des Stoffes und auf seiner Anpiissunjrsfähijjfkeit beruht ja zum i^^rol^en Teile der Fortschritt des Kunsts^ewerbes. Im allsremeinen wird al)er der Satz kaum Widersprucil erfahren, dal) die Tonindiistrie den anderen Z\\a'i_t,'"en der Gefäßbildnerei den (irundstock \on Formen und Dekorations- arten zuführte. Schon das erste Auftreten des Glases als Glasur
Abli. 40. Kännchcn mit I- udenscliiuuck. Aus Köln.
\oü fonwaren keimzeichnel -^ein X'erhältnis der Aljhan^-iy"keit von der älteren .Schwesterkunst.
Die ältest(Mi Alabastra und P)alsamarien in I'haraonen- i^räbern sind aus Stein und L;"lasiertem Ton herg'est(^llt. die aus o])akem Glasflusse mit freier 1 land modellierten anfanj^s nichts anderes als direkte \achl)ildunL^-en jener. Die kleinen schlauch- fcirmiyen Kläschchen aus Ton, i>-anz ähnlich cUmi so_i;'. JVänen- fläschchen aus Glas, haben anfant^s blaue (ilasur. Krst xon der ]\Iitte der 18. Dynastie, unter dem ])runkliel)eiiden Amenophis llk tauchen buntfarbiire auf, die meisten \on diesen g-ehören dem neuen Reiche an. Zu Ende d(^r Periode üb(^r\\i(^y-t llimmelhlau
8o
von pr^ichtvoller Leuchtkraft, daneben kommt (iraubkm, A'iolett und P^lfenb einweiß \or. ^)
.Vußer den Formen des Lekythos, der Oenochoe, der Amphora, den zierhchen Kannen und Fläschchen mit ab- sjfesetztem Halse und neich unten verjüntftem Körper, g"rifFen die alexandrinischen Gkismacher gern auf den Prochus zurück, der in den Gräbern der 26. Dynastie häufig vorkommt und nach den griechischen Insehi herübergegangen ist; sie machten aus ihm die Kegelflasclie mit schkmkem Halse, mit oder olme 1 lenke], mit oder ohne Längsrippen. Der ägyptischen Keramik hat die Glasindustrie teils gleichzeitig, teils erst im Laufe der archaisierenden Periode unter den saitischen Dy- nastien und wälirend des iüexandrinischen PIklektizismus einige Formen entlehnt, die -sich als feststehende Typen im ganzen Be- reiche der römisch-griechischen Kultur Geltung verschafft haben. Die meisten von ihnen haben in der Keramik farbige Fmail- glasuren erhalten, welche sie dem Glase ähnlich erscheinen ließen und dadurch die Nachbildung in diesem Stoffe noch mehr anregten. Manchmal verändert die Übertragung einer Form aus glasiertem Ton in Glas diese dem .\ussehen nach kaum merklich. Noch heute werden Ton waren oft mit einer Glasur versehen, deren Bestandteile mit denen des Glases, Soda und Sand identisch sind und nur einen Zusatz von Zinn oder Blei enthalten. Auf Abli. 13, S. 27 habe ich mehrere dieser F^ormen, die den Tafeln bei H. Wallis entnommen sind, in Umrisszeichnungen zusammen- gestellt.') Fig. 2 zeigt die Form der Tonschalen, welche zur Zeit der 18. Dynastie (1600 — 1368) gewc'ihnlich sind. Sie wird in Glas bis in die späte Kaiserzeit nachgemacht, in der Regel aber der Technik entsprechend mit einem Randwulste \ersehen; der Rand erfährt auch andere Umbildungen, unten wird oft ein Fußring beigefügt. Am deutlichsten gibt Formentafel G 423 die Form in einem Exemplare des IIL Jahrhunderts n. Chr. wieder, auch 393, 411. Die Tonschalen der 18. D\-nastie sind häufig, wie früher schon bemerkt, mit schwarz aufgemalten F^ischen verziert, die teils ])aarweise, teils in radiärer oder Kreisstellung
1) Vgl. V. Bissing a. a. O. S. XXIII.
^1 Henry Wallis, Kgyptian ceramic art (thc Mac Gregor collection).
Si
ersclit'iiitMi. ^) Die Inirisst' dicvscr l-ischc \\ ieclorholcn sicii iiocli in (jla.sgTavi(^run^"en des 1 II. Jahrluiiulcrts. I\l)enso alt wie die Schale i-"ii4". 2 sind die Näpfe big", i und 3, sehr gew (ihnliche Formen, die glänzend grün oder blau glasiert wurden. I)i(' türkisblauen Gefäße dieser Art lockten früh zur Nachbildung in ordinärem grünblauem (ilase, das für die meisten geblasenen (iefälk^ der Kaiserzeit in Ägypten angewendet wurde und wie erwähnt, stark eisenhaltig ist. \'on Alex^mdrien aus w urde die ganze alte Welt mit Salben- und Oltiegeln ül)(M-sch\\ cmmt, für welche der flache ringförmige Rand kennzeichnend ist, dessen Durchmesser oft dem des Gefäßes selbst gleichkommt. Diese Typen gehören zu den bekanntesten untl am weitesten verl^reiteten Erzeugnissen der an- tiken Glasmacherei und bekunden beinahe ebenso wie die belieb- ten vSchmuckperlen die ungeheuere ^Ausdeh- nung des alexandrini-
schen .Vbsatzgebietes. im Museum von Kairo steht ein der- artiger Napf aus den Funden Flinders Petries vom llaw ara-Fried- hofe, der dem I\'. Jahrhundert vor (/hr. angehört. Außer henkel- losen kommen auch Tiegel mit zwei F'adenhenkeln oder flach geri])pten Bandhenkeln vor, die am Rande mit tünt-r .Schleife ansetzen und nach scharfer Biegung senkrecht ])is an den oberen Teil der Bauchung reichen (Formentafel C i5()). Die zur Zeit der [8. Dvnastie häufige Tonform 3 ist gleichfalls in (ilas sehr beliebt (l'ormentafel P) 85, 91). Ihren l'rsprung aus der ägvp- tischen Keramik nehmen auch die als TrinkgetTilH^ in der frühen und mittleren Kaiserzeit allbekannten Kugelbecher. I )ie unter Xo. 4 — 6 der Abbildung 3 in linrissen wiedergegebeiuMi .Stücke sind gleichfalls in (iräl)ern der iS. I )vnasiie gefunden; Xo. 7, prächtig lasurblau glasiert, stammt aus der 20. Dynastie (1220 bis 1080); auch die anderen zeigen lebhafte farbige Glasuren, die sie wie Gläser erscheinen lassen. Der st(Mle. stMikrechte
.\1)1). 41. ( Icripptc Schale. I.
ihrh
*) Henry Wallis, Kgyptian ceramic art (Ihe Mac (Ircgor collcclinni. T. \' — \'H. Kita, D.'is Glas im Altertume. 5
82
oder leicht nach oben sich erweiternde Rand wird von der Glas- industrie der frühen Kaiserzeit übernommen (Formentafel F 356 bis 362), später durch einen ausg"esch\veiften oder einen Rand- wulst ersetzt. Im allgemeinen macht dieser Typus in Glas die- selben Wandlungen durch wie in Ton.^) Selbst das Infundibulum hat, wie No. 6 zeigt, bereits seine Vorläufer in der Keramik des neuen Reiches. Die Fläschchen mit einer kleinen Ausguß- dülle am Bauche sind in der Kaiserzeit weder in Ton noch in Glas am Rheine selten: man bediente sich ihrer zum PTillen der Ollämpchen, vielleicht auch als Saugflaschen für Kinder.
Die charakteristischen flachrunden Pilger flaschen, die Neujahrsflaschen, mit einem kurzen Halse in Form eines Lotus- kapitells, an welches sich zwei hockende Affen anlehnen, waren dazu bestimmt, eine große Rolle in der Glasmacherei zu spielen. Miin schreibt diese zumeist türkisblau glasierten und mit orna- mentalen Ringkragen versehenen Gefäße der saitischen Zeit zu.') Auch ringförmig durchbrochene, sog. Wurstkrüge dieser .Vrt kommen vor (Abb. 13 Xo. 8, 9). Getreue Kopien in Glas sind bisher allerdings nicht festgestellt, dagegen sind plattbauchige Flaschen mit glattem Röhrenhalse oder einem den äußeren Umriß
^) Abgeb. bei Edgar, Greco-egyptian glass. Catalogue general des antiquilees egypt. du musee du Caire. Vol. XXII. Le Caire 1905, T. IV 32, 527. Es ist eine sehr verdienstliche Publikation, wenn auch auf die historische Einleitung zu wenig (Jewicht gelegt ist. Die Beschreibung der einzelnen Stücke ist nicht immer genau. So ist die Amphoriske T. IX 32, 733 als ,,nach der Art altägyptischer Gläser modelliert'' bezeichnet, während schon die Abbildung durch die peinliche Kegelmässigkeit der Form und durch die Naht am Boden deutlich bekundet, daß das Glas in einer Form geblasen ist. Es ist schlauchförmig, wie die altägyptischen Eimer, unten abgerundet. Die doppelt gehenkelte Kugelflasche auf derselben T. IX 32, 129 nennt E. ,,ganz ohne gleichen", während der Typus am Rheine sehr verbreitet ist. (Vgl. Formentafel C 133, 135, 137). Allerdings sitzen die Henkel bei dem Kairener Exemplar bloß auf dem Bauche und reichen nicht an den Hals heran. Das ist aber unwesentlich; die Form ist die der gewöhnlichen Kugelflaschen mit kurzem nach oben etwas erweiterten Röhrenhalse und zwei kleinen unrcgelmässigen Fadenhenkeln mit einer Schlinge. Der Wert des Buches beruht vor allem auf den zahlreichen Lichtdruck- Abbildungen ägyptischer Gläser der Kaiserzeit, durchweg Gebrauchsware gewöhnlicher Art, deren F~ormen sich grossenteils mit den gallisch-rheinischen decken. Die Tafeln sind nach Aufnahmen von ßrugsch-Pascha hergestellt, dem somit das Hauptverdienst dieser Veröffentlichung zufällt.
-) Maspero a. a. O. S. 255, Tlg. 22S.
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Abb. 42. (Gerippte Schale. I. Jahrb.
des Lotuskapitells tMiihaltenden Trichterhalse nicht selten. (Formen- tafel C" 131, 132, 140 u. a.) Der Affe war ein Lieblingsmotiv der ägyptisciu'ii Kunst und wurde in großen und kleinen Skulpturen aus verschiedenem Material d^lrgestellt. Die alexandrinische Kunst, welche von der alten die Vorliebe für Tierdarstellungen erbte, bildete Flaschen in Gestalt hockender, die Syrinx. bla- sender Affen, \'on welchen sich in den Museen von Köln, Bonn, Trier und Amiens Exemplare erhalten haben. Als Besatzstück aber, wie in der Keramik, scheint das Affenmotiv von den Glasbläsern nicht benutzt worden zu sein. Immerhin ist der Einfluß jener Tonflaschen auf die Glasindustrie in den teils kugeligen, teils ringförmigen Fläsch- chen mit kurzem Halse, auf dem ge- w öhnhch ein starker flacher Ring aufsitzt, nicht zu verkennen. (Vergl. Formentafel
B 130, C 161 — 166). An Stelle der Affchen treten Ösen aus Faden- schlingen, bei feineren Stücken kleine in sich zusammengerollte Delphine oder Delphinköpfe, weshalb ich diese Art von Gläsern „Del])]iinflaschen" benannt habe, eine Bezeichnung, die bereits all- gemein angenommen ist. Die flache Randscheibe ist ebenso wie der fl;iche Henkel der Tiegel und zvlindrischen Kannen in dem Ary- ballos Xr. 10 \-orgebildet, welcher in der saitisclien Fpoche und später für den Export nach Griechenland berechnet war und sich deshalb in der Palmette griechischem (jeschmack anschließt. Der flache Henkel ist bei Gläsern gerippt, wenn er aus nebeneinander gelegten runden GlasstäbiMi zusannnengesetzt oder in einer Form gepreßt wurde, was die Regel war. Der Aryballos ist bezeichnend für den Einfluß, den die griechische Kunst seit den saitischen K(')nigen gewann, die sich mit einer griechischen Leib- garde umgaben. Er ist in Ton zumeist hellgrün glasiert, manch- mal naturfarbig mit blauen aufgemalten Ornamenten. In der griechisch-römischen Zeit kommt auch eine Xetzxerzierung in Relief vor, welche das Wirbild für die im III. Jahrhundert auch
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in der g^allischen (rlasiiidustrie beliebte Auflage eines Fadennet/.es mit rautenförmij^"en Maschen abg"ab. lün hellblauer Becher aus römischer Zeit im Museum von Kairo zeig-t das Fadennetz, das aber bei Tonj^-efäßen g-ewöhnlich in einer Ilohlform gebildet ist. ^)
Eine der interessantesten Bildungen ist unter Xr. 13 an- gedeutet, die einen lasurblau glasierten Becher der Ramses- ])eriode wiedergibt. Im wcitc^ren \"erlaufe der Kntwickelung setzt sich der obere Teil schärfer von dem unteren ab und nimmt schließlich die Gestalt eines breiten, trichterförmigen 1 lalst-s an. der auf einem kugeligen I^auche sitzt. TMe Form, die der Tyinis in der Ptolemäerzeit gewonnen hat. \ersinnlicht Xr. II. ein Bescher aus weil)em Ton. dessen Kuntlung mit einem Kranze l)lauer rro])fen geschmückt ist. l^s ist wohl imzw t'ifel- haft. daf) wir hier das Prototv]) des l^ekannten gallischen l'rink- bechers \-or uns halben, der jetzt nc ch allgemein als eine Schö])fung der gallischen Keramik \on selbständig(^r Eigenart gilt und nach der ülilichen I{rklärung aus der Xa(4iahmung des hölzernen Weinfasses (mtst£inden ist, dem man ein breites zylindrisches oder tricliterförmiges Mundstück aufsetzte. Der gallische Trink- becher wurde in allerlei \^arianten \on den gallisch-rheinischen Werkstätten in Glas nachgebildt^t. (Vgl. Formentafel B 85, 88, 91 — 96.) Auch die \>rzierung mit Tro]:)fen eignete sich \ortrefflich für die Glastechnik und bildete zu allen Zeiten, be- sonders aber in der s|)ätr(")mischen Periode, einen l^eliebten, mannigfacher Ausbildung fähigen Schmuck. Ebenso leicht ließ sich die Fassung der Gefäßwand, die ]ilastische Ausgestaltung durch pjndrücke, Ri])])en, Buckel und Kanelluren sowohl aus freier 1 land mit Beihilfe ])assend ])roiilierter Werkzeuge, wie durch Blasen und Formen, durch Pressung und .Schliff auf die Glastechnik übertragen. Schon unter den Scherben \'on Theben und Teil el Amarna befanden sich gel:)uckelte und geri])])te Stücke.
Die unter Xr. 14 dargestellte melonenartig kanellierte Tonviise g-ehört wahrscheinlich der Ptolemäerzeit an und ist ihrerseits die Xachbildiuig eines getriebenen Metallgefäßes. Ahnlich ist Xr. 3718 des \on Bissingschen Katalog'es von Kairo, das Bruchstück
^) Vgl. V. Bissing, Die altägypt, Fayenccgefässe. Katalog von Kairo. S. XV,
No. 3738 — 3749. -\.uch (jläser mit Netzwerk sind mitunter geformt.
«5
fiiii's lirllhlau i^in^icrtfii I\.iit;"('11)('(ii('r^ mit 1 .änysri])])«'!! aus (l»^r Npäli'ii /t'it (h's lunuMi Reiches. Xebcn die zalilrrichen Arbeiten dieser .Art aus oiasicrttMii I'on kouimcu in der römischen Zeit dit^ P'altenbecher. die schon in I'omix'ji \ertreten sind imd in der Blütezeit der s^'allisch-rlieinisclien ( ilasmach(^rei. im II. und Ill.Jahr- himdert n. ( "hr. unt^'emein häutit.;' lier^"estelU wurden. I )('r urahe 'J'v])us des /.\ lindrischen l^x'cliers. den wir mit g'hitten W'andunt^'en schon bei dcMi mchrfarbii^-en. aus freier 1 land modelherten Bechern der Prinzessin Xsichonsi traten, wurde imter den l'tolemäern zur Merstelhm^- von Ton- bechern mit hyürh- chem R eh ef schmucke benutzt, (he als l'n- tersätze \on Kus^el- bechern chenttMi. Ihre (iruncUorm ist in Xr. I2 \\i(Hlertfe^"eben. I)ar- nach können wir wold aucli manche dt^r zahl- losen (ilasbecher die- ser Art (Formentafel ¥. 293 ff) als Unter- sätze gläserner !vuL;'(dbecher betrachten, die weisen der Riniduni^- ihrer L'nterseite nicht frei stehen konnten. Auc-h der eii.j'en- artis^e I lenkelansatz ^fallischt^r dlaskannen xon Ku,y"elform, deren J lals durch einten Rin,u" imterbrochen ist. \'on wcIcIkmh die beid(Mi I lenkel ausj^'ehen. (I'^ormentafel (' 138) ist an c^nc^r plattbauchig-en I'ü^erkanne aus hellblau ^"lasierter l^'aN'ence (Xr. 3673 des von I )issiny'schen Kataloi^^es der Favencen \-on Kairo) vorgebildet. l-",benso halxMi die bekannten dopj^elten und dreifjichen Schlau(-hbalsamarien. die in ^Toßer Zahl aus svri- schen dlashütten herxorjj-ej^ang'en sind i Formentafel A S — 10), viele \^:)ri>-äng-er in der ägyptischen Keramik. ZwtM und m(^hr schlauch- oder xasenförmige OlfläschchtMi aus Ton wa^rden mit- unter auf einer gemeinsamen Bodenplatte dicht aneinander befestigt. ^).
.\bb. 43. (lerippte Schale, goldbraun. Kuln. II. Jahrh.
1) Abgcb. bei F.dgar a. a. O. T. VUI 32, 655, 656, 65Q, 661.
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Während die Nachbildung' \on Tonwaren in Glas das g"e- wöhnliche \\ar, kam manchmal auch das Gegenteil vor, die Nach- bildung- von Gläserformen und für die Glastechnik charakteris- tischen Verzierung-sarten, wie z. B. die des Kerbschnittes, in Ton. Die drei in ägvptischen Gräbern der Kaiserzeit g-efundenen Ton- Amphoren Nr. 15 — 17 sind offenbar Ko])ien von Glasgefäßen, denn die Bildung der Henkel aus runden Fäden ist eine dem Glase eigentümliche, dem Tone fremde. Besonders der Stachel, welcher bei dem rechten Henkel der erstg-enannten X'dse dicht am oberen Ansätze \'orragt, deutet auf die Kneifarbeit mit der Glaszange.
Die Formen der Gebrauchsware römisch -V>y/.antinischer Periode stimmen mit den gleichzeitigen Erzevignissen gallisch- rheinischer Werkstätten zum größeren Teile so sehr überein, daß man auch darin die Abhängigkeit des Westens von der Zentrale Alexandrien bestätigt sieht. -^j Stärkere Unterschiede treten, \on einzelnen altägyptischen Typen abgesehen, fast nur im Material und in der Dekoration hervor. Die ordinären Gläser sind zumeist stark grünblau gefärbt und \on jener Sorte, die in den euro])äischen Museen durch die imjiortierten Aschen- urnen, die zvlindrischen, vier- und sechseckigen Kannen für Ol und Parfüme u. a. reichlich vertreten ist. Das (ilas, das in Gallien und am Rhein für GeOirauchsgefäße, Fensterscheiben etc. verwendet wurde, ist wie das italische heller und grün- licher, mit geringerem Anklang an lilau, dafür öfter ins gell:)- liche, bräunliche und olivfarbige überg-ehend. Avich die Gläser der 1896/7 in Luxor befindlichen Sammlung Newberry, welche ägyptische Funde aus römischer Zeit enthielt, zeigten Formen, die den g-allisch-rheinischen sehr nahestehen.') Als \>rzierung ist außer einfachen F'äden, Ri]ipen. Falten, Stacheln \ereinzelt auch Bemalung, Gra\ierung und Schliff verwendet. Reste von bemalten Gläsern wurden namentlich in Oxyrynchus ge- funden.
Manche Gelehrte, die sich mit der Tatsache eines Massen-
1) Edgar a. a. O. T. VII 32, 628, 631, 629, 632, 634. T. VllI 32, 637, 640, 651, 663, 643, 645, 667 u. a.
^) Nach Photographien bei Prof. Wiedemann in Bonn.
8;
exportes ä^-\pti.>cher Glaswaron aus Alexaiulrien nach allen Teilen der antiken Welt nicht recht befreunden kcinnen und jreneiyft sind, in Gläsern von alexandrinischem 'I"}pus Xach- bildung-en einheimischer Werkstätten zu erblicken, weisen auf die gTol]en Schw ieris^keiten des Transportes dieser j^ebrech- lichen Waren hin, welche trotz aller Vorsichtsmaßreg-eln allzu häufige und emphndliche \'erluste durch Bruch veranlaßt hätten, um eine Massenausfuhr lohnend erscheinen zu lassen.-^) Es scheint aber, daß man es verstand, solche Verluste auf ein Mindestmaß einzuschrän- ken und zwar durch eine sorgfältig"e \^erpackun,i,''. von welcher sich im Mu- seum von Kairo noch mehrere völlig" w ohlerhal- tene Beispiele erhalten haben. Hier erscheinen u. a. mehrere jener Ol- und Parfümflaschen von äußerst dünnem und ge- brechlichem Glase mit langem röhrenförmigen 1 lalse und flachkegelför- migem Bauche, der manch- inal nicht viel mehr als
die Funktion einer Fußplatte versieht. Bohn und Dresse! zweifeln, ob es italische oder gallisch -rheinische Erzeugnisse seien, der alexandrinische Ursprung scheint ihnen wohl wegen der geringen Transportfähigkeit ausgeschlo->sen. Die bei uns gefundenen Exemplare haben manchmal Namensstempel von italischem Klange. Daß dieser Typvis aber gleichfalls in Ägypten heimisch ist, beweisen die Exemplare des Museums von Kairo.") Ihnen verwandt sind die gleichüdls ganz dünnwandigen und langhalsigen FUischen, deren Bauch sich der Birn- oder Schlauchform nähert. Drei von diesen haben noch die alte \'er-
Abb. 44. Kugelbecher, künstlich irisiert. Köln, Sammlung M. vom Rath.
') Bohn im Corpus inscr. lat. XIII S. 657, 666e.
-) Vgl. V. Bissing a. a. O. S. XXIV, No. 3887, 18005.
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packunj^-^). Die eine, 0,22 m hoch, 0,075 im größten Durchmesser, ist von oben bis unten in Streifen \on Pflanzenfasern eingewickelt, unter welchen man einige .Stücke von griechischem Papyrus be- merkt. Die Hülle ist noch heute sehr fest und fast unbeschädig-t, allerdings war sie nicht dem Transport ausgesetzt. Die andere. 0,1 85 m hoch, 0,065 im Durchmesser, steckt in derselben A^erpackung. Während bei jener nur der Randwulst herxorsieht, ist bei dieser die Hülle \om olleren Teile des Halses entfernt. Die dritte, im Fayün [gefunden, 0.125 m hoch, 0,055 i'"'"' Durchmesser, mit breitem Randw vilst und kürzerem I lalse, ist ebenso eingewickelt und über- dies mit einem Grasstopfen versehen (Abb. 1 2.) Auf einer der Fasern liest man in großen, aber nicht mehr deutlichen Buchstaben den Namen A^l^OJEATOY (?). Bei einer vierten Flasche bemerkt man, da die Hülle beschädigt ist, daß unter den breiteren Fasern der oberen Hülle eine Schicht aus dünneren und weicheren Fäden liegt, welche \'on einem Faserknoten unter dem Bauche des Ge- fäßes ausgehen laid in feiner Zerteilung dieses völlig" umspinnen.') Fine solche A'^erpackung bot hinreichenden Schutz geg-en alle Ge- fahren des weiten Weges zu AVasser und zu Lande. Selbstver- ständlich waren bei diesen vSendungen nicht die Flaschen die Hauptsache, die man (ebensogut im Lande herstellen konnte, sondern ihr Inhalt, die berühmten orientalischen Öle und Par- füme, welche man. wie noch heute, auch in kleineren Uuantitäten abmaß. Das gleiche gilt von den sogenannten Lagonen, den g-roßen zylindrischen und prismatischen, \-ier- und sechseckig'en Kannen aus grünlichV)lauem (jlase mit kurzem Halse, flachem Randwulste und breiten, meist gerippten Henkeln. Alan be- zeichnet auch diese als gallisch und meint, daß sie in anderen Gegenden des Reiches nicht vorkämen. Das ist jedoch ein Irrtum. Außer 'den in Frankrei(ii und am Rheine gefvmdenen. oft am Boden mit konzentrischen Ringen, Punkten, Namen oder einzelnen Buchstaben gestempelten Exemplaren und zahl- reiche Lagonen in Ägypten"), auf den griechischen Inseln, in
1) Edgar a. a. O. T. VIII 32, 655, 656, 661.
■-) Auch Deville bildet T. XCII B. ein Fläschchen mit solcher Umhüllung ab, das sich in der ägyptischen Abteilung des Louvre befindet.
3) F.dgar a. a. O. T. V 32, 540. 545. 542, 541, 543-
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Süditalien, besonder^ in ( ';inii)anicn i l'omjx'ji. in MengTn im Museum \-on Xeapel), im cisalpinisclifn (lallicn und in Lijj-urien ischr x'iele in dcrRrera in Mailand' /u Fay'e j^-etreten. Sic wurden in ])asscndf llol/kisten \(M-})aekt imd so mit < )len inid Parfümen, auch mit feineren \\\^insorten xcrsendet. Man sieht sie auf den (irab- steinen \on Soldaten, welche den X'crstorlxMicn in der Iti^'a aut dem 1 riclinium lie^-end inid den Becher schwindend darstellen. (Abb. 14.) Sie stehen hier meist in recht stattlicher dröße aK Weinbehälter auf dem Boden \'or dem Laj^er. Zum Trai^-en bediente man sich eines P)üoels aus Iironze odc^r einer Sclnuir. welche an den llcnkeln befesti,L;'t wurde oder besonderer Körbe aus Bast oder Ton mit zwei .Vbteilun,i;'eri. zwi- schen welchen der halb- kreisförmiq"e Henkel an- gebrachtist. .Solche Tra- g'ekörbe sind aus I'ompeii in das Museum zu Xeapel g'ekommen. (Abi). 15.) Auch diese Kannen, die kunstlos aus ordinärem Material durch Blasen in I lohlformen hi-rs^-estellt wurden, verdanken, soweit sie ägyptischen Ursprunges sind, ihre \'erbreitung in fremde Länder vor allem ihrem Inhalte.
Abb. 45. Gcpreüte Schale. Köhi, ehem. Sammlung 1 )isch.
1?»^
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Phönizien.
Die bereits erwähnte .Vnekdote von der Erfindunt^- des Glases, mit welcher Plinius seine Abhandlung" über den Gegenstand ein- leitet, lautet wörtlich folgendermaßen:
„Der an Judäa grenzende Teil Syriens, Phönizien genannt, hat innerhalb der Ausläufer des Berges Karmel einen Sumpf namens Cendevia. Aus diesem entspringt angeblich der Flui) Belus, ^) der sich nach einem Laufe von 5000 Schritten bei der Kolonie Ptolemais ins Meer ergießt. Langsam ist .sein Lauf, ungesund, aber durch gottesdienstliche Zeremonien ge- heiligt sein Wasser, schlammig und tief sein Bett. Zur Zeit der Ebbe bleuet ein feiner glänzender Sand am Strande zurück, der sich nicht weiter als 500 Schritte ausdehnt. An dieser Stelle sollen einst Salpeterhändler mit ihrem Schiffe gestrandet sein. L^m ihre ALihlzeit zu bereiten, legten sie in Ermangelung von Steinen Stücke Salpeters von der Ladung des Schiffes vniter die Kochkessel. Nachdem sie Feuer angemacht, sei \er- mischt mit dem L^fersande eine edle glänzende Flüssigkeit unter den I lerden entstanden und dies war der L'^rsprung des Glases."
Von Plinius ist die Erzählung in die Schriften Isidors. des Bischofs \on Sevilla (VIL Jahrhundert) und in jene bereits erwähnte Sammlung von Rezepten übergegangen, welche die Arbeiten \on verschiedenen Schriftstellern vereint, aber unter dem Namen des ] leraclius und dem Titel „^^on den Farben und Künsten der Römer" bekannt ist. Trotz der L'nwahrschein- lichkeit der \'orgänge g"laubte das Altertum fest daran, dal] die Erfindung des Glases den Phöniziern zu verdanken sei und phönizische Gläser wurden bis in unsere Tage als die ältesttm und berühmtesten angesehen. Das Material \-on den Sandbänken Phöniziens galt neben dem ägy])tischen für das beste. Str^ÜDo teilt mit, daß das phönizische Ufer zwischen Pto- lomäis und Tyrus mit kleinen Hügeln aus glasigem Sande be- deckt sei, den man aber an Ort und Stelle nicht schmelzen könne, sondern zu diesem Zwecke nach Sidon schaffen müsse. Die vSidonier ihrerseits rühmten sich, daß jener Sand nur dann
') Heute Nahr-Halu genannt.
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^-utes ( rl;is liefere, wenn er xoii ihnen l)earbeitet \\(M-(le.^) Diese Mitteiluiii^-en ery-änzt Jt)se])hus Maxius durcli die Xaehricht. dali sich am Fluide Belus in (h-r Nähe des Memnoiii^r^ibes eine runde Cirube von loo EUen Durchmesser befände, die mit vSand zur Glasbereitunt»- L^-efülh sei. Werch^ der Vorrat erschcipft. so er- neuere er sich von selbst und zwar durch den Wind. Xur jener Sand sei brauchbar, den man selbst aus der Grube hole, aller andere tauge wenijjf. ') Auch Tacitus äußert sich über diese Fundt^Tube: „Der ßelus eri^'ielk sich in d;is jüdische Meer. An seiner Mündunt.;" wird (ilas aus einer Mischung" \on .Sand luul Xitrum gewonnen. Dieses Ufer \(>n mäßig"er Ausdehnung- ist unerschöpflich."'"') Die Bemer- kung- des Josephus ist offenbar nur eine legendarische Aus- schmückung" der Tatsache, daß sich neben dem durch den Fluß ang'eschwemmten Sande auch |-"lugsand dort \'orfand.
Außer diesen und ähn- lichen allg-emeinen Nachrichten finden sich bei antiken .Schrift- stellern nur wenig-e Stellen, die \-on phönizischer Glasarbeit handeln. lierodot und nach ihm Plinius sprechen \"on einer
g-roluMi .Smarag-dstele im Tempel des Melkarl zu lyrus und einer anderen zu .\])ion.'i Damit lial es diesell)e Tx^wandnis wie nüt den äg"V])lischen ( )belisken und den smaragdenen Zieg'eln bei Moses. Ebensowenig ist mit der Xaehricht an-
.\bli. 46. Musclielkannc. Köln, Mu-^euni Wallraf-Richartz. III. Jahrli.
') Froeliner a. a. O. S. 18 f. '-) Josephus Flavius, Jüdischer Krieg II 10, 2. •') Tacitus, bist. I 5, 7. ■*) Jene verbreitete Nachts angeblich einen glänzenden Schein.
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zufang"en, daß in einem Tempel auf der Insel Arados zwei große Glassäulen standen, die das Erstaunen des Apostels Petrus erregten, als dieser eigens dahin reiste um sie zu sehen, ^j \'iel- leicht waren diese Säulen wie die ägyptischen mit glänzend gla- sierten Toneinlagen \'erziert. Auch \on gläsernen Särgen wird wieder berichtet, die in großer Zahl in Sidon hergestellt worden sein sollen. Plinius nennt diese Stadt „Artifex vitri". und sagt, daß sie besonders wegen ihrer Erfindung der (schwarzen) gläser- nen Spiegel Ruhm geerntet habe. Eeider g-ibt er nichts genaueres darüber an, auch nicht, wann diese Erfindung gemacht worden sei. Sie dürfte kaum \or die Kaiserzeit fallen, da man erst aus dieser g"läserne Spiegel kennt: die meisten g-ehören sogar erst dem IL und III. Jahrhundert an. (Jff(Mil)ar w ar Sidons ( ilanzperiode in Plinius Tagen schon \'orbei, denn er bezeichnet die dortigen Werkstätten gleichzeitig als „ehemals l)erühmt." ') Athenäus teilt gfelegentlich mit, daJ] man in Sidon g'"eschliffene ßecher her- g"estellt hal)e.
Diis ist alles, was man über die hochberühmte sidonische Glasindustrie \'on antiken Schriftstellern erfährt. \"on den be- kannten Arl)eiten des fjnn"on. Artas und anderer griechischer oder g"räzisierter Glaskünstler und den sidonisclu^n Siegesbechern s^igt die zeitgenössische Literatur kein Wort. Noch schlimmer ist es um Tyrus bestellt, dessen Glasindustrie noch im XII. Jahrhundert im Gangt^ war. Nach den Worten des Benjamin \on Tudela be- fanden sich damals gegen 400 jüdische Glasmacher in der St£idt. da die syrisch-phönizischen Glashütten allmählich fast ganz in die Hände der Juden übergegangen waren. Daß dort fleißig g-ear- beitet worden war, beweisen Reste von (ilasw erkstätten, über welche auch Renan berichtet, zahlreiche Schlacken, Scherben farbig-(^r Glasgefäße, halbglasierter Substanzen und Glaspasten. In Sidon \\urden Amulette aus farbigen Pasten mit Figuren und Inschriften gefunden, die man weg'en letzterer für einheimische L'rzeugnisse gehalten hat. Doch wird dieser Beweis schon durch die Tatsache bedeutend entkräft(H. daß assyrische lOroberer ihre
'j Clemens von Alexandrien, recognitiones II 1434.
^) ,,Sidone quondam iis officinis (vitri) nobili si quidem etiam specula e.xcugi- taverit''. l'Iinius 5, 76; 36, 193.
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äj^'Vptisc'lien Pn-utt-^tiicke durch nachträj^lichf I-jni^rax it'runL;- \on Keilinscliriftcn als ilir Kij^'cntum bezeichneten. Als ])hönizisch möchte man auch eine Gruppe im Louvre aus opakgTÜner Glas- ]iaste in Ans])ruch nehmen, die eine Gottheit mit zwei Tieren an der S(Mte darstellt, i'lwa wie die l)erülnnte Skulptur vom I.öwentor in .M\-kenae. Sie wurde» in i'h(")nizien s^efuncUm und vmterscheidet sich im Stile ebenso \-on mvkenischen. wie von archai- schen und k\-prischen .\rl)eiten. Dag'eg'en stimmt sie mit den hloltMi und ^fasken iiberein, die man auf Glasz\lind('rn (Perlen) im östlichen Mittelmeerbtn^ken und in Süditalien w iederholt getunden hat. In einem (irabe zu Tarsos in Sardinien, das lanye im Ijesitzt' der Phönizier war. entdeckte man ein Perlenhalsband. das zwei zylindrische Stücke mit Stiermasken und eine bärtii^e M^iske mit Glotzaug"en und eig-entümlich schreckhaftem, fast i.j'espenstischem Ausdruck enthält. Als Grvmdfarbe herrscht bei diesen Stücken i.felb \'or, di<' Kc'ipfe sind lan!t,'',Lrestreckt. bärtii>', oft mit re^'ellosen kusj"eli,s.,''en Tropfen in l)untcn h'arben besetzt. Die Sammlung;" Sarti in Rom zählte drei derartij^e Ahisken imbekannten, w ohl süditalischen Fundort("s, ferner das Hru(~hstück einer /vlinder])erle,
d'w mit \\er ])aus])äckij^en und ,i,TotzäutJ-ig-en Masken ^-erziert ist. An diesen sind zahlreiche buntfarbi,i,'"e Tropfen aufj^esetzt. ^) (Abb. 19, 20.) Froehner ist t^enei^t. diese Masken und Zylinder für alt])hönizisch zu halten, doch läßt sich auch für diese Art der äicyjUische L'rspruny- sicher nachweisen. In der Sammlunj:r V. Bissing- befinden sich gleichartigfe große Maskenperlen, die
V..,
Abb. 47. Kegelkanne.
K'iln, Museum Wallraf-Richartz.
III. lahrh.
^) Ludwig PoUak, vcndita Sarti T. XXiy S. 65, i\o. 383. Froehner a. a. O. S. 104.
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wahrscheinlich aus Memphis stammen, bei welchen der hagere, langgestreckte, g-lotzäugige und bärtige Typus wegen der besseren Erhaltung der Stücke deutlich semitische Züge erkennen läßt. Das Antlitz ist \on mattgelber Farbe, der spitze Bart, die Haarlocken glänzend schwarz, ebenso die fast halbkreisför- migen Augenbrauen und die Augensterne selbst, wenn diese nicht durch dunkelblaue Tropfen hergestellt sind. Man hat den Ein- druck, als ob eine überlegene Kunst hier absichtlich Karikaturen geschaffen hätte und nicht etwa den von naiven Erzeugnissen unbeholfener Hände. (x\bb. 21.) Dazukommt, daß diese Masken in Ägypten nicht selten sind, namentlich in Gräbern der Ptole- mäer- und Kaiserzeit. ^) Sie sind ein Erzeugnis alexandrinischer Kunst, welcher die Karikatur sehr geläufig war. Man wollte offenbar Juden, S\-rer, Babvlonier karikieren und damit eine von altersher übliche Art von (xlasperlen, solche mit Masken in ägvptischem Stile und Kopfjnitz besetzte, wieder in neuer Form auf den Alarkt werfen. Bei Deville finden wir zwei Kopfperlen derselben Art.") Die eine gibt einen semitischen Tyjnis in aller vSchärfe wieder, mit gelber Hautfarbe, wulstigen Ei])}:)en, großen schwarz umrandeten Augen, ebenso gefärbtem lockigem Haar, Pjart und großen weißen ( )hrriugcn. Die andere zeigt einen der in der alexandrinischen Kunst so beliebten Xegerköpfe, glänzend schwarz glasiert, mit Glotzaugen. I hiarschojif und weißen Kugeln an den ( )hren. Dex'ille bezeichnet die vStücke als ägyp- tische Eunde, ohne ihren AufV)ewahrungsort anzugeben. Das Glas wurde in der Antike srhr oft zu Scherzen aller Art. zu ko- mischen und grotesken Bildungen lienutzt. In Ägypten A\aren die Eigürchen des Bes und ähnliche sehr beliebt; s])äter kamen die Gläser in Eorm musizierender Affen, die Schuhflickergläser Neros, die Karikaturen des Commodus usw. Die karikierten Perlen stehen also durchaus nicht \'ereinzelt. (Über die ägyp- tischen Maskenperlen siehe den folgenden Abschnitt.)
In Sidon, Tortosa (Antaradus), Bvzacene u. a. sind Alabastra mit farbigem Eadenmuster zahlreich zum A'orscheine gekommen.
') Professor v. Bissing teilt mir mit, daß auch 1906 in ägyptischen Gräbern der Kaiserzeit wieder zahlreiche dieser Art von Maskenperlen aufgetaucht seien. ■-) Deville T. CXI D, E, Seite 86.
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ebenso bei den Xachi^rabuni^-en Cesnolas auf Cypern und in Saida. V) Auch bei diesen Stücken ist der äg-yptische Urs])runi;- zweifellos. Die Technik ist Tioch die alte, die Modellierung- aus freier Hand über einem Tonkerne. Weitaus über\viei.i-end an Zahl sind jedoch in Kleinasien und auf dem i^anzen Gebiete punischer Kolonisation die jreblasenen (jefälie der Kaiserzeit. Zu diesen j^ehören auch die reliefier- ii'U Becher und Fläschchen des Ariston, Artas. Eirenaios, Ennion, Meg-es und anderer sidonischer Grie- chen, die an anderer Stelle ein- t^ehend besprochen werden. .Sie sind, soweit unsere Kenntnis reicht, jetzt die einzig"en sicher datierten Erzeug-- nisse phönizischer Glaswerkstätten, aber sie g^ehören bereits einer Periode an. in welcher der Hellenismus längst alle orig-inalen Kunstweisen im Orient verdräng"t hatte. Es sind keine ])h()- nizischen Erzeugnisse mehr, sondern griechisch-römische Produkte der in- ternationalen Reichskunst. Nicht eines der von Perrot und Chipiez III. 732 ff. aufgeführten Stücke läßt sich der j^hcinizischen Kunst vor dem \\ Jahr- hundert zuweisen.") Mehrere der gfriechisch - sidonischen Reliefgläser kamen in Sidon zum \'orschein. In Kudriatati (Provinz Constantine) fand man einen Becher mit I\ml)l('men der Arena und drr Insciirift AA1')E THX XIKllX, der in einem Becher ^lus Alelos sein SfMtcn- stück hat:",) in .Vskalon eine gläserne Statuette der Kybele, in Berenike(Kyrenaika)eine optische Linse aus farl)los-durchsichtig(Mn
Abb. 48. Traubenkanne.
Köln, Museum Wallraf-Richartz.
III. Jahrh.
') Xesbilt, catalogue of the collection of glass formet! by Felix Slade. iSjr. S. S. Perrot & Chipiez a. a. O. III 732 f.
-) V. Bissing, recueil des travaux 2S, S. 21. '•^) Frocliner a. a. O. S. 119 f.
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(jlase, in der römischen Kolonie \on Karthag"o Aschenurnen. Yon besonderem Interesse sind zwei der seltenen bemalten Glasbecher, ^•on welchen einer aus lasurblauem Glase mit Weinlaub und \^öj^-eln jjfeschmückt in Khamissa (Thubursicum) in Numidien, der andere, farblos, mit bunten Gladiatorenszenen, in Ali^'ier (Icotium) i^'efunden wurde. \)
Syrien und Judäa.
Auch in Syrien und Palästina entstand erst in der Kaiser- zeit eine selbständig"e Glasindustrie. Jedenfalls halben die Juden schon früher das Glas als Importware i>-ekannt, obwohl uns ihre Schriften darüber keine sichere .Vuskunft g'eben. Xamentlich unter Iiitmosis III., der Syrien und Palästina seinem Scepter unterwarf, wird die damals in höchster Blüte stehende (xlas- industrie Ai,''v])tens die Grenzen des Landes überschritten haben. Moses s])richt \'on Zie^t^eln aus Smarayd. womit wohl ebenso g"la- sierter Ton i.femeint ist. wit^ mit den Smara^'dsäulen des Melkart- tempels zu Tyru-i. Die Uekamitschaft mit (das soll eine Stelle bei I liob 28.17 beweisen, in der es heilk: „(lold und Sa])hir und Glas mas.,»" ihr (nämlich der \Veisheit) nicht jji'leichen, n.och um sie y'ülden Kleinod tauschen." Darin wäre zuQfleich die Wertschätzung" des (jlases ausg-esprochen. Aber die lutherische Übersetzung- sagt hier nichts \-on Glas, sie lautet vielmehr: „Gold und Demant mag- ihr nicht gleichen." Im \orausg-ehenden Verse i(3 wird der Sajihir g;enannt. im folgenden „Ramoth, Gabis und Perlen". DiMunach scheint es sich hier um die willkürliche Be- ziehung eines Ausdruckes auf ( rias zu handeln, das sonst gewöhn- lich „Sekukith" g-enannt wird, tnn AVort, das im arabischen Aus- drucke für Glas „Zadjadj" erhalten ist.") Salomon tadelt in seinen
^) Siehe Abschnitt X: Die Gläser mit Malerei.
^) Nach Hambcrger u. Michaelis, comment. societ. Gotting. IV, Seite 27 und 58, wo alle jüdischen Zitate, die auf Glas bezogen werden, zusammengestellt sind, bewertet Hiob angeblich das mit Gold durchsprenkelte Glas höher als Saphir und Gold. Auch diese Nachricht dürfte auf einer sehr gewagten Auslegung eines unsicheren hebräischen Ausdruckes beruhen.
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Sprüchen 23, 31 jene, „welclic dvn \Veiii so rot s(»h(Mi und wie er im Glase so schön stehe." \) liier kann nur ein durclisic-htiges Gefäß gemeint sein. Ob der Ausdruck richtig mit ,Glas' über- setzt ist oder vielmehr einen anderen durchsichtigen Stoif, etwa Krystall, bezeichnet, ist sehr fr^lglich, zunuU noch in der Kaiserzeit beide Stoffe miteinander verwechselt wurden. Josephus Flavius kennt natürlich das Glas bereits genau. Er möchte sogar im Wetteifer mit anderen den Juden die Ehre seiner Erlindinig beimessen, indem er er- zählt, daß tMust in Judäa ein Waldbrand entfacht worden sei, bei welcher (relegen- heit sich die Holzasche derart mit dem glühend gewordenen Sande des Bodens verschlackt habe, dal5 daraus flüssiges Glas entstand. Diese ^lär ist freilich noch unwahrscheiTilicher als jene \on der P.nt- stehung des Glases durch Sodastücke unter den Kochkesseln jihönizischer Seefahrer. Daß sie iiber nicht ganz aus der Luft ge- griffen ist, zeigen die verschlackten Wälle, die sogenannten Glasburgen des Nordens, von welchen später die Rede sein wird. • .- Die Glasfunde auf svrisch-])alästinen- sischem Boden gehören fast durchweg der Kaiserzeit an, nur einige ältere in Jerusalem entdeckte P)alsamarien mcigen schon einige Jiihrhunderte früher aus Ägypten ins fand gebracht worden sein. Aufschwung die Industrie Syriens in der Kaiserzeit genommen hat, zeigen die reichen Funde, die bei der Anlage der B^igdad- bahn und anderen Eisenliahnbauten in römischen Gräbern des Landes gemacht wurden. Diese waren zum großen Teile nach Art \"on Columbarien in den Felsen eingehauen und durch Aberglauben lange \or F^lünderungen von selten der Beduinen geschützt gewesen. Besonders ergiebig war die Bahn- strecke von Jaffa nach Jerusalem, dann weiter nördlich die Grä-
.\bb. 49. l.agona mit Schlangenfaden. Köln.
Welch bedeutenden
^) „N'e intueris vinum quando flavescit, cum splenduerit in vitro coloribus." Kisa, Das Glas im Altertume. -
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berstraße von Leg"h Bab und von Bed Jubrin, dem alten Eleu- theropolis, auch die von Askalon/) Durch die beim Eisenbahn- bau beschäftig'ten Werkleute g'elang-ten die Funde seit etwa 1895 nach Deutschland in die Hände von Privatsammlern und Händ- lern, wobei leider manchmal die Spuren der Herkunft verwischt wurden, so daß Verwechselung-en, namentlich mit gallisch- rheinischen Funden entstanden. Die bedeutendste Sammlung- sy- rischer Gläser besitzt Kommerzienrat Zettler in München.-) In ihren Formen, namentlich denen der einziehen Gebrauchsware, herrscht große Übereinstimmung mit den Arbeiten der westlichen Provinzen des Reiches, ein \\eiterer Beweis für den Einfluß, den die von Alexandrien ausgehenden Typen überall ausübten. Eigenheiten finden sich freilich in den für Syrien kennzeichnenden Ölfläschchen von langgestreckter Schlauchform, (Formentcifel A 8 — 10) den balusterartigen Bildungen mit runder Fußpkitte (Abb. 18) und den Fadenhenkeln, die in Verbindung- mit dem vSpiral- schmucke des Bauches und dem Zickzack, das sich an die Mün- dung anlehnt, kleine vSeitenösen bilden oder sich in hohen ])han- tastisch verschlungenen Korbbogen über das Gefäß erheben. Oft sind zwei röhrenförmige Fläschchen dicht zusammengebracht, mit einem gemeinsamen Spiralfaden umwickelt und mit einem großen Henkel versehen. Man nannte sie im Griechischen JUixv^a, solche, die drei Fläschchen vereinigten TQiXexv^a^). (Abb. 17, 18: Formentafel A 7 — 9). Auch die schlanken röhren- förmigen Ölfläschchen, die Newton zu Hunderten in Knidos fand, sind vertreten, Pläschchen, deren Körper scharf kegel- förmig absetzt, mitunter mit leichter Schweifung, an der Mündung trichterförmig erweitert, zum Unterschiede von
1) Ich verdanke diese Angaben hauptsächlich den Mitteilungen des Herrn Kom- merzienrates F. X. Zettler in ^München, der eine Sammlung antiker, zumeist syrischer Gläser besitzt und auf seinen Reisen auch zahlreiche Stücke in treuen Aquarellauf- nahmen abbilden ließ. Er hat mir sowohl die Originale wie die in einem großen Foliobande vereinten Aufnahmen in liebenswürdiger Weise zum Studium überlassen.
") Syrische Funde aus der Kaiserzeit bilden auch den Kern der ehem. Sammlung Koussel, welche in die Slade's überging und mit dieser jetzt im Brit. Museum aufgestellt ist.
■') Felix Hettner wendet diesen Ausdruck auf jene Kannen an, die im Inneren durch Scheidewände in drei Abteilungen getrennt sind; jeder von ihnen entspricht eine besondere Mündung, doch werden sie durch eine gemeinsame Außenwandung verkleidet. Auch diese Kannen sind durch das Zusammenpressen von dreien entstanden, wodurch das Volumen einer einzelnen Kanne auf ein I )rittel beschränkt wurde.
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den g";illischen Tyi)en «Formentafel .\ 12 — 15). Die Fkischen- hälse zeigten gleichüills eii>"enartig-e Bildung-en. Sie behalten im allgemeinen die zylindrische Form bei, sind jedoch in zwei Teile gegliedert, einen längeren und breiteren Oberteil und einen engeren Unterteil. F'ast ausnahmelos ist der Hals scharf von dem Körper abgesetzt, selten verläuft er allmählich in die Run- dung. Das Material unterscheidet sich deutlich von dem der italischen, g^dlischen und ägy])tischen Gläser. Es ist von einem warmen \\\Mß, das nur leicht ins gell)liche oder grünliche spielt, nie grünblau, wie bei den ägyptischen und grünlich oder oliv wie bei den gallisch-rheinischen. Daneben findet sich auch ganz farbloses Mattglas und Krv- stallglas.
In den letzten Zeiten des Kaiser- reichs beteiligten sich die Juden sehr
rege an der Glasindustrie. Die phönizischen Werkstätten in Tyrus gingen nach und nach sämtlich in ihre Hände über. Im VI. Jahrhundert sind zahlreiche jüdische Glasmacher in Kon- stantinopel ansäßig. Von einem dieser erzählt die Legende, daß er sein Kind aus Zorn über dessen heimliche Teilnahme am Abend- mahle der Christen in den Glasofen geworfen habe, aus welchem es aber von der heiligen Jungfrau befreit wurde, nachdem sie die Flammen erstickt hatte. Auch in italienischen Städten betrieb die jüdische Kolonie die Glasmacherei. Im Jahre 687 wanderten griechische Arbeiter nach FVankreich aus, wo sie, wie berichtet wird, auf jüdische Art Glas herstellttMi. W^as man im Mittelalter unter „ Judenglas ", vitrum Judaicum, \erstand, geht aus einer Stelle bei lieraclius III., cap. 49 hervor, in welcher er von der Berei- tung der Farben zur Glasmalerei hiindelt. „Nimm ein Grossinum vSaphir", empfiehlt er „und dann Erzschaum, welcher vom heißen Eisen am Ambos'geschlagen wird: nimm davon ein Drittel mit dem
-Abb.
.Muria ;ius Sackrau.
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Grossinum und mit Bleiglas, jüdischem nämlich, vermische es und reibe es g-ut auf dem Marmor."^) Die Wendung „plum- beum vitrum, Judaicum scihcet" bezeichnet deutUch, was man im Mittelaher unter Judenglas verstand.-) Durch einen Zusatz von Bleioxyden erzielt man, wie schon g"elegentlich der Funde von Wilderspool bemerkt wurde, ein sehr durchsichtigfes und glänzendes, die Lichtstrahlen stark brechendes und schön klin- g'endes Glas, das sich besonders durch Schliff gut bearbeiten läßt, vermindert aber dadurch dessen Härte. Nach dem Rezepte des Theophilus in seiner Schedula III 8 wurde zur Herstellung" von Judenglas Blei in einem Topfe zu Pulver g-eb rannt, zum Auskühlen fortgestellt und dann zwei Teile Blei mit einem Teile Sand gemischt. Die Holländer nannten das aus Kieselerde und Bleioxyden gewonnene weiche Glas Jet, die Franzosen Rocjiille. Man g-ebrauchte Blei auch als Flußmittel, um damit die Farben auf Glasscheiben zu befestigen."^)
Diis ganze Mittelalter hindurch waren jüdische Glasmacher in Hebron tätig, ja noch im vorigen Jahrhunderte f^lnd Miß Martineau dort jüdische Glashütten, aus welchen Gefäße und Schmucksachen hervorgingen. Das Österreichische Museum in Wien besitzt eine große Sammlung derartiger Arbeiten. Die Gefäße, zumeist aus ordinärem bläulichem oder gelblichbraunem Glase, zeigen in den Formen noch manche antike Überlieferung, ebenso die Schmuck- sachen, die Arm- und Beinringe für Beduinenweiber aus opak- farbiger Paste mit Flecken, Bändern und Spiralen. Jüdische Glas- macher von Tyrus und Hebron vermittelten im IX. Jahrhundert, als die Handelsbeziehung'-en zwischen Venedig und dem Oriente begannen, die Glasindustrie in Venedig: anfang-s brachte man sogar den Sand vom Belus und aus der Wüste zwischen Kairo und Alexandrien dahin. Bezeichnend für die Wertschätzung des durchsichtigen Glases auch im frühen Mittelalter ist eine Stelle im Talmud, in welcher es der Gesetzgeber als wider die gute Sitte bezeichnet, daß man den Reichen aus weißen Gläsern zu trinken gebe, während sich die Armen mit farbigen begnügen müßten.^)
^) Vgl. Blätter für Kunstgewerbe I S. 30. -) Ilg, Ausgabe des Theophilus S. 137 Anm. •^) ders. bei Lobmeyr S. 66. ^) Talmud, Ordnung für die kleinen Feste 111
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Mesopotamien.
Auch in Assyrien finden sich Spuren, die auf eine Be- kanntschaft mit der Glasindustrie schließen lassen. Die Be- ziehungen zwischen diesem Reiche und Ag-ypten machen zu g-ewissen Zeiten einen reg-en Imjjort wahrscheinlich. Alte .Autoren erzählen von einem ung-enannten König-e von Babylon, daß er seinem Kolleg-en in Ag-ypten eine vStele oder einen Obelisk aus Smarat^d, drei ¥A\en breit und vier hoch als Geschenk übersendet habe. Vielleicht ist damit wiederum Praser, der lauchgTÜne Smarag"d, oder glasiertes Steinzeug gemeint, aber sicher nicht (xlas. Auch die Sage von den gdäsernenSärg-en taucht hier wieder auf. Als Xerxes das Grab eines der Grün- der der chaldäischen Dy- nastie öffnen ließ, soll er zu seiner Überraschung den Leichnam in einem gläsernen Sarge gefunden
haben, der mit Ol gefüllt war. Mit den gläsernen Särgen der Athioper, Ägypter und Alexanders des (jroßen ist dieses Kapitel aber noch nicht abgeschlossen. Noch ^lus dem XII. Jahrhundert berichtet Benjamin \'on Tudela, daß auf Befehl des Kalifen von Susa der Leichnam des Propheten Daniel nachträglich gleichfalls in einem gläsernen Sarge beig'esetzt worden sei. Diese Nachricht hat nichts unwahrscheinliches, w eiiii man bedenkt, daß gläserne, d. h. aus Glasplatten zusammengesetzte Särg-e in der Reliquien- verehrung eine große Rolle sjüelen. X'ielleicht hat es sich in letzterem Falle gleichfalls um eine Beisetzung der Reliquien ad oculos gehandelt.
Im übrigen sind diese Nachrichten schwer zu kontrol- lieren, weil sie gewöhnlich auf der Mißdeutung eines Aus- druckes l^eruhen, den man ohne genügende Gründe auf Glas bezog. Die Ausgrabungen haben ebensowenig Reste \on gläsernen
Abb. 51. Römisches Plattengrab. Rheinisch, I. Jahrhundert.
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Särgen wie von Säulen und Obelisken, sondern nur kleine Schmuckperlen, Siegelzylinder, Amulette, Ringe, Zierplatten und Würfel erg-eben. Die in den Ruinen der Königspaläste von Ninive und Kujundschik zum Vorscheine gekommenen Glas- pasten sind genau den ägyptischen in Material, Form, Farbe und Schmuck gleich. Ein kleiner Glaswürfel im Louvre ist mit aufgelegtem Blattgold verziert. Während die Tonglasur in den Prachtbauten der assyrischen Könige zwar nach ägyptischem Vorbilde, aber in durchaus selbständigen Formen in reichem Maße zur Anwendung gekommen ist. findet sich von selbstän- diger Bearbeitung des Glases keine Spur.
Dieses wurde nur in seiner ersten Fntwicklungsform als farbige Paste, zu den genannten kleinen Gegenständen verar- beitet, aus Ägypten eingeführt; die aus freier Hand über einen Kern modellierten Gefäße fehlen mit einer vereinzelten Aus- nahme gänzlich. Diese Ausnahme wurde sogar wegen einer Keilinschrift eine Zeitlang als einheimisches Erzeugnis betrachtet. Es ist die berühmte Glasvase des Königs Sargon, des großen Eroberers von Syrien (721- — 704), die in den Ruinen des Königspalastes von Ninive gefunden wurde und jetzt im Britischen Museum verwahrt wird: Das Prototyp des Ala- bastrons, ein Kännchen von gedrungener Schlauchform, dick- wandig, mit kurzem, leicht ausgebogenem Rande und zwei viereckigen Ansätzen, die als Ösen dienen. (Abb. 22.) Die trübe, grünlich durchscheinende Masse ist aus freier Hand über einem Tonkerne modelliert, das Äußere mit dem Rade abgeschliffen, als würde es sich um eine Arbeit in Krystall oder Akibaster handeln. Auf einer vSeite ist ein Löwe, auf der anderen der Xame .Sargons (Saryukins) in Keilschrift ein- graviert. Die Vase wurde \'on Layard mit anderen Funden wohlverpackt nach Bombav gebracht, wo sie verladen werden sollte. Doch war sie plötzlich auf rätselhafte Weise ver- schwunden, bis sie einige Zeit später durch einen glücklichen Zufall \on einer englische Dame bei einem Geistlichen in Devonshire wieder entdeckt wurde. ■^) Froehner der die Phö-
^) Archäol. Zeitg. 1S48 S. 380; 1S49 S. 71. I'errot & Chipiez, Assyrie S. 717, leider mit ungenauer Abbildunt;. Die technische Erklärung von C. Friedrich
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nizitM' fälschlich für die Krfimlcr des t;irl)l()s- durchsichtig'cn Gleises hält, eriniK^rt daran, dali Sart»"on Samaria eroberte und aus Phönizien i^Tolk" Beute heimbrachte. Der sogenannte Kalend(^r Sarpfons zähle als (lewiiin der l'.rt)berun^'szüjj-e dieses llerrschers nach S\-rien eine j^^Tolle Mens^"e \on (jese-henkcn an (rold, Silber, Ebenholz und (iefälien aller Art auf. h.s ktinnte sich denniach auch dieses (iefäß dabei befunden haben, ob es nun Lj'erade in Phönizien selbst oder anderswo an den Küsten Kleincisiens entstanden sei. Wir haben aber g"esehen, dal) sich eine eij^^ene phönizische dlasindustrie nicht nachweisen lasse, wodurch auch hVoehners X'ermutunir \on tler Erfin- dung- des farblosen Cilases hinfällig" wird. Da,iJ;eiJ;en ha- ben wir solches schon in Teil el Amarna i^efunden. Da-- aus Quarz j^ewonnene Gla^ war schwerer zu bearbeiten als das g'ewöhnliche, d^dier sind die daraus modellierten ( iefäl)e dickwandii,'"er. Tech- nik und Eorm der \"ase Sari>-ons deuten auf äg-ypti-
schen Ursprung-. Die Keilinschrift bildet d^ÜDci kein Hindernis, denn es g-jbt g^enug Vasen aus Alab^ister, welche auf der einen Seite o\n ägv]-)tisches Zierschild, auf der anderen einen assy- rischen Königrsniimen in Keilschrift irraviert zeig^en. Wie nach Syrien führten Sarg^on krieg'erische Unternehmungen auch nach Ag-ypten. in die äithio])ische Zeit, in das \'1II. Jahrhundert und den Beg-inn des \'ll. fallen die N^ersuche assyrischer König-e sich des Reiches am Xil zu bemächtigen. Auf einem der zahlreichen PLinfälle konnte Sargfon leicht Gelegenheit gefunden haben, in den Besitz der \'ase zu gelangen, die vr. wie üblich, nach seiner Rückkehr in die lleimat mit seiiu^m Wunen signieren liel).
Abb. 52. Schälchen aus KrvstallgUis. Äijyptisch. München, Antiquarium.
a. a. O. ist cjanz vcrl'ehlt. Unsere .^bbilflunj:; ist nach einer neuen photogr;iphischen Aufnahme hergestellt, die ich Herrn Dr. Wallice Hudgc vom britischen Museum und Herrn Prof. von Bissing verdanke.
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Jedenfalls lieq"t es näher anzunehmen, daß sie direkt aus Ägypten stamme, als daß sie auf dem Umwege über Phönizien als ägyptische Importware nach Ninive gekommen sei.
Auf meine Bitte nahm sich Professor v. Bissing gelegent- lich einer Studienreise 1906 die Mühe, die Vase Sargons genau zu untersuchen, wobei er von Konservator Dr. E. Wallis Budge in dankenswerter Weise unterstützt wurde. Das dicke hellgrüne und ziemlich durchsichtige Glas ist auf der rauh gewordenen Außenseite stark irisiert, die P'orm durchaus ägyptisch, speziell den Alabastergefäßen der saitischen Zeit verwandt, die Inschrift ebenso wie die beiden kleinen Löwen rechts und links von ihr,^) die rein assyrischen Stil zeigen, nachträglich eingekratzt. Auch die beiden genannten Gelehrten zweifeln nicht daran, daß die Vase in Ägypten entstanden sei.
In den Ruinen \on Nini\'e fand Layard außerdem eine Reihe \'on Glasgefällen der Ptolemäer- und der Kaiserzeit. Auch in Kujundschik und Babvlon wurden solche gefunden.
\'on den alten Persern wissen wir aus einer Stelle bei Aristoiihanes, daß sie bei Hofe aus goldenen und gläsernen Ge- fäßen tranken.'^) Die Athener, die 444 vor Chr. zum Groß- könige nach fLkbatana kamen, um mit ihm einen Wrtrag abzuschließen, berichteten mit Staunen, daß sie überall auf ihrem Wege genötigt wurden aus Gold oder Glas zu trinken. In Griechenland stobst waren damals Glasgefäße noch sehr kostbar. Die Perser werden sie, ebenso wie die Griechen selbst, aus Ägypten bezogen haben. Der persische Ausdruck für (ilas „bulur" ist gleichbedeutend mit Krvstall. Kr stammt also erst aus einer späteren Zeit, als das farblos -durchsichtige Glas allgemein war, d. h. aus der Kaiserzeit. Farbiges Glas hat keinen eigenen Namen, wahrscheinlich wvirde es, analog dem Ausdrucke Kystall. jeweilig mit dem Namen jenes 1 lalbedelsteines bezeichnet, welchen es nachahmte. Aus solchen Gepflogenheiten ergeben sich ja mitunter auch in den Berichten klassischer Autoren nicht geringe Schwierigkeiten. Eine Bemerkung des Athenäus \'on Naukratis, eines Grammatikers des III. Jahrhunderts
■*) Auf der Abbildung kaum sichtbar. -) Aristophanes, Arachne V 73.
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nach Chr., th-r in Alr\an(h"ia und Koin lebte, liat mit der früheren einigte .Ahnhciikeit. I'.r ijericiitet nämheh von den Persern, daß sie zur Zeit Alexanders d. droTjen aus (jlas^efäßen zu trinken liebten. Es ist nicht unmösrlich, daß er einfach die Meldung- des Aristophani^s wiriiert, ohne etwas Xeu(\s b{Mbrini.;"en zu wollen, denn der .Vltersunterschied ist in den beiden Daten g^erin^. Die Berichte sind im übrig'en ohne ])raktische Bedeutunir, da wir in Persien nur dläserfunde aus der Zeit der alexandrinischen Werkstätten ha1)en. Wahr- scheinlich bürg'erte sich die ( ilasindustrie, die im X\'J. und X\'il. Jahrluindert in Per- sien eine hohe Blüte erlebte, erst unter der Römerherrschaft \"on S\-rieii aus ein. Jetzt g'\lt das Gkis von Schi ras für das feinste im Oriente.
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Ob in Indien im Altertume das Glas heimisch war. ist trotz der Mitteilung' des Plinius, daß dort aus zerbrochenem Krvstall schönes durchsichtiges Gkis g^emacht werde, zweifelhaft.^) Wie schon C. Friedrich be- merkt, ist es höchst unwahrscheinlich, daß man dort einen wertxollt^i Stoff zerstört haben sollte, um ein Surrogat von ga^ringe- rem Werte an dessen Stelh^ zu setzen. ■) Dies wird noch unwahrsclieinlitiier durch
die Beobachtung- desselben Plinius. daß die Wertschätzung" des echten Bergfkrvstalles um so mehr g^estiegen sei, je grcißere Fort- schritte man in der Imitation dieses Minerales durch farblos- durchsichtigfes Glas gemaciit hal)e.''» Wahrscheinlich ist hierlx'i
.\bb. 53. üalsamarium
aus Krystallglas.
Ägyptisch. Louvre.
') Plinius sagt 36, ::6. daß es deshalb unvergleichlich sei ,,. .et ob iil nulluni comparari.''
^) C. Friedrich, Bonner Jahrb. 74, S. 164 f.
^) l'linius 37, 10. ,,Mire his (crystallis) ad similitudinem accesserc vitrea, sed prodigi modo ut suum pretium auxerint crystalli, non deminuerint."
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unter Krystall ^nr nicht der Berg-krystall zu verstehen, sondern weißer feiner Quarz, den man zerschlug" und pulverte, um d^iraus, wie in Ägypten und anderwärts, farblos-durchsichtiges Glas zu erzeug'en. Friedrich führt als Beispiel dafür, daß man auch noch heute zwei ganz \erschiedene, namentlich auch im Werte sehr auseinanderg-ehende Stoffe mit g-leichem Ausdrucke bezeichne, die Arbeiter der bayrischen Glashütten von Zwiesel im Fichtel- gebirge an, die g-leichfalls den feinen weißen Quarz, den sie zur Frzeug-ung farblos -durchsichtigen Glases ^•erwenden, Krystall benennen. — Im übrigen rühmt Plinius die Inder auch als g"eschickte Nachahmer von Edelsteinen. Funde haben seine Nachrichten bisher nicht bestätigt; was von antiken Gläsern dort zum Vorschein gekommen ist, gehört der gewöhnlichen Gebrauchs- ware der Kaiserzeit an und steht den svrischen Gläsern nahe.
III.
Der antike Glasschmuck und seine Verbreitung.
Das Email.
Abb. 54. Asclienurnen aus ( ilas. Aus rheinischen Gräbern.
Der antike Glasschmuck und seine Verbreitung.
Den llauptg-egen.stiuul der Ausfuhr \on Glaswaren aus Ägypten bildeten die Schmuckperlen und anderer Zierrat des menschlichen Körpers, wie (Jhrgehäng-e, Anhänger, Arm- und Haarringe, Fingerringe, Gewandnadeln, auch Spielsteine usw. Fa.st ausschließlich für den Export waren die von Iferodot erwähnten W^'rkstättcMi \oii Xau- kratis tätig, die im Vi. Jiihrhundert \-or Chr. '^^^- 54 a-
und spät(^r in Blüte standen und aul')er einheimischen auch griechische Werkleute beschäftigten. Diesen machte mitunter die Darstellung ägyptischer R(\sonderheiten, wie beispielsweise dt^r 1 Jierogly])hen, Schwierigkeiten, so daß ihre Arbeiten leicht in den Verdacht absichtlicher Fälschungen geraten können. .Vn diesen fehlt es freilich in der (rlasindustrie ebensowenig wie auf anderen Gebieten. Xamenthch die arabiscluMi J laudier entwickeln in der Täuschung europäischer Reisender durch angeblich zufällige Funde von Scarabäen, Uschebtis und kleineren
Henkel von Aschenurnen.
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Glas- und Glasurarbeiten, welche g^eschickt nachgeahmt werden, große Findigkeit.
Die ägyptischen vSchmuckperlen aus Glas sind die weitaus bekanntesten und Verbreitetesten Überreste antiker Glasarbeit. Man findet sie teils einzeln, teils (allerdings zumeist von jüngerer Hand) an Drähten und Schnüren zu Halsketten, Brustgehängen und Armbändern zusammengereiht, von Indien bis an die Gold- küste Afrikas, vom Pontus bis nach Britannien, an den Küsten des Mittelmeeres ebenso wie im Innern von Deutschland und Frankreich, im Keltenlande und in Skandinavien. Die Toten- städte der Eisenzeit (Vilkmova), die der älteren und jüngeren Hallstadtperiode, die der Certosa von Bologna, die Gräber der älteren und jüngeren Latenezeit haben eine ungeheuere Menge dieser zierlichen Erzeugnisse erschlossen, ja vielleicht erscheinen sie als erste Regungen der Kultur, als die frühesten Boten der vor- geschrittenen Zivilisiition des Südens diesseits der Alper sogar schon in der neolithischen Periode. Mit diesen leicht transportablen und ^^■ohlfeilen Massen-P>zeugnissen konnten die phönizischen und spä- ter die griechischen, römischen und syrischen Kaufleute bei nai\'en Völkern gute Geschäfte machen. Germanen und Kelten gaben ihnen Zinn, Kupfer, Bernstein und Pelze für den buntglitzernden und gefälligen Schmuck ebenso leichten Herzens in Tausch, wie später die Indianer Perus und die Xeger der Westküste Afrikas ihr Gold den Venezianern für ihre Conterien. In den Ländern am Mittelmeer nannte man sie später „ägyptische Steine", in England bezeichnete sie der Volksmund als „Druideneier", in Schottland als Nattern- und Schlangeneier. Den germanischen Stämmen galten sie als Talismane und wurden, weil sie ihrem Träger den Sieg verbürgten, auch „Siegessteine" benannt.
Unter den Dolmen von la Loziere lagen Halsketten und einzelne Perlen aus blauer Paste ägyptischen Ursprunges, eine schwarze Perle mit blauen Adern wurde in den Dolmen von Locmariaquer gefunden.') In nordischen Gräbern erscheinen sie nach Sophus Müller ausschließlich als Frauenschmuck.-) Gewöhn- lich wurden sie an Halsbändern getragen, bisweilen läßt ihre
^) Froehner S. 7.
■-) Sophus Müller, Nordische Altertumskunde. Band II. S. 59 ff.
I II
Lag-e darauf schließen, daß sie am I landsrelenke odt^r im Ilaare befestigt waren. Daß sie dem Cieschmacke der rauhen Germanen zuseig-ten ist leicht begTeiflich, denn sie sind wirklich hübsch und em])fahltMi sich dem steig-enden Bedürfnisse nach Zierrat und Luxus durch ihre schier unbeg-renzte Mannigfaltig-keit. Sehr zahlreich sind sie in der Kaiserzeit, der nordischen Eisenzeit zu finden, als die Wrbindung-en mit dem Süden lebhaft und ständig-
«9>^
Abb. 55. .\scheniirnen. Köln, Museum Wallraf-Richartz.
gfeworden waren. \iel seltener in den früheren Perioden, der nordisch(Mi P>ronzezeit, und zwar nimmt die Häufigkeit der Kunde sowohl, wie die INIeng-e der in einem einzelnen Grabe \-orhan- denen Perlen im Laufe der römischen F^eriode merklich zu. Lin Fraueng-rab \on X\ru]) (Odsherred) \üm Knde der X'ölkerwande- rung-szeit enthielt nicht weniger als 734 (ilasperlen und außerdem deren 482 aus Bernstein. Man ersieht daraus, daß Glas])erlen ein sehr einträg-licher Ausfuhrartikel gewesen sein müssen. Auch in der nachrömischen Zeit blieb die X'orliebe für diesen Schmuck groß. In I>ornholm allein zählte K. \>del gegen lOOO Glas- ])erlen aus der \"ölkerwanderungszeit und etwa 4000 aus der
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folgenden Periode. Die überwältigende Menge und die z^Lhl- losen Varianten dieses Schmuckes setzen den Versuchen, sie zu ordnen, nach Herkunft. Zeit und Herstellungsart zu l^estimmen, große Schwierigkeiten entgegen. Immerhin ist es auch bei den nordischen Perlen ohne weiteres klar, daß sie aus Werkstätten auf klassischem Boden hervorgegangen und nicht etwa heimische Erzeugnisse sind. Mögen solche nach der K^dserzeit auch in den neuen germanischen Reichen gemilcht worden sein, so er- gibt sich schon aus den 'näheren Fundumständen, daß die Schmuckperlen skandinavischer Gräber gleichzeitig mit anderen römischen Industrieprodukten eingeführt sind. Germanisches Erzeugnis dürften die Perlen aus Ton sein, in welche Stücke von Glas eingedrückt sind\)
Besonders reich an Römerfunden ist im Norden das kleine Dänemark, wo auch Kaisermünzen, wie solche des Lucius Verus, im Vereine mit ihnen vorkamen. Dtibei ergibt sich, daß der starke römische Im])ort auf die einheimische Kunst nicht ohne Einwirkung blieb und besonders in der Ausstattung der Waffen einen eigenen römisch-germanischen Mischstil schuf, in welchem die Formen hervortreten, die in Rom während des I. Jahrhunderts n. Chr. herrschend waren. Diesem Mischstile gehören auch jene großen Knöpfe, vielleicht von Schwertgriffen an, welche ein eigen- tümliches aus Goldplättchen, Grubenschmelz und farbigem Glase hergestelltes Mosaik zeigen. Die Torfmoore, welche diese Funde lieferten, waren ehemals Meerbusen, in welche die Schiffe ein- liefen, deren Ladung sich zum Teil bis heute erhalten hat. Man zählt solcher Stellen mehr als achtzig.^)
^) Vgl. Ilg bei Lobmeyr a. a. <">. S. 5 f.
-) Über die nordischen P'unde ist zu vergleichen: Führer durch die dänische .Samm- lung in Kopenhagen S. So f. — \Viberg, Der Einfluß der klassischen Völker auf den Norden durch den Handelsverkehr. Deutsch von INIesdorf, Hamburg 1807. — Montelius, Die Kultur Schwedens in vorchristlicher Zeit. Deutsch von C. Appel, Berlin 1SS5. Dasselbe Werk in französischer Bearbeitung durch Salomon Reinach, Paris 1895. — J. N. V. Sadowski, Die Handelsstraßen der Griechen und Römer. Deutsch von Albin Kohn, Jena 1S77. — .Archiv für Anthropologie IV S. Ii f. Grempler, Der Fund von Sackrau, Breslau 1S8S. — Vieles über die Römerfunde des Nordens im allgemeinen in der schönen Arbeit von Willers, Die römischen Bronzeeimer von Hemmor, Hannover 1901.
"3
In der Rcyrl u rrdt'U als J rä_y"er (k'>. Zw i^cluMlluLIHk'l^,, der die Er/.eui^-nisse der äj^y])ti.schen Glaswerkstätten der j^anzen antiken Welt mit I^insrhlul) des Nordens vermittelte, die see- fahrenden Phcinizier l)Ptrachtet. So unternehmend aber dieses \'ölkchen aucli war. so ^Toße Wrdienste ihm nicht nur in kommer/ieHer . sondern auc^h in kultureller 1 linsicht zukom- Tuen. bedarf die .Vusdehnun^' seines W'irkun^'skreises doch, wie b(^reits iMMiierkt. einer l'.insehränkun^-. I )er ])h(")nizische I landel war ^yrcilkeMiteils in den 1 landen xon l\.;irthaL;"o imd Giides. r\rus selbst war seit dem Vi. Jahrlumdert vor Chr. durch dit^ asiati- schen Eroberer aus sei- ner früheren führenden Rolle sehr zurückge- dräny't, liatte seine Kolo- nien verloren und sich \or dem iiufstrebenden i^Tiechischen Handel im- mer mehr zurückg'ezo- ^en. Karthatf'os ( rewalt erstreckte sich üb(^r ]\üdta, Sardinien, Sizilien,
die Bidearen, welche Gebiete schon \on den Tyrern erobert worden waren. Sein Handel öffnete sich durch die Säulen des Ilerkules freie Bahn und dehnte sich einerseits läng^s der West- küste Europas bis nach den Zinn-Inseln (Casseriden) im Süden von England, andererseits an den westafrikanischen G(^staden bis an den Seneq'al muMiambia aus. während seine Ivarawanen im Innern bis an die l'fer de> Xiles und in das XiiJfijferii'ebiet \ordranjren. Wie Herodot mitteilt, hab(Mi die Phönizier im Auftraire des ä^vptischen Kciniy's Xeclio Afrika umschifft. Um 470 vor Chr. se^'elte 1 lanno xon Karthaj.;X) aus mit 60 Galeeren und 30000 Auswanderern ül)er die Säulen des 1 lerkules hinaus. um an Afrikas Gestaden Pflanzstätten zu s^TÜnden. 1-lr yelaniJte über das yrüne X'orjrebirs^e in den Golf von (niinea (nach an- deren nur bis Sierra Leonen und brachte die erste Kunde \on den dort vorkonimeiultMi Schimpansen. \'or kurzem wurde
Kisa, Das Glas im Altertume. S
Abb. 56. Ölfiäschchen. Köln, ehem. Sammlung Merkens.
114
in dem Grabe eines berühmten Negerhäuptling-es in Mansu bei den Aschantis ein Perlenhalsband gefunden, das in das Britische Museum gekommen ist/) Es besteht aus zwanzig Glas- perlen von verschiedenen Formen und Farben, welche sich von den sonst in dieser Gegend häufigen Aggry-Perlen venezianischen Ursprunges deutlich unterscheiden, \-ielmehr mit den Perlen ägyptischer Herkunft übereinstimmen, die man in Gräbern des VI. Jahrhunderts vor Chr. in Kamiros auf Rhodos entdeckt hat. Wenn damit auch nicht gerade die Fahrt Hannos bewiesen ist, so legt der Fund doch für einen Handelsverkehr zwischen dem Orient und der Westküste Afrikas Zeugnis ab.
Sizilien war durch drei Jahrhunderte (von 536 — 241) den Karthiigern Untertan, wenigstens der größere und wichtigere Teil seines Küstengebietes. Sehr bedeutend war der karthagische Handel nach Massilia. Es gab dort eine starke phönizische Kolonie, sogar einen Baalstempel. Phönizische Münzen sind im Süden F'rankreichs nicht selten, freilich stammen manche von ihnen erst vom Zuge Hannibals her, andere von den alten Handelsstraßen. Die Kar- thager gruben auch an den Mündungen des Loire nach Zinn. Aber nicht sie, sondern Etrusker und Griechen kultivierten Gallien. Daß punische Seefahrer durch den Kanal in die Nordsee gekommen seien, um hier Bernsteinhandel zu treiben, ist zwar nicht unmöglich, aber nicht nachgewiesen. Weder die Alten berichten etwas davon, noch sind im Norden und Nordwesten Europas Funde zweifellos punischen Charakters gemacht worden. Damit ist zugleich gesagt, daß in den Zeiten, in welchen der Handel mit ägyptischen Glas- waren noch in den Händen der Phönizier war, keine oder doch nur verschwindend wenige Perlen nach dem Norden gekommen sind. Diese werden erst häufiger seit der römische Welthandel den alexandrinischen Werkstätten neue Absatzgebiete erschlossen hatte, besonders aber vom II. Jahrhundert ab, seit römische Waren über Gallien und das Rheinland den Weg nach dem freien Ger- manien g'efunden hatten. Früher hatte man angenommen, daß der größere Teil der in nordischen Gräbern gefundenen Gkis- perlen phönizischen Ursprunges sei. Diese Ansicht ist nun end- gültig aufgegeben, seit es feststeht, daß Phönizier nicht so weit nach
^) Veröffentlicht von Read in ,.Man", Januar 1905.
1^5
dem Norden vorqfedrunjren sind und daß die ihnen zugeschriebenen Glasarb(Mten viehiiehr aus äg-y])tischen Werkstätten stammen.
Im \'I1. Jahrhundert vor Chr. be^y-annrn die Jonier den l'liöni- ziern im Mittelmeere Konkurrenz zu machen. Seit di(^ Phokä("r um 600 Massiha g-eq-ründet hatten, durchzogen jonische I laudier das Hinterland auf den 1 landelswegen längs der Rhonc^ und Saöne, drangen weiter an den Rhein, die Seine, den Loire und die Garonn(^ \or und führten die griechische Sprache in Gallien ein,^) die vor den Römern dort allgemein bekannt war. vSie lehrten die Ureinwohner auch den Weinbau, die Kunst aus Metallen Münzen zu ])rä- gen und ersetzten so die Naturalwirtschaft durch die Geld Wirtschaft. An dieser kolonisierenden Tätigkeit waren außer Massilia die griechischen Niederlassun- gen in dem Winkel zwi- schen den Pyrenäen und dem Mittelmeer beteiligt, besonders das rhodische Rhoda (jetzt Rosas) und das massilische Emporion (Ampurias). .Vuch die Massi- lier h^ltten es vorwiegend auf Zinn abgesehen. Sie fuhren durch (rallien über
den Kanal nach der Insel Iktis iW'igh) hinüber um es dort zu holen,-) außerdem auch den Ijernstein.'') In älterer Zeit war dieses in der Antike hochgeschätzt(\ den Edelmetallen mindestens gleichgehaltene Produkt auf anderen, weiter östlich gelegenen Landwegen nach Kleinasien, Griechenland und Italien gelangt.
Der altgriechische Himdel mit dem Xorden ging \-on Olbia am Pontus den Dniestr, den Tvras der Alten hinauf nach Kiew.
Abb.
57. Stamnium und Fasskannen. Köln, Ende des II. Jahrh.
*) Strabo, Geogr. IV 5, 2.
^) Diodorus Siculus, bibl. hist. V, 22.
') Herodot hist. I 115.
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Ihm folgten auf demselben Wege der römische der Kaiserzeit und der byzantinische. \"on Kiew ging es dem polnischen Bug zur Seite bis Bromberg, wo ein großer griechischer Münzfund gemacht wurde, der wahrscheinlich direkt aus ( )lbia stammt. Ein anderer Weg führte östlich den I)nie])r entlang, an der Beresina und T)üna weiter bis zur ( )stsee. Beide Wege sind bereits bei Ptolenuieus Marcianus und in der Peutingerschen Tafel angedeuet. Eine dritte Hcindelsstraße ging vom E^ortus Josianus (Odessa) am Schwarzen Meere längs dem Dniestr auf die Quellen der Oder und Weichsel zu und daim nach den Gestaden der ()stsee. Den Weg bezeichnen zahlreiche Fund- stellen griechischer und rcJmischer Altertümer. In der Ostsee spendete den Bernstein das Samland. jene bei Xenophon \on Lam])sacus Baltia genannte Halbinsel, deren ganze Küste \'on den Weichsel- mündungen bis nach Riga reiche Bernsteinhschereien aufweist. Übrigens fand man das Produkt auch in der Nordsee. Durch diese \^<>rbindungen wurde in der Kaiserzeit die Annäherung zwischen Xord und Süd besonders leibhaft gefcirdert. \"icle junge unternehmungslustige (iermanen ließen sich durch hohen Sold luid andere \"orteile bewegen, ihr (rlück in Rom zu su( hen. um dort Kriegsdienste zu nehmen und nach ta]:)ferer Soldatenlaufl:)ahn reich 1:»eschenkt und \-on klassischer Kultur be- leckt in die 1 leimat zurückzukehren. Manche Funde mögen solchen W^mderschaften ihre A^^qiflanzung nach dem Norden verdanken. Andere stammen aus der Kriegsbeute, namentlich der \"ölker- wandi^rungszeit, oder aus größeren (jeschenken, welche die Kaiser und F'eldherren wiederholt den dermanen teils zum Lohn, teils zur Beschwichtigung gewähren mußten. Den Strand der Ostsee erreichten die Reimer aber viel früher auf den ihnen näher liegenden adriatisch-baltischen Handelsweg"en als auf den pontisch-baltis(dien. Auch bei ersteren hatten sie unter dreien die Wahl. Der ein(^ folgte \-on Celmantia an der l)onau aus
.•\bb. sS.
Faßkanne. Köln, Museum Wallraf-Ricliartz.
'•7
(ItMii l.autc der W'aat;- bi^ in die l\.ar])alhrn und t'ührlc dann (hircli den |al)lunka])asN in das ( )d(>r- und W'cichselg-ebiet. Schon l'toleniacus nennt im \\'aa,L;'tale mt-hrert^ J landelsstationen. l-'.in \v(\stlicher \Vt\iJ- führte x'on X'indobona (Wien) und ("arnuntuni 1 1 Ieinl)urir) über die rcimische Reichs^Ten/e ins Marclitehl und von da teils in das debic^t der Elbe, teils in das dc^r Oder. Unter den in Mähren if-(^fundenen Sachen mnir zwar manches aus den Markt)mainienkrie,i,'-en stannnen, doch war iJferade dieser \Ve^ vom P>ernsteinhande] bevorzuget."") Aul)erdem wird durch zahl- reich(> AusgTabunt;rn Ixnviesen, dal) ro- nnschc Kaufleute in Schlesien und l)ran- den])urL;' angesiedelt waren und nach römischer Sitte, sog'ar in gemauerten drab- g-ewölben mit Columbarien, bestattet wur- den.") .Vuch an den I la\elseen hat man Römergräbc^r mit (rraburnen und Charons- münzen gefunden, pjn dritter Weg ging von Mähren nordwestlich nach Böhmen und \on dort längs der Elbe an die Küste. I^is gegen Ende des i. Jahrhunderts nach Chr. war Aquileia der IIau])t-Sta])el- platz für die nach dem Norden gehenden Waren.") Dadurch findet die Tatsache, daß in der Einfuhr der Rheingegenden bis zu diesem Zeitpunkte die italischen Erzeugnisse, unter den Glaswaren z. B. die farbigen (iläser griechischen .Stiles, die
italischen Nachahmungen der sidonisclien Kelietgläser. die ül)er- fangenen imd Mosaikgläser xorkonnnen, während sie im II. Jahr- hunderte fast ganz \-erscliwind(Mi, eine Erklärung. Zum i'.ndc des I.Jahrhunderts tritt darin nüt der Befestigung der Rcimi^rherrschaft in (iallien und am Rliein ein \'ollkommener W^andtd ein. Die Funde ergeben nun ein großes einheitliches Handelsgebiet, das von der Ems bis zur Weichsel reicht und nicht mehr \-om Süden über die Alpenpässe, sondern vom Südwesten, xon (lallicn aus.
Abb. 59. Faßbecher.
Köln, Museum Wallraf-
Richartz.
^) Plinius bist. nat. 87. 2.
') Grempler a. a. * '. II. und III. Fund.
'■') Willers a. a. <>. S. 19 1 f.
ii8
versorgt wird. .\n die vStelle \on Aquileia tritt Massilia, am Rhein selbst bilden sich vStapelplätze in Trier und Köln, welche den Verkehr zwischen dem Reiche und dem freien Germanien vermitteln, teilweise selbst für dessen Bedarf produkti\' tätig- sind. Hier überwog- jedoch bis an das Ende der Römerherrschcift der Tauschhandel den Münzverkehr. Die kostbaren (rläser, die man im Norden gefunden hat, mögen mit Vorliebe diesen Weg ge- nommen haben, die meisten dürften aus rheinischen Werkstätten hervorgegangen sein, zu deren Spezialitäten gläserne Trinkhörner sowohl wie bemalte und mit bunten Schlangenfäderi verzierte Gläser gehörten.
Was die Technik jener im Norden so häufigen antiken Glasperlen betrifft, so hat Flinders Petrie einige der Methoden, welche in Ägypten zur Zeit der i8. Dynastie bei deren Pler- stellung angewendet wurden, geschildert.-*) Nach den in Teil el Amarna gemachten Funden hat schon damids, um 1350 vor Chr., die Perlenerzeugung den Charakter der Massenfabrikation an- genommen. Eine Art bestand darin, daß man einen dünnen Glas- fiiden um einen Draht wickelte und an den Enden zusammen- drehte, wodurch die Perle leicht zugespitzt erschien. Durch Pressung kam eine völlig^e Kugelgestalt oder die eines flach- kugeligen, dicken Ringes zum \"orscheine. Durch Querschnitte erzeugte m^ui aus einer länglichen zwei oder mehr flache Perlen. Eine andere Art bestand darin, daß man Glasröhren auszog, mit einem scharfen Werkzeuge einkniff und dann in kleine zylindrische Stücke brach, die man durch Schliff vollendete. Solche Perlen sind an den blasigen Eängsstreifen der Masse kenntlich, während die anderen infolge der Drehung eine spiralförmige vStruktur zeigen. Es ist dieselbe Methode, die noch heute bei Erzeugung der vSchmelzperlen (Jais) befolgt wird. Jetzt werden die lang- gezogenen Gkisröhren nach dem Erk^dten mit einer Art I läcksel- maschine zerhackt und dann mit einem schwer schmelzbarem Pulver zusammengemengt, um aufs neue im Feuer erweicht zu werden. Das Puher \erhindert, dal') die einzelnen Stücke dabei zus^unmenbacken und bewirkt, daß diese bei längerem .Schnitte ihre scharfen Ränder verlieren und rundlich werden.
'1 Flinders Petrie, Teil el Amarna. Vgl. auch den Abschnitt II über Ägypten.
119
KlfMiK^ zylindrische Perlen dieser Art, zumeist aus leuchtend him- mel- oder türkisblauer Paste, mitunter auch aus schwarzer, weißer oder andersfarbiger, bildeten den gewiihnlichen Wjlksschmuck Ägyptens bis in die Kaiserzeit und darüloer hinaus. Auf Drähte und Schnüre, in mehrfachen Reihen angeordnet, wurden sie auf Brust, Hals und zu Armen getragen. Auch Mumien sind sehr reich mit Glasperlen behängt, zuweilen mit ganzen Perlennetzen übersponnen. Diese Perlen fehlen in keiner Altertumssammlung
Abb. 60. Kannen und Delphinfläschchen. Köln, Sammlung M. vom Kath.
Europas und des Orients. Wie weit sie zvirück reichen ist nicht genau festzustellen, jedenfalls gehen sie noch über die 12. Dy- nastie hinauf.
Neben den zylindrischen kommen am häufigsten die kugeligen, eirunden, flachbohnenförmigen, baluster- (rads])eichen-)förmigen und solche Kugelperlen \'or. die auf einer oder zwei Seiten ab- geflacht sind, ronnenförmige Perlen \on schw arzt'r I^arlx' sind mit einem weißen oder gelben Querbande verziert. .Vuch herzförmige und kleine viereckige Plättchen mit Augen- und Fadenmustern sind unter den Funden Petries aus (jurob u. a. <i8. Dynastie).'^)
^) Die von I'etrie in Gurob und in anderen Orten Ägyptens gesammelten Glas- und Tonperlen sind von Capart auf zahlreichen Tafeln photographisch aufgenommen. Die .Aufnahmen wurden mir von Prof. Wiedemann zum Studium überlassen. Viele Abl)ildungen von Perlen enthält Petries Werk über Teil el .Amarna.
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Dann flache Ku^else^'niente mit kürbi.siirti,i^"en Ri])])en, Zvlin- derperlen mit Querbändern und solche mit Ouerbändern und StricheUmjr, flachrunde Rosetten in Form eines Achtpasses, kreis- runde auf beiden Seiten j^ewölbte Plättchen mit scharfem Grat, tro])fenartij^ lant^g-ezoiifene Anhäng-er, die sich an einem Ende l)irnf(">rmig- verdicken und welchen an dem ^deichen Drahte eine kleine Rundperle beig'efüg"t ist u. a. Die Formen sind stets scharf und regelmäßig" ausgeprägt. Langgezogene Zylinderperlen sind oft mit dichten Ouerri])pen \-ersehen und mit Blattgold überzogen. Ms finden sich auch Kugel- und Ringperlen mit solcher Art von Vergoldung, wie mehrere im .Vntiquarium in München. Später, vom IV. Jahrhundert \or Chr. ab, kommt die solide Art der Vergol- dung mit Überfang auf — Die Anreihung \on Zylinderperlen er- folgte bei Brustgehängen u. a. oft in Netzform, wobei eine kleine Rund]ierle gleichsam den Xetzknoten angab. Manchmal findet man xon den Z\'linder])erlen fünf lüs acht dicht uf^beneinander gedrückt, etwa wie die Pfeifen einer Syrinx. Unter den Ver- zierungen sind Bänder, Sjüralfäden, einfache Augen und Augen- paare am häufigsten, dann schräge Strichelung. Auf ^d^geplatteten Kugel])erlen finden sicli oft Augen, die von einem Strichelkreise umgeben sind, sowie kürbisartige Streifung, diese auch mit Augen- schmuck \ereinigt. Ovale Perlen enthalten mitunter sechs und mehr Augen oder runde Flecken. Die birnförmigen Perlen wech- selten in den 1 lalsketttMi mit kugeligen und zylindrischen ab. Eine kleine Kugel})erle aus türkisblauem Glase, im Besitze \on Professor Wiedemann in Bonn, trägt in gravierten 1 lieroglyphen den Namen der Prinzessin Hatschepsut (Hatasu), der Schwester Tutmosis' III. , derselben, deren obsidianartige Perle sich im Briti- schen Museum befindet. Die \Viedemannsche Perle stammt aus den Petrieschen Funden \on Gurob. Die andere hat, wie bereits bemerkt, infolge ihrer tiefschwarzgrünen F^irbe bei mehreren Ge- lehrten und Kennern, w ie Froehner, Zweifel ob desMateriales erregt. Sir Augustus Franks und Makelyne vermochten die Frage, ob (ilas oder Obsidian hier benützt sei, nicht zu entscheiden, Froehner neigte zu letzterem hinzu, während Wilkinson^) für Glas ist. Das spezifische Gewicht der Perle entspricht dem des Kronglases,
1) Wilkinson, Manners and Customs I S. 53, III .S. 90.
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auch s(m^t liat dir clitMuischc riUcrsucliuny" iiachtrÜLiiirli jenen Kceht g'eg"eben, tue für (ilas (Mntfetreten sind.
Die erste der \on I'ctrir na(^h den Pfunden \ on ICH el Aniarna festijfestellten Methotlcii dci- I Icrstellung" \ on l'rrlcii wurde da- durch k()ni])h/ierl. dali man anstatt d(\s einfaclien I-'a(hMis zwei \erschiedenfarbit>"e um den l)raht wickelte, nachdem man sie selbst spiralförmig" zusamniens^-edreht hatte. Solche T)o])])elfäden waren auch als l'niranduiiL!' '1'''' Münduni^" \'on (refälleii,' .\lal)astren, Ami)horisken und Schalen sein- Ix'liebt. Aucli die so hergestellten I^erlen erhielten (hircli Walzen. Pressen und Sclmeiden \-er- schiedeiK^ For- men.Wenn man sie zusammen- drückte, bekam man Perlen \"on dicker Rins^- form . w ie sie namcMitlich für den Kxport in jj;"roßen Menj^-en hergestellt wur- den und sich unjremein häu- fit»- in den (irä-
bern des westlic^hen .Mittelmeerbeckens imd diesse-its der .\l])en finden. Diese Form zeig"t auch eine der beiden yToßen Perlen, welche ang'eblich bereits in (U'r neolithischen Niederlassung" zu Leng"yel, Komitat l'olna in Westunsjfarn , y(^funden und von einem Pester I l;ind]er für das Museimi in .Mainz er\\()rl)en wurden. Die ein(> isi in .\1)1). 24. Pitj-. 16 wi(Mlert^"e,^"eb(Mi.^) Die h'undumstände und die .\uskünfte des 1 ländlers sind leidi^r i.j"leich unzuverlässig»". Wären si(> ü])er allen /.\\«Mfel erhaben, so müliten wir die beiden l'erlen als die ältesten (ilasfunde diesseits der Alpen betrachten. Dii- eine ist aus einem fast farblosen, s^elb- lich durchscheinenden, ursprün^-lich wohl yanz durchsichtigen Faden spiralfc'irmii^" zusammeni;"edreht. in welchem im Inneren ein
.\bb. 6[. Delphintiäschchen. Knln, Sammlung Nicl.ien.
') Altertümer unserer heidnischen Vorzeit, Band V, T. Xl\', Fi>;. 214, 215.
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g-elber, opaker Faden zum \'^orscheine kommt. Die Spuren der Drehung- sind g^anz deutlich: der Faden ist durch Plintauchen eines g^elben Fiidens in farljlos- durchsichtige Glasmasse, durch sog-. Überfangen herg-estellt. Solche Masse wurde ja, wie wir wissen, schon in Teil el Amarna dadurch hergestellt, daß man den Sand durch g-epulverte Quarzkiesel ersetzte. Die andere Perle ist gleichfalls ringförmig- und aus einem opak-gelben und einem opak-dunkelbraunen Glasfaden zusammeng-edreht. Beide sind aber wahrscheinlich späteren Ursprungs; aus Vorsicht wird man sie jeden- falls von chronolog-ischen Untersuchungen ausschließen müssen. Andere Sorten von Perlen wurden nicht wie die allg-emein beliebten himmel- und türkisblauen Schmelzperlen in Zylinder- form aus Glasröhren g-eformt, iiuch nicht durch Umwickeln eines Drahtes mit dünnen Glasstäbchen, sondern aus der opak-farbig-en Paste durch iVustropfen eines erhitzten stärkeren Glasstabes erzeug-t, etwa wie man eine Sieg»-ellackstang-e aus- tropfen läßt. Dieser Tropfen wurde durch Plätten und W^dzen geformt, durch Eintreiben eines runden Metallstäbchens g-elocht und nach dem P>k£Üten auf verschiedene Art weiter bearbeitet. Auf den durch erneute Erwärmung wieder erweichten Grund wurden ^mdersf^lrbige Glasfäden als flache Bänder, Zickzack, Wellen, Adern, .Spiralen, Augen, Ringe, Buckeln aufgesetzt, durch Walzen fest eing-edrückt und dann durch .Schliff geglättet. Voll- kommene Glättung- erzielte man durch leichtes Ausschmelzen an der Flamme. Aber schon im IV. Jahrhundert vor Chr. ist außerdem bei der Auflage farbig'er Verzierungen eine vereinftichte Technik nachzuweisen, die darin besteht, daß der Glasmacher mit einem erwärmten Glasstäbchen auf dem gleichfalls erwärmten Grunde der Perle farbige Linien und Punkte aufsetzte, also gleichsam malte. Diese Verzierung- haftete erhaben auf der Oberfläche, während die andere fest eing-edrückt war und jetzt manchmal wieder ausgefallen ist, so daß in der Perle \'ertiefte Ornamente, Schrauben Windungen, konzentrische Ringe u. a. erscheinen.^)
'j Ü. Tischler, Die Aggryperlen und die Herstellung farbiger Gläser im Alter- tume. In den Schriften der physik.-ökon. Gesellschaft zu Königsberg, Band 27 (1887). Lindenschmit in den Altertümern u. h. V. Band IV, 4 u. Deutsche Altertumskunde. P. Reinecke in d. Altert, u. h. V. Band V. 3 (die beste und sorgfältigste Bearbeitung der vorrömischen Glasperlen).
12^
Diese TtThiiiktMi wurden in Alfx;in(lritMi bis in die tränkische ZtMt hinein m'eübt.
I-'orni, Wrzierun^-, Farbe und Technik der (jliis})erlen sind von (Muer schier unerschöpfhchen Mannig-faltig-keit. Ks ist noch nicht kmye hi^r, daß man die Bedeutung" dieser kleinen, zierhchen Denkmäler einer uralten Kultur in ihrem \ollen Umfiuig-e wür- digen g-elernt und sich Mühe tjeg-eben hat, Ordnung- in das, ('haos zu bringfen, es zeitlicli und stilistis(-h zu gTU])])i(^ren. Fast alle in Grabfeldern diesseits der Alpen ge- machten Funde stimmen mit solchen aus ägyptischen Gräbern überein, doch sind diese selten gleich/eitig, häufig sogar viel älteren Diitums. Einzelne Sorten scheinen speziell für den Ex- port, dem Geschmacke der Barbaren entsprechend, hergestellt worden zu sein, denn sie fehlen in Ägypten selbst fast ganz, kommen aber in Cypern, Kleinasien und Griechenland vor. Es ist in diesem Falle auch nicht unmög- lich, daß eine andere Glaswerkstatt des Orients, Sidon oder Tyrus, diesen P.xportartikel lieferte. Andererseits wurden manche Perlensorten eigens
für Ägvpten hergestellt und nur in gering-en Mengen in das östliche Mittelmeergebiet ausgeführt.
In der frühen Bronzezeit kommen (xlasjierlen l)ei uns noch nicht vor, vereinzelt nur in England und S])anien. wohin sie durch die Phönizier gekommen sein mögen. Sie sind meist zylindrisch, mit , ileichten Längsrippen versehen, von opak-stumpfblauer Masse und in der Technik mit den aus Glasröhren gezog-enen übereinstiTumend. Dagegen kann man von etwa 1500 vor Chr., \om Beginne der eigentlichen Bronze- zeit ab, in den Gräbern Mitteltniro]ias Glasperlen in fast lücken- loser Reihe verfolgen. Allen Entwicklungsstufen bis zum Ende der römischen herab ist eine weitverbreitete Klasse gemeinsam: Fiinfache Rundperlen aus hellblauem Glase. (Abb. 24, Fig. i.) Die Farbe ist aus Kupferkisur hergestellt und nicht das tiefe Ultra-
Abb. 62 Delphintlüschchen. Köln, Museum Wallraf-Ricliart/.
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marinblaii. das man in .Vi^'vj^ten seilest im mittleren und neuen Reiche, aber auch in Mykene und den ifriechischen Insehi findet: dieses scheint nicht nach dem Norden importiert worden zu sein. Dag'eg"en stimmt es mit dem Hhiu überein, das in Ag"ypten während der saitischen Periode erscheint, und l)ei uns in Arm- riniJfen der Latenejjfräber \orkomTTit.
Die Perlen, \velch(.^ von 1500 bis in die jünj^ere Ilallstadt- zeit hineinreichen, sind mit denen \'on Teil el Amarna und den s})ätmykenischen idtMitisch. I)ie einfarV)ijren sind dunkelblau oder hellt^TÜn durchsichtig", auher ihnen t^-ibt es solche, die aus opak- weißen und farbig'en Fäden zusammeng'edreht sind. (Abb. 24, Fiir. 2.) In Ag-ypten treten um diese Zeit bereits die so^. AutJ^en- ])erlen auf, einfarbige Stücke mit rimden, gelljcn flecken, in die ein dunkler, meist blauer Punkt eing'esetzt ist. Nach Skandi- navien und Ostpreußen kamen diese erst zu Ende der Bronzezeit, nach Gallien und in die Aljjenländer zu Anfang der Hallstadtzeit.
Für diese, d. h. die Jiihre um 1000 — 900 sind in Deutsch- land, wie im Mittelmeergebiete ()])ak-dunkle, fast schwarze, blaue odf^r l)raime Perlen mit gfelben uiul weißen Ringaug'en kenn- zeichniMid, die mitunter auch mehrfache konzentrische Kreise bilden. (AV)]). 24, Fig. 3. 4.) Diese sind in die (irundniiisse ein- gedrückt, alxT manchmal im Laufe der Zeit \erloren g'egang'en, so daß nur I lohlringe oder leere Schrauloengewindt^ stehen blieben. Besonders g'-rofje und reich \erzierte Stücke di(^ser Art sind in Italien und I lallstadt gefunden v^orden, auch solche aus schwarzem (jlase in Form \'on Radnarl:)en (Balustern). Durchsichtig'es Glas ist sehr selten. In Ag-v})ten imd im ganzen östlichen Mittelmeer- becken kommt diese schwarze, mit Augen xerzierte Perlenart schon \or dem Jahre 1000 \or, l:)esonders zahlreich \m Kabyren- heiligtume \on Theben und in (_)lvm]:)ia. Auch Perlen mit S])iral- einlagen tiiuchen in Ägypten schon um diese Zeit auf, finden aber erst in der jüngeren Latenezeit den W eg" zu uns nach dem Norden.
In der späteren Jiallstadtzeit, den Jahren um 700 — 600, sind bei uns, wie in Cypern, Griechenland und Italien, hellgrüne Perlen nicht selten, auf welche Zickzack- und Wellenlinien aufg-elegt sind, ganz wie auf den in Theben und Teil el Amarna gefundenen Scherben \-on (Tlasgefäßen: (Abb. 24, Fig. 5, (^): dii-
12 =
g-Ci^en tchlcii (lif Au^cnpfrlcii. I^inc neue uiul cluiraklt'ri^ti^.clu' ErscluMiiunj^ sind Kiiii^'c' aus liclls^TÜncni und lu'llblaiUMii ( rlase, d\v an Srlinürcn am 1 lalse i^-etrai^Tn wcrdiMi, obwohl sie mit- unt('r \()n d(^r dröße (Miies Armrin^ws sind. In Xordtrankrtnch, wo sie nocli in der frühen Latenezeit xorkonimen. Iiat man sie so bei I.eic-lien an Kettchen nel^Mi kleineren befestii^t j^'e- fund(Mi. Aus (h:^rsi»lben Zeit stammcMi die Tierko]ifperlen der ()stal]i(Mi, die leider noch nicht ediert sind. (le^rn JMide des \'l. Jahrhunderts tritt als I laupts^TU])]»- die der Perlen mit jjfeschichteten Aujjfen (nach Tischler; auf. Diese Aug"en bestehen aus wech- selnden La^'en \on Milchweil^ und I )inik(4- blau (Abb. 24, Fii>-. 7 — 9). die sicdi konzentrisch \'erjiin^'en, so dal) immer ein blauer l'unkt die Mitte l)ildet. Sie sind teils wie bei de- fälk'n aufi4'etro])ft. teils mit erweichten Stäb- chen aufgesetzt. Der (irund der Perle ist zumeist oranjj'e und opak, auch durchschei- nend mtM^rs^rün; seltener sind tiefblau durch- sichtit^e Stücke mit einer einzii^"en La^"e \on \Veil5 und einem blauen Auy-e. Dit^ oranye- g'elben und meerijfrünen Aug"enperlen hnden Abb. 63. Baderiäschchen sich in kug-elig-er, ringförmiger und zxlindri- mit Bronzeverschluß und scher (lestalt. oft in stattlicher Größe, überall '"^ '
in Mengen: in .\g\])ten, den Mittelmeerländern und dit^sseits der Al])en und im Norden, sehr zahlreich in ( rriechenland. ItalitMi (in den Gräbern der Certosazeit), .Südrussland, in den ])unischen Ländern Afrikas und in Sardinien. Am Xordrande der Aljien ])ilden sie bis in das \'. Jahrhundert hinein die wtMtaus xorherrschende Art. W'ahr- scheinli<-h stammt aus dieser Zeit auch die tiefblaue .\ugenperle. die in 1 iermeskeil 1 i<egierungsl)ezirk 'iVi(^r) gefunden wurde. In die späte I iallstadtjteriode gehören auch gell)e. hellbl.uie und meergrüne Perlen mit großen, weißen Scheil^tMiau t sätzen. die einen braunen, mit sieben weil^blauen Augen besetzten Ring ein- schließen: an .Stelle des braun(Mi Ringes treten manchmal braune Wcllenlinion. .Xul'x^r Ägypten hat man diese Arten ott in Xordfrankreich gefunden, während sie Ix-i un-> telilcn. Die Aug(Mi]M^rlen sind. b<^sonders die gnißeren l\\emplare uiUer ihnen.
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oft auch mit tropfenförmigen, rundlichen Knoten besetzt, teils von der Grundfarbe, teils von anderer, auch mit farblosen (Abb. 24, Flg. 9, 1 1 ). In Ägypten und in den Alittelmeerländern treten an Stelle der Knotenperlen solche mit aufgelegten Masken von Menschenköpfen in Relief mit ägyptischem Kopfputze, teil- weise von sehr detaillierter Ausführung und reicher Ausstattung, indem Augen, Nase, Lippen, Ohren, Haarlocken und Bart ,durch aufgelegte bunte Fäden gebildet werden. (Vgl. S. 93). Bei uns ist diese Perlenart, welche den außer Ägypten auch in der Mittel- meerzone häufigen Anhängern in ]\Iaskenform sehr nahe stehen, bis jetzt nur in drei Exemplaren aus römischer Zeit vertreten.^) Der Maskenschmuck an Perlen und Anhängern tritt nämlich in Ägy^pten in der saitischen Periode als Nachahmung eines Schmuckes des IL Jahrtausends auf und erhält sich dort bis in nachrömische Zeit. Geschichtete Augenperlen sind bei uns auch in der jüngeren Latenezeit, also bis weit in die Zeit Bronzeverschluß 'i^^ch Christi Geburt hinein, nicht selten. Im all- eines Badefläsch- gemeinen reichen die geschilderten Arten bis in das chens. Neapel, jy Jahrhundert vor Chr. Von da ab finden sich
Museum. . •• ,...,., a r- i i i
m Ägypten und im ostlichen Mittelmeerbecken längere Zeit hindurch Kugelperlen von regelmäßiger P'orm mit zahlreichen farbigen Punkten und Scheibchen von sehr dünnem Auftrage, daneben aber überall bis tief in die Kaiserzeit hinein dunkelblaue Perlen mit weißblauen Augen, größere Exemplare auch mit vier Reihen solcher besetzt (Abb. 24, Fig. 14). In die ältere Latenezeit gehören außer den über^dl häufigen, schlichten blauen Perlen die melonen förmig gerippten, teils durch- sichtig tiefblaue, teils solche mit eingelegten farbigen Fäden, außerdem glatte blaue, mit eingelegtem weißem Zickzack.
Der Plaupttypus der mittleren Latenezeit ist bei uns die Perle mit Spiraleinlagen (Abb. 24, Fig. 10, 12, 15), die wir in Ägypten schon vor dem Jahre 1000 angetroffen haben, oder die mit Scheiben und Buckeln, die ihrerseits mit Spiralen verziert sind (Abb. 24, Fig. 13). Form und Größe der Stücke sind ebenso verschieden, wie Zahl und Anordnung der Spiralen. Eine in Arne-
1) P. Reinecke a. a. O. Tafel XIV, 246, 247.
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bürg- (.Vltmark) g-efundene Perle hat die für \orrömisrhe Zeit seltene kubische Gestalt. I läuti^- ist dagegen der Besatz dunkel- blauen Grundes mit orangegelben Buckeln (Abb. 24, Fig. 12). Sonst sind für Grundfarben meergrün, orange, hellgrün, hellblau, für die Aufhigen o])ak\veil], s(4t(Mier gelb (schwefelgelb oder orange), oder weil) mit blau verziert, für Buckeln und Warzen orange beliebt. Zum ersten Male tritt jetzt bei Perlen, sowohl für den Körper als für den Buckelbesatz farblos-durchsichtiges Glas auf, so z. B. in dem Funde \on Dühren bei Sinsheim im Badischen. Die einc^
der daher stammen- >rf<^SÄ ^.
den Perlen ist von dicker Ringform und scharf fassettiert, 4.3 cm im äußeren, 1,3 im innerenDurchmesser, 1,3 cm hoch, wasser- hell durchsichtig und innen im Bohrloche mit einer opak-gelben F'olie bedeckt, welche durch den Glaskörper
goldig hindurchscheint. Vier andere Perlen sind aus demselben Stoffe, gleichfalls farblos, aber mit einer Ausnahme ohne Folie und außen sämtlich gerundet. Eine Perle hat gedrückte Kugel- form, ist aber nur schwach durchscheinend. In demselben Grabe und an anderen Orten^) wurden auch Armringe aus farblos -durchsichtigem Glase gefunden. Farblos- durchsichtige oder doch durchscheinende Glasperlen lieferten ferner die Gräber von Erdbach (Nassau) und im Koppswalde (Hunsrück): ganz rein ist das Gkis selten, fast imm(>r grünlich oder gelblich schattiert.-) In Ägypten und selbst diesseits der Alpen hat man Perlen aus dieser F'eriode gefundiMi. welche aus zwei eine
Abb. 64.
Prismatische Kannen aus Alexandrien. Köln, Sammlung Nießen.
*) Bonner Jahrbuch, Band 43. S. S5.
-1 .Schumacher in den .Mtertümcrn u. h. V. Band V, Heft 3, S. 75 f. mit .\bbildungen auf T. XV, Fig. 260 — 262. Ders. in den Veröffentlichungen der Karlsruher Sammlungen 1899 S. 79. Vgl. auch Revue archeologique 1855, S. 76. Ghirardini, La coUezione Baratela di Este 1888, S. 118. Brizio, Monumenti antichi 1899, S. 79.
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vSchichte Blattg'old einschließenden Hälften farblo.s-durchsichtig"en Glases bestehen und andere, die mit Blattg'old überzogfen und dann mit farlihjsem dlase ül)erüing"en waren, so daß sie wie massive (loldperlen aussehen. Nach Tischlers Untersuchungen^) kommen (Tlas])erlen mit eingfeschlossenen (Jold])lättchen in Ägfvpten schon im l\'. Jahrhundert \'or Chr. \'or und sind in römischer Zeit häufig". Auch in dänischen Gräbern wurden farblose und g-rünliche (rlasperlen g"efunden, die mit Blattg'old überzognen und mit einer durchsichtigen Schichte \'on Glas über- fangfen sind. Kine Spezialität der mittleren Latenezeit, die \ier- eckig"en Schieber aus tiefblauem Gkise, die mehrfach g"elocht sind und so zu Schnüren angfereiht werden konnten, haben mitunter Besatz von halbkug'elig'en Tropfen aus farblos-durch- sichtigfem Glase. Diese Trojjfen sitzen in breiten orangfe-farbig'en Bändern (Abb. 24, Fig-. 11). .Sonst kommen in dieser Zeit noch g-ewöhnliche blaue Perlen mit weißen Wellenhnien, vereinzelt auch tonnenförmig-e g-rüne Stücke mit hellen eingelegten Fäden vor. Da sie in Bibracte nicht zu den vSeltenheiten gehört, kann man sie bereits als eine Übergangsform zu der Spätlatene be- trachten.
Als die Hauptform dieser Periode ist diesseits der Alpen mit Ausnahme von Xorddeutschkmd die Ringperle zu be- trachten (x\bb. 24, Fig. 16). Sie kommt in verschiedenen Größen und T'arl:)en \or, auch farblos-durchsichtig, mit einem Stiche ins grünliche, gelbhche oder besonders häufig ins bläulich-grüne, oft aus Fladen von verschiedener F'arbe zusammengedreht, wie die Ringperlen aus Hahnheim (bei (J])])enheim), Heidesheim (bei Bingen), Neunmorg^en (bei Nierstein,).") Die früher erwähnten, angeblich aus einer neohthischen Nekropole herrührenden Ring- perlen des Mainzer Museums stimmen in der Technik und \^er- zierungsweise so sehr mit diesen überein, daß man Grund h^it, sie gleichfalls erst in die Spätlatene zu versetzen. Oft ist bei farblosen Stücken, wie bei den Armringen, auf der Innenseite im P)ohrloche eine opak -gelbe Folie aufgelegt, mitunter ein gelber Faden eingelegi-t und mit farblos- durchsichtig-em Glase
^1 Vortrag Tischlers bei der Anthropologen-Versammlung in Breslau 1884. ■-) .Abgebildet in Altertümer u. h. V. Kd. V, T. XIV. Fig. 217. 219, 221
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überfanüfen : es komnuMi auch Rii\^"e \-or, die in der ATasse von andersfarbig'en Streiten und Flecken durchsetzt sind. Wir stoßen hier also bereits auf dit^ Anfänt^e des Uberfang-- und des Mosaikg-lases, welche zu Beginn der Kaiserzeit eine so g"roße Rolle spielten und den Kunststil des Glases für lang^e hinaus bestimmten. In den Farben tritt jetzt eine viel j^TÖßere Mannigfidtig^keit als früher auf. Be- sonders beliebt bleibt aber Dunkelblau mit milch- weißer Bänderung", durclisichtig"e Bernsteinfarbe, opakes Schwarz mit g-elben und weißen Einlagen u. a. So kommen die schönen gestreiften, gebänderten, mit eimnn grobmaschigen Xetze versehenen und die marmorierten Perlen zust^mde, die in keinem der späteren Latenefunde fehlen. Es erproben sich in ihnen im kleinen die abwechslungsreichen Tech- niken, welche die alexandrischen Werkstätten in der Blütezeit der Glasindustrie zu den kostbai-sten Prachtleistungen befähigten, die aber in Agvpten selbst und in den klassischen Gebieten nur selten auf Perlen angewendet wurden. Derartige Perlen waren für den Export nach den Barbarenländern bestimmt und blieben bloß vereinzelt in der Heimat und deren Nachbarländern. Daneben erhielt sich diesseits der Alpen auch der Geschmack für die Spiralverzierung, für Buckelung, geschichtete Augen, für eingelegte mehrfarbige Streifen. F"äden und Ringaugen, sowie natürlich für einfache bkiue und grüne Kugelperlen.
In der Kaiserz ei t wurden zahllos(^ neue Typen auf den Markt geworfcMi. Einen prächtigen Schmuck ergab die Übertragung des Farnkniut' musters auf größere Perlen (Abb. 25, Fig. 7, 9). \erzierung erfuhr eine reiche Ausbildung (Abb. 25, Fig. 2, 4, i 2 — 17). Die Anreihung zu Halsketten erfolgte außer den gewöhnlichen .Vrten auch dadurch, daß die Perlen zu beiden Enden eine rosettenförmige Bronzefassung t^rhielten, an welcher Ösen an- sitzen, mit welchen die einzelnen Glieder aneinander gehenkt wurden. Im Münchener Antiquarium befindet sich eine Schmuck-
Kisa, Das Glas im Altertume. n
Abb. 65.
Merkurllasche.
Köln, Sammig.
M. vom Rath.
und Die
l-eder- Faden-
I30
kette aus runden, kürbisartig gerippten Perlen von hellbkiu-durch- sichtigem Glase mit weißen Querbändern, alexandrinische Arbeit aus der Kaiserzeit. Die Perlen sind mit derartigen Fassungen von vergoldeter Bronze aneinander gereiht. (Abb. 25, Fig. 2.)
Fäden wurden nicht nur eingelegt, sondern auch plastisch aufgelegt. Am häufigsten findet man dicke Zickzack- und Wellen fäden in weiß und gelb auf schwarz; daneben glatte Bänder, Wellen- und Zickzacklinien, spiralförmige oder netzförmige Um- wickelungen, aufgetropfte und aufgemalte. Aber auch das Über- fang- und Mosaikglas wurde in verstärktem Maße in der Perlen- industrie verwendet. Das Mosaikglas mit seinem unregel- mäßigen Marmor- und Fleckenmuster, das Band- und Petinet- glas ergaben eine unübersehbare Fülle von Varianten. Zu den bisherigen Formen, den kugeligen, plattrunden, ei-, linsen- und radnarbenförmigen, den tropfenartigen, zylindrischen, würfelartigen, vier- und mehrkantigen Prismen traten einfache und Doppelkegel, Stutzkegel, Würfel mit abgestutzten Ecken u. V. a. Die Millefioritechnik, die im VIII. Abschnitte geschildert werden wird, eröffnete neue glänzende Verzierungsarten. Man hatte gelernt durch ein rhythmisches Anreihen von verschieden- farbigen dünnen Glasstäben, konzentrisches Überfangen der ein- zelnen Stäbe und Stabbündel, spiralförmiges Aufrollen ^•on ver- schiedenfarbigen Glasschichten eine buntfarbig gemusterte Masse zu erzeugen, aus welcher sich Perlen in beliebiger Form schneiden ließen, namentlich wenn die Masse vorher durch Erhitzung er- weicht worden war. Solche Perlen zeigen bis zu dem auf gleiche Weise wie früher durchgestoßenen Bohrloche in ihrem ganzen Kerne dieselbe Musterung (Abb. 25, Fig. 2,3,10). Schon der ununter- brochene Verlauf des Musters auf der Außenseite beweist, daß sie nicht aus einzelnen übereinander gelagerten Plättchen zu- sammengesetzt sind. Solche Auflagen kommen allerdings gleich- falls sehr oft vor. Die Plättchen, welche man durch Quer- oder Schrägschnitte (bei Bandmustern auch durch Längsschnitte) aus den stangenförmigen vStabbündeln des Mosaik- und Millefioriglases gewonnen hatte, wurden in erhitztem, halb weichem Zustande zu- sammengerollt (Abb. 25, Fig. 5, 6) und so Perlen gebildet, oder mit anderen Mustern auf größere einfarbige Perlen aufgelegt. Solche mit Millefiori-, vSchachbrett-, Marmor- und anderen Platt-
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cheu bekleidete Perlen treten zuerst in der Zeit der flavischen Kaiser auf. ^) In einem norwegischen Grabe fand man eine g'roße Kug-elperle von lasurblauer Grundfarbe, die durch rote Längs- und Querstreifen in rhombische Felder geteilt ist: diese sind ab- wechselnd mit schwarzgelben Schachbrettmustern aus feinem Mosaikglase und einem aus konzentrischen Ringen und seestern- artigen Strahlen zusammengesetzten Rosettenmuster in gelb und rot belegt (Abb. 25, Fig. 8). Ähnlich ist eine bei Lüste- bahr in Pommern gefundene große Rundperle aus- gestattet. Sie lag mit Perlen aus Bernstein und Edel- steinen zu einer Kette vereint am Halse eines Gerippes (Abb. 25, Fig. 5). Auch sie ist auf lasurblauem Grunde durch rote Bänder in rhombische Felder geteilt, in welchen aber mit Schachbrettmustern in gelb und dunkelbraun vier ägyptische Frauen- masken abwechseln.") Die roten Bänder sind in der seit jeher üblichen Weise durch Auf- lage von Glasfäden hergestellt, die dann ein- gewalzt wurden, die Schachbrettmuster und Masken aus Mosaikbündeln in Plättchen aus- geschnitten und in erweichtem Zustande an die Rundung angedrückt. Eine andere Masken- perle wurde erst \'or kurzem für das Mün- chener Antiquarium im Kunsthandel erworben. Sie stammt angeblich aus Kleinasien, hat leicht gedrückte Kugelform und besteht aus orangegelber Gkispaste, welche in der ]\Iitte
\-on einem schwarzen Bande umringt ist. In dieses sind \ier w eiße Frauenmasken von zierlicher Zeichnung und durchaus griechischem Typus eingelegt; die Umrisse und inneren Linien, wie Augen, Nase, Mund, Haar, sind schwarz (Abb. 25, Fig\ 6). Ohne jeden Zweifel ist auch die in (Muinn fränkischen Grabe zu Wieuward in llollaiid gefundene Glasperle ägyptischen Ursprunges. Sie zeigt auf einem breiten blauen Ouerbande fünf ägyptische Frauen- masken. ^) Die in Agyjjten selbst uralten Maskenperlen (s. vS. 93f.)
Abb. 66. Merkurtlaschen. Köln, Sammlung Nießen.
^) Abgebildet in den Altertümern u. h. V. P>d. V, T. XI\'., Fig. 242 — 244. ^) Sophus Müller a. a. O. II, Abbildung 51. ^) Bonner Jahrbuch 43 S. 85.
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haben also erst in der Kaiserzeit unter Anwendung" neuer Tech- niken den Weg" nach dem Norden g"efunden.
Mit Plättchen aus Stabbündeln von Millefiori sind auch jene zierlichen Perlenmuster herg"estellt, welche wie in feinster Miniatur- malerei feines Blattwerk darstellen. Im Münchener Antiquarium ist eine äg"yptische Perle aus farblos durchscheinendem Glase in Tönnchenform, deren Muster aus einer hellblauen, opakweiß um- säumten Blume besteht (Abb. 25, Fig". i). Noch feiner ist eine Kug"elperle der vSammlung" des Professors Freiherrn v. Bissing" in München, opakschwarz mit einem Blattmuster in orange und weiß-roter Aderung", das sich viermal wiederholt (Abb. 25, Fig". 3).
Als Fundorte antiker Perlen nennt Minutoli Ifferten in der Schweiz, das alte Castrum Fbrodunense, dann die Gräber Ost- preußens Storchedinge in Seeland, die Inseln Bornholm und Jüt- land.-^) In seiner Sammlung" befanden sich Perlen aus diesen Orten neben zahlreichen italischen Fundstücken. Fr nennt ferner den Ober- und Niederrhein, wo sie in A'erbindung" mit geschliffenen Karneolen und Kieselsteinen vorkämen, Dornburg in Thüringen, Weimar, Jena, Potsdam, dann in England .Seccara bei Ruther- gleen u. a. O. — West hält die antiken (ilasperlen für die Ova anguina, die Schlangeneier des Plinius, deren sich die Druiden bedienten. In Schottland nennt man sie Adder Stones d. h. Natternsteine, hält sie £dso wie die Aschantis für Fier von Reptilien.
Neben den so gemusterten Perlen kommen in der ganzen Kaiserzeit bis tief in die fränkische Periode hinein Perlen aus türkisbkmer, durch Verwitterung" oft g"rünlich, manchmal selbst kreidig weiß gewordener Glaspaste in Kürbisform mit scharfen Längsrippen vor (Abb. 25, Fig". 11), welche sich von denen der älteren Latenezeit durch Farbe, Undurchsichtigkeit und Mangel jeder Dekoration unterscheiden. Noch häufiger als Glas ist freilich zur Herstellung solcher Schmuckperlen das glasierte Stein- zeug verwendet. Sie und andere spätere Sorten finden sich aber in fränkischen und alemannischen Grabstätten noch häufiger als in römischen.
^) Minutoli, Über die Anfertigung und Nutzanwendung der farbigen Gläser bei den Alten, Berlin 18^6. S. 12.
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Tischler unterscheidet zeitlich zwischen den ]\[illefiori- Perlen mit Blumen-, Rosetten- und Schachbrettmustern, welche durch Zusammenrollen eines Mos£iikplättchens entstanden sind und jenen, bei welchen ein einfarbig"er Kern durch Aufi^i^e von solchen Plättchen dekoriert ist. Er datiert jene aus dem I. Jahr- hundert nach Chr.. diese aus dem III. und IV. Auch die mit Mille- tioriplättchen g-eschmückten Emailfibeln und andere emiiillierte Metallarbeiten g-ehören nach seiner Ansicht in die spätere Zeit. Lindenschmit, der sich dem antiken Ursprünge der Millefioriperlen gegenüber skeptisch verhält und zu- gleich auch die meisten gläsernen iVrmringe für venezianische Arbeiten späterer Zeit erklären möchte, weist alle Glasperlen mit Mosaikschmuck der fränkisch- alemannischen Periode, dem V. und VI. Jahrhundert zu und lälk nur die blauen und türki^farbigen Kürbis- perlen als antik gelten. Dem widersprechen jedoch sicher datierte Funde aus rheinischen Gräbern, sowie Reste von Werkstätten in Bibracte, in Worms, Xan- ten u. a., welche für den Bestand einer Emailindustrie in Gallien und am Rhein schon in den ersten Jahr- zehnten unserer Zeitrechnung Zeugnis ablegen. Wir müssen darnach annehmen, daß nicht nur schon in dieser Zeit Metallschmuck durch Millefioriplättchen seine Emailverzierung erhielt, sondern daß dieses Mittelfiori, wenn nicht diesseits der Alpen hergestellt, so doch aus importierten gläsernen Stabbündeln aus- geschnitten wurde. Es ist nicht einzusehen weshalb man dann nicht auch Perlen in gleicher Weise ver- zierte, ja Tischler gibt sogar zu, daß diese Technik der Perlen- dekoration als die leichtere der X'erzierung von Metallschmuck durch Abschnitte von Millefiori vorausging. Wir müssen daher auch den so geschmückten Perlen ein höheres Alter, den Anfang des I. Jiihrhunderts einräumen. Freilich treten die Millefioriperlen zu jeder Zeit an Zahl weit gegen die einfarbigen, mit aufgelegten Glasfäden oder mit erweichten Glasstiften bemalten Perlensorten zurück. In fränkischen Gräbern finden wir sie überhaupt nur noch selten, während die Perlen der letztgenannten Art neben den Kürbisperlen massenh£ift vorkommen, was hier gegen Lindenschmit
Abb. 67.
Amphoriske
aus farblosem
Glase. Neapel,
Museum.
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festgestellt werden muß. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die von den vStürmen der Völkerw^mderung unberührten Industrie- bezirke des Römerreiches, namentlich Alexandrien, auch damals das Abendland mit Glasperlen in den früheren Formen ver- sorgten. Die meisten stammen aber aus der Kaiserzeit und kamen, abgesehen von den zahlreichen in Gallien, nament- lich in der jetzigen Provinz Namur, angefertigten Perlen in die germanischen Gebiete, teils auf dem Wege des Handels, teils mit anderen farbigen Gläsern, die von den Barbaren als Kost- barkeiten betrachtet und den edlen Metallen gleich gehalten wurden, als Kriegsbeute. »Sicher ist, daß Franken, Alemannen und die anderen germanischen Stämme, welche mit den antiken Völkern in Berührung kamen, keinen vSchmuck höher schätzten, als den aus römischen Gräbern geraubten.
Von den bisher geschilderten antiken Perlensorten durchaus verschieden sind die in Afrika, Amerika und den australischen Inseln verbreiteten Aggry-Perlen, welche venezianischen Ur- sprungs sind. Der Engländer William 1 lutton sagt in der Be- schreibung einer Reise im Inneren Afrikas,^) daß die Aggrykörner bei den Aschantis, welche sie in einigen Gegenden aus dem Boden grüben, sehr geschätzt seien. Sie hätten bei ihnen doppelten Goldwert; sie seien verschiedenfarbig, einige gleich Mosaikglas, andere hätten geometrisches Blumenmuster von großer Fein- heit. Auch im Reisewerke der Brüder Leandre') werden Aggry- körner erwähnt. Schon Minutoli bezweifelt, daß alle diese Perlen ägyptischen oder antiken Ursprunges seien und glaubt, daß auch neuere venezianische und böhmische nach Afrika gedrungen seien.'')
Auch in Amerika und auf den australischen Inseln sind Aggryperlen neben Augenperlen zu finden, welche natürlich gleich- falls nicht antiken Ursprunges, sondern wahrscheinlich venezianische Nachbildungen sind. Der Hauptunterschied zwischen den Aggry- perlen und den ägyptischen besteht darin, daß bei letzteren die Streifen und Fäden nur aufgelegt sind, während sie bei jenen durch die Masse hindurchgehen. Zuerst hat Augustus Franks*)
1) Minutoli S. 23.
") ibd. S. 21.
3) J. Murray 1832, I S. 180.
*) A. Franks, Kensington-Museum S. 37 f
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Venedig als die Heimat der Ag-gryperlen vermutet, Tischler hierauf diese W-rmutung- bestätigt. ^) Nach dessen Untersuchungen bestehen sie zumeist uns sieben konzentrischen Schichten, bei welchen eine farbige immer mit einer 0])ak-\veißen alnvechselt. Nur die zweite und \ierte Innenschicht sind farblos durch- sichtig mit einem Stich ins drünliche. Die farbigen Schichten sind opak-rot, von durchsichtigem dunklen Kobaltblau, selten blau- grün. Die äußeren Ränder der Schichten erscheinen im Quer- schnitte gefurcht mit Ausnahme der innersten Schichte, die stets g-latt bleibt. Die 1 lerstellung ging so vor sich : Eine Glasröhre wurde
Abb. 68. Gruppe von Kugelrläschchea und Balsamarien. Köln, Sammlung M. vom Ralh.
mit opakem Weiß überfangen, durch Pressen in einer gerippten Form gefurcht und dann mit einer anderen Farbe überfangen. Dies geschah wahrscheinlich nicht durch Eintauchen, sondern in- dem man den noch warmen Glasstab über eine Glasplatte rollte und diese aufwickelte, denn in den Furchen finden sich manchmal noch leere, nicht mit Glas gefüllte Hohlräume. Jedesmal nach dem Umlegen einer weißen Schichte wurde der Stab wieder ge])r(^ßt und gerippt: dann wurde er außen gerinidet und in kleine Stücke zerschnitten. Die so entstandenen kleinen Zylinder wurdtMi fast immer an beidtMi IükIcmi zu sechsseitigen Pvramiden abgeschliffen, die auf einem zylindrischen Mittelstücke aufsitzen. (Abb. 32.) Auf diesem schimmert durch den Überfang die ge- rippte Schichte hindurch, während auf den S])itzen die innere
^) O. Tischler, Über Aggryperlen und über die Herstellung farbiger Gläser im -Altcrtume. Schriften der physik.-ökon. Gesellschaft in Königsberg, 27. Jahrg. (1887).
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Struktur durch den Schliff bloßg-eleg"t ist und in verschiedenartigen Randstreifen, Zickzack- und Sternmustern zum Vorscheine kommt. Die Größe schwankt zwischen 9 bis 25 mm Länge und 8 bis 22 mm Durchmesser. Nach dem Schliffe wurden die Perlen oberflächlich geschmolzen, sowie die modernen venezianischen Glasperlen, damit die Kanten etwas abgerundet würden. Vari- anten erzielte man dadurch, daß man in die Furchen dünne farbige Stäbchen einlegte, welche an den vSchlifflächen der Pyra- miden £ds farbige Punkte erscheinen. Manche Perlen sind nicht abgeschmolzen, an anderen farbige Stäbchen auch in den äußeren Mantel eingedrückt und dann durch Abschleifen ausgeglichen. Solche Perlen sind fast über die ganze Erde \-erbreitet und auch häufig in den Museen ohne nähere Angabe der Fundumstände zu sehen. Auch in Deutschland sind sie nicht selten und da manchmal antiken Perlen zugesellt. Ganz besonders z^dilreich sind sie aber an der Guineaküste in Afrika \-erbreitet, wo mtm sie Aggrykörner nennt. .Sie stammen aus idten Gräbern \'on Eingeborenen und werden von den Negern, welche sie für die Eier gewisser Zauberschlangen halten, weit über Gold geschätzt. In der Anreihung einzelner Glasstäbchen folgen sie dem antiken Prinzipe der Millefiori- und Mosaikgläser, enthalten aber ein neues Element in dem durch Pressung hergestellten, gerippten Überfange, so daß man sie durchaus nicht als bloße Nachbildungen bezeichnen kann. Venedig nahm daneben aber auch schon im XIII. Jahrhundert die Nachbildung aller anderen antiken Perlen- arten auf, zuerst angeblicli durch Christoforo Rriani und Domenico Miotti. Die großen buntfarbigen Sorten nach antiken Mustern, margherite, später conterie genannt, bildeten von da an einen bedeutenden Ausfuhrartikel, dessen jetzt noch vorhandene Reste nicht selten zu Verwechselungen mit antiken Perlen Anlaß geben, zumal anfangs die Technik die gleiche war. Im Anfang'e des XVI. Jahrhunderts erfand aber Andrea Vidaore in Murano die Kunst, Perlen in beliebigen Formen an der Flamme der Glasbläserlampe zu erzeugen, sowohl massive wie solche aus Rühren von Glas, die hohl blieben. Diese dienten zur Nach- ahmung natürlicher Perlen, indem man die billigeren Sorten mit Wachs, Marcasit oder verschiedenen Farbstoffen füllte, die feineren mit sog. Perlenessenz, die man aus Schuppen von Weißfischen
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in dünner Leimlösun^" hcrstt^llte. Man bezeichnete danach solche I'erlen als Fisch])erl(Mi. Xeuerer Zeit werden Perlen in Phantasie- fonnen, (ilaskorallen. Troj^fen, Lustersteine usw. dadurch herj^'e- st(^llt. daß man farbi_i,»"e (ilasstäbe an der Lampe erweicht und mit der Zan^'e von ihnen Stücke abzwickt. Schmelzperlen, den kleinen z)-lindrischen Perlen aus azur- oder türkisblauer Paste in Ägypten ähnlich, werden jetzt meist aus schwarzen Glasröhrchen i»'ezog"en. (ianz älmlich ist die besonders in Mu- rano schwunghaft betriebene Industrie der Stick])erlen, für die man faden- (iünnt^ Röhrchen auf i 20 — i 50 m Läni^'e ausdehnt. Auch sie werden g"estückt, zerhackt und die Bruchkanten durch vSchmelzen abgerundet. Xach venezia- nischem Vorbilde entwickelte sich vom XVI. Jahrhundert ab die noch heute blühende Glasperlenfabrik^ltion Böh- mens (Gablonz, Trautenau) und als Ab- leger von ihr die der sogenannten „Pateln" im Fichtelgebirge (Steinach, Bischofsgrün, Eberndorf, Warmen- steinach). Es sind massive Glasperlen, die dadurch hergestellt werden, daß der Arbeiter die scharfe Spitze eines dünnen Eisenstäbchens in Tonschlicker taucht, diesen im Ofen trocknet und dann in flüssige (ilasmasse senkt. Das anhaftende Glas formt er durch Drehen,
erneutes Anwärmen, Rollen zu einer rimden Perle und läßt diese, während er an (Muem anderen Stäbchen die zweite formt, erkalten und erstarren. \\'(^gen des Tonschlickers läßt sie sich leicht abstreifen; vorher kann sie noch mit farbigen Fäden ver- ziert, nachher eckig zugeschliffen oder poliert werden. Dieses Verfahren ist ein uraltes: wir haben (\s bereits in Teil el Amarna bei der Formung von Gefäßen aus ( rlasmasse kennen gelernt. .\u(~h in Thüringen werden jetzt (ilasperlen, vorwi(\gend Schmelz- und Stickperlen, erzeugt. Dit^ zahlreichen FTmde römischer Glas- perlen in rheinischen Gräbern \eranlaiken gleichzeitig mit der
Abb. 69. .-^skos aus Glas. Neapel, Museum.
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Berufung venezianischer Glaskünstler auch in Köhi während der letzten kurfürstlichen Periode ihre Nachahmung; man stellte Perlen nach antiken Mustern aus opaken farbigen Pasten her und verzierte sie mit aufgesetzten Reifen und Zickzackbändern. Im Museum Wallraf-Richartz und in Kölner Privatsammlungen befinden sich zahlreiche Stücke dieser Art
Mit den Schmuckperlen kamen aus den Werkstätten Ägyp- tens auch gläserne Ringe nach dem Westen. Schon in der späteren Hallstadtzeit tauchen solche aus hellgrünem und hell- blauem Glase auf, die aus Rundstäben zusammengebogen sind, so daß die Vereinigungsstelle durch eine leichte Verknotung deutlich erkennbar bleibt. Sie haben in der Regel 2^-2 bis 3 cm Durchmesser und wurden in größerer Zahl, auch mit anderen An- hängern vereint, mit Schnüren am Ihüse getragen. Manchmal erreichen selbst solche Anhänger die Größe eines Armringes, namentlich in Gräbern der frühen Latenezeit Nordfrankreichs sind sie wiederholt aufgefunden worden. Aus der späten Ilall- stadtperiode stammen die beiden Ringe von Mergelstetten (Württemberg), der eine aus hellblauem, der andere aus hell- IJfrünem Glase. ^) Besonders häufig kommen Glasringe in Frauen- g"räbern der Latenezeit v^or und gehen durch die ganze römische Periode hindurch, in der sie zum Teile kunstvoll ausgestattet werden. Einfache Exemplare kennt man aus den Funden \'on Dühren bei Sinsheim in Baden, Matrai in Tyrol, Affoltern im Kanton Zürich und von anderen Orten der Schweiz, aus Norddeutschland, England, Italien u. a. Der Grabfund von Dühren") enthält einen bandförmigen (leicht ^ibgeflachten) Armring aus wasserhellem Glase, der außen mit mehreren Längswulsten profiliert ist; auf der Innenseite ist dem Mittelwulste entsprechend eine gelbe Folie aufgelegt. Der äußere Durchmesser des Ringes beträgt 9 cm, der innere 7, 8, die Höhe 2 cm. Ein anderer hat runden Querschnitt und keine farbige Folie. Häufig ist an Stelle dieser ein farbiger Faden eingelassen und mit durchsichtigem Glase überfangen. Bei glatten Armringen ist in römischer Zeit der runde Querschnitt üblich, dagegen bleibt die breite Bandform
*) Minutoli a. a. O. S. 25.
2) Abgebildet in d. A. u. h. V. Bd. V. T. XIV. Fig. 220.
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bei farbit^-cn und reicher profilierten Exemj^ilaren. Im Antiqua- riuni zu Alünchen befindet sich ein schöner Glasrini^' \on etwa 3 cm Durchmesser, außen ^t,'-erundet, innen abgeflacht, hchtblau irisierend und mit opaken weißen Flecken besetzt. Von hervor- ragender Schönheit sind die zahlreichen Bruchstücke von Arm- bändern, die Daressy in dem Grabe des Maherpra aus der Zeit Amenophis II. (um 1500 vor Chr.) fand. Es sind Reifen derselben Form, außen gerundet, innen flach, von dunkel- oder hellblauer Grundfarbe, verziert mit einem dichten Zickzack oder Wellen- linien aus farbig aufgelegten Fäden, einige auch mit feinen llorizontalstreifen. Ein Bruchstück ist \on S])iralfäden in weiß und blau ein- gefaßt und mit eingedrückten rauten- förmigen Besatzstücken \'erziert, welche einen hellen oder dunklen Kern von dunklen oder hellen Bändern umgeben zeigen.^) Ein Armring in der Brera zu
Mailand, der bei Magenta gefunden
1 • , 1 11 1 •. -i-iT-i Al)b. 70. Becher mit durch-
wurde, ist opak-azurblau und mit W ul- '
1-1 brochenem Ringkragen.
sten, Hohlkehlen und Reuen gegliedert; ,. ,,
^ " Ronen, Museum.
der Alittelwulst ist durch schräge Riefen
einem gewundenen Tau nachgebildet. Im \'atikan befinden sich zwei Armringe aus schwarzem Glase, das neben kisurblau und dunkelviolett die Lieblingsfarbe für Armringe ist. Schwarz ist auch dasbeiFroehner vS.49 abgebildete Exemplar. Andere sind inlJnden- schmits Altertumskunde, in den „Altertümern unserer heidnischen Vorzeit" und im Kataloge der Sammlung M. vom Rath repro- duziert.") Häufig ist die Gliederung flachrunder Stücke durch starke Querrippen, wie bei einem Exemplare im Museum von Namur, die Verzierung durch aufgelegte weiße und gelbe lUinder und ZickzacklinicMi, sowie bis in die späteste Zeit die rmwickelung mit einem S]Mralfaden'') oder zwei gekreuzten
*) \'gl, Daressy, fouilles de la vallee des rois I. Tombes de Maherpra et Amenophis II. T. XLV. No. 24834 — 24843. (Katalog des Museums von Kairo.)
-) Vgl. Note 2. .\bbildungen von Glasringen auch in A. u. h. \'. II, Heft 9, T. III. Fig. 3, 10.
^) Plinius 36, 48. Kisa, die antiken Gläser der Sammlung M. vom Rath. T. III Fig. 26.
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Fäden. In der frühen Kaiserzeit findet man auch in die Masse eing-eschlossene vSpiralfäden, ferner Armringe aus marmoriertem und gebändertem Glase.
Als „Schmuck armer Leute" wurden in der Kaiserzeit wie \or Alters in Ägypten (Teil el Amarna) als Schmuck reicher Leute gläserne Fingerringe getragen, ein wohlfeiler Ersatz für Edel- metall, geschnittenen Bernstein und Alabaster. Die Art ihrer Herstellung beschreibt Theophilus-^) folgendermaßen: „Nimm Asche, vSalz, gepulvertes Kupfer und Blei. Dann wähle die Farben für das Glas und brenne sie. Nimm einen spannlangen Holzstab von Fingerdicke. Dieser hat eine lange eiserne Spitze und im Drittel seiner Länge eine runde Scheibe iiufgesteckt. Alit der vSpitze nimm etwas Glas aus dem Ofen und stecke dann die Spitze in einen Holzklotz (oder ähnliches) so ein, daß das Glas auf den Holzstab aufgeschoben wird. Dann drehe ihn schnell, damit die Rundung vollkommen werde." Ähnlich haben wir uns auch die Herstellung der gläsernen Armringe zu denken, nur wurde hierbei ein Glasband von entsprechender .Stärke um einen dicken Holzpflock gelegt und dieser gedreht. So erklärt sich die Abplattung der Ringe an der Innenseite und die Bildung des mittleren Wulstes an der Außenseite als natürliche Einwirkung der Zentrifugalkraft, die dann mit Absicht weiter ausgestaltet wurde. Viele von den Fingerringen erhielten außen ^m einer Stelle eine ovale Ab|)lattung. einem Ringstein entsprechend, manche wurden durch Reifen und Wülste gegliedert, indem man während des Drehens ein Plättchen mit entsprechenden Aus- schnitten dagegenhielt, andere erscheinen tauförmig gewunden und mitunter überdies auf eine glatte Unterlage aufgesetzt. Fadenverzierung aller Art wurde auch hier angewendet. So schließt ein Fingerring aus ambragelbem durchsichtigem Glase im Museum von Xamur einen weißen Spiralfaden ein, während an die Stelle der Abplattung eine runde vSiegelgemme aus Glas tritt, die für sich gearbeitet und dem Reif angefügt ist. Auf die Fabrikation gläserner Ringsteine in Nachahmung von Edelsteinen mit erhabenen und vertieften Figuren (Cameen und Gemmen) und anderer Besatzstücke, welche besonders von der Ptolemäer-
') Theophilus a. a. O. Cap. XXXI.
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zeit ab eine j^Toße Rolle spielt, werden wir bei anch^rer Geleg'en- heit zurückkommen. Nach IMinius^) wurden die falschen Rinnsteine, die annularia, aus einer Masse in Formen g^epreßt, welche aus g"epulvertem Gkise und Kreide jjfemischt war. Sie finden sich im ü^anzen Gebiete der alten Welt, in West(m wie im Osten und in Italien. Mehrere stammen aus Athen und Cypern, den g"rößten antiken Glasrintr besaß Castellani in Rom. Auch Siegel aus farbig'em Glase waren in (-rebrauch; im Inventare des Ileka- tom])edos werden solche mit Goldfassunt,"" aufsj^eführt. ')
Neben Perlen und Rinj^en aus Glas werden in äg"ypti sehen Gräbern, im jj'anzen Mittelmeer- becken und diesseits der Alpen von der mittleren L^ltenezeit ab auch kleine runde Plättchen aus Glas gefunden. Sie sind opak-weiß, schwarz, dunkelblau, dunkelgrün, gelb, auch durch- sichtig oder durchscheinend lichtblau, gelblich, grünlichblau und wasserhell. Neben den ganz flachen kommen auch solche in
erhöhter Halbkugelform vor, die aber ebenso wie jene durch Auf- tropfen von Glasmasse auf den Marmor oder eine andere Platte hergestellt und oft durch eingepreßte Rosettenmuster verziert sind. Der Grabfund von Dühren in Baden enthielt siebzehn knopfartige Stücke der hochgerundeten Form \-on etwa i cm Höhe. Davon bestanden sechs aus dunkelblauem, leicht durchscheinendem Glase, zwei aus wasserhellem, fünf aus oi)akschwarzem. Da sie auf der Unterseite flach sind und weder eine Durchbohrung, noch eine andere Einrichtung zur Befestigung zeigen, sind es weder Knöpfe noch Besatzstücke, sondern wie die völlig flachen Exemplare Spiel- steine. Dies geht mit Sicherheit aus d(Mn Vergleiche mit einem Kölner Funde d(M- späteren Kaiser/.eit h(^r\or. d(^r sich im dortigen
Abb.
•I. GefäU in Form eines Korbes. Köln, Sammlung Nießen.
^) Plinius 37, 21 — 23. 26.
*) Boeckh, Staatshaushalt II S. 263. Über die Herstellung gläserner Ringsteine s. Rollet, Glyptik in Buchers Gesch. der techn. Künste I, 274 f.
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Museum befindet und .Steine derselben Form, jedoch aus Bein g-eschnitzt enthält, von welchen die eine Hälfte weiß g^eblieben ist, die andere Spuren von roter Farbe zeig't. Neben ihnen lag in den Resten eines hölzernen Kästchens mit bronzenem Beschläge und Henkel ein Becher mit zwei Würfeln, gleichfalls aus Bein. Auch in gidlischen Gräbern Italiens wurden derartige Sj^iele, teilweise mit Würfeln, aufgedeckt.'^) Ähnliche .Steine dienten den Ägyptern bei ihren Damenspielen und den Römern beim ludus latruncu- lorum, doch waren die latrunculi zumeist flach. Andere gläserne .Spielsteine, die calculi, erwähnt Ovid, Amores 2, 207 und Mar- tial 7, 72 und 8 beim sogenannten Diebesspiele."') Nach Plinius verfertigte man aus farbigem Glase auch .Schachbrettfiguren, die man abaculi nannte. Petronius erzählt, daß am Ende des Fest- mahls des Trimalchio ein junger .Sklave ein .Spielbrett aus Tere- bintenholz mit Würfeln aus Krystall gebracht habe. '')
Herodot sah, wie erwähnt, in Ägypten heilige Krokodile, deren Stirn mit großen bunten Glaskugeln geschmückt war. Man glaubt solche Kugeln in Atribis im Delta wiedergefunden zu haben. Derselben Art sind die Glaskugeln, die Minutoli be- schreibt und zum Teile abbildet, darunter eine aus Veji; sie bestehen aus buntem Millefioriglase mit verschiedenen Mosaik- mustern. Neben diesen kunstreichen .Stücken gibt es aber auch einfachere, wie die große Glasperle der .Sammlung des Freiherrn von Bissing in München, die in Ägypten von einem Händler erworben wurde. (Abb. 31) .Sie hat eine an beiden Polen abgeplattete schlanke und unregelmäßig gekantete Kugelform von 4 cm Dm., ist mit freier Hand aus dunkelblauer opaker Paste geformt und gegen die Enden zu mit einem siegelroten breiten Zickzackbande verziert, das weiß eingefaßt und wie bei kleineren Perlen aufgelegt und eingewalzt ist. Der Teil ober und unter den Bändern, wo das
*) Schumacher in A. und h. V. Bd. V. S. 75 f. Brizio, Tombe e necro- poli galliche della provinzia di Bologna S. 19. Ders. Monumenti antichi IX (1899) S. 682, 942 (Montefortino).
') Ovid rät einem Liebhaber im Diebesspiele seine Steine durch die seiner Dame nehmen zu lassen.
„Sive latrocinii sub imagine calculus ibit Fac pereat vitreo miles ab hoste tuo." Bei Lucian heißt es: ,,Callidiore modo tabulae varietur apertae calculus et vitreo peraguntur milite bella".
*) ,,Sequeliatur puer cum tabula tercbinthiaetcrystallinistesseris'Satyriconcap. 27).
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Bohrloch zum X^orscheiiic kommt, ist hchtgrün. Man bemerkt an ihm zui^leicli kUnnere Ik)hrlöcher, die \on einer sternförmig'en Metallfassuniif herrühren. Diese war mit einer runden Ose ver- sehen, mit welcher die Perle entweder kettenartig mit anderen Perlen \ereint oder an ein anderes Zierstück angehängt werden konnte, wie bei der S. 130 erwähnten Schmuckkette des Münchener Antiquiiriums. In den größeren Exemplaren, die in Etrurien und an anderen Orten Italiens, in Agvjiten, Griechenland, namentlich im Kabyrenheiligtume von Theben in Temjielruinen zum Vorscheine gekommen sind. \'ermutet man Weihegaben an Gott- heiten. Einige können wie noch heute im Oriente zum Schmucke \'on Szeptern und anderen Stäben gedient haben.*) Sesostris besaß nach Boudet ein Szepter aus Glas, das Smarag'd nachahmte.') Massi\"e Krvstahbälle wurden von römischen Damen an heißen Tagen zum Kühlen der Hände benutzt. Properz be- richtet ausdrücklich von solchem Luxus.'') Andere dienten Jong- leurs und selbst vornehmen Privatpersonen zu einem kunstreichen Spiele, das besonders in Iladrians Zeit Mode war. Der Großvater Marc Aureis soll darin besonders gewandt gewesen sein.*) Solche Kugeln waren wohl massiv und nicht mit den Ilohlkugeln unserer Museen (Trier, Köln, Mainz, Wiesbaden) identisch, welche sehr dünn geblasen, einfarbig und immer gelocht sind. Bei den Exemplaren des IToubenschen Antiquariums in Xanten glaubte man im Innern Reste von AVasser und Parfüms, auch von Schminke entdecken zu können. Darnach dicMiten sie vielleicht zum Aussprühen \-on
Alil). 72. Trinkgefaß
mit Widderkopf. Terrakotta. Attisch.
*) Minutoli a. a. O. S. 40.
*) Gerspach a. a. O.
") ,,Crystalloque portant candidiorc manu". Cynthia verlangt von T'roperz, daß er ihr einen Fächer aus Pfauenfedern und Bälle zum Kühlen der Hände sende. Et modo pavonis caudae flabella superbae Et manibus dura frigur habere pila (Eleg. II 24).
■•) Froehner a. a. O. S. 102 f. Das nolanische Vasenbild, das Deville T. 69 als Beleg für das Spiel mit gläsernen Bällen beibringt, ist freilich nicht beweiskräftig, denn es könnten hier ebensogut Wollknäuel gemeint sein. Zum Kühlen der Hände dürfte man aber auch Marmorkugeln benützt haben. Vgl. Dütschke, Bonner Jahrb. 60, S. 141, Bocttigcr, Kleine Schriften 111, S. 351. Deville gibt S. 59 eine der
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wohlriechenden Essenzen und als Behälter von flüssijj;"er Schminke. ^) Hübsche Exemplare solcher sogenannter Schminkkugeln, aus farblosem und farbigem Glase, gewöhnlich mit einer aufgemalten weißen Spirale verziert, befinden sich im Provinzialmuseum zu Trier. Sie sind mit Ausgußröhrchen \'on etwa 2 mm Durch- messer versehen. In rheinischen Gräbern des I. Jahrhunderts kommen sie nicht selten vor.
Sehr häufig sind Haarnadeln aus farbigem Glase mit verzierten Köpfen, besonders in Gräbern der Kaiserzeit, ciuch Ohrgehänge und Anhänger anderer Art. Gewandnadeln, die bekannten Fibulae, erhielten schon in sehr frühen Zeiten Glasschmuck. Die ältesten Stücke dieser Art sind die Glas- bügel altitalischer Fibeln des VII. vorchristlichen Jahrhunderts, die in Oberitalien und in den Ostalpen gefunden wurden,") opake farbige Pasten mit spiralförmigen Windungen, welche \'on ver- witterten und ausgefidlenen Glasfäden herrühren. Im Anti- quarium zu München befinden sich zwei Kahnfibeln, die außen gerundet, innen leicht abgeflacht und von einem Bronzedraht durchzogen sind, der an beiden Enden herausragt. Sie bestehen aus schwarzer opaker Glaspaste, die mit dicht angereihten gelben Zickzackbändern durchquert ist. (Abb. 23). Auch Ein- sätze aus geschnittenen Glasflüssen haben sich erhalten, so ein rübenförmiges Zierstück aus türkisblauem Glase an einer Fibel des Hallstädter Fundes.
Inschriften (Irubers wieder, in welcher ein L'rsus Togatus als Erfinder der vitreae pilae bezeichnet wird : ,,Ursus Togatus vitrea qui primus pila lusi decenter, laudante populo maximis clamoribus, thermis Traiani, thermis Agrippae et Titi multum et Neronis, ego sum. Convenite, pilicrepi, statuamque amici floribus ornate. Profundite nigrum falernum; canite voci concordi senem pilicrepum, scholasticum, qui vixit omnes ante- cessores suos sensi decore atque arte subtilissima. Nunc sum victus ipse, fateor, nee semel, sed saepius, ter consule Vero patrono." Der in dieser scherzhaften Inschrift genannte Ursus Togatus ist nach Deville Niemand anderer als L. Verus selbst. Quinc- tilian schreibt dazu: ,,Miracula illa in scenis pilariorium ut ea quae emiscrint ultro venire in manus credas et cjua iubentur excurrere llib. II cap. 12.)
^) Denkmäler aus Castra Vetera und Colonia Traiana in Houbens Antiquarium zu Xanten, herausgeg. von Houben und Fiedler, Xanten 1839, S. 40. Deville, T. 80. Bonner Jahrbuch III 193 ibid. LX. 141. — Die chemische Untersuchung einer Trierer Schminkkugel ergab als Inhalt allerdings nichts als eingedrungenen Lehm, keine Spur von Fett oder ( )1. Vgl. Ilettner, Illustr. Führer d. d. Provinzialmuseum in Trier, S. 107, No. 743, 744. Abb. S. 107, Xo. 4, 8.
-) Reinecke a. a. O. .^ , ; ,
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Eine viel gTÖßere Rolle spielt jedoch bei der Dekoration der Gewandnadelii und anderer kleiner Metallarbeiten die ver- wandte Technik des Kmails. Ohne auf diesen selbständij^en Kunstzweig" näher einzuziehen , möchte ich in foli^-endeni einit^'e Mt)niente seiner Entw ickelunirstreschichte her\'orheb(Mi, die mit der des Glases näher zusammenhänj^en.
Das französische Wort (Miiail kommt \om mittelalterlich- lateinischen smaltum, (\smaltum. italienisch smalto, deutsch Smalte, Schmalt(\ Schmelz.^) Smaltum wird zurückg"eführt auf das ahd. smelziin, das ursprünq-lich auf das Schmelzen von Gold und Silber, dann auf Glasfluß sich bezieht. ( Tei>"enwärtijT bezeichnet man mit Ismail i. Den Glasfluß, die durch Metalloxydegefärbte, leicht flüssige Gkismasse. 2. Die Schmelz- malerei, d. h. die verschiedenen Arten, mit Glasfluß Metall zu deko- rieren (aber nicht die Dekoration von Ton und Glas mit -Schmelz- fiirben). 3. Metallplatten, Gefäße,
(jeräte usw., die mit Schmelzmalerei x'erziert sind. Der Glasfluß, zu welchem man der leichteren .Schmelzbarkeit weg'en bleihaltiges Glas zu verwenden pflegt, kann durchsichtig oder undurchsichtig sein. Letzteres v,'ird er durch Zusatz ungeschmolzener Stofl^e, wie Knochenasche und Zinnoxvd. Man stellt F^mail aus (xlas her, das man in einem Mörser aus Achat mit wenig \\\isser zer- stößt und zu Pul\(^r Z(M-reibt, wobei das sich trübeiKh- Wasser von Zeit zu Zcnt durch klares ersetzt werden muß. Einige Tropfen Salpetersäure ziehen die Unr(Mnlichkeit an sich, die schließlich noch durch Wasser fortgescliwcmmt wird. Die zurückbU'ibende feuchte Schmelzmasse wird mit einer Spatel oder iMUtMii Pinsel auf die blank geputzte Metallfläche aufgetragen und im Ofen angeschmolzen, der von allen .Seiten gleichmäßige 1 litze gewährt. Das Erkalten muß allmählich xor sich gt'hen. weil der (ilasflut]
.\bb. 73. Tonlampen. Mannheim, Antiquarium.
^) Bücher, Geschichte der technischen Künste s. F.mail Kisa, Das Gl.is im Akertiime.
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sonst leicht Risse bekommt. Theophilus j^^ibt in seiner Schedula^) ein Rezept zur Herstellung von Email auf Gold (Electra in auro), das auch wegen der darin erwähnten Sorten antiker Gläser ^'on Interesse ist:
„Inveniuntur in antiquis aedificiis paganorum in musivo opere diversa genera \itri, videlicet album, nigrum, viride, croceum saphireum, rubicundum, puri)ureum, et non est perspicuum, sed densum in modum marmoris, et sunt quasi kipilli quadri, ex quibus fiunt electra in auro, argento et cupro, de quibus in suo loco sufficienter dicemus. Inveniuntur etiam \'ascula diversa eorundem colorum, quae colligunt Franci in hoc opere peritissimi, et saphi- reum quidem fundunt in furnis suis, addentes ei modicum vitri clari et cdbi, et faciunt tabulas saphiri pretiosas ac satis utiles in fenestris. Faciunt etiam et purpura et \'iridi similiter."
Die Nachrichten alter Schriftsteller über das Email sind unsicher. Die \on Labarte, w Cohausen u. a. ausgesprochene Vermutung, daß das Wort Electron, welches Theophilus ohne Zweifel für Email gebraucht, auch bei liomer und anderen klassischen Autoren diese Bedeutung gehabt habe, ist un- begründet; es gibt keinen Ausdruck, den wir in der an- tiken Literatur mit Sicherheit auf das Email beziehen könnten, wohl ein Beweis dafür, daß es nicht in großer Übung war. Doch ergeben Funde immerhin, daß man es sehr wohl kannte. Aus deren Reihe sind freilich die angeblichen ägyptischen Emailarbeiten älterer Zeit auszuscheiden. Der Schmuck der Königin Aah-hotep aus Theben im Museum von Kairo, welchen !Mariette und Froehner^) als prachtvolle Cloisonnearbeit mit goldenen Figuren auf blauem Grunde beschreiben (Abb. 27), die Hasche mit dem Namen des Ameno- phis III. und seiner Gattin Taja, ■'^) der Brustschmuck Rhamses' II. aus den Grabstätten des Ajiis, "'j (x\bb. 26) die \^ase Setis L,
») Theophilus, Schedula IIl 53.
■^) Mariette, parc egyptienne 1897, S. 137. Froehner a. a. O. S. 10. Neuerdings veröfl'entlicht in dem l'rachtwerke \'on F. W. von Bissing über den Theba- nischen Grabfund T. V.
■') MarieUe a. a. O. S. 82.
') Mariette, description des fouilles executees cn Egypte 1. pl. 26.
H7
das Täfelchen des Smendes aus -San^) und andere ältere äg"yp- tische Schmucksachen haben kein Em^iil in unserem Sinne, sondern soj^»-. kaltes, nicht im Feuer aut)>-eschmolzenes Iimail. Maspero nennt im Guide du xisiteur au Musee de Caire 1902 S. 433 die Einkige am Armbande der Atihotep (Achhotep, Abb. 28) „pate de verre de la couleur du feldspath". Leserin, der die Schmucksachen für de Morj^ifan-) beschreibt, erklärt die graue (niclit blaue) Masse als „emeraude d'Eg}^pte." Dagegen glaubt Miirc Rosenberg,'') daß hier eine Mischung von gestoßenem, aber nicht gepulvertem Glase mit einem Binde- mittel, vielleicht mit Ton, \orliege. Das Material ist wohl etwas härter, als sonst an ägyptischen Schmuck- sachen vorkommende Einlagen aus gefirnißtem Ton. Einlagen jener Art stellt Rosenberg auch an dem Brust- schmucke der Aah'hotep fest, von welchem Maspero in seinem Guide S. 432 sagt: „Les figures sont dessi- nees par des cloisons d'or, dans lequelles on a fixe des plaquettes de pierres dures, cornaline, turquoise, lapis, päte imitant le feldspath vert; chaque couleur est separee de celle cjui l'avoisine par un filet d'or brillant." Die Goldschmiedearbeit dieser Stücke entspricht ganz jener der Zellenemails, weshalb man die aus farbig'en Edel- steinen, farbiger Kittmasse und gefirnißtem Ton auf kaltem Wege hergestellten Einlagen für Email gehalten hat. Die Sammlung" von Bissing enthält einige lehrreiche Proben dieser ^ütägyptischen Einlegearbeit: Einen wundervollen kleinen vSperber, dessen goldene Zellen mit schwarzem Kitt gefüllt sind, ein größeres Exemplar mit leeren Zellen, die früher wahrscheinlich geschnittene Stücke
Abb. 74. Becher aus Glas in
Form eines Nachens. Mailand, Museum Poldi Pezzoli.
') Mariette, description des fouilles executees en Egypte I. S. 19S und von dems. Musee de Boulaq S. 169.
^) de Morgan, fouilles ä Dahchour, Mars-Juin 1894, S. 64 Xo 2.
") Marc Kosenberg, Ägyptische Einlagen in Gold und Silber. 1906. S. 8. Abbildung 16-18. Der Brustschmuck Ramses III. unter Fig. 20.
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farbigen Glases, Edelsteines und Kittes enthielten, das Stück eines flachen Armbandes, das mit Stücken von blauem und grünem Glase sowie von türkisblauer Kittmasse gefüllt ist u. a. Bei Blümner ^) findet sich die richtige Angabe, daß die älteren ägyptischen Goldarbeiten durch Gold- und Silberplättchen zu- sammengefügte Schmelzstücke aufweisen, also eine Art Zellen- email, das sich aber von dem späteren dadurch unterscheide, daß die vSchmelzfarben nicht im Feuer aufgeschmolzen seien. Semper dagegen glaubt an älteren ägyptischen Arbeiten im Britischen Museum Grubenschmelz konstatieren zu können,-') wie auch Virchow auf einer Bronze von Koban, die über das Jahr looo v. Chr. hinaufreicht, wirklichen Grubenschmelz gefunden haben will.'') Auch in diesen Fällen dürfte es sich um kaltes Email handeln, bei welchem allerdings Glas \er- wendet wurde.
Dagegen hat sich später unter dem Einflüsse der griechischen Kunst in der Ptolemäerzeit wirkliches Email auch in Ägypten entwickelt. Der berühmte Schmuck einer äthio- pischen Königin aus Meroe im Antiquarium von München, zu welchem einige von demselben Finder Forlini erworbene vStücke des Berliner Museums gehören, zeigt vortrefflichen Gruben- schmelz. ^) Er wurde in einem großen Bronzegefäße entdeckt, das sorgfältig- in der Pyramide der nubischen Königin einge- mauert w£ir, und enthält Fingerringe mit emailherten Platten, Köpfen des Osiris oder von Tieren, dem Utahauge u. a., Hals- ketten mit rundlich gekerbten Perlen aus vergoldetem Glase, Scarabäen mit in Email eingesetzten Augen, zwei prächtige Paare von Armbändern und daneben bronzene Ilenkelbüchsen von rein hellenistischem Gepräge. Die Armbänder sind flache breite Reifen von Gold, durch Stege in schmälere Streifen geteilt, welche ein sehr feines und reiches Muster von Rauten, konzentrischen Ring-en, Schuppen u. a., in der Mitte kleine quadratische Felder mit Büsten auf blauem Emailgrunde zeig-en. Auch die anderen
^) Blümner, Technologie der Griechen und Römer S. 407 f. -) Semper, der Stil II S. 452-
^) Virchow, Vortrag bei der Anthropologenversammlung in I^reslau 1884. ■*) Christ und Lauth, das Münchener Antiquarium 1870, S. 34. Christ, Führer d. d. k. Antiquarium 1901, S. 40.
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Muster sind mit GrubtMischnicl/ .gefüllt, hv\ dcni cintMi, etwas schmäleren Paare von Annl)ändern nur in lichtblau und kobalt- blau, bei dem anderen, \-iel breiteren, auch in smar^ij^dirrün und rot (einem stumpfen Ockerrot). Ersteres hat an den vSchließen Götterfiguren mit Sperbern auf dem llelm untl \ier wundervoll emaillierten netzartig-en Flügeln. Diese späten Stücke, die letzten Ausläufer altägvptischen Geschmackes, voll fremder Einflüsse in Ornament und Technik, sind nach Rosenberg- in erster Linie die unschuldige Ursache zu der Annahme ge- wesen, daß die alten Ägypter das Email gekannt haben. In dieser Allgemeinheit ist die Be- hau])tung aber falsch und hat zu dem Irrtume geführt, auch in den ^dten PLinlegearbeiten .Schmelzwerk zu erkennen. \^on der Ptole- mäerzeit an sind solche aber in Ägypten zweifellos vorhanden. Auch die Armbänder mit Email, die Deville abbildet und in die i8. Dynastie versetzt,-^) stellen sich in .Stil und Technik als Arbeiten dar, die etwa gleichzeitig mit dem Schmucke von Meroe sind.
Den Griechen war das Email nicht un- bekamit, wenn es auch nur selten geübt worden zu sein scheint, ebenso den Römern. Aus den gelegentlichen Mitteilungen der Schrift- steller ist für uns nicht viel positives zu holen. Vielleicht kann man bei der Be- schreibung des Zeus von Olympia, des chrysoelephimtinen Wunderwerkes des Phidiiis durch Pausanias"), im Email denken. Ob bei der .Schilderung eines Goldschmuck(\s mit schwarzen Einlagen durch Tleliodor'') dit^selbe Technik anzunehmen ist. bleibt zweifelhaft, da die P)eschreibung ebenso gut auf geschnittene Steine oder Kitti)lättchen passen könnte. .ApoUo- nius von Tyana in Kappadozien, der Xeuplatoniker und Zeit- genosse Christi, sah in Indien Bilder, die in Gold, .Silber und
Abb. 75. Handspiegel.
Regensburg, Antiqua-
rium.
1) Deville a. a. (>. T. 109. *) Pausanias, Periegesis 5, II. ') Heliodor Roman Aeth. 111 4.
ISO
anderen Metallen auf Kupferplatten aufg-eschmolzen gewesen sein sollen, vielleicht metallische vSchmelzarbeiten. Aber grie- chisches Email hat sich, was das entscheidende ist, tatsächlich erhalten. Im Münchener Antiquarium befindet sich ein goldener Totenkranz aus einem unteritalischen Grabe, angeblich \'omIV.Jiihr- hundert vor Chr., mit Staubfäden der Blumen (Astern, Narzissen. Myrthen) in blauem PImail. ■") Das Berliner Antiquarium besitzt eine Schmuckkette aus ovalen Goldplatten, dazwischen kleinere Glieder aus Golddraht, welche ein herzförmiges Einsatzstück aus azurblauem Schmelz umschließen. Die ovalen Glieder enthalten
reiches Ornament aus aufgeleg- tem Goldfiligran, das mit türkis- blauem und smaragdgrünem Zellenschmelze gefüllt ist, und in
Abb. 76. Glocke und Trichter aus Glas. Rom und Neapel.
der Mitte einen Rubin. Technik und Stil entsprechen guten Ar- beiten aus alexandrinischer Zeit. Erst spät, in der Mitte des IX. Jahrhunderts nach Chr. wird in der Literatur unzweifelhaft von Email gesprochen. Flavius Phi- lostratus der Jüngere, ein Rhetor aus dem Gelehrtengefolge der Julia Domna, erzählt in seinen „Imagines", die von dem gleich- namigen Werke seines Oheims, eines in Rom lebenden .Sophisten avis Lemnos, zu unterscheiden sind, von dem bunten Metallzierrat der auf einem Gemälde dargestellten Pferde und fügt hinzu: „Man sagt, daß die Barbaren am Ozean diese Farben dem glüh- enden Erze aufgießen, sodaß diese fest zusammenhängen, steinhart werden und die Zeichnung bewahren.""^) Da Philostratus diese Nachricht von einem A^erwandten erhalten haben dürfte, welcher als Offizier im britanischen Heere gedient hatte, sind mit den Barbaren am Ozean wohl die Kelten der französischen und britischen Küste gemeint. Labarte ■^) glaubt daraus schließen zu
1) Christ, Führer S. 39.
^) Nach Westermann, Philostratorum et Callistrati opera, Paris 1849 lautet die Stelle: ,,Aiunt hos colores candenti aeri incoquere oceani accolas barbaros, illosque coire et indurcscere et quae picta sunt servare."
^) Labarte, histoire des arts industriels tom. III S. 50 f.
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kcinnni. dal) in Kom l-",mail zur Zeit des Septiniius Severus über- hau])t unbekannt g^ewesen sei, während Darcel\) annimmt, dal) Philostratus nur über die neue Art des P'^mails sein Erstaunen ausgedrückt habe, (He in den Arlieiten der Kelten zum Unter- schiede \on (hMi kkissischen auftrete. Der Unterschied ])esteht nämhch (ku-in. ckil) in dtMi Barbarenemails die Farben dicht an- einander stellen ohne zu verlaufen und ohne durch jMetallstege jj-etrennt zu sein, wie bei dem bisln^r b(M)bacliteten ägyjiti- schen und griechischen Stücken. Es ist aber doch zweifelhaft, ob Philostratus oder sein Gewährsmann ein so feines Kennerauge be- saßen; er spricht ja ganz allgemein \()n farbiger X'erzierung an Metall- gegenständen. Wahr- scheinlich war ihm solche aus Rom und den klas- sischen Ländern über- haupt wegen ihrer vSel- tenheit unbekannt ge- blieben.
In den keltischen Gebieten, besonders in Gallien, Britannien und am Rheine sind dagegen Emailarbeiten aus römischer Zeit sehr häufig. Labarte nimmt als Ausgangsgebiet der Industrie^ den Teil Galliens zwischen Seine und (jaronne, also Aqui- tanien, an, während die Engländer nach der großen Zahl der bei ihniMi gemachten Funde die Ehre der Erfindung für ihre \'orfahren in Ansi)riuii nehmen möchten. Darunter ist eine 1 lydria und ein zugehöriger 0])ferteller (praefericulum), eine Art Kessel aus Bronze hervorzuheben, der in Bartlow gefunden wurde und im Britischen Museum verwahrt wird."^) Reich mit Gruben-
Abb. 7 7.
Gruppe von GlasgefiiLkn. Rom und Neapel.
1) Dareel, notice des emaux, l'aris 1867.
-) Abgebildet bei Labarte, Album T. 100. Text III 50 f. Das Stück ist nicht verloren gegangen, wie er meint, sondern befändet sich im Britischen Museum. Vgl.
schmelz verzierte 1 lydrien sind auch sonst in Eng'hind und in Frankreich zum Vorschein gekommen/) Hierzu paßt eine rechteckige vSchüssel aus getriebenem Goldblech mit kleinen blatt- und rautenförmigen Emails, freilich erst späterer Zeit, etwa dem VI. Jahrhundert angehörig, aus Gourdon, Dep. Haute-Saone, jetzt in der Nationalbibliothek in Paris"), das Gefäß aus dem Torfmoore von Maltbock in Dänemark im Museum von Kopen- liagen'^) und die berühmte Schöpfkelle von Pyrmont.^) Kleine Metallvasen mit Hmailschmuck sind auch in einem Römergrabe zu (riadbach, mehrere in Köln gefunden worden/*) Besonders häufig tritt das Email in Westeuropa, in Gallien, am Rhein und in der .Schweiz an kleineren Schmucksachen, wie Fibeln, Schnallen, S})angen, Beschlägen auf, doch gibt es daneben auch größere, wie das Bronzegefäß in Gestalt eines Hahnes in Worms, ein Räuchergefäß in Köln u. a. Sehr reich an Schmelzwerken ist das Paulus-Museum in Worms. In Blerik (Blariacum bei Venloo) wurde 1864 u. a. eine Bronzestatuette der Ceres von vortrefflicher Arbeit gefunden, die auf dem Gewände weiß und blau emailliert ist.") Am reichsten und manigf altigsten entwickelt sich das Email am Rhein jedoch als .Schmuck von Fibeln, wobei sich die zierlich komponierten und sorgfältig ausgeführten Muster den verschiedenen , oft phantastischen Grundformen
E. aus'm Weerth, Der Grabfund von Wald- Algesheim , Bonner Winckelmanns- programm 1870, S. 2 3 f.
*) Schon der Graf Caylus veröffentlichte solche in den Recueils des antiquites II T. 91, V T. loi, VI T. 83.
^) Semper a. a. O. II 24.
'') Memoires de la Sociele royale des antiquaircs du Nord 1868.
*) Bonner Jahrbuch Bd. 38, T. I, Text S. 47. E. aus'm Weerth a. a. O. S. 23 f- Labarte wollte die Pyrmonter Kelle aus der Reihe der antiken Denkmäler ausschließen und dem XI. Jahrh. zuweisen, ebenso v. Olfers. Ch. de Linas hielt die ,, merkwürdige Schale eher für persische Arbeit". Dagegen traten Lindenschmit, Otte, E. aus'm Weerth entschieden für gallische Herkunft ein und jetzt sind die Sachver- ständigen über diese einig.
'') Einige zierliche Vasen und Räuchergefäße in Bronze mit Grubenschmelz be- finden sich im Museum Wallraff-Richartz, die schönsten rheinischen Funde dieser Art im Paulus-Museum in Worms. Vgl. Weckerling, Paulus-Museum; dann auch Rein im Bonner Jahrbucli, Bd. 51. (Miszellen.)
*•) Jetzt in einer Privatsammlung zu \'alkenberg. Vgl. Gaedechens, Das Me- dusenhaupt von Blariacum. Bonner Winckelmannsprogramm 1874, S. 6-
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geschickt an])assen. ') In Px^rtrich an der Mosel ist eine Reihe von solchen mit einem Großerze Traians und einem Mittel- erze der Diva Faustina (g-est. 141 n. Chr.) gefunden worden.. Darunter befinden sich: Eine runde Scheibenfibula von 40 mm Durchmesser, in der Mitte auf rotem J-jnailgrunde ein quadrat- isches Feld mit weiß-l^lauem Schachbrett- muster; dann Emailfibeln nfit Münzen des Iladrian und Antoninus Pius, eine runde Scheibenfibel mit zweifarbij^em (iruben- schmelze. Bei ihr w ie bei einem im Bon- ner Jahrbuche Bd. SO, T. W 13 abg-ebil- deten l^xemplare ähnlicher Art ist der R^lnd mit Kreisboiren verziert, deren Gru- ben mit hellrotem und g-rünem Schmelze g'efüllt sind, während zwei innere Zonen radiäre Streifen in rot und j^rün zeig"en; in der Mitte steht ein flacher Knopf mit einem rot-grünen Auge. Eine andere Scheiben- fibel ist mit vierfarbigem Grubenschmelze verziert: das Muster zeigt konzentrische Ringe, von welchen der äußere blau und weiß gewürfelt ist, während die beiden inneren r^idiäre Streifen in rot, grün, weiß und blau enthalten: der vortretende Knopf (Nabel) hat ein blau -weißes Auge. Rad- förmige Fibeln mit Schmelzverzierung kamen in der tönernen Urne eines Brand- grabes bei Gutenburg (unweit Hermeskeil) Jiuii 1S93 im X'ereine mit \'erbrannten Knochen zum Vorschein. Die ziemlich zerstörten Muster zeigen die l-arben blau, grün."') Sehr viele Bronzefibeln mit (irubenschmelz fand man in der Gegend von Namur und in Bibr£icte, dem gallischen Pompeii. Manche gallische .Schmucksachen sind mit Einlagen von Koral-
Abb. 78. Zierriasche mit
Muschclbesatz. Köln, Sammlung M. vom Kath.
gelb, weil), rot und
^) Bonner Jahrb. 87, 44 f.
-) Korrcspondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst )5, 67.
154
len verziert, wahrscheinlich waren auch die späteren Vogelkopf- hbehi häufig- mit solchen besetzt. Man suchte die Koralle offenbar bei anderen Stücken dvirch Email nachzuahmen, da das Korallenrot darin besonders beliebt ist. ')
Cohausen und Lindenschmit'j haben diese Arbeiten ids kel- tische erkannt. Ersterer meint, daß die Technik beim Eindringen der Römer verloren gegangen und erst im IL Jahrhundert wieder aufgenommen worden sei. Der vStil dieser Arbeiten unterscheidet sich wesenthch von dem der griechischen Emails. Das Ornament wird meist in geometrischen Mustern, die sich leicht auf der Dreh- bank oder mit dem Zentrumsbohrer ausführen oder durch Punzen einschlagen lassen, zur mehrfarbigen Dekoration kleinerer Bron- zen, wie Knöpfen. Eil:)eln, Anhängern, Parfümdöschen, kleinen Zierplättchen, benutzt. Es wird ausschließlich Grubenschmelz an- gewendet. Cohausen weist nach, daß die vSchmelzfarben keine anderen als die der Glaspasten in römischen Mosaikgläsern sind. Die Arten der Dekoration sind verschieden, je nachdem ob ver- schiedene Farbstoffe miteinander verbunden oder (rlasplättchen mit der Schmelzmasse zusammengeschmolzen wurden. Während vielfach jede Grube für sich eine einzige Farbe erhielt, sind in anderen verschiedene F^irben ohne metallene Zwischenstege neben- einander angfebr^icht; in einer dritten vSorte sind zugeschnittene vStücke von farbigem Glas in Form von Plättchen, Perlen, Ring'en, ganze Plättchen von Millefiori oder Mosaikglas kalt in eine far- bige Schmelzmasse eingelegt. (Vgl. die Abb. 29, 30}.
Semper glaubt, daß diese Art von Email eine den Kelten und Iberern eigene Industrie war. die sie nicht erst von den Römern zu lernen brauchten, die vielmehr bei ihnen urein- heimisch war"^). Nach E. aus'm AVeerth stehen die keltischen Arbeiten einer erhärteten bunten Kittmasse näher als den leuch-
') Vgl. Tischlers Vortrag bei der Anthropologen- Versammlung in Breslau 1884.
-) Die kleine aber sorgfältige Arbeit v. Cohausens über die Technik der gallisch- römischen Emails ist unter dem Titel , .Römischer Schmelzschmuck" in den Annalen des nassauischen Altertumsvereines XII erschienen. Ihr sind mit Erlaubnis des \'ereins die im Texte unter Abb. 29 und 30 wiedergegebenen Fibeln mit Schmelz- sckrauck entnommen. \'gl. auch Lindenschmit in d. A. u. h. \'. Band 1 Heft 2 T. 3, Band II Heft i Beilage l, Band II Heft 3 Beilage.
^) Semper a. a. O. II 185.
tcndcn. sj^py-cls^lattcn Arl)eiten Non Byzanz und den späteren rht'inis(-lien Emails. I^r initerscheidet ^leichzeitii^ i. die l"'assunj.>' \()n tafelförmiiif zug'eschnittenen, meist roten Plättchen \'on Edel- stein oder Glas (Verroterie), 2. Email und 3. Kittfüllunjjf. Die beiden letzteren Arten seien oft schwer zu unterscheiden, was dar^luf schließen ließe, daß eine aus der anderen hervorg-insj-. Die älteste Technik dürfte die Einlay-e \on Plättchen sein (bestätii,'"t \on Rosenberg" und Darcel in Ay-ypten), die durch römische \'(^rmittelun,s4" zu den Franken kam und im X. Jahrhundert die grölke Blüte erreichte (Eg-bertschrein in Trier). Daß das Email aus dem (Jrient an den Rhein gelangte, will man durch ^mgeblich ägyptische Funde und eine neuerdings in dt^r Pfalz entdeckte goldene Schnalle des III. Jahrhunderts mit sassanidischer Inschrift im Museum von Wiesbaden beweisen. In Rom sind Emails vor dem III. Jahrhundert nicht nachweisbar,^) dagegen wurde in den Katakomben \-on St. Agnese eine Fibula mit Kittfüllung aufgefunden. Ernst aus'm Weerth g-laubt, daß die nordische Art des F^maillierens bei den Römern zuerst die Nachahmung" in bun- tem Kitt hervorgerufen habe, wie er sich an F'ibeln und Zierscheiben aus römischen An- siedelung-en 'so häufig" finde und daß dies zur WeiterauNV)il(luiig des r(')mi^ch<'n Ismails führte. Daß diese .Vnschauung irrig ist, brauche ich n£ich dem, was v. Cohausen über den grallisch-römischen Schmelzschmuck festg"estellt hat, nicht von neuem zu erweisen. Aber woher die Kenntnis des F2mails nach dem Norden kam. ist tatsächlich bisher tioch nicht festgestellt. Am meisten hat die X'frniutung" für sich, daß in der älteren Hallstadtperiode mit AVaffen, Riemen- und Pferdeschmuck, (iewandnadeln und anderen ]\Ietallarbeiten aus Etrurien auch solche kamen, die mit g"ravierten Zeichnung; en versehen sind, in welche man eine lackrote Paste
Abb. 79. Zierflasche
mit Muschelbesatz.
Trier, Museum.
*) St. de Laborde, notices des emaux. DarccI a. a. O. Ch. de Linas, orfevreries merovingiennes 1864.
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eingfekissen hat. O. Tischler hat für diese Technik den Namen Furchenschmelz eingeführt^). Gleichzeitig sind Verzierungen von opakweißer, schwarzer und lackroter Paste in Streifen und ring- förmigen Vertiefungen auf Bronzefibeln. Viele haben durch (Jxydation der Bronze, durch Verwitterung und Feuchtigkeit gelitten, P^arbe und Glanz \-erloren und ein kreidiges, poröses Aussehen angenommen. Untersuchungen haben ergeben, daß es sich auch hier um kaltes Email handle, das aus gepulvertem farbigem Glase mit einem Zusiitz von Kreide o. dgl. hergestellt ist, ähnlich wie gewisse ägyptische Einlagen, die römischen Ring- steine und türkisblauen Schmuckperlen in Kürbisform. Der Zusatz von Kreide ist unter dem Mikroskope intakter Schmelz- flächen dieser Art noch heutt^ kenntlich. Viele Ringsteine und Schmuckperlen der Kaiserzeit sind infolge chemischer Zersetzung in demselben entfärbten, gkmzlosen, porös -kreidigen Zustande auf uns gekommen. Von dieser Art der Verwitterung sind jedoch Metallarbeiten der jüngeren Latenezeit zu trennen, bei welchen jetzt nur der Grund der vertieften Ornamentfelder von einer weißen Kittmasse ausgefüllt erscheint. Sie bildete die Unter- lage für farbigen Schmelz sowohl wie für zugeschnittene Stücke farbiger Glaspaste, die später verloren gegangen sind. Gerade diese Art, ein Vorläufer der fränkisch -alemannischen Verroterie, ist manchmal mit dem Einsätze von Korallen und runden, knopf- artigen Glaspasten verbunden. Sie wurde bis in den Anfang unserer Zeitrechnung hinein geübt. Während sich die italischen Völker mit Ausnahme der Etrusker, die sie von den Ägyptern über- nommen haben dürften, für diese vSchmuckform nicht empfäng- lich zeigten, bürgerte sie sich bei den Kelten vor der Berührung" mit den Römern ein. Die gallischen Emailarbeiten der Latene- zeit, namentlich die Funde von Bibracte im lugdunensischen Gallien, repräsentieren den Kunststil Mitteleuropas, der unab- hängig von dem griechisch-römischen der Mittelmeerländer vorwiegend ein geometrischer und koloristischer ist. Seine
^) O. Tischler, Kurzer Abriß der Geschichte des Emails. Sitzungsberichte der Königsberger Gesellschaft 1886 und dessen Abhandlung über vorrömisches und römisches Email in den Verhandlungen der 17. allg. Vers. d. deutschen Gesell- schaft f. .Anthropologie etc. zu Stettin, München 1886 S. 128 ff.
157
foniKilen UnterschiecU' von dem Stile (k-r klassischen Antike kennzeichnen am deutlichsten die zoomorphen 1-ibeln, die Gewandnadeln in Tierg-estalt. Das galhsche Email erhält sich während der ganzen Dauer der Römerherrschaft, sein llauptsitz war das heutige Belgien, das Land zwischen Maaß und Sambre. Die Museen von Namur, Brüssel, Lüttich sind deshalb am reich- sten an derartigen Funden.-^) Aber auch am Rhein war die h'.mailarbeil in Blüte, namentlich in der Gegend \on Worms, welche die zahlreichen herx'orragenden Arbeiten lieferte, die im Paulus-Museum verwahrt werden. Außerdem enthielten römische Grab- stätten in Bertrich an der Mosel, in Mainz. Köln und Xanten \iele der- artige Stücke. In Mainz und Xanten hat man ebenso wie in Bibracte Über- reste \on Schmelz Werkstätten auf- gedeckt, die zum Teile in die flavische Zeit hinaufreichen. Dabei ist der Um- stand in Betracht zu ziehen, daß weder (iallier noch Etrusker gt^- nötigt waren, das erforderliche Glas selbst herzustellen, da es ihnen \-om Oriente in Form kleiner handlicher Ziegel und Glasstäbe bereits in ])rä- pariertem Zustande geliefert wurde: sie brauchten es nur zu zermahlen und mit Kreide anzurühren. Je weniger Kreide dabei zugesetzt wurch die l^'arbe und Konsistenz des I^nails.
Auch verarbeitetes Glas lernten die Kelten außer den zahl- losen Schmuckperlen schon vor d(Mi Riimern kennen. Das älteste
Abli. So. 'raubcnkanne. Köln, Museum.
desto bess(^r hielt sich
*) Vgl. Salomon Reinach, Antiquites nationales du Musee de St. Üermain, Ein- leitung. Die Funde von Namur und Umgebung, wohl die schönsten und bedeutendsten gallischen Emailarbeiten, sind von C. Bequet in den Memoires de la societ6 archeol. de Namur vortrefflich publiziert. Über Bibracte vgl. auch BuUios & St. de Fontenay, l'art d'emaillerie chez les Edouens, Paris 1875.
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importierte Glasgfefäß gehört Süddeutschland an, das Frajjfinent eines viereckigen Fläschchens aus dunkelvioletter Paste mit trüb gelblich-weißer Bänderung. Es wurde in dem der späten Hallstadt- zeit (um 400 vor Chr.) angehörigen Grabhügel von Belleremise bei Pflugfelden in Bayern gefunden und kann den mit ihm aufgedeck- ten Metallgegenständen entsprechend, aus Etrurien eingeführt sein. In Sta. Lucia in Italien, in Frankreich und in Hallstadt kommen halbkugehge vSchälchen aus trüb durchscheinendem, farblosem und grünlichem Glase mit weißen Längsstreifen vor, welchen man das- selbe, wenn nicht ein höheres Alter zuschreibt. Ein kleines Näpfchen aus den Höhlenfunden von ByCiskala hat jedenfalls ein noch ehrwürdigeres Alter ^). Daneben findet man in Hallstadt aber bereits gewöhnliche Gebrauchsgläser, wie sie aus den Werk- stätten von Naukratis und anderen ägyptischen Küstenstädten hervorgegangen sind, Näpfe von zierlichen griechischen Formen"-). In den Ostalpen scheint sich schon früh im Anschluß an den etruskisch- ägyptischen Import eine selbständige Glasindustrie entwickelt zu haben, aus welcher manche der Perlen und Arm- ringe hervorgegangen sein mögen, die man in den Gräbern dieser Gegend findet, vielleicht auch jene beiden Paare von Armringen aus Affoltern im Kanton Zürich, das eine dunkelblau durchscheinend, das andere aus farblosem Krystallglase, in welches ein neapelgelber Faden eingekissen ist''). In Altare, einer Ortschaft der ligurischen Alpen, existiert noch heute eine Glasindustrie, welche nach jVIurray durch flüchtige Gallier be- gründet sein soll.
Nach diesen Vorläufern entwickelte sich vom IL Jahr- hundert ab in Gallien imd Britannien eine rege Emailindustrie. Eine Unterbrechung von mehreren Jahrhunderten, wie sie in den klassischen Ländern nach den uns bekannten griechischen Arbeiten eintrat, ist im Norden nicht zu konstatieren. Man hielt vielmehr, nach den Grabfunden zu urteilen, auch nach dem Eindringen der Römer an den alten Verzierungsweisen fest, bis die Einfuhr von Schmuckperlen mit Auflage von Millefiorii)lättchen der Email-
^) Reineckc a. a. (J.
-) Ilg bei Lobmcyr a. a. O.
'■') Semper a. a. O. II S. 185 T. >iVI i,
159
Industrie einen neuen luij^'eahntcn Aufscliwunt;" ,i;'al). Wie man in Alexandrien Perlen verzierte, indem man aus StabVjündeln von Millefiorii^das Plättchen schnitt und diese auf einfarbig-e Pasten auf- leg"te, so wurde es eine BesonderhtMt jjfallisch-rheinischer Kmailleure, solche Plättchen in vertiefte Metallflächen, besonders von Fibeln, Knöpfen und kleineren Bronzege^enständen einzulassen und so ein forthmfendes Muster in Form von Schachbrettern, von konzen- trischen Rini^'en, die mit farbisj;'en Piuikten und Rosetten durch- setzt sind, \'on Bändern vmd geometrischen Figuren zu bilden. Die Farbenskala ist viel reicher als in der Latenezeit: zu schwarz, weiß und lackrot kommt dunkelrot, mehrere Arten von gelb vnid grün, kobalt und türkisblau, violett, braun. Darcel und v. Cohausen, welche diese Technik klargestellt haben, schildern wie die gallischen Emailleure fertige Mosaikplätt- chen mit gepulvertem (xlasstaub im Feuer mit der ISIetallunterlage zusammengeschmolzen, da- neben aber auch ^Muster bildeten, indem sie ver- schiedenfarbigen Glasstaub in einem Metallfeldc in bestimmter Zeichnung aus freier Hand \-er- teilten und ihn so einzubrennen wußten, daß die Farben nicht zusammenliefen, obwohl sie nicht durch Metallstege getrennt waren. ^) Gallische Emailleure arbeiteten namentlich vom IL Jahr- hundert ab auch \-iel für den Ex])ort. fis kann bei der Gleichartigkeit der Muster des in Rom und anderen Städten Italiens, in Osterreich, Süd- deutschland, l-'rankreich, den Rhcingegenden und muster. Ägyptisch. England \'orkommenden römischen Schmelz- schmuckes keinem Zweifel unterlieg'en, daß diese Arbeiten aus einer Quelle stamnnMi. Diese Gleichartigkeit erstreckt sich aber nicht l)lol) auf die Must(^r d(^s Emails selbst, dies ließe sich aus der gemeinsamen Benutzung alexiuidrinischer Millehoristabbün- del erklären, sondern auch auf die Formen des Metallschmuckes, \\elch(\ wie /.. P). die hibcln in (iestalt \on \'(')g(^ln, I'h^rdclKMi und Rädern, (lallicn cigciitünilicli sind. Man hat auch aul'x-r den
Abb. 8i. Balsamu- rium mit Korb-
^) V. Cohausen u. a. O.
i6o
keltischen Gegenden meines Wissens nirgends Eniiiilwerkstätten aufgefunden.
Im IV. Jahrhundert nach Chr. ist eine Abnahme der technischen Sorgfalt wahrzunehmen. Die Vereinigung \-on zwei und mehr Farben in einem Felde erschien zu mühsam, da sie peinliche Auf- merksamkeit und Geduld erforderte; man begann sich die Arbeit dadurch zu erleichtern, daß man das vertiefte Feld durch dünne ^Sletalldrähte teilte und so Zellen für eine einzelne Farbe schuf. Das ergab eine Vereinigung \-on Gruben- und Zellenschmelz das sog. gemischte Email, den Übergang zum eigentlichen Zellen- schmelze, der seine höchste Ausbildung in Byzanz erfahren sollte, aber schon um 700 nach Chr. in merovingischen Grab- funden auftritt. Beispiele von gemischtem P^mail finden sich im Museum Wallraf-Richartz in Köln, sind aber nach Riegl auch in ■ den österreichischen Alpenländern zum Vorscheine gekommen. V; Um das Jahr 700 setzt dieser einen Ring aus den alemannischen •Gräbern von Escheng im Museum \'on Zürich an, der bereits reinen Zellenschmelz aufweist. Ob in merovingischer Zeit auch der Furchenschmelz der Lateneperiode eine Wiederauferstehung feierte mag dahingestellt bleiben. Dr. Koehl schilderte mir brieflich einen scheibenförmigen Anhänger aus Bronze, den er in einem fränkischen Grabe bei Worms gefunden hatte und der mit einer Rosette in weißem und grünem Furchenschmelze ver- ziert war. Es ist nicht vmmöglich, daß mit dem P^nde der Römer- herrschaft die alteinheimischen Überlieferungen wieder an Stärke gewannen, aber ebenso denkbar ist auch, daß der Verstorbene einen alten, \'on den \^orfahren ererbten Schmuck getragen hat.
') A. Riegl, Die spätröniische Kunstindustrie in Österreich-Ungarn. Wien 1901.
IV.
Die Verpflanzung der Industrie nach Griechenland, Rom und den Provinzen.
Kisa, Das Glas im Altertume.
Die Verpflanzung der Industrie nach Griechenland, Rom und den Provinzen.
Griechenland.
In (JriechtMiland war das Glas von altersher bekannt. Es spielt sotJfar in den Ileroensag-en eine Rolle. Perseus bekämpft die Medusa mit einem Schilde aus Glas, die Meergötter haben an ihren Schiffen nach Lucian^) Anker aus Glas. Homer nennt es allerding"s nicht, denn sein Ausdruck „Elektron", der sich in der Odyssee findet, ist sicher nicht als Glas zu deuten, sondern bezeichnet jene bereits in der Xatur vorhandene mattüfelbe Mischung- von Silber und Gold, aus der die ältesten Münzen ijfepräg-t und Schmucksachen hergestellt wurden.") Später wurde er freilich iiuch auf den Bernstein, im Mittelalter auf das Email an- gewendet. Die -Sache dagegen war I lomer nicht fremd, denn die „blauen Friese", die nach seinen Worten den Palast des Alkinoos schmückten, waren mit Email, mit Glasfluß, ausgestattet. Von ihnen gibt uns der Alabasterfries eine Vorstellung, der sich in der X'orhalle des Männersaales zu Tiryns erhalten hat: seine fächerförmigen Halbkreise und Rosetten heben sich von einem Grunde iius blauem Glasfluße wirkungsvoll ab, eine A^erzierungsart, zu welcher ägyptische und assyrische Bauten mit ilirem reichen Schmucke emaillierter Tonplatten die Vorbilder gelief<'rt hatten, frcMlich nur in technischer, lücht in stilistischer Beziehung, denn die luykenische Dekoration ist \ on orientalischen Einwirkungen, wenigstens in diesen Fällen, unabhängig.''^ Zahlreiche Stücke von
^) Lucian, vcra historia I 42.
^) Vgl. Christ, I-'ührer d. Münchener Antiquariums S. 36.
^) Perrot & Chipiez, Histoire de l'art dans l'antiquite vol. 1\'. — F. Xoack, Studien zur griechischen .Architektur I. Jahrbuch des kais. Deutschen archäologischen Institutes XL 211 — 247. — Woermann, Geschichte der Kunst I. S. 184.
II*
i64
Glaspasten, die iJfleichfalls zum Schmucke von Gebäuden g"edient hatten, sind von Schhemann in Mykenae aufg-edeckt worden. ■'^) Dort kamen neben entschieden einheimischen Arbeiten auch äg"yptische Importwaren vor, wie andererseits von FHnders Petrie mykenische f!rzeuüfnisse in äg'yptischen Gräbern g'efunden wurden. Das sind Beweise für einen regen Tauschverkehr, der die Quellen des mykenischen Glasornamentes enthüllt. Er ließ auch in der folgfenden Zeit nicht nach, ja steigerte sich vielmehr und versah namentlich die griechischen Inseln, die mit Ag-ypten in ständiger Verbindung waren, mit ihren reichen Schätzen von äg'yp- tischen Gläsern. Daß die Verwendung des Glases zu architek- tonischem Schmucke auch in der Blütezeit der g-riechischen Kunst nicht ausg-estorben war. zeigen die blauen Emails in den jonischen Voluten des Tempels der Athene Polias auf der Akropolis.'^) Quadr^itische Gkisplatten aus grauer Glaspaste mit Verzierungen in £iufg-elegtem Blattgold, sowie andere architektonische Besatz- stücke wurden zug-leich mit den dazu gehörigen Tonmodellen 1877 in Sparta g-efunden. Für die Gefäßbildnerei aus Glas war jedoch das griechische Kunstgefühl zur Zeit der Selbständigkeit des Tandes nicht empfängdich. Die zahlreichen Alabastra, Känn- chen und Fläschchen aus farbigem Glase mit Fadenschmuck, die Mosaik- und Millefiorigläser, die an verschiedenen Stellen g'e- funden sind, stammen, obwohl ihre Formen zumeist g"riechischem vStilgefühle entsprechen, nicht aus einheimischen Werkstätten her, sondern sind aus Alexandrien imjiortiert. vSo die \'on Korinth, Athen, \'om Piräus. woher mehrere in das Münchener Antiqua- rium, nach Brüssel, I*aris und London g-ekommen sind. Auch gläserne Fingerringe waren den Griechen bekannt, man fand deren zahlreiche in Athen, wo sie acffjayXdsg raXivai'^) hießen. Der älteste griechische Ausdruck für Glas ist lil^og x^^l ^^- h. g"egossener »Stein. I lerodot braucht ihn zuerst he\ der Beschrei- bung der Ohrg-ehänge der heiligen Krokodile am Nil und läßt damit erkennen, daß er nur massi\e, opjik-farbig'e Glas]mste, eine Nachahmung \on Edelstein, darunter verstehe. Wahrscheinlich
Schliemann, Mykenae 126, 138. — Derselb. Tiryns 92, 199. Woermann a. a. O. Ilß a. a. O. S. t6.
i6;
übersetzt er damit ein äi^-\-pti,sche.s A\'ort für dlas, eine \"ermu- tunj^', welche dureh die Alitteilung" des Geog'raphen Skylax be- stätii^t wird, dalJ die Athio]>ier an der Westküste Afrikas \-on Händlern „Stein \on A,L!-v])ten*' ).id^dg ^Jlyvntia kauften, d. li. Glas])erlen, sowie durch jene eines anderen Reiseschriftstellers, des Arrian, der den Peripleos des Roten Meeres verfaßte, daß mim den Athiojüern an der Ostküste, also der entg-eg-en^s^esetzten Seite Afrikas, XiiHag i'a?.tjg nXeiovu ytvri^ ^"läserne Steine verschiedener Form v(^r- kaufe. Daraus g"eht hervor, daß die Griechen das Glas als ein äg-yptisches Erzeug-nis be- trachteten und danach benannten.^)
Daneben kommt auch schon bei 1 lero- dot der Ausdruck vaXoc oder vsXog vor^), jedoch offen])ar clx'nso wie bei Aristoteles für Berg-krystall, das dieser für eine große aus dem Orient kommende Kostbarkeit erklärt. Der Ursprung' des Wortes ist bis- her noch nicht ermittelt, (i. Curtius'") leitet es von veii' regfnen ab, denkt also an etwas, das durchsichtig" wie ein Reg^entropfen ist. Dieser g"ezwung'"enen Deutung" setzt PVoeh- ner eine andere plausiblere entgegnen, in- dem er das v für ein altes Digamma nimn"it, was das Wort äXg, also Siilz, ergeben würde. Abb. S2. Lekythos mit sog. Glas und Salz sind einander in gewissen Farnkrautmuster. Ägyptisch. Zuständen ähnlich, ein Umstand, der schon
bei den Gkissärgen der Äthiopier zu Zweideutig"keiten \"er- anlassung g"ab. Manche halten jenes Wort für koptischen Ur- sprunges, weil die Stadt Koptos in Ägypten \orzügliche durch- sichtige Gläser erzeug"t haben soll.^) S})äter l)ürg"erte es sich als Bezeichnung" des durchsichtigen Glases neben dem xQvozceXXog ein, so daß man deutlich zwischen ihm und der undurchsich- tigen XiMg ivTn] unterschied, die man \ielleicht für einen ganz
^) Froehner a. a. O. S. 4. 2) Herodot III. 24. *) Curtius, Grundzüge S. 397. ■») Ilg a. a. O. S. 16.
i66
anderen Stoff hielt. Der Glaser heißt vaÄoif'dg Glaskocher, der Glasmacher Nikokles in Sparta, wohl ein Zeitgenosse Ennions aus dem Anfange der christlichen Ära, nennt sich auf einem Gefäß- stempel vsXivonoiog^). In den „Wolken" des Aristophanes wird der Ausdruck valog in Verbindung mit einem Brennspiegel aus Glas genannt, in welchem man das Feuer auffing. Auch die berühmte Himmelsphäre des Archimedes, die Ckmdian besingt, war aus Glas und nach Ovid ein Werk von „vSyrakuser Art und Kunst". Becher aus gegossenem Stein nennt Plato im „Timäos". Spätere Schriftsteller, wie Pausanias, sprechen \'on einfachen gläsernen Schalen; da dieser seine bekannte Kunsttopographie zwischen i8o und i8o \or Chr. schrieb, ist er freilich nur Zeuge der späteren Diadochenkunst und kann sehr wohl iVrbeiten seiner Zeit auf ältere übertragen. Von ihm stammt auch die Nachricht, daß Pausias, ein ] lauptmeister der vSchule \on Sikyon, im Rundbau von Epidauros in einem berühmten (iemälde der „Trunkenheit" eine Frau darstellte, die neben einem Liebesgotte aus einem Glase trank. Ihr Gesicht sei hinter dem durchsichtigen Glase sichtbar gewesen. Man könnte hier an ein Krystallgefäß denken, doch hat auch ein aus farblos durchsichtigem Gkisfluße model- lierter vmd geschliffener Becher für diese Zeit nichts unwahr- scheinliches. Er spricht ferner von Geräten aus (rlas, blauen SallDenflaschen und j)ur])urnen Bechern aus Lesbos, wo seit dem IV. Jahrhundert \'or Chr. zugleich mit der noch bedeutenderen von Rhodos eine Glasindustrie bestand, deren Ursprung auf die von Naukratis und andere ägyptisch-griechische Werkstätten der Nordküste zurückzuführen ist. Noch Athenävis schreibt von einer schönen vergoldeten Kylix, von blauen Glasgefäßen und purpurnen Glasbechern aus Lesbos. Daneben rühmt dieser späte Autor die Glaswerkstätten \'on Rhodos und erzählt, daß sie es verstanden hätten, Tongefäße durch Brennen mit Binsen- und Myrthenasche durchsichtig und glasartig zu machen, „was gewiß mit ihrer Geschicklichkeit in der Glasbereitung zu- sammenhänge". Mit dieser Notiz ist wenig anzuf^mgen. Gewiß ist nur, daß es keine Gefäße aus Ton gewesen sein können.
^j Froehner a. a. ( >. S. 125. Auf einer Inschrift aus Sparta heißt er Sohn des Tyndareus. Vgl. Welcker im bull, del instit. 1S44 S. 146.
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sondern nacli den ^'enainiten Zusätzen solche aus Gkis, vielleicht iius Bein- oder Hon\y-las, das schwach durchscheinend ist und auch in Venedig" durch ähnliche Zusätze erzeug't wird.
Ein auf Rhodos gefundenes Glasgefäß der frühen Kaiserzeit hat den Stempel „Doros, der Rhodier". Besonders ergiebig- waren auf Rhodos die Gräber von Kameiros, die sehr viel opak-farloige Gläser, zumeist aus der Kaiserzeit, lieferten. Die Funde be- finden sich zum größten Teile im Britischen Museum.^) In Rhodos lassen iiuch einige Autoren jenen berühmten Krater ent- standen sein, der mit Weintrauben im Relief geschmückt war, so daß diese grün und unreif erschienen, wenn der Becher leer war und purpurn schimmerten, wenn man AVein in ihn goß. Nach dem Berichte des Achilles Tatius, eines Schriftstellers aus dem III. Jahr- hundert nach Chr., in dem Gedichte „Leukippe vmd Klithophontes" war der Krater für lli])- pias von Tyrus bestimmt und danach A\ohl in dieser Hauptstätte der Glasindustrie ent- standen.
Zur Zeit des peloponnesischen Krieges war das Glas noch ebenso hoch bewertet wie Edelsteine, ein Beweis für seine Selten- heit. Erst in der römischen Periode wandten sich die Griechen besonders in Kleinasien und Ägypten der Glasindustrie in erhöhtem Maße zu; seitdem die Gefäßbildnerei in Ton \on ihrer früheren Höhe herabgeglitten war und das griechische Kunstg^efühl durch orientalische Einflüsse eine Wandlung erfahren hatte, wurde auch der Geschmack und das Bedürfnis an Glaswaren mit ihrer leuchtenden Farbenpracht reger. Zahlreiche Griechen arbeiteten zu Beginn der Kaiserzeit und wohl sclion in den letzten Jahr- zehnten der Republik in den Werkstätten von Sidon. Zu ihnen gehört wahrscheinlich auch PLnnion, von dem in !'antica])aeum (Kertsch) eine Ani])li()riskr aus farl)los-durchsichtigem Glast^ mit feinen Reliefornammien. I^almetten, Sc]ui])pen. Zweigen und
Abb. 83. Fläschcheii
mit bunter Äderung.
Neapel, Museum.
1) Newton, Guide S. 38.
i68
Kanelluren y-efunden wurde, die in der Eremitage \"on Petersburg verwahrt wird. Andere Arbeiten Ennions kamen auf der Insel Kythräa zum Vorscheine, mehrere in ItaHen, wohin er wahr- scheinlich übersiedelt ist: Zierliche Henkelbecher in Modena, in Refrancore bei Asti, in Bagnolo, Borgo S. Domenico, in Solonte auf Sizilien, im Agro Adriese. Eines der besterhaltenen Stücke, aus Carezzano bei Vercelli, ist ein Becher aus Kob^iltglas, durchsichtig, verziert mit einem Eierstabe und einem Friese, der zwei Tesserae einschließt. Mit ihm wurde eine Münze des Clavidius gefunden, welche darauf schließen läßt, das er zu jenen Glasarbeiten gehört, deren Erscheinen unter Tiberius so großes Aufsehen erregte und den Anlaß zur Entstehung der abenteuerlichsten Nachrichten über neue Erfindungen gab. Ennion signiert seine Arbeiten mit vollem Namen an auffälliger Stelle und fühlt sich offenbar als Künstler und Neuerer.^) Als Sidonier bezeichnen sich zum Teile aus- drücklich die Glasmacher Artas, Ariston, Eirenaios, Meges, Neikon, Philippos, durchwegs Griechen oder doch gräzisierte Orientalen, die wie Ennion und vmgetähr gleichzeitig mit ihm auch in Italien gearbeitet zu haben scheinen. Artas und andere Sidonier ge- brauchen doppelsprachige Stempel, die in der Form der Buch- staben auf die erste Kaiserzeit hinweisen. Bruchstücke mit dem vStempel des Artas, zumeist Henkel von Bechern aus farblosem oder farbigem, aber stets durchsichtigem Glase, kommen auch diesseits der Alpen häufig vor, so im Österreichischen Museum in Wien, mehrere im Antiquarium zu München, wo sich auch ein Henkel mit Stem])el des Phili])})os befindet,') imdere in Berlin, Würzburg-, Brüssel, Paris, London etc. Ein Glas mit Stempel des Meges kam auf der Insel Marion zum A^orschein, auf Melos neben zahlreichen anderen Gläserfunden einer der sidonischen vSiegesbecher mit der Inschrift AABE THN NIKHN in Relief. (Abb. 257, 258.) Vier schöne alextmdrinische Alabastra kamen von hier in das Museum von Compiegne."') Jene einzigen mit ziemlicher
^) Vgl. die Stempel Ennions und der anderen genannten Glasmacher im Ab- schnitte X „Stempel und Aufschriften auf Gläsern". Näheres über die Schule von Sidon enthält der Abschnitt IX „Geformte Gläser".
'-) Nach freundlicher Mitteilung von Reg. -Rat Custos Folnesics in ^^'ien und Dr. W. Riezler in München. \'gl. auch Christ, Führer S. 119.
^) Froehner a. a. U. S. 120.
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Sicherheit chitierten Erzeus^iiisse der altberülimteii Werkstätten Sidoiis und Phöniziens überhaupt sind in I lohltormen jy^eblasen und nehmen nach ihrem Schmucke zu urteilen, zumeist auf die Kämpfe und Wettspiele der Arena und den bacchischen Kultus Bezuj^. Auf Korfu wurden farl)iire und farblose (jläser der Kaiserzeit aufjj-efunden, in Kephalonia unter anderem ein alexandrinisches .Alabastron, jetzt im Louvre. Auf Cypern lieferten namentlich die Gräber von Idalium tausende von (iläsern, die in \-erschiedenen MuseiMi Europas zerstreut sind, Alabastra und \it^l von der bläulichgrünen Gebrauchsware <l(>r Kaiserzeit. \"on letzterer Art sind die in das Musee du Cinquantenaire in Brüssel g'ekommenen Gläser, welche in den For- men sehr an die syrischen erinnern. Unter (\t^n Funden von Melos ist noch ein Löffel aus opakweißem Glase nachzutrag"en, der im Britischem Museum verwahrt wird, ferner zahlreiche jener viereckig"en alexan- drinischen Ölkannen aus bläulichgTÜnem Glase mit konzentrischen Ring^en am Boden. Auf Kreta lieferte die Nekro])ole von Rhodovani (früher Elyros) Dosen mit Deckeln aus ordinärem Glase, sowie einen schönen, jetzt im Louvre befindlichen Kimtharos. In Panticapaeum kamen außer
der Amphoriske Ennions yroße Massen g-ewöhnlicher Gel)rauchs- ware zum X'orschein. In Kertsch erwarb man 1S73 für die Eremitag"e einen Irinkljecher aus farblosem Glase mit \ier Götter- sjfestalten in Relief. ') uVbb. 205.) In Kleiuiisien war Kyzikos ergnebig- in farbig-en inid farblosen (iläsern der Kaiserzeit, ebenso Abydos und Thymbra (Troas). In Knidos fand Newton mehrere luuulert lanj^halsig-e ülfläschchen aus ordinärem (jlase. in Attala wurde ein altchristliches Goldgflas g^efunden.^)
Abb. 84. Fläschchen mit farbigen Streifen. Breslau, Museum.
*) Näheres im Abschnitt IX „Geformte Gläser". -) Froehner S. 121.
t:?»^
I/o
Italien.
Auch in Italien lernte man das Glas durch Import aus Ägypten kennen. Zuerst brachten die Phönizier Perlen in die Küsten- städte, namentlich in die ihrer Kolonien in Sizilien und Sardinien. Hier fand man in Tharros eine Halskette mit Masken und jenen eigentümlichen mit Masken besetzten Zylindern, sowie Götter- iigürchen in opakfarbiger Paste, von welchem oben die Rede war, Arbeiten aus Alexandrien, die man gewöhnlich für phönizisch ausgibt. (Vgl. S. 93.) In Tharros und Cornus kamen gegen 300 Gläser aller Art zum Vorscheine, zumeist spätere Erzeugnisse, darunter zwei farblose Becher mit griechischen Inschriften, von der Art der sidonischen Siegesbecher, ^lus ftirblosem in Hohlformen ge- blasenem (ilase. Auf einem liest man den Spruch Kaxäxcciqs v.ai evqiQaivov auf dem anderen Eigsd^wv kcißs tt^v vixrjv. Außerdem kamen Massen von Glasperlen zu Tage.
Die lebhaftesten Handelsverbindungen mit Ägypten unter- hielt Etruri en. Infolge dieser fanden außer Perlen besonders zahl- reiche Alabastra aus opak-farbigem Glase mit bunter Fadenver- zierung in Form von Bändern, Zickzack mit ^Vellen-, Korb- und Farnkrautmustern den Weg ins L^md, die früher wegen der Massen - haftigkeit ihres Vorkommens in etruskischen Gräbern für Landes- ])rodukte gehalten und eigens als „etruskische Gläser" bezeichnet w urden. Sie gehörten zum Bestattungskulte und wurden dem Leich- name, nachdem er mit wohlriechenden, zugleich konservierenden Essenzen und Wein begossen worden war, neu gefüllt ins Grab bei- gegeben, gewöhnlich parweise. Die Römer befolgten die gleiche Sitte. Die Haupteinfuhr fand in Caere (Cervetri) statt, dessen (rräber denn auch besonders reich an Alabastren und anderen farbigen Gläsern ägyptischer Herkunft sind. Andere Fundorte sind Monteroni, Veii, Sta. Marinella, Toscanella, Vulci, Chiusi und Volterra. Die Funde sind in alle AVeit zerstreut, das meiste von ihnen verwahren dit Museen von Florenz, London und Paris. In Pyrgoi bei Sta. !Marinella wurde auch eine kleine blaue Oenochoe mit weißen Stacheln gefunden^), in Pisa der Rest einer
») Bulletins VI S. 212 f.
1) Abeken a. a. O., S. 267 (Abbildung).
I/I
Vase aus der Kaiserzeit mit einer t^raxierten Zirkusszene (Abb. 247), in [sola Farnese aul5er Resten irläserner \Vand- und Fußboden- bekleidunL,»- eine Menyfe von Millefioribruchstücken. Milleliori und marmorierte Gläser siiul am^h an den anderen F'undstätten häufig. Ein Beweis für den ägyptischen Urs])rung der etruski- schen Gläser liegt überdies darin, daß neben ihnen in den (iräbern oft Scar^lbäen und Uschebtis liegen. ]Man nannte sie und die farbigen Gläser der frühen K^iiserzeit überhau])t aueh griechische oder phönizische, wie F>oehner meint aus keinem anderen Grunde, als weil man das Bedürfnis fühlte, die Lücken in unserer Kenntnis griechischer luul phönizischer (ilasmacherei auszufüllen. ■') Dabei beging man wie bei den etruskischen Funden den F^ehler, das F^undgebiet mit dem Ursprungs- lande zu identifizieren. Allerdings kommen jene Gläser auf dem griechischen F^stlande. in Attika und Korinth. auf den Inseln, in Unteritiüien. namentlich in Cumae, Ruvo und Fasano häufig \or, viel häufiger aber noch im Orient, im Stammlande Ägypten, den Gräbern von Theben und ^Memphis, in den unerschöpflichen Fundgruben von Cypem und Rhodos, der Xekropole von Kameiros. F)er ]\Iär von dem phönizischen
Ursprünge der alten farbigen Gläser mit F'adenschmuck haben namentlich die Massenfunde von Flinders Petrie in Teil el Amarna, Gurob und anderen ägyptischen Stätten ein Ende gemacht.")
Abb. 85. Fläschchen mit
farbigen Streifen. New^'ork,
Melropolitan-.Museum.
^) Froehner a. a. O., S. 41 f.
^) Während die Archäologen über diese Frage nunmehr einig sind, wollen manche Sammler, wahrscheinlich um dadurch die Mannigfaltigkeit ihrer Schätze zu erhöhen, auf die Selbständigkeit der i>l)önizischen und griechischen (Glasindustrie noch immer nicht verzichten. Zu diesem Zwecke versuchen sie allerlei technische und stilistische L'nterschiede zwischen ihnen und den ägyptischen Vorbildern aufzustellen. Der Scharfblick des einen geht so weit, in den Varianten des Farnkrautmusters natio- nale Eigenheiten zu erkennen. Im allgemeinen möchte man für Ägypten besonders sorg- fältige Arbeit und scharfe Formen in Anspruch nehmen, während die anderen Gläser sich durch größere Flottheit und Leichtigkeit, Weichheit und Rundung kennzeichnen, wobei namentlich die griechischen sehr stark durch ihre eigene nationale Formensprache be-
172
Unter den Römern ist Cicero der erste, der über Glas be- richtet. In seiner 54 vor Chr. gehaltenen Rede pro Rabiro Postumo 14, 40 spricht er zuerst von gläsernen Hausgeräten. Er gebraucht dabei das Wort .\'itrum', dessen Ableitung den Philo- logen noch immer unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet. Die Erklärung des Isidorus, dal» damit angedeutet werde, es sei für den Blick (visui) durchsichtig, bezeichnet Ilg mit Recht als eine halt- lose Tändelei. Nach Jakob Grimm heißt vitrum eine Pflanze, deren Saft \on den Kelten Britanniens zum Tättowieren benutzt wurde. Im Gälischen heißt diese Pflanze Glas, Glasdu oder Glaslys-^}. Darnach hätte es den Anschein, als ob die Römer ihre Kenntnis des Glases den Kelten zu verdanken haben, während das Umgekehrte der Fall ist. Die Kelten gebrauchen vielmehr für Glas den von vitrum abgeleiteten Ausdruck gwydr (gälisch) und gwer (bretonisch g = v). Der Glasmacher heißt in Rom vitrearius oder vitriarius, Glaswaren wurden vitrea oder vitreamina genannt, daneben erhielt sich, wie im Griechischen, für durchsichtig-farb- loses Glas der Ausdruck crystallum. Str^ibo bezeichnet es als xQvaTa/i./.o(fC(vrj.
Das älteste Glas ist aus Ägypten eingeführt. Außer Schmuck- perlen fand man in Sta. Lucia kleine Schälchen aus farb- losem Glase, jenen gleich, die auch diesseits der Alpen in den
cinflußt seien. Kennereitelkeit mag sich auf die Feststellung solcher Unterschiede viel zu gute halten. Ihr Bestand ist nicht zu leugnen, aber ihre Deutung ist vollkommen verfehlt. Gerade altägyptische Arbeiten zeichnen sich durchaus nicht durch scharfe Formen aus, wie z. B. die Vasen Tutmosis' III. in München und London, die Becher der Prinzessin Xsichonsu und andere Gläser aus der i8. Dynastie, der Blütezeit der alten Industrie. Dagegen übertreffen die in Hohlformen geblasenen (iläser Alexan- driens, die Arbeiten der frühen Kaiserzeit, an Schärfe selbst die sorgfältigsten Leistungen der Pharaonenepoche, die noch mit freier Hand modelliert sind. Gar manches Glas, welches ob seiner exakten Arbeit von Sammlern der Blütezeit Thebens zugewiesen wird, ist tatsächlich aus einer der gräzisierten Werkstätten des Orientes oder Italiens hervor- gegangen und umgekehrt manche malerisch flotte Leistung aus Teil cl Amarna oder Gurob. Und was das Hervortreten griechischer Formen betrifft, so beweist dies an und für sich noch nicht griechischen Ursprung, denn das ägyptische Kunsthandwerk verschloß sich solchen keineswegs. Schon in der saitischen Epoche arbeiteten die besonders dem Exporte nach Griechenland und den Inseln dienenden Werkstätten von Naukratis sehr viel mit griechischen Mustern.
'1 Grimm, Kleine Schriften II 123. Diefenbach, Celtica I 27, 139; II 446.
/.-)
Gräbern der s})äten I lallstacltperiode vorkommen (\'^1. S. 158), doch machten erst die Orientfeldzütre Sullas die Römer näher mit dem seltsiimen Materi^lle bek^mnt. Im Jahre 58 vor Chr. ließ Scaurus das von ihm erbaute Theater nach orientalischen \^orbildern, wie er sie beim Feldzug-e geg^en Mithridates kennen g-elernt hatte, teil- weise mit Glasplatten verkleiden, die er aus Alex£mdrien bezoyf. Die einen ahmten wahrscheinUch Marmor nach, die anderen stellten in Cberfang-technik farbii^e figürliche und ornamentale Reliefs dar. Das erste vStockwerk des Gebäudes war im Inneren mit Miirmor- platten, das zweite mit Glasplatten, das dritte mit vergoldetem Holze ausgestattet^). Ungefähr gleichzeitig mit Cicero spricht Lucretius von gläsernem Geschirr.^) Es war damals noch sehr kost- bar, namentlich das f^irblos-durchsichtige, das den Krystall nachahmte, so daß die Dichter des augusteischen Zeitalters mit \'orliebe. wenn sie die Reinheit und den Glanz des Quellwassers oder des Taues schildern wollen. Vergleiche mit Glas anwenden: Föns splendi- dior vitro, ros vitreus, unda vitrea heißt es in verschiedenen Varianten. ..Maximus tarnen bonos in candido tralucentibus quam proxima crystalli similitudine" sagt noch Plinius. Wie die Griechen machten auch die Römer einen Unterschied zwischen farbigem und farb- losem Glase, das vielfach als ein neuer
und verschiedenartiger Stoff gelten mochte. Als nach der Be- siegung Ägyptens durch Augustus (26 vor Chr.) ein Teil des Tributes in Form von Glaswaren entrichtet wurde und aus /Vlexandrien Massensendungen von gewöhnlicher Gebr£iuchswiire eingestroffen waren, sank diese bald im Preise. Virgil, (Jvid, Properz, Ilor^iz und Dio Cassius schreiben bereits darüber als über etwiis alltägliches. Letzterer s£igt bei Gelegenheit der \'erleihung des Bürgerrechts unter Claudius: ..Dieses sonst so teuer erkaufte Recht ist im Preise so herabgesunk<Mi. daß man es chmi ersten
Abb. 86. Fläschchcn mit
bunter Äderung.
New York, Metropolitan-
-Museum.
') Plinius 36, 114.
") Lucretius, de rcruni natura I\" 608, 606, \'I 991.
174
besten an den Kopf wirft und daß man für einige zerbrochene Gläser römischer Bürger werden kann."^)
Der um 25 nach Chr. verstorbene Geograph .Strabo schätzte den ägyptischen Sand für die Glasbereitung höher als jeden anderen, doch gesteht er später selbst, daß es nicht besonders darauf ankomme, woher der Sand genommen werde, weil man überall solchen fände, der hiezu geeignet gemacht werden könne. Seit man in augustäischer Zeit an der Mündung des Volturnus ein feines vSandlager entdeckt hatte, wurde die Glasfabrikation mit Hilfe alexandrinischer Werkleute in Italien selbst betrieben. Dieses breitete sich an der Küste zwischen Cumae und Liternum in einer Strecke von sechstausend Schritten aus.") Man zerteilte den Sand mit den Hammer, mahlte ihn in Mühlen und schmolz ihn in den Hütten von Puteoli, wo sich ein eigener clivus vitrearius, ein Glasmacherquartier, bildete. Unter der Regierung des Tiberius, 14 nach Chr., entstanden in Rom selbst an der Porta Cassena Glaswerkstätten, anfangs gleichfalls unter alexandri- nischen Werkleuten, in welchen man mit Alexandrien zu wetteifern begann.'') vSeneca nennt hier bereits den Zunftbetrieb. Er spricht auch von der Kunst des Glasblasens, offenbar als von einer neuen Erfindung und gibt seine stoische Erhabenheit über Modelaunen durch die Worte kund, daß es im Grunde gleich- gültig sei, ob ein anständiger Mensch aus einfachem oder feinem Glasgeschirre trinke.
In die Zeit des Tiberius fällt die Sage von der Erfin- dvmg des hämmerbaren Glases. Sie findet sich zuerst in den Schriften des Petronius, des Zeremonienmeisters und Ver- trauten Neros, Autors des „Gastmales des Trimalchio" und ist von da zu Dio Cassius und in die Rezeptensammlung des Heraclius übergegangen, wobei sie auf dem langen Wege manche Veränderung erfuhr. Auch Plinius kennt sie, be-
^) „Jus illud magna quondam pecunia venditum adeo tunc vile factum est, ut vulgo iactantem fuerit; etiam si quis alicui vasa vitrea confracta dedisset, civem Ro- manum fore." In Claudium lit. IX. Vgl, ferner Vergil, Georgica 4, 350, Aeneis 7, 759; Ovid, Amores I, 655; Properz IV 8, 37; Horaz, Oden III 13, i, Satyren II 3, 222.
2) Phinius 50, 194.
') Ders. 36, 26, 194.
handelt sie aber ziemlich skeptisch^) Diese Anekdote, welche im Mittelalter höchst anreg-end auf die Experimente der Alchymisten wirkte, besagt, daß einst ein Mann eine Gkis- mischung erzeugt habe, welche biegsam und hämmerbar war. Als er vor Kaiser Tiberius in Audienz erschien, um seine P>findung vorzuführen, sei dieser ergrimmt und habe die vor- gezeigte Schale heftig zu Boden geworfen, wobei sie sich wie ein Gefäß aus Erz zusammenbog. Der Erfinder aber habe sie ruhig aufgehoben, ein Hämmerchen hervorgezogen und mit diesem in einigen Augenblicken den Schaden wieder ausgebessert. Nun frug der Kaiser ob sich außer dem Künstler noch ein anderer auf die \"erfertigung solcher Schalen ver- stünde, und als dies verneint wurde, sei der Refehl ergangen, dem Künstler — das Haupt iibzuschlagen , damit nicht durch die Aus- nützung einer Erfindung \'on so unerhörter Tragweite alles Gold und Silber entwertet würde. Offenbar liegt in den Schlußworten der Schlüssel zur Enträtselung dieser Anek- dote. Durch die P>findung des (flasblasens, ntimentlich in Hohlformen, waren die Glas- macher instand gesetzt Gefäße mit Relief- schmuck und plastische Rundfiguren, wie man sie bisher in Metall getrieben hatte, auch in Glas herzustellen. Alles andere ist phantastischer Aufputz, von Laien hervorgerufen, welchen (»in Reliefglas ein unerklärliches Wunderwerk deuchte, dessen plastische Formen sie sich nicht anders, denn als getriebene Arbeit in einem rätselhaft bildsamen Stoffe vorstellen konnten. Sprechen ja doch selbst noch Gelehrte des XIX. Jahrhunderts von „getriebenen" Gläsern! Es ist wohl zu beachten, daß gleich- zeitig in Italien di(^ sidonischen Reliefgläser, die Arbeiten des Ennion, Artas und anderer Griechen oder gräzisierter Orientalen auftauchen, welche Met^dlgefäße mit getriebenen Reliefs in Glas,
.^bb. 87. Fläschchen mit Korbmuster. Neapel, Museum.
*) Petronius Satyricon cap. 51. Plinius 36. 195. Dio Cassius 57, 21. He- raclius III 6. Vgl. Ilg, Ausgabe d. Heraclius, Note auf S. 133 f. Eingehend wird dieses Thema im Abschnitte V behandelt.
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gleichsam in einem körperlosen Stoffe nachahmten und dadurch ungeheures Aufsehen erregten. Das war etwas so gänzlich neues, daß man gar nicht daran dachte, dem Glase, das bisher fast ausschließlich als farbige Paste zur Nachahmung von Edelsteinen und Marmor benutzt worden war, die Fähigkeit zuzutrauen, mit Metall in der Bildsamkeit wettzueifern. Das durchsichtige ge- blasene Glas erschien den Laien als ein von dem bisher bekannten Glase ganz verschiedenes Material und noch lange nachdem die Identität beider Stoffe allgemeiner bekannt geworden war, lebte die frühere Trennung in den besonderen Bezeichnungen von vitrum und crystallum bei den Römern, sowie hl^og yvrri und vaXog bei den Griechen fort.
Das Glas war allmählig, besonders unter Nero, ganz wohl- feil geworden, so daß man einen gewöhnlichen Becher schon für eine mittlere Kupfermünze erwarb, doch verstand man es auch daneben die Preise feinerer Arbeiten gewaltig in die Höhe zu treiben. Nero bezahlte für zwei kleine Becher von Krystall- glas 6000 Sesterzen, d. h. ungefähr 900 Mark^). Plinius schreibt
darüber wc'irtlich: sed quid refert, Neronis principatu repert£i
vitri iirte quae modicos calices duos quos appellabant petrotos H. S. VI venderet". Der Ausdruck „petrotos" ist sinnlos und offenbar entstellt. Wieseler schlug dafür die Lesarten „pertusos" und „perforatos" \or, Übersetzungen des Griechischen diaxqriTdc^ Friedrich machte daraus sogar „peritretos"'^). Ich glaube, daß die Verwirrung nicht durch den Irrtum eines Abschreibers, sondern erst später durch den eines Setzers entstanden ist, und daß eine einfache Metathesis den Sinn wieder herstellt, nämlich pterotos anstatt petrotos. Nicht durchbrochene Netzgläser, die man seit Winckelmann gewohnt ist, als Diatreta im besonderen zu bezeichnen, sondern „geflügelte" Gläser hat Nero gekauft, die sonst auch calices alati genannt werden, leichte, zierliche Becher, die luftig wie Vögelchen waren, körperlose Krystallgefäße. An Flügelgläser nach Art der späteren \-enezianischen, mit flügel- artigen phantastischen Henkeln, braucht man dabei nicht not- wendig zu denken, obgleich solche den Römern sehr wohl bekannt
^) Plinius 36, 195.
-) C. Friedrich, lionner Jahrb. 74, S. i6l. J. Wiesclcr, Bonner Jahrb. 60, S. 121.
177
warten und den Venezianern die Muster lieferten. ( deiciizeitig übertrug-en diese willkürlich den Namen jener kdtis^'en rc'unisehen Krystidlgläser auf ihre I lenkelg'läser. Martial, welcher an der Wende des I. und II. Jahrliunderts lebte, spricht t^leichüdls von diesen kostbaren Bechern Neros, bezeichnet sie als Diatreta, als un- nachahmliche Wunderwerke und zählt sie wohl zu den Krystallen, die er als Sendung- vom Nil preist^). Er g^ebraucht als erster in der cUitiken Literatur den Ausdruck Diatreta für dlasbecher nicht näher g-ekennzeichneter Art und galt daher ^ds Hauptstütze der Ansicht, daß die Winckelmannschen Diatreta schon in der Zeit Neros hergestellt worden seien. Wir werden später sehen, daß er damit nur geschliffene, mit dem Rade bt-- iirbeitete Gläer im allg'emeinen, im Gegensatze zu den einfachen gebla- senen, meinte. Poetisch spricht ]\Iar- tial \'on den luftigen Glaswaren als „nimlnis \itreus". Kaiser Lucius Verus trank mit Vorliebe aus einem Glase ähnlicher vSorte, das er nach seinem Leibrosse „\"olucris" be- nannte, vermutlich um anzudeuten, daß beide leicht wie die Luft, leicht wie der Wind seien.')
Zu Plinius' Zeiten hatten gläserne Becher bereits die goldenen luid silbernen bei den Gastmälern der Reichen verdrängt. In Pompeii arbeitete diimals der Glasmacher Publius (iessius Ampliatus, der seine in Formen geblasenen Gefäße nach sido- nischer Art mit Reliefs versah imd stempelte, in Rom selbst iihmte diese Asinius Philippus nach. Auch C. Sal\-ius (iratus, von dem man ein (jlas in Pavia f^md, C. Leuponius Borvonicus, A. Volumnius Januarius, x\m^lranthus, Paccius Alcinus und L.
Abb. 88
Schale mit farbigen Reti- cellastreifen. Florenz, Altertümersammlung.
\) Martialis, Epistolae i, 42; 9, 60; 10, 3.
-) ,,Calicem nomine volucrem ex eius equi nomine." Julius Capitolinus im Leben des Lucius Verus. Dünnwandigkeit wurde auch in der Keramik geschätzt, wie die auffallend dünnen und scharf profilierten Gefäße aus Terra nigra beweisen. Man wollte dadurch eine Eigenschaft des Metalles, sich bis zur äußersten Dünnwandigkeit treiben zu lassen, nachahmen.
Kisa, Das Glas im Altertume. 12
Aemilius Blastus dürften in der ersten Kaiserzeit tätig" g'ewesen sein. vSpäteren Zeiten gehören die Werkstatt der Firmier Hilaris und Hylas, des Caecilius Hermes, Claudius Onesimus, Lucretius Festivus, Pollius Bassus, Titienus Hyacinthus, Tiberinus u. a. an. .Schöne Rehefgläser campanischer Werkstätten enthält das Museum von Neapel, auch die Sammlung- Piot. Sie stammen aus Pompeii, Herculanum, Bajae, Cumae und aus Ruvo in Apulien. Die Raccolta Cumana des Xeapeler Museums ist be- sonders reich an opak-farbigen Gläsern, ^luch die Gläser in Form von Gänsen und Enten der Sammlung Slade (jetzt im Britischen Museum) sind campanisch, ferner das Bruchstück einer Flasche, auf der mit Gold und Emailfarben die Küste von Puteoli ge- schildert ist^) und ähnliche .Stücke des Museo Campana in Rom: doch stammen diese nach den Darstellungen erst aus dem III. und IV. Jahrhundert. Aus Ruvo rührt ein \orzügliches Stück in Glasmosaik her, das noch näher besprochen werden wird aus Pompeii neben etwa 3000 ordinären Gläsern, Aschenurnen und Gebrauchsgeräten aller Art, die zum großen Teil aus Alexandrien importiert sind und die üblichen Formen des bläulichgrünen Geschirres zeigen, auch feine farbige Gläser, großenteils aus dem Hause des Diomedes, und sehr viele farb- lose und farbige, durchsichtige Glasgefäße, Becher, Schalen, Flaschen, Kannen mit Buckeln, Rippen, .Stacheln vmd Kanelluren. Unter den gerippten Gläsern sind die flachkugeligen, auch dies- seits der Alpen übenül vertretenen .Schalen besonders häufig. In ihnen, wie in mehreren anderen Gefäßen treten feine griechische Profile bei den älteren Arbeiten deutlich zum Unterschiede von den späteren hervor: sie zeichnen sich auch durch bessere, Qualität aus. Die campanischen Werkstätten, besonders die von von Cumae, lieferten neben Luxusgläsern, wie solchen mit Überfang und Gravierung, namentlich die in Hohlformen ge- blasene Ware, kunst\'olle Reliefgläser und zugleich ganz einfache .Sorten, aber in reinem, farblos durchsichtigem Material. Gerade diese bildeten den Hauptteil der Produktion und galten als .Spezialität der Werkstätten. Horaz schreibt an Maecenas, um ihm einen Begriff von der Einfachheit seines Haushaltes zu geben,
Abgebildet in der Archäol. Zeitung X. F. 26, T. 11.
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dal) man Ix-i iliiii nur canipaiiisches Geschirr .Canipana su]iellex' finde. ^)
Die Kunst des Blasens in Formen wurde früh zu natura- hstischen Bildungen austrenützt. Außer Tiergestalten , wie die Gänse und Enten der Sammhnig- Slade, bet>fann mau in Alexan- drien bald aus der Keramik das Rhyton, das Trinkhorn in Glas zu übertr£ig"en, daneben menschliche Köpfe, besonders solche von Negern und ganze Figuren nachzubilden. Xero soll seinen Spaß an Karika- turen gehabt haben, die man ..Schuh- flickergläser' nannte, nach seinem verkrüppelten Hofnarren, einem ehemaligen Schuster aus Benevent. Auch priapäische Formen wandte man auf frinkgefäße an, besonders Becher in Phallusgestalt gehören nicht zu den Seltenheiten. Man findet sie aucli am Rhein, doch braucht man in ihnen ebensowenig wie in den zahlreichen Anhängern aus Bronze in Form des Phallus und der Fica bloße Fascivitäten suchen. Der Phallus wurde ja auch als Amulett getragen und diente in der ganzen Antike, wie im Oriente und noch heute bei einigen Natur- völkern als iiTonov, als vSchutzmittel gegen den bösen Blick und unholde Geister.
Nach der Zeit Neros bürgerte sich das Glas immer mehr ein. Die Industrie überschritt die Grenzen Italiens und fand in Spanien, diesseits der Alpen, besonders in Gallien, am Rhein und in England neue Pflanzstätten, die sich rasch entfalteten und vom Beginne des IL Jidirhunderts ab Italien, Svrien und selbst Alexandrien
Abb. 89. Fläschchcn mit Spiral- faden. Breslau, Kunstgewerbe-Mus.
Lapis albus Pocula cum cyatho duo sustinet; adstat ecliinus Vilis, cum patera guttus: Campana supcllex. Satyr. I 6.
i8o
wirksame Konkurrenz machten. Um die Wende des Jahrhunderts spricht Juvenal wiederholt von ( iläsern ^), vor ihm schon Statins, der wieder einmal von der Verwendung des Glases zu architektonischer Dekoration zu berichten weiß und den gläsernen Deckenbelag" der Bäder des Etruscus rühmt, der in Gold und Farben prangte.") Zu Meirtials Zeiten befanden sich in Rom Glaswerkstätten am flaminischen Zirkus, deren Erzeugnisse als minderwertig bezeichnet werden, im Gegensatze zu den Leistungen der xVlexandriner. Hadrian schätzte letztere besonders hoch. Ein ägyptischer Priester übersandte ihm einige Gläser, von welchen er zwei seinem Schwaiger, dem Consul Servi^mus schenkte, mit der Mahnung, sie nur bei besonders feierlichen Anlässen zu benützen. Sie werden als „Calices allassontes versicolores" bezeichnet, als bunt schillerndes Glas, bei welchem das in einem gewissen Winkel schräg auffallende Licht Komplementärfarben hervorruft, also wohl in unserem Sinne ein Opalglas. Dieses wird durch Zusätze von Knochenasche erzeugt, behält aber die Farben und den Schimmer nicht allzulange bei, so daß es nicht Wunder zu nehmen braucht, wenn nichts von derartigen Gläsern aus der Antike erhalten ist. '^j
Dagegen dürften sich die rätselhaften, vielbesprochenen murrinischen Gefäße, die schon Plinius rühmt, sehr zahlreich erhalten haben*). Indem ich auf die eingehende Behandlung dieses Themas im VIII. Abschnitte dieses Buches verweise, möchte ich hier nur in kurzen Zügen meinen von den üblichen Ansichten abweichenden Standpunkt festlegen.
Der unter lladri^m und Marc Aurel lebende griechische Schriftsteller Arri^ui spricht von „vasa vitrea atque murrina, in urbi Diospoli (Theben) elabor^ita".") Aus der Gegenüberstellung von Glas und Murrinen glaubte man schließen zu müssen, daß sie aus einem anderen Stoffe als Glas hergestellt worden seien. Fast drei Jahr-
^j Juvenalis, sat. 5, 48.
-j 1'. Papinius Statins, Silviae I 6, 73.
^) ,, Calices tibi alassontes versicolores transmisi, quos mihi sacerdos templi obtulit, et tibi et sorori meae specialiter dicatos, (juos tu velim in festis diebus con- viviis adhibeas". Vopiscus, vita Saturnini cap. 8, 10.
^) Plinius 36, 198; 37, 18, 21.
^) Arrianus, peripl. mar. Erilhr. (Oxoniae 1698; S. 4.
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liundtTtf -^ind sie Geg'enstand eines hitzigen Streites. Zuerst soll sie Ponipeius mit di^r Beute des Mithridates im Jahre 6i vor Chr. nach Rom g"ebracht haben. Ihre vornehmste Fabrikationsstätte soll Carmanien im Partherreiche jjewesen sein. Das ^Material wird als undurchsichtig", matti^'länzend, in mehreren Farben schillernd und leicht zerbrechlich geschildert. Thiersch g-laubt, daß es eine Art von Stein gewesen sei; man riet auf Flußspat, Achat
Abb. 90. Gruppe von Gläsern mit Spiralfadenschmuck. Köln, Sammlung M. vom Rath.
und ( )]ial, sogar auf l'or/.ellan. f^s wird auch gemeldet, daß die Murrinen in Glas nachgeahmt worden seien ^). Dem F^orzellan widerspricht aber schon die l'ndurchsichtigkeit. Jedenfalls waren sie ein Kunstprodukt, denn ein Halbedelstein würde den Alten nicht lange rätselhaft geblieben sein. Die Meldung, daß sie in Glas nachgemacht worden seien. l)ringt uns wohl auf die richtige Spur. Es muß auffallen, daß nur für die kostbaren Inmtfarbigen. die Mosaik- und Millefiorigläser, die doch in Ägyi)ten und später
') Vgl. Thierschj Über die Vasa Murrhina der Alten, Sitzungsberichte der kg), bayer. Akademie d. W. I. Klasse 1835 S. 443 f. Roloff in Wolf und Buttmann, Museum d. Altertumswissenschaft II S. 50 f. Semper a. a. O. S. 203. Marquardt, Privataltertümer II S. 743. f.
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wohl auch in ItaHen so hochg^eschätzt waren und viel produziert wurden, keine khissische BezeichnuniJf zur \"erfügTing' steht, sondern nur ein den späteren venezianischen Nachbildungen an- gepasster italienischer Ausdruck. Anstatt zur P>klärung" eines überlieferten klassischen Ausdruckes nach einem unbekannten Objekt zu fahnden, welchem jener allenfalls entsprechen könnte, ist es wohl richtiger, unter den tatsächlich überlieferten Er- zeugnissen, auf welche der Ausdruck passen könnte, Umschau zu halten. Das ist bei der Übertragung der Bezeichnung ,Vasa murrina' auf die buntfarbigen ägyptischen Gläser der l^^all. Alle jenen nachgesagten PLigenschaften , die Undurch- sichtigkeit. Buntfarbigkeit, das Schillern, die leichte Zerbrech- lichkeit passen auf sie. Daß man in ihnen in Rom nicht Gläser erkannte, braucht bei der geringen Vertrautheit der Römer mit den ägyptischen Techniken und der Geheimniskrämerei der ägyptischen Werkleute, namentlich in 1 linsicht auf die Legende vom hämmerbaren Glase, nicht Wunder zu nehmen. Verschieden- heiten in der technischen Behandlung, eigenartiger Schliff, fremdartige Muster konnten \öllig genügen bei Laien die Ansicht hervorzurufen, daß es sich um ein gimz neues, bisher unbekanntes Material handle. Dazu passt die Zeit, in der die Vasa murrina angeblich zuerst in Rom auftauchen, die des Pompeius, ganz gut, demi sie fällt mit der Erschließung des Orientes für die Römer zusammen. Die Bezeichnung einer parthi sehen Stadt als Heimat dieser Wunderwerke mag auf einem Zufall beruhen, die Römer können dort gerade eine größere Anzahl \'on ihnen erbeutet haben. Dal) man sie in Italien in Glas nachzuahmen versuchte ist nicht ein Beweis d^ifür, daß die Originale aus einem anderen Stoffe bestanden, sondern eher für das Gegenteil, nämlich dafür, daß die italischen Glasmacher bald die Wahrheit erkannten und sich nicht von der Ansicht der Laien täuschen ließen. Die Art wie Plinius 36, 198 über sie berichtet, bestätigt meine \"ermutung. P> macht im Glase, ohne vorher von einem anderen Material gesprochen zu haben, folgende Unterschiede: . . . „fit et album et murrina aut hyacinthos saphi- rosque imitatum et omnibus aliis coloribus." Hierauf folgt die bereits angeführte vStelle über die Krystallgläser. Er trennt also farbloses (w'eißes) Gkis vom farbigen, welches Edelsteine nach-
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ahmt und setzt an die Spitze des letzteren, der farbigen Sorten, die buntfarbige. Er stellt dem weißen, d. h. farblosen Glase die murrina, d. h. das bunte, unmittelbar entgegen. Es müßte auf- fallen, wenn er bei dieser Aufzählung der farbigen (Häser gerade jene hochgeschätzte und beliebte Sorte außer acht gelassen hätte, die wir in angeblicher Ermangelung eines klassischen Aus- drucks mit einem in der Renaissance entstandenen Worte als „Millefiori" bezeichnen. Ich glaube demnach, daß wir diesen ver- mißten klassischen Ausdruck in den ver- kannten ,Vasa mur- rina" wiederzufinden haben.
Von Hadrian ab fließen die literari- schen Nachrichten überdieGlasindustrie wieder spärlich. Sie hatte sichtlich da- durch, daß sie etwas alltägliches gewor- den war und die sensationellen tech- nischen Erfindungen iiusblieben, an Inte- resse verloren. Von den um die Wende des I. und II. Jahrhunderts lebenden Schriftstellern erwähnen Dio Cassius, Lamprides und Julius Capitolinus das GUis.^) Letzterer nennt im Leben des Lucius Verus ,calices cristallini Alexandrini' und teilt als Curiosum mit, daß der Kaiser viel Geld für das ^"ergnügen geopfert habe in den Schenken Roms umherzuziehen und dort alle Gläser, die er fand, zu zertrümmern, was für keine große Wertschätzung dieses Kunst- produktes spricht.-) Dagegen interessierte sich Commodus für die Industrie und versuchte sich sogar selbst als Glasbläser,
Abb. 91. Gruppe von Gläsern mit Spiralfadenschmuck. Aus italienischen Sammlungen.
*) Dio Cassius \I 17: Lamprides, Alexander 24: Julius Capitolinus im Leben des Lucius Verus 5, 10.
-) „Nummis maximis quos in popinas Verus Imperator iacebit ut caliccs fre- geret." Julius Capitolinus im Leben des Lucius Verus.
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allerdings nur in phantastischen Karikaturen nach Art der nero- nischen vSchuhflickergläser, die er wieder in Mode brachte. Bei dem berüchtig'ten Heliogabal nahm der Cäsarenwahnsinn einmal witzig'e Form an, indem er seine ^Schmarotzer zu einer opulenten Mahlzeit einlud und ihnen dabei zu ihrem Entsetzen die leckersten Gerichte in einer Reihe von Gängen in getreuen Glaskopien vorsetzte. Er trieb den grausamen Scherz so weit, daß er nach Beendigung des Gastmahles den hungernden Gästen durch vSklaven auch feierlich das Waschwasser reichen ließ. Lamprides berichtet noch von einem scheußlichen Mißbrauche von Murrinen und anderen kostbaren Luxusgefäßen durch den kaiserlichen Wüstling, zu welchem übrigens schon zu Martials Zeiten ein Privat- mann ein ebenso ekelhaftes Beispiel gegeben hatte. Beide sind bezeichnend für die furchtbare Verrohuung, welche der Reichtum in den Sitten der Kaiserzeit parallel mit der Hyperkultur hervor- gerufen hatte. ^) Des Ileliogabal Nachfolger Alexander Severus, Feind alles Luxus, von soldatischer Rauheit, ein Banause der Kunst und der Wissenschaft gegenüber, legte auf alexandrinische Gläser und auf die Glasindustrie überhaupt eine hohe Steuer zugunsten der öffentlichen Bäder. "-) Lrotzdem hielt er für seine Person das Glas in Ehren, trank niemals aus goldenen, sondern nur aus gläsernen Bechern, auch aus einfachen, ver- langte aber, daß das Glas rein und glänzend sei.'"') Die Glas- macher Roms hatten sich damals über den Mons Coelius ausgedehnt und ihre Werkstätten und Verkaufsstände neben denen der Zimmerleute aufgeschlagen.^) Dem strengen Kirchen- lehrer Clemens von Alexandrien erschien die Vorliebe für Gläser als ein verwerflicher Luxus, die Zunft der Glasmacher
^) ,,Onus ventris auro excepit, in murrinis et onychinis minxit." Lamprides cap. 8. Martial berichtet von einem seiner Zeitgenossen namens Bassa: Ventris onus misero, nee te pudet, excipis auro Bassa, bibis vitro, carius ergo cacas."
-) ,,Baccariorum, vitreariorum, argentariorum, aurificum et ceterum artium vec- tigal pulcherrimum instituit." Lamprides , Leben des Alexander Severus. Erst Con- stantin d. Gr. hob diese Steuer wieder auf. ,,Ab universis muneribus vacare praeci- ]-)imus." Cod. Theodos. de execusat. artificum lib. XIII tit. 4,
^) ,,In convivio aurum nescit, pocula mediocra sed nitida semper habuit." Larap- rides ibd.
*) Martianus. topogr, rom.
als eine höchst ininütze. ihr Rulini als eitel: ..Ouin etiain curiosa et inanis caekitorum in vitro vana j^'loria ad frang^en- duni artem paratior, quae timere docet simul ac bibas, est a l)onis nostris institutis exterminandti" — eifert er in seinem Paedag"og"us/) Zur Zeit des Kaisers Galienus soll sich ^luch tat- sächlich ein starker Rückg'an^' in der mit Zöllen und Abg"aben belasteten Industrie g"eltend s^i-macht und die Mode sich von ihr abi^'ewendet haben. Der Kaiser selbst f^lnd anf,'"eb- lich auch die feinsten Gläser seiner Tafel unwert und kehrte wieder zu Gold untl vSilber zurück,') doch machte er seinem Freunde CUiudius ids Beweis seiner Gunst zehn äi^yptische Gläser verschie- dener Arbeit zum Geschenke. Auch das Eifern des Cle- mens verfing" nicht in allen christlichen Kreisen. Be- diente man sich des Gla- ses doch sogar zu Kultus- zwecken, verwahrte Mar- tyrerblut und Weihwasser in den Gräbern und Altären
der Katakomben in gläsernen Amjiullen, schmückte die Fondi d'oro mit Gold und Schmelzferben und benützte gläserne Canthari als Abendmahlskelche beim Meßopfer. Firmus, einer der 30 'r\-rannen. erneuerte und übertrieb den Luxus des Scaurus und ließ seinen Pakist mit Glasplatten bekleiden, die mit Harz an den WändtMi befestigt wurden. ■') Galienus' zweiter Nachfolger. Aurelian, der Besieger Zenobias, erneuerte den Zoll auf ägy])tische Glaswaren
Abi). 92. Gläser mit Fadenschmuck. Köln, ehem. Sammlung Merkens.
^) Clemens Alexandrinus, paedagogus II cap. 3.
*) ,,Bibit in aureis sempcr poculis, aspernatus vitrum, diccns nihil esse commu- nius" berichtet Trebellius Pollio.
^) „Vitreis quadratis bitumine aliisque medicamentis domum indu.xissc pcrhi- betur". Vopiscus im Leben Aurelians.
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und erhob zugleich einen auf Papyrus. ^) Dabei forderte er gleich Octavian von Ägypten einen Teil des Tributes in feinen Gläsern. Der nach seiner Ermordung vom vSenate zum Kaiser ausgerufene 70jährige Tacitus begünstigte die Glasindustrie, soweit dies bei dem allgemeinen Rückgange des Gewerbfleißes möglich war und soll gleichfalls, wie die meisten Dilettanten, besondere Freude an natu- ralistischen Formen, menschlichen und tierischen, der Auflage von Schlangen, Fischen, Seesternen und Muscheln geh^ibt haben."') In der Tat fallen in das Ende des III. oder in den Anfang des IV. Jahr- hunderts einige interessante Schöpfungen dieser Art, Trinkbecher mit aufgelegten Seetieren, die im Vatikan, im Provänzialmuseum von Trier und im Museum AVallraf-Richartz in Köln \'erwahrt werden, aber nicht italischen sondern wahrscheinlich gallischen Ursprungs sind. Auch die Verzierung durch Buckel und Riefen war zu dieser Zeit beliebt. Seit durch Diocletian wieder ge- sichertere Verhältnisse geschaff"en worden waren, hob sich der Wohlstand und mit ihm der Gewerbefleiß und namentlich unter Constantin d. Gr. kamen für die Gkisindustrie aufs neue gute Tage. Der Kaiser stellte die Glasmacher, welche sich in zwei Zünfte, die Vitrarii, die Glasbläser und die Di£itretarii, die Glas- schleifer und Glasschneider getrennt hatten, den Künstlern und Goldschmieden im Range gleich und befreite sie, wie erwähnt, \on der P>werbsteuer, die ihnen von iVlexander Severus und nachher \'on Aurelian auferlegt worden war. In seiner Zeit blühte nicht nur die Malerei und Goldarbeit auf Glas neu auf, es fand auch in \-eränderter Form die alte Überfang- technik, die Gravierung und der Gkisschliff wieder Pflege. Es entstanden jene berühmten Gläser, die mit einem frei ausge- schliffenem Netzwerke umgeben sind, auf welche Winckelmann die allgemeine Bezeichnung für geschliffene Gläser, ,Vasa diatreta' beschränkte, erstaunliche Virtuosenstücke, die man lange für un- nachahmlich gehalten hat, bis eine Glashütte in Zwiesel, im bayrischen Fichtelgebirge, das Münchener Diatretum getreulich kopierte und auf der Landesausstellung in Nürnberg 1882 in mehreren wohlgelungenen Exemplaren vorführte.
') Vopiscus ibd. c. 45.
") Vopiscus im Leben Aurelians c, 45.
18;
In folj^endem ^ehe ich nach Froehner mit einig^en Erg-än- zungen die wichtig^sten Fundorte antiker Gläser auf dem Boden Italiens an :
Oberitalien.
Cimich bei Nizza. Farbige Gläser in der Sammlung Slade. Refr^mcore hc\ Asti. Becher des Ennion. Polenza. Monza. Gewöhnliche Gläser. Pavia. Glas mit Stem])el d(^s (". SaUius
Grat US. Novara. Diatretum. Carezzano bei \'ercelli. Glas des Ennion
mit einer Münze des Claudius. Bag-nolo. Glas des Ennion. Borgfo S. Domenico. Fragment eines Glases
des Ennion. Raldon bei Verona. Gewöhnliche Gläser. Villega, Modena. \'iele Scherben \on
Murrinen. Ag'ro Adriese. Murrinen, Gläser des Ennion. Aquileiii. Gläser des P'nnion.
Etrurien.
Pisa. Gra\iertes Glas mit Zirkusszene. \^olterra. Murrinen und marmorierte Gläser. Perugia, (jlflasche mit Stempel der Firmier
llilaris und IJylas. gef. 1S52. Chiusi (Clusium). Murrinen und Perlen im
Museum \on Florenz. \^ulci. Murrinen. Toscanella. Murrinen und Gläser mit Ilolz-
muster, oft paarweise. Cervetri (Caere). Murriiicn und farbige Gläser. Fensterscheibe
im Museo Campana. Pyrg-oi bei Stil. Marinella. Kleii^e blaue ( )t>n(M'hoe mit weil)en
Stacheln, abgebildet l)ei Abeken. Mittelitalien S. 267. X'cii. Zur Zeit Winckelmanns fand man in Isola Farnese eine
Menge zerbrochener römischer (iläst-r. Kugel aus Mosaik-
g-las bei Minutoli. .S. 10. 13. 20. Monteroni. (_)pake farbige Gläser.
Abb. 93. rippung.
Kanne mit Spiral- Köln, Sammlung
M. vom Rath.
Umbrien.
Collazione bei Todi. Ölflasche mit Stempel der Firmier Hilaris
und Hylas. vSpoleto. Viereckige Aschenurne aus farblosem Glase, auf dem
Boden ein Sternmuster in Relief.
Latium.
Rom. Gläser des Asinius Philip])us im Stile der sidonischen Reliefgläser, frühe Kaiserzeit. ^Vulierordentlich zahlreiche Funde, besonders von Murrinen (Museo Campana, Samm- lung Greau, W. Fol u. a.)
Tixoli. Ami)hora in der Art \on .Sardonyx, gefunden in der Villa 1 ladrians.
Palestrina (Praeneste). Murrinen.
Picenum.
Castel Trosino. Gläser mit Schmelzmalerei, Fadenschmuck, JVink- hörner, im Museo Civico in Rom.
Campanien.
T^omjieji. Gegen 3000 ordinäre Gläser, zumeist langhalsige Fläschchen. Die Aschenurnen sind nicht sehr groß. In Pompeji selbst sind jedenfalls die Gläser des Publius Gessius Ampi latus entstanden. Große Menge feiner farbiger und farbloser Gläser aus dem Hause des Diomedes, im Museum von Neapel.
Herculanum, Puteoli. Murrinen.
Bajae. Vase mit Überfang bei Minutoli und viele .Scherben \'on Murrinen im Kensington-Museum.
Cumae. Glasplatte mit einer Meerszene bemalt. Wahrscheinlich stammen die beiden bemalten Platten des Museo Campana ebendiiher. Ungemein zahlreiche Funde besonders opak- farbiger Gläser im Museum \-on Neapel (Raccolta Cumana). Gläser in P'orm \on Gänsen und Enten bei Charvet T. 13, "]"].
Nola. Glaslinse in (joldfassung bei Minutoli.
iS9
Apulien.
Canosa (Canusium). Farbige Gläser.
Ruvo (Rubi). Zahlreiche opak-farbig-e Gläser, jetzt im Museum von Neapel. Am hervorragendsten darunter eine Platte von gelber (iriindfarbe mit wt'ilu'ii, blau iimratulctcn Punkten, goldenen, blauen und roten Flecken.
Fasano (Guiitia). Oi)ak-farbige Gläser.
Sizilien.
Pundberichte sind nicht \orlianden. Solonte, Fragment eines Bechers des Ennion.
Sardinien,
("ornus. An 300 Gläser, darunter zwei farb- lose Becher mit griechischen Inschriften. Abb. 94. Becher mit Tharros. Punische PI aiskette. Glas bei Slade Xr. 232. Sogenanntes Diatretum der Sammlung Cagnola in Mailand.
gerippten Fäden. Xamur, Museum.
1?»^
Spanien.
In Spanien und Portugal wurden nach der Mitteilung des Plinius schon in den ersten Jahrzehnten der Kaiserzeit Glasvverkstätten angelegt, doch dürfte dort die Industrie fast ausschließlich für den Hausgebrauch gearbeitet und keine höhere künstlerische und technische \"ollendung erreicht haben. Ihr I [au])tsitz scheint Taracco gewesen zu sein, wo sehr viele Ge- brauchsgläser, namentlich langhalsige Flaschen vorkommen. Aber auch an anderen Orten wurden neben einigen gravierten Gläsern Massen ordinärer Ware aufgedeckt, die in ungeordneten Haufen ohne Fundnotizen oder ^indere auf ilire lierkunft bezügliche Nachrichten in den Museen lagern. Preilich wurde Glas aus dem C)ri(Mite schon lange \or der römisclien Zeit eingeführt, zuerst durch die Phönizier, dann durch die Griechen. Sowohl in der ])hokischen Kolonie Rosas (dem alten Rhodai wie in dem massilisciien Castellon (1(> Ani])urias 1 I\mi)()ri()n i am I-'uIh' der
Pyrenäen wurden außer Glasperlen auch äg'yptische Alabastra und andere opakfarbige Gläser mit Famkrautmuster und Wellen- fadenverzierung gefunden. Einige schöne Stücke aus Ampurias kamen in die Sammlung Zettler nach München. Mit der Römer- herrschaft verfiel auch die Glasindustrie im Lande, Isidor von Sevilla (gest. 636) sjiricht von den (Glashütten der Römer als von etwas vergangenem.
Die vorerwähnten gravierten Gläser sind itiüischer Herkunft. Sie wurden auf portugiesischen Boden verschlagen und als Grab- beigaben verwendet. Das eine, ein Fläschchen mit einer g■ra^•ierten Ansicht der Küste von Puteoli und von Bajae wurde in einem alten römischen Bergwerke zu Odemira im Bezirke von Evora, andere in Ta\'ira gefunden.^) Das läßt darauf schließen, daß die Industrie von Campanien, den ältesten Glas^^'erkstätten des Westens aus, nach der iberischen Halbinsel verpflanzt wurde.
17*^
Gallien.
Auch nach Gallien wurde die Glasindustrie von den Römern verbreitet und die vorzüglichen, noch heute zum Teil benutzten Sandlager bei Lyon, Fontainebleau, Chantilly, Nemours, Namur ihr dienstbar gemacht, bis man Mittel gefunden hatte, auch schlechteren vSand durch Befreiung von Eisenoxyden und anderen verunreinigenden Bestandteilen herzurichten und damit den bisher an bestimmte Orte gebundenen Betrieb beliebig aus- zudehnen. Das Material selbst war den Kelten durch ägyptischen und etruskischen Import längst bekannt, wenn sie es auch nicht herstellen konnten, ja nicht einmal einen Namen dafür hatten. Die keltische Bezeichnung für Glas ist aus dem lateinischen ent- lehnt, doch existiert eine ältere dafür bei den Iren in dem Worte gloina, Adjectiv gloingha, die in Gallien selbst ausgestorben ist. Man hatte das Glas durch die zahlreichen, auch bei den Dol- men der normannischen Küste (s. S. iio) gefundenen Schmuck- perlen, an den Besatzstücken etruskischer Fibeln der Hallstadt-
1) Vgl. Abschnitt VIII.
191
periode, sowie in \ereinzelttMi Gefäßen kennen _i>-elernt und dem rätselhaften, fremdartis^en, ^irlänzenden Stoffe, gleich dem Bernstein und den Gemmen eine geheimnisvolle Bedeutung als Talisman beigelegt. Die Druiden bedienten sich linsenförmiger Kugeln aus farbigem Glase zur Bezeichnung ihrer Rangstufen: Blaue bezeichneten die Würde des Oberpriesters, weiße die der eigentlichen Druiden, grüne die der Ovaten, dreifarbige die der Schüler. Sie trugen Amulette in Form gläserner Perlen. Auch
Abb. 95. Gruppe von Gläsern mit Spiralfäden. Köln, Sammlung M. vom Rath.
im Mythus spielte das Glas eine Rolle: er spricht von einer gläsernen Insel namens Avallon (angelsächsisch Glastney).
Diese ersten Boten der Glasmacherei riefen anfangs keine direkten Xachbildungen hervor, trugen jedoch mit etruskischem Importe zur Entwickelung der gallischen Emailindustrie bei, \on der wir namentlich in Bibracte bereits aus der Latenezeit zahlreiche hochentwickelte Proben besitzen. Dort und in den Xekropolen der Champagne trat den Römern schon bei der Eroberung des Landes ein hochentwickeltes Kunstgewerbe und ein Dekorations- stil entgegen, der allerdings nicht auf Gallien allein beschränkt war, sondern ganz ^Mitteleuropa umfaßte und auf einen gemein- samen kelto-skythischen Urs})rung zurückgeht.^) Dieser .Stil ist ein wesentlich ornamentaler, geometrischer und auf farbige
*) Salomon Reinacb, Antiquites nationales du Musee St. Germain. lünlcitung.
192
Wirkung" berechneter. Daher pfleg"t er auch im Gegensätze zum klassischen Geschmacke dcis PImail. Die Eigentümhchkeiten des galUschen Geschmackes treten auch in der Folge hervor. „Ob- gleich Rom", sagt Boissier. „während fünf Jahrhunderten die Herrin Gidliens gewesen ist, hat es dort den nationalen Geist nicht zerstört. Die Gleichförmigkeit des Reiches ist nur schein- bar, im Grunde bestehen zwischen den einzelnen Provinzen Ver- schiedenheiten und es dient Rom zur Ehre, daß es diese nicht zu verwischen gesucht h^it. Der Gallier lebt bei uns unter den Römern und wenn er spricht oder schreibt, ist es leicht in seinen Büchern und Reden die Vorzüge und Fehler zu bezeichnen, die auch später der französischen Literatur eigentümlich sind."
Der Einfluß der alexandrinischen Kunst, dem Italien selbst seit dem Beginn des I. Jahrhunderts erlag, tritt auch in Gallien sehr deutlich hervor. Er kam nicht nur über die Alpen ins Land, sondern fand schon vor den Römern seinen ^Veg von Massilia aus durch das Tal der Rhone ins Innere. Strabo berichtet IV lo, 13, daß die Alexandriner viele Fremde bei sich aufnehmen, aber auch viele der ihrigen nach auswärts senden. Marseille stand immer in Verbindung mit Ägypten, noch im Anfange der frän- kischen Zeit kam der Papyrus von hier nach Gallien. Man brauchte etwa 30 Tage Seefahrt dahin. Als Pflegestätte von Literatur und Wissenschaft wurde ^Nlassilia selbst \on bildungs- bedürftigen Römern aufgesucht und war in seiner Blütezeit Alexcmdria und Antiochia ebenbürtig. Mit der engeren Heimat, den jonischen Inseln, herrschte gleichfalls reger Handelsverkehr. Derselbe Strabo sagt von Massilia „(fdi/.lrjvag xavfaxsva^s rag ^aXctTag". Tacitus und die Inschriften helfen das Bild von der glanzvollen Jonierstadt ergänzen, deren Münzen bis in die Alpen- gegenden hinein als Zeichen eines länderumfassenden Unterneh- mungsgeistes zerstreut sind. ^) Reiche Massihoten hatten im Süden Galliens bedeutende Kunstwerke ihrer griechischen Landsleute zusiimmengebracht, wie die Venus von Vienne, die beiden Statuen dieser Göttin in Arles, die von Frejus, den Diadumenos von Vaison, sie hatten einen Meister ersten Ranges wie Zenodorus beschäftigt, den vSchöpfer des kolassalen Mercurius
^) Vgl. E. Maaß, Die Tagesgölter.
193
Ar\-ernuN. Während die i^Tii^chische Kunst in .ig-ypten eine vier Jahrtausende alte Kultur antraf, eine Monumentalkunst ohne g-leichen. stieß sie in Gallien nur auf eine, freilich sehr g-eschickte und vielseitig-e ITandwerksübung". Ks ist daher erklärhch, daß die Kunst, die sich in Gallien entwickelte, vollkommen griechische For- men annahm. Nach Loeschcke waren südg-allische, in griechischer Technik g-eschulte Steinmetzen bei den Denkmälern von Xeu- magen, Ig"el, dem Grabmale der Julier in St. Remy, dem Triumph- bogen in Orange u. a. tätig und wurden die Lehrer der Ein-
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Abb. 96. Gruppe von (Häsern mit Netz- und Zickzackfäden. Köln, Sammlung M. vom Rath.
heimischen. Reinach glaubt dagegen in dem realistischen Zuge der Rehefs, die mit Vorliebe Szenen des häuslichen Lebens, des Geschäftsverkehres, der Landwirtschaft, des Weinbaus schildern, nicht nur hellenistischen (jeist, sondern direkte Einwirkungen des ägyptischen Sinnes für die Wirklichkeit erkennen zu müssen. Auch in Einzelheiten, wie in der scharfen Umschneidung der Reliefs durch gravierte Linien, sieht er bewußte Nach^ihmung des ägyptischen Reliefstiles. Viel deutlicher fühlbar machen sich ägyptische Einflüsse in der Kleinplastik, in der Neigung zur Karikatur bei den Negerbildern in Bronze, Ton und Glas, den Gestalten musizierender Affen, den Götterfigürchen, ab- gesehen von den zahlreichen importierten Uschebtis und ägyp- tischen Klfin])r()iiz('n. I)ie rc'imischen \'illen in l>elgien sind in der Anlage denen von Ägypten ähnlich, doch mag hier keine unvermittelte Einwirkung im Spiele sein, sondern das Beispiel
Kisa, Das Glas im Altertume. j -i
194
der Villen Pompejis, dieser Kolonie alexandrinischer Kunst auf italischem Boden.
Von allen Künstlern, die im I. Jahrhunderte nach Gallien zu arbeiten kamen, ist nur ein Name erhalten, der des Zenodorus. Reinach hält ihn bestimmt für einen Alexandriner, Thiersch für einen Massilier, aber sein Name kommt sonst nur in Ägypten und Syrien vor. Nach Plinius lieferte er für die Stadt der Arverner eine Kolossalstatue des Mercur in Erz und bezog" da- für bei iojährig"er Arbeit das sehr anständige Honorar von 400000 Sesterzien. Außerdem kopierte er für Dubius Avitus, den .Statthalter der Provinz, zwei von Calamis ziselierte Becher, welche Germanicus dem Oheim des Statthalters, seinem Lehrer Cassius vSilanus, zum Geschenke gemacht hatte. Sonst erfahren wir durch eine Inschrift in Lyon von einem Glasmacher, einem „opifex artis vitriae Julius Alexander, natione Afer, civis Cartha- giniensis".^) Karthagos Glasindustrie hing mit der seiner Vater- st£idt Tyrus zusammen. Vielleicht ist das derselbe Alexander, dessen linksläufiger, ziemlich schlecht in Reliefbuchstaben aus- geprägter Namensstempel auf dem Boden einer ordinären vier- eckigen Flasche aus grünlichem Glase in Rom zu lesen ist.^)
Alexandrinische I laudier kamen weit ins Land hinein. In Clermont (Dep. Oise) wurde der Grabstein eines Alexandriners gefunden, der in einem industriellen Betriebe tätig gewesen sein könnte. Ägyptische Schiffe gingen außer Massilia auch nach Narbonne. Zu Nimes errichtete Augustus nach der LTnter- werfung Ägyptens eine Kolonie alexandrinischer Veteranen. Die städtischen Einrichtungen sind dort denen der ägyptischen Hauptstadt gleich, der Kult der Isis und des Anubis ergibt sich aus Altarinschriften, einige Münzen zeigen das Krokodil in Ketten, das Symbol des besiegten Ägyptens, und die Zeitrechnung wird dort selbst unter Augustus nach alexandrinischem Systeme vor- genommen.'") In der gallischen Kleinkunst erscheint öfter die Personifikation Alexandrias, das Brustbild der .Stadtgöttin, wie es auf einem Bronzerelief aus Pompeji im Museum zu Neapel und auf einer silbernen Schüssel des .Schatzes von Bosco Reale vor-
•) Boissieu, inscriptions de Lyon 427. Orelli 4299. Froehner .S. 124 Nr. i. ^) Dressel im Corpus inscr. lat. XV. 7001. ''^) Ilg bei Lobmayr S. 45.
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gebildet ist, mit dem chiirakteristischen Elefantenrüssel auf dem Haupte. Außer einigen Tonlampen in Köln kommt zu derartigen Darstellungen neuerdings ein Goldbild, ein sog. Fondo d'oro im Besitze von Theodor (iraf in Wien, das allerdings \v£dirscheinlich aus Alexandria selbst stammt.')
Im allgemeinen treten am Rhein und im narbonnensischen (jallien die heimischen Elemente weniger hervor, weil hier die Romanisierung durch Be^unte, Garnison und Veteratien \\o\ stärker
Abb. 97. Gruppe von Gläsern mit Fadenverzierung. Köln, Sammlung M. vom Rath.
betrieben wurde. Am deutlichsten sind sie in Gallia Lugdunensis und Gallia Belgica, in der Xormandie und I'icardie. (jleichzeitig ist ^iber auch nirgends der Zusammenhang zwischen gallischer und alexandrinischer Kunst so charakteristisch ausgeprägt wie auf diesem Boden, auf welchem sich im IL Jahrhundert die Glas- indu.strie zur Selbständigkeit erhob, um zu dessen P^nde und nament- lich im Verlaufe des dritten eine Ausdehnung zu erreichen, welche die italische hinter si(^li zurückließ und mit der Alexandriens und Syriens selbst im Ex])orte wetteiferte. In den Fabriken der Xor- mandie, des Artois, d(^r Picardie, der Aisne, im Wakh^ von Bre- tonne, an den Ufern d<^r Seine, bei Arras, Rouen. im Tale der Meust» wie in Lvon und Marseille wurden Massen gewöhnliclu^r
'-) Abgebildet bei Vopel, allchristl. (]oldgläser. Das Stück wird unter den Gläsern mit Goldverzierung im X. Abschnitte ausführlicher behandelt, wo aucli die Abbildung wiedergegeben ist.
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Gebrauchsware erzeugt, deren Reste in sehr zahlreichen Gräber- funden auf vnis gekommen sind. In ihnen überwiegt weitaus das durchsichtige geblasene Glas, das zum Teile reines Krystallglas ist, gewöhnlich aber einen Stich ins grünliche zeigt. Doch ist diese Schattierung durchaus \-on dem bläulichgrünen ägyptischen Glase verschieden, das sehr häufig bei der Importware vorkommt, heller und reiner, mehr einem gelblichen oder olivgrünem Tone zuneigend. In Lyon, bei Namur und in Foret de Mervent in der Vendee wurden Reste \'on römischen Glashütten aufgedeckt.
Die Gräber von Gallia Vindobonensis enthalten viel farbiges Glas, Kannen und Flaschen von zierlichen griechischen Formen, Hals, Fußplatte und Mündung von einem opakweißen oder gelben Faden umgeben, iius welchem auch der Henkel gebildet ist. Daneben gibt es Reste von Überfangglas, das kameenartig mit dem vSchleifrade behandelt ist; ferner Alabastra und Oenochoen von opakfarbigem Glase, in welches zierliche Muster von Farnkraut- Wellen- und Zickzackfäden oder glatten Bändern eingelassen sind. Sie unterscheiden sich von den altägyptischen außer den griechischen Profilen der Gefäßbildung, besonders der Mündung, namentlich dadurch, daß sie nicht aus freier Hand modelliert, sondern geblasen, mittelst der Glaspfeife hergestellt sind. Zu diesen Arbeiten der frühen Kaiserzeit kommen die Gläser mit Marmormustern, unregelmäßigen mehrfarbigen Flecken und Bändern, dann die Millefiorigläser mit ihren in die Masse ein- gestreuten Sternchen, Blümchen, konzentrischen Ringelchen, vermischt mit Punkten und Flecken, Petinetgläser mit einge- kissenen Längsstreifen und mehrfarbigen, spiralförmig gew^undenen Streifen und Stäben. Millefioriglas ist gewöhnlich zu flachrunden Schalen mit und ohne Fuß verwendet, die teils glatt ^ibgeschlifl^en, teils mit Längsri]ipen \erziert sind. vSchalen dieser Art wurden auch aus einfarbigem, tiefblauem, rotem, braunem Glase herge- stellt. Diese Sorten finden sich im Süden am häufigsten, sie kommen aber auch anderwärts, namentlich in den Kolonien der frühen Kaiserzeit \'or und stellen den ersten Import aus dem Orient und Italien, die Musterexemplare dar, nach welchen die neubegründeten Werkstätten ihre Tätigkeit aufnahmen. Um die Mitte des I. Jahrhunderts verschwindet die Vorliebe für Überfanggläser, Millefiori und Alabastra, das durchsichtige leichte
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Glas bes^innt das schwere opake, die Xach^dimuni^vn x'on Marmor und Pldelsteinen zu x-erdrängen. Die jjfallischen Werkstätten versuchen sich eine Zeitlang in der Nachahmung der Aüllefiori- und ]\Iarmorgläser, aber mit geringem Erfolge. Das Material ist gröber, ohne Leuchtkraft, die Farben stumpf, die Politur un- beholfen. Bei der Nachbildung der Alabastra mit Farnkraut-, Wellen- und Zickzackmustern beschränkt man sich x'on Anfang an auf eine annähernde Wiedergabe des äußeren Eindruckes und geht den technischen Schwierig- keiten der ägyptischen Originale aus dem Wege. Das (refäß wird cuis durch sichtig- farbigem ( ilase gebkisen und darauf diis Muster nicht in Fäden aufgelegt und in die Masse einge- walzt, sondern dünn und oberfläch- lich aufgetragen, teilweise mit dem Pinsel aufgemalt. Diese Technik wurde nach längerer Unterbrechung im III. Jahrhundert wieder aufgenom- men und von da ab bis in die fränkische Zeit sehr eifrig g-eübt: Farnkraut- und Wellenmuster bil- den beispielsweise den beliebtesten Schmuck fränkischer Glasperlen.
Mehr Glück hatten die gallischen Werk>tätten bei der Nachl)ildung der halbkugeligen gerippten Schalen in einfarbigem Glase, doch überwog hier bald das grünlich -durchsichtige die opaken und lebhafter gefärbten vSorten. Auch die farbigen Kännchen und Fläschchen in griechi^c•lleIl I*'ormen wurden nachgeahmt und dabei der Fadenschmuck s])iralförmig oft über den größeren Teil des Gefäßes ausgedehnt. Naclidem in der zweiten Hälfte des I. Jahrhunderts das farblose (jlas den Geschmack an diesen schönen Erzeugnissen zurückgedrängt hatte, kamen sie bei der Re^iktion des griechischen Kunstgefühles unter Iladrian aufs neue in Mode.
Inzwischen hatte die Lehrtätigkeit eingewanderter alexan- drinischer und italischer Glasmacher Früchte getr^igen. Die giillischen Werkstätten erstarkten zur Selbständigkeit und be-
Abb. 98. Xetzbecher. Köln, Museum.
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durften der fremden Beihilfe nicht mehr. L^rngsam vollzog" sich auch eine Verschiebung der Industrie von dem stark mit fremden Kolonisten durchsetzten Süden nach dem Norden, ihr Schwer- punkt erscheint vom Anfange des IL Jahrhunderts ab nach Gallia Lugdunensis und Belgica verlegt. Boulogne, Amiens, Reims, Vermancl, Namur entwickeln sich zu den Hauptzentren. Das farblose Glas herrscht vor und bestimmt den Stil. Die Faden- verzierung gewinnt eine außerordentlich reiche Entwickelung im phantastischen Schlangenfaden, im Netzwerke, das den Körper des Gefäßes völlig umspinnt und in den weiten Zickzacklinien, die oft mit Nuppen verbunden werden.
Daneben wies die Keramik den Weg zu reicher plastischer (iliederung durch Eindrücke, Falten und Rippen, durch Buckel, aufgesetzte Stachel u. a. Den größten Aufschwung ^lber ver- dankt die Industrie der Benützung ^-on Hohlformen, in welche das Glas dünnwandig eingeblasen wurde. Zu Anfang des IL Jahrhunderts wurden in (lallia Belgica jene Sigillatabecher mit zylindrischen Wandungen nachgebildet, deren Reliefschmuck sich auf die volkstümlichen Schaustellungen der Arena, die Tierhetzen, Wagenrennen, Gladiatorens})iele bezog, die in Gallien ebenso heimisch geworden waren wie in Italien. Man versah Tonmodel mit ähnlichen Szenen und blies in sie farbiges, goldbraunes, blaues, grünliches oder farbloses Glas. Außer diesen sog. Zirkusbechern wurden iiuch geformte Gläser mit einfacheren Reliefornamenten fabriksmäßig hergestellt, da sich die Arbeit mit Hohlformen, die weniger von der persönlichen Geschicklichkeit des Glasbläsers abhängig ist als andere, besonders zur Massenproduktion eignete. Namentlich mit den Kannen, welche die Gestalt des gallischen Weinfasses nachahmen, den Fasskannen, den ,barrillets' der Franzo- sen, überschwemmten die belgischen AVerkstätten, insbesondere die im III. Jahrhunderte und schon zu Ende des zweiten tätige Officina Frontiniana die ganze Pro\'inz, selbst England und Italien. Neben derartigen selbständigen Erzeugnissen fielen orientalische An- regungen auf fruchtbaren Boden. Die kleinen flachrunden Pilger- flaschen, deren vSeiten mit Medusenmasken in Relief geschmückt sind, wurden bereits zu Anfang des IL Jahrhunderts in farbigem Glase nachgeahmt. Ihnen folgten die Gefäße in Form \'on Janus- köpfen, von Neger- und vSkla\enköpfen , \on hockenden Affen,
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Gänsen, Enten und anderen Tieren, die Nachbildung" von Früchten, darunter die schönen Kannen in Form v'on Weintrauben u. ii.
Der Export Syriens scheint auf diese Entwickehnig- nicht ohne Einfluß jn-ebliebcni zu sein. -Syrische Kaufleute und Hand- werker beg-annen schon im I. Jahrhunderte sich in Gallien nieder- zulassen, zuerst in Yienne und Lyon, wo sie namentlich die Seidenindustrie einbürg^erten, d^mn in Bordeaux u. a. Unter der Kaiserin Julia Domna, einer Syrerin, stieg- die Macht ihrer Lands- leute auf allen Gebieten, später g^ing" in Gallien die syrische Ein- wanderung- mit der Christianisierung- Hand in I land. Antiochia, die Hauptstadt, erschien zug-leich vom II. Jalir- hunderte ab neben Alexandria als Vorort grie- chischer Bildung-. Damit erklärt sich vielleicht auch das häufig-ere Auftreten g-riechischer In- schriften auf g-allischen Tong-efäßen und Gläsern im in. und I\''. Jahrhundert. Nachdem Sidon und Tyrus ihre frühere Bedeutung- verloren hatten, fand die Glasindustrie im syrischen Hin- terlande eifrig-e Pflegestätten, die ihre Verbin- dungen von West nach Ost ausdehnten, sogar bis zu den Chinesen, welche erst dadurch das Glas überhaupt kennen lernten. Die Syrer pflegten vor allem die Technik des aufgelegten Fadens, die Wr- zierung mit Buckeln und Eindrücken, sowie das Blasen in Formen.
Die gallische Industrie bewegte sich im III. Jahrhunderte vorzugsweise in gleichen Richtungen, wobei die Farbe gegen die plastische Ausbildung in den Hintergrund trat. Dagegen lebte im folgenden die PVeuch^ an jener wieder auf Gefäße in leuchtendem Blau, Purpurrot, \'iolettrot, Goldbraun, Smaragd- und Dunkelg-rün werden wieder häufiger, die Verzierung mit Nu]ipen, Zickz£ick- und Wellenfäden gibt zu mehrfarbiger Wirkung (ie- legenheit. Aber Form und Dekoration wird immer derber und brutaler, bis man im \'. Jahrhunderte sog-ar zum Besatz der Gefäße mit unreg-elmälMgen Steinbrocken g-elangte, den Zickzackfaden un- fcirmlirh dick und r(\gelIos herlun^(•lllaIlg imd die Fähigkeit \-erlor, reine, leuchtende Farben herzustellen, (jraxierung, Schliff und Malerei, die Haupttechniken vom Ende des III. Jahrluniderts ab. wurden vor\vi(\gend im Rlieinland g-epflegt, insbesondere in Köln
Abb. 99. Kännchen
mit Netzverzierung.
Trier. Museum.
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und Trier. Die anderen gfallischen Gebiete nahmen an ihnen nur geringen Anteil, doch bheb die Glasindustrie Belgiens, die der Picardie und der Aisne auch noch in fränkischer Zeit ver- hältnismäßig die bedeutendste des Nordens diesseits der Alpen.
Bei der Wohlhabenheit, die sich in Gallien während der ruhigen Herrschaft der Römer ausbreitete, drang der Gebriiuch des Glases in alle Schichten der Bevölkerung, so daß die Gräber der Toten eine große Menge \'on gläsernen Beigaben enthalten. Die Zahl der in Gallia Belgica und Gallia Lugdunensis gefundenen Gläser wird nur von jener überboten, welche der Boden Kölns spendete. Was sich außerhalb der Gräber einst an solchen be- fand, ist natürlich längst zerstört, ja selbst die Gräber waren nicht immer, namentlich bei feindlichen Einfällen, der Plünderung ent- gangen. Aber noch im Mittelalter waren, wie Theophilus be- zeugt, gewaltige Massen antiker Gläser in G^dlien vereinigt. Die in solcher Arbeit erfahrenen Franken sammelten sie, zerstampften sie (!) und schmolzen sie von neuem zu farbigem Glase. Diese barbarische Prozedur, welche beweist, daß antikes Glas durch sein häufiges Vorkommen an Wert eingebüßt hatte, wurde durch das Vorurteil verursacht, daß das so gewonnene farbige Pro- dukt besser sei als das auf gewöhnlichem Wege hergestellte. Außer Theophilus enthält auch Heraclius Rezepte zur Herstellung farbigen Glases, namentlich aber \'on Farben zur Bemalung von Glas aus antiken Scherben. Für die Fortdauer der antiken Tradition auf gallischem Boden spricht u. a. der Umstand, daß die Venezianer im X\T. Jahrhunderte die Asche einer ,herba calida' aus Maguelonne in Südfrankreich bezogen, um sie zur Glas- schmelze zu \'erwenden.
Außer dem Karthager Alexandros, der als Glasmacher in Lyon tätig war, ist durch Inschriften und Fabrikstempel eine ganze Reihe gallischer Glaskünstler bekannt geworden. Auf importierten Waren liest man Stempel des Artas, Volumnius Januarius, Leuponius Borvonicus, der Firmier Hilaris und llylas und andere. Einheimische waren Amaranthus, Patrimonius, Imperator, Daecius, Felix, die (Jfticina Frontiniana, Equa(-sius?) Lupio, Cebeius Hyllicus, Cosanus (oder Cosanius), G. Appivis Apinossus (Besangon), Q. Cassius Nocturnus, Laurentius, ]\Iagunus, Rimus, Calcagnus u. a.
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In folg'tMuhMn sind im Anscdilusse an l^VoclnKsr, dit^ wich- tigsten Fundorte \on Gläsern auf q-allischem Boden, mit Aus- nahme von Deutschland und dcv S(-h\veiz, ang-eführt.
Gallia Narbonnensis.
Hauptfundorte sind die dräber \"on Toulouse (Tolosa) und Nimes (Nemausus). Hier fand man auch ein Glas mit der Marke eines irriechi sehen Werk mcMsters Zt^thos, vielleicht eines ZeitLTenossen
a /> c
Abb. loo. Gruppe von Gläsern mit Fadenverzierung. In den Museen von a Bonn, b Worms, c Nürnberg (Germanisches M.), d Bonn, e Trier.
der vSidonier Art^is, Ennion u. a., dann ein her\orra^-endfs Stück, einen mit Em^iilfarben bemalten Becher, auf welchem der Kam]^f von Pyj>-mäen ges^en Kraniche geschikh^rt ist. Das jetzt im Lou\re befindliche Glas wird später noch näher besprochen werden.
Aix (Aquae Sectiae). Unter anderm große zylindrische Aschenurnen.
Apt (A])ta Julia*. Zahlreiche, überall hin zerstreute Funde. Eine Aschenurne mit dem Stem])e ].. ARLEXI lAPlDLS.
Gallia Vindobonensis»
liauptfundorte sind die Gräber von Marseille (Massilia) und Arles (Arekis). Schon Caylus spricht von ihnen und bildet
Recueil III 330 T. 89 das Bruchstück eines Überfangglases mit bacchischer Szene ab: Ein Bacchant, der einen Bock herbei- zieht, gefolgt von einem Satyr. In der Revue archeol. N. S. 28, S. 79 werden andere Gläser veröffentlicht. In der Gegend über- wiegt die farbige Imjiortware aus dem Orient und die Arbeit der frühen Kaiserzeit.
vSt. Gabriel. (Dep. Vaucluse) und Vaison (Vasio) sehr reiche Funde farbiger Gläser, davon mehrere im Britischen Museum und früher bei Ch£Lr\'et, jetzt im Metropolitan Museum zu New-York (abgeb. bei Froehner a. a. O. T. 18, Sj T. 29).
Rouffieu. Bourgoin. Le Pouzin. Farbige Gläser im Briti- schen Museum. Montagnole (Savoyen), ein Gladiatorenbecher bei Charvet (Froehner T. 21).
Aquitanfen.
Bordeaux (Burdigala). Saintes (Santones). Im])ortware, da- runter eine viereckige blaue und eine viereckige gelbe Flasche mit Reliefmasken; gerippte Schalen, einzelne aus Millefiori.
Vendee.
Grues. Le Cormier. Reiche Funde, darunter ein Gladiatoren- becher aus gelbem Glase. Foret de Mervent, Reste einer Glas- werkstätte, gef. 1863. St. Medard des Pres. Chavagne, Becher mit Gladiatorenreliefs.
Deux Sevres.
Amure. Coulogne-les-Royaux. Luc. Sehr zahlreiche Funde, vgl. Revue archeol. XV S. 536.
Vienne.
Poitiers (Pietavi) sehr bedeutende Funde. London.
Maine et Loire.
Clere. St. Just sur Dive. Grand Murat (Creuze). Tintignac (Correze). Issoire (Puy de Dome).
Gallia Lugdonensis.
Hier entstanden die ersten Glaswerkstätten auf gallischem Boden, vielleicht im Anschlüsse an die von Plmail. Bibracte
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hat ja auch die ältesten Kmaihirbeiten g'ehefert, von deren Werkstätten sich Reste erh^dten haben. Lyon (Lusjfdunum) zahlreiche Funde, ^fontbrison (Loire). Chalons s. Saone (Cabil- lonum), unter anderem ein gläserner Fisch. Mont Beuvray (Bibracte). Charnay, Becher mit Quadrig^en. Autun, (Bibracte) Fragment eines Bechers mit Quadrigen. Troyes (Tricasses). Ar^is s. Aube. St. Loup. Buffigny. Melun (Mellodunum). Paris, zahl- reiche Pfunde.
Bretag:nc.
Rennes (Redones). Carnac (Morbihan). Außer anderem Reste eines Glasfensters, auf einer Seite poliert, auf der anderen rauh, an den Rändern Spuren eines roten Kittes.
Normandie.
Evreux. Vieux-Evreux (Eburovices). Eturquerai unter anderem eine Flasche in Form eines Fäßchens aus der Fabrica Fronti- niana. Trouville u. a. ein Becher mit einer Quadriga und ein Fragment mit ( xladiatoren- relief Rouen (Rotomagus) zahlreiche Kan- nen der Officina Frontiniana. Quatremares, eine Kanne mit Fadenverzierung. Eslette, Faßkannen der Frontiniana. Juliobona dgl. Etretat dgl. Le Bois de Loges dgl. Fecamp dgl. Neuville le Pollet (bei Dieppe) dgl.,
außerdem große Funde von Gläsern neben Münzen xou lladriaii bis Marc Aurel.
Gallia Bcigica.
Das heutige Dej). Seine Inferieure, die ehemaligen Gebiete der \'elocassier und Caleter, scheinen der Mittt^ljuinkt der Fabri- kation geformter (jläser, der Becher mit Zirkusszenen in Relief sowie der Faßkannen, gewesen zu sein. Während jene in den An- fang des 11. Jahrhunderts hinaufreichen, blüln die 1 Tau})twerkstatt der Fal^kannen. die Officina Frontiniana, erst gegen Ende dieses Jahrhunderts auf Ihr engerer \'"erbreitungsbezirk umfaßt außer Gallia Belgicii die Normandie und Köln mit dem Niederrhein. Die
Abb. loi. Sog. Horn- becher. Sammlung Basser- mann-Jordan, Deidesheim.
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Hauptfundorte sind hier Reims (Durocotorum Remorum), Amiens (Samarobriva) und Vermand (Viromanduum in der Picafdie). Die in Reims und Amiens gefundenen Gläser sind zumeist in alle Windrichtungen zerstreut, während die in Vermand und Abbeville gefundenen — gegen 500, davon der vierte Teil unversehrt — glücklicherweise beisammen geblieben sind. ') Gläser bilden in Vermand den größeren Teil der Grabbeigaben. Sie reichen nach Pilloy von der Mitte des III. bis zum Beginn des V. Jahrhunderts. Diese Datierung läßt sich jedoch nicht auf die Frontinuskannen imwenden, welche in Neuville le Pollet mit Münzen des Hadrian, der Faustina, des Commodus, Antoninus Pius und Marc Aurel zusammen gefunden wurden.'^)
In Amiens, dessen Museum reich an Gläsern aus der Um- gebung ist, wurde ein Glasgefäß in Form eines die vSyrinx blasenden Affen gefunden, ein Typus, der auch in den Museen von Köln, Bonn und Trier vertreten ist, ferner ein Glasgefäß in Form eines j£muskopfes (abgebildet bei Froehner a. a. O. T. 16, 20, 21). — Andere Fundorte: Damery (Marne). Le Chatelet. Foret de Compiegne. Beimvais (Caesaromagus Bellovacorum), u. a. Kannen mit Spiralrippen. Etaples. Boulogne sur mer (Bononia) reiche ^Sammlung im dortigen Museum. Sablonniere, Breny, Chouy, Ancy, Chassemy Gläser des IV. Jahrhunderts. Im heutigen Belgien: Avenue, Corroy le Grand, Furfoz, Namur, Samson, Spontin. I^ann Steinfort in Luxeml^urg.
Sequana.
Besan9on (Vesontio). Port sur vSaone (bei Vesoul) Fuß eines Bechers mit dem Stempel des italischen Glasmachers G. Leu- ponius Borvonicus.
1) Pilloy, etudes sur d'anciens lieux de sepulture dans l'Aisne, tom. II S. 92 f. ^) Cochet, Normandie souterraine S. 183. — Bohn im corpus inscr. lat. XIII zu No. 38 ff.
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Britannien.
Von Gallien aus verbreitete sich das Glas zu den keltischen Stammesgenossen in Britannien. Strabo nennt unter den Luxus- gegenständen, welche die Kelten P^nglands ihren Nachbarn jenseits des Kanales verdcmken, Glasperlen und Glasgefäße. Erstere hatten ihnen aber bereits die griechischen, vielleicht schon die phönizischen Händler direkt zugeführt, wenn sie das geschätzte Zimi \on den Casseriden holten und in der Nordsee auf Bernstein
Abb. I02. Fränkische Beclier Köln, Sammlung Xielien.
fahndeten. Wie in (iallien trugen die Druiden avich in England farbige Glasperlen als Erkennungszeichen und als Talismane; noch jetzt nennt das Volk sie Druideneier oder Schlangen- und Viperneier, wobei es die Durchbohrung in der Mitte als das Mal eines vSchlangenbisses erklärt. Die Volksmeinung Englands berührt sich darin mit jener der Aschantis in Afrika, die gleichfalls gläserne Schmuckperlen, welche sie in der Erde finden, für Eier einer Schlangenart halten. Dabei mag der Umst^md mitspielen, daß sie häufig an verborgenen Orten im Boden ruhen und ihre Entdeckung Sache des Zufalles ist. Die Germanen in Deutsch- land nannten sie auch Siegessteine, weil sie angeblich ihrem Träger den Sieg im Kampfe verbürgten.
Die nordische Mythologie weiß viel von Glas zu erzählen. Sie spricht von Quellen, Schüfen, Bergen aus (ilas. Der Himmel der PLdda ist eine riesige durchsichtige Glaskugel.
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In der Wickinger vSage legt »Siegfrieds Mutter den Neugeborenen in ein Gefäß aus Glas. In einem gewaltigen Pokale aus Glas wohnt nach einer keltischen Legende auch König Artus. Den nordischen Völkern erschien das Glas, das zu ihnen auf Handels- wegen vom Süden herkam, als ein rätselhaftes und kostbares Produkt, viel wertvoller als Gold, Silber und Edelgestein.
Die vSagen von gläsernen Sälen und Burgen mögen auf die (ilasburgen zurückzuführen sein, welche sich tatsächlich in Schott- land, Frankreich und Deutschland erhalten haben. Man nahm früher mit Williams an, daß die schottischen Anlagen dieser Art tatsächlich völlig \'erglaste Wälle hätten, deren Entstehen man sich folg'endermaßen erklärte. Man habe zuerst einen Graben auf- geworfen, diesen mit verschiedenen Materialien, welche in der Hitze schmelzen und verglasen, gefüllt und zugleich Holz, Kohlen und andere Brennstoffe hinzugefügt. Im Grunde entstand so eine Schichte von glasartiger Substanz, auf welche man \on neuem Schmelz- material warf, und eine zweite Schichte herstellte. Dies setzte man fort, bis der Wall die gewünschte Höhe erreichte. Ilg be- zweifelt mit Recht diese Erklärung und denkt an eine natürliche Entstehung der Befestigungsanlagen durch einen Waldbrand.^) Man erinnert sich da der Erzählung des Josephus Flavius von dem Waldbrande in Judäa, durch welchen man zuerst auf die Glasbereitung geführt worden sei (s. Seite 97).
Inzwischen sind diese Glasburgen genauer untersucht und aufgeklärt worden. Es sind Befestigungsanlagen, die bis auf die Glasverkittung ganz den Steinringen des Taunus, der Eifel, des Hochwaldes und anderer Berggegenden Deutschlands entsprechen. Sie nehmen eine kleine Fläche auf dem Gipfel steiler Hügel, den Rand oder die Mitte steiler Bergzungen ein, so daß sie nur von einer .Seite zugänglich sind, hier aber noch durch einen Vorwall gedeckt werden. Eine der bestausgeprägten Anlagen dieser Art ist Knock Ferrel Naphian, angeblich die Wohnung Fingais, zwei Meilen nw. von Ding'wall in Rosshire. Sie bildet ein Oval von 120 .Schritt Länge und 40 Breite. Der Wall ist 12 Fuß, an einer Stelle 23 Ful] hoch, 3 — 4 dick und nach außen steiler abfallend als nach innen. An der zugänglichen Spitze ist
^) Ilg bei Lobmayr S. 45.
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das 0\al xorläng'ert und enthält den durcli /.alilreiche Ouerwälle gesicherten Eing-jini,'-, während die andere Spitze durch zwei Quer- wälle als letzter Zufluchtsort für die Xot i^eschützt ist. Der Um- fassungfswaül und die Querwälle sind nicht massiv g"eschichtet, es zeig"t sich vielmehr, daß die A"erg"lasun^ von itmen aus vorge- nommen ist, wobei sie an der Außenseite sichtbarer hervortritt, als an der entgegeng-esetzten, wo manche Steine gar nicht vom Feuer berührt sind. Die Oberfläche ist im Allgemeinen nur wenig verschlackt, mit Humus und 1 ieidekraut überzogen und
Abb. 103. Trinkhorn. Köln, Sammlung M. vom Rath.
daher kaum \on, einem gewöhnlichen Erdwalle zu unterscheiden. Früher nahm man an, daß die Verschlackung erst im XIII. Jahr- hundert dadurch herbeigeführt worden sei, daß Belagerer den Wall in Brand gesteckt hätten, um ihn zu zerstören. Das wird aber schon dadurch wiederlegt, daß der Mittelpunkt der Glut offenbar in das Innere der Mauer \'ersetzt war. Gueslin de Bourgogne dachte sich daher die Entstehung der (jlasburgen so, daß man im Inneren der Mauern Herde angebracht habe, in welchen man ein lang an- dauerndes Feuer unterhielt, welches allmählich zur teilweisen Ver- schkickung der Steine und Ziegel führte. Andere glaubten, daß man durch das ganze Innere der Mauern der Länge nach Brenn- material aufschichtete, entzündete, und (he (dut \on außen durch angelehnte Holzscheite verstärkte. Prevost ergänzte cHes durch den Hinweis auf die Anlage von Zit^geh'ifen beim Feldbrande.-^)
') Prevost, memoire sur les anciens construclions mijitaircs connues sous Ic nom de forts vitrifies. Saumur 1863.
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Ähnlich wie bei diesen habe man eine Mauer mit vielen Zwischen- räumen aufgeführt, in welche das Brennmaterial, Holz, Stein- und Holzkohle eingelegt und hierauf der Luftzug und die Flamme g'eleitet wurde. Von außen habe man die Zwischenräume, wo irgend möglich, geschlossen und die g^mze Mauer mit einem Überzuge von Ton versehen. Im Inneren finde man fast aus- schließlich Lehmziegel und nur ausnahmeweise Steine.
Dagegen stellt von Cohausen fest, daß man bei den schot- tischen Glasburgen gerade im Gegenteile fast ausschließlich das Felsmaterial der Umgebung zur Herstellung des Walles benutzt h^ibe und nur wenige Ziegel.^) In Frankreich nahm man zumeist Granit, weißen Quarz und wenig Sandstein. Der im Granit ent- haltene Feldspat reichte hin, in Verbindung mit der Holzasche eine leichte Verglasung herbeizuführen, welche die Steine über- zog und einen festen Kitt bildete. Über das Alter der schottischen Glasburgen und der verwandten Anlagen in Frankreich und auch bei uns sind noch keine genügenden Untersuchungen angestellt. Man wollte sie den Dänen oder den Einwohnern aus der Drui- denzeit zuschreiben. Da man aber in einigen römische Ziegel- bruchstücke und lange eiserne Xägel gefunden hat, dürften wenigstens diese aus römischer Zeit oder einer bald darauf fol- genden Periode stammen. In Deutschland nennt man solche Anlagen richtiger Schlackenwälle. Einige von ihnen bestehen aus geglühtem Ton, aus Erdmassen, die mit Kohle und Asche untermischt sind, andere aus Steinen, welche geglüht, gefrittet glasiert oder geschmolzen sind. Solche Wälle gibt es bei Strom- berg und Rotenstein in der Nähe von Löbau, auf dem Rein- harclsberg"e bei Kamentz, dem Schaf berge bei Bukowitz und bei Karlowitz in Böhmen. Am Niederrheine wurden von Nöggerath vSpuren von derartigen Wällen am Donnersberge gefunden.
Vielleicht sind auch nach England alexandrinische Glas- macher gegangen, da die Handelsverbindungen von Marseille die Rhone hinauf nach Belgien und über den Kanal reichten und auch die Griechen Zinn von dort holten. Jedenfalls übte das Erstarken der heimischen Glasfabriken in Gallien auch seine Wirkung auf die Stammesgenossen in England, denn vom Ende des
^) V. Cohausen. Die schottischen Glasburgen. Bonner Jahrb. 37, S. 197 f.
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I. JahrluiiultTts al) w urde auch xon diesen dlas erzeuj^t und zwar in durchaus g-leicher Art. Die cng-Hsch-römischen Gläser stimmen sowohl in Material, wie in P'orm und Verzierung- vollkommen mit den g-alli seh -römischen überein. Üb die zu Anfang- des il. Jahr- hunderts auftauchenden, in Hohlformen g-eblasenen Zirkusbecher,. \on welchen schon die Rede war, auch in England g-emacht wurden, wie einige englische Archäolog-en annehmen, ist nicht g-anz sichergestellt. Tatsächlich wurden (^bensoxiele \on
Abb. 104. Trinkhorn aus Castel Trosino. Rom, Museo Civico.
ihnen in England wie in Erankreich gefunden, ein Bruchstück dieser Art auch in den Werkstätten von Wilderspool (s. S. 23), was ^dlerdings zugunsten dieser Ansicht ausgelegt werden kann. Jedenfalls lassen die Eunde von Wilderspool einen sehr entwickelten und vielseitigen Betrieb erkennen, der sich nicht auf gewöhnliche Gebrauchsware beschränkte, sondern auch das Blasen in Hohlformen, die feinere Eadenverzierung, den Schliff und die Gravierung, farbloses und farbiges Glas, auch schon die Herstellung- \on Krystallglas durch Zusatz von Bleioxyden kannte und damit beweist, daß das moderne englische Bleiglas auf eine cüteinheimische Übung zurückzuführen ist. Da sich diese Sorte besonders zur Griivicrung und zum Schliffe eignet, sind gra\-ierte Gläser unter den antiken Eundini Englands verhältnismäßig sehr reich \ertreten. Eunde von römischen Gläsern sind in Eng- land überhaupt nicht selten; häufig- kommen auch Emailarbeiten \or, selbst größere Stücke, Gefäße aus Bronze mit reichem
Kisa, Das Glas im Altertunie. jj
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Grubenschmelz, (s. S. 151) wie die Bronzevase von Essex (abgeb. bei Deville T. 108) u. a. Man kann kaum daran zweifeln, daß Philostratus bei seiner Erzählung von den Barbaren am Nord- meere, welche in den Metallschmuck von Pferden unverwüstliche Farben einzuschmelzen verständen, nicht nur die festlän- dischen Küstenbewohner, sondern auch ihre Nachbarn jenseits des Kanales gemeint hat.
Als Fundorte antiker Gläser kommen in England nach Froehner folgende Städte in Betracht:
Arisford, Chilgrove (Archeologia 31, 312) und Dentworth in Sussex. Canterbury (Durovernum), wo u. a. eine .Scherbe mit graviertem Wagenrennen gefunden wurde. Faversham und Hartlip in Kent, an letzterem (Jrte einer der Zirkusbecher aus grünlichem Glase, mit Wagenrennen und Gladiatoren. London (Londinium): zahlreiche Funde aus Spittlefield, die mit der Samm- lung Roach vSmith in das Britische Museum kamen. Colchester (Camulodunum), reiche Funde, darunter ein Becher mit gravierter Zirkusszene und Inschriften aus Lexden Road, jetzt im Britischen Museum. Bartlow Hill, Messnig und Chesterford in Essex. Grun- disburgh vmd Melford in Suffolk. Barnwell (Cambridgeshire, vgl. Slade a. a. O. S. 44, 45). Leicester (Ratae) u. a. ein Frag- ment eines vSiegesbechers mit Gladiatorenkämpfen in Relief. Newark, (Gloucestershire). Circencester (Durocornovium). Caerleon (Isca vSilurum). Cambeckfort am Hadrianswalle u. a. eine Scherbe mit graviertem Namen yJKTyll2N (vgl. Froehner S. 95).
Skandinavien.
Zu dem kalten Himmel Skandinaviens ist niemals der Rauch einer antiken Glashütte emporgestiegen, aber der Handelsverkehr hat einen reichen Strom römischer (xlaswaren über die drei nordischen Königreiche, besonders über Dänemark ergossen. Wenn man von einigen Ausnahmen absieht, ergibt die Gleichartigkeit der Erzeugnisse ein bestimmtes Ursprungsgebiet und zwar das gallische. Da zwei besonders gut vertretene Sorten, die Gläser mit farbigen Emailmalereien und die Rhyta, die gläsernen Trinkhörner besonders von der gallisch-reinischen Glasindustrie kultiviert worden sind, darf man annehmen, daß auch die dritte im Norden bekannte Art, die Becher mit Hohl-
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schliffen, die im tifallischen F(^stlande wie in Kni^daiid herg"estellt wurde, aus derselben Ouelle stammt. Dazu kommt, daß sich in Dänemark überdies Gläser mit farbij^'en .Schlangenfäden gefunden haben, welche geradezu eine Spezialität kölnischer Glashütten bildeten. So muß man denn für die mittlere und spätere Kaiser- zeit Köln, das Ausfallstor des römischen Handels nach dem freien Germanien, auch als .Vusgangspunkt des Exportes von Glas waren nach dem Norden betnichten, was mit den Ergebnissen, die Willers neuerer Zeit bei seinen Untersuchungt^n ül)er iWc kom- merziellen ^"erhältnisse von Westdeutsch- land wahrtMid der Römerherrschaft ge- wonnen hat, gut zusammenstimmt. ^)
Die Glasgefäße wurden neben zahl- losen Schmuckperlen in (iräbern gefunden, die fast durchweg der spätrömischen und der Völkerwanderungszeit angehören und
Abb. 105.
die Skelette vornehmer einheimischer Per- ^ r.. a- 1 u • ^•
Fariumtlaschchen in &e-
sonen. zumeist Erauen. enthielten. Nur die stalt eines Schweinchens, wichtigsten und künstlerisch bedeutendsten Köln, Museum,
sind bisher veröffentlicht, während die Mehr- zahl, einfachere Gebrauchsgläser, selbst in den Zeitschriften der Archäologischen Gesellschaften des Nordens nur flüchtig erwähnt sind.-) Die wichtigsten Stücke, nach den Fundorten geordnet, sind:
Dänemark.
Varpelew 1801 u. a. gefunden ein Becher aus azurV)lauem Ghise in durchbrochener Silberfassung mit der Inschrift EYTYXS2C. (Abb. 209). Dieses und das Überfangglas aus Solberg in Schwe- den sind vielleicht die einzigen Stücke, die nicht cms dem Rhein-
^) Willers, die Bronzeeimer von llemmoor S. 191 ff.
-) Über die nordischen Gläserfunde vgl. vor allem die Abhandlung von Oskar Almgreen, Abschnitt XI dieses Buches, das am Schlüsse mehrere .\bbildungen be- malter Gläser des Nordens enthält. Einzelheiten finden sich bei Sophus Müller, Nordische Altertumskunde II. Montelius, Kultur Schwedens in vorchristl. Zeit, deutsch von C. Appel. Willers a. a. O. S. 61 IT. Bohn CiL XIII. Instrumentum do- mesticum (Germania Magna. Auch für die Funde auf deutschem und schweizerischem Boden). Führer d. d. Dänische Sammlung in Kopenhagen. Manche wichtige Notiz verdanke ich den brieflichen Mitteilungen von Dr. O. Almgreen in Stockholm.
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lande, sondern aus dem Süden, wahrscheinlich auf einem der vom Pontus nach der Ostseeküste führenden großen Handelswege ins Land gekommen sind, die bereits von den Griechen benutzt wurden. Der Becher von Varpelew, welchem eine Münze des Kaisers Probus beigegeben war, stimmt in der Technik mit mehreren anderen antiken Gefäßen, besonders aber mit einem in Georgien g^efundenen, jetzt in der Eremitage von Petersburg befindlichen Becher überein. ^) — Gleichfalls in Varpelew ist ein farbloser, weiß bemalter Becher mit der Inschrift DVBP gefunden worden, welche Bohn in Da Vinum Bonum Pie (Zesais) auflöst. Die Malerei stellt Vögel und Trauben dar. Zwei andere Becher aus farblos durchsichtigem Glase sind bunt mit Tierszenen bemalt. Eines der hier aufgedeckten Gräber enthielt u. a. 1 3 gläserne Spielsteine.
Vorning (Amt Viborg. Jütlandi. Becher aus farblosem Glase mit eingeschnittener Inschrift niE ZHCAIC KAAP.C.
Ilimlingöje (Amt Presto) 1894. Becher mit Tierfries, Löwe und Panther, einen Steinbock verfolgend, in bunten Farben ge- malt. Ein Trinkhorn aus grünem Glase mit schrägen Riefen.
Thorslunde (Amt Kopenhagen). Drei Becher aus farblosem Glase, beniiilt mit Tierfriesen und Gladiatorenszenen.
Nordrup (Amt Sorö). Zahlreiche gläserne Spielsteine in zwei Farben. Mehrere Becher darunter zwei mit Tierfriesen und Zir- kusszenen bemalt.
Norrebroby (x\mt Odensej. Mehrere Glasschiden.
Kjärumgaard (Amt Odense). Ein gläsernes Trinkhorn.
Sophus Müller erwähnt unter den dänischen Funden auch Gläser mit eingeschliffenen Ovalen, solche mit Spiralfäden, ein enges Kelchglas mit niederem Fuß und vier aufsteigenden Schlangenfäden in weiß und blau. Alle bisher genannten Gläser befinden sich im Museum von Kopenhagen.
Schweden.
Abekris (Schoonen). Sehr viele (jlasperlen und zwei konisch nach oben erweiterte Becher mit vier Reihen ovaler Hohlschliffe und gravierten Reifen.
^j Stephani, compte rendu 1872 S. 144, D. T. II, i, 2. Danach ist unsere Abbildung 207 hergestellt. Auch bei Schreiber, kulturhistorischer Bilderatlas T. 20, 2.
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Nofwegfen.
SolV)eriJ" (Amt Uuskerudi. P)eciier in rbt'rfani^'tcc^hnik, fra.g- mentiert. ])lau mit weiluMi l<('li(^fl)il{lern.^)
ce*?
Abb. lu'i. triascr mit Zickzackfäden. Köln, ehem. Sammlung Merkens.
Germanien.
In den _s^'"ermaiii.schen Pro\'in- zen, \-or allem im Rheinlande. hat die antike Glasindustrie schon in der Mitte des I. Jahrhunderts \Vurzel i>-efaßt. Die WrmittelunLT bildete die Colonia Treverorum, Trier, deren (jebiet zwar, wie die Stadt selbst, zur Pro\inz F)el- gica. g'ehörte, sich aber bis zum Rheine vorschob, ohne daß die (rrenzlinie zwischen (jermanien und Helgica immer klar zu ziehen
wäre. Das untere Moselland wurde später zur Provinz (3ber- jjermanien gerechnet. Keltische und g"ermanische Elemente waren im Rheinlande durcheinander g-emischt, so daß auch in der Kunst, in der Religion und wie in den Verwidtungseinrichtungen beide nicht immer streng auseinanderzuhalten sind. Die Tre- verer selbst rühmten sich mit Recht oder Unrecht germanischer Abstammung, gleich den Xer\-iern, sie waren aber ohne Zweifel vollkomnKMi giillisiert und unterschieden sich in nichts von ihrtMi westlichen Nachbarn. Noch im W. Jahrhundert sprach man in Trier keltisch. Der Dichter der „Mosella", der aus der Garonne stammende Ausonius, fühlte sich im Lande der Treverer ganz heimisch, und preist mit Begeisterung das idvllische Leben im Lande der Rebenhügel, das friedlich unter kaiserlichem Schutze geborgen hig, trotz der unruhigen Nähe des Rheines. Allerdings war der Unterschied zwischen der wafifenstarrenden >rilitärgrenze
*} Vgl. Abschnitt XI, wo dieser, wie zahlreiche andere skandinavische l*'und< abgebildet sind.
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und dem fernen, lang"e Zeit durch den Limes gesicherten Lande ein sehr g-roßer. Durch die Mosel mit den inneren Teilen Galliens verbunden, durch die Wasserstraßen der Rhone und Seine dem gallischen Handelsverkehr angegliedert, wurde es früh von dem von Massilia ausgehenden vStrome antiker Kultur berührt. .Seine Lage machte es aber auch zur Operationsbasis in den Kämpfen der Kaiser gegen gallische Empörer und germanische Eroberer geeignet. In augusteischer Zeit neu geschaffen, wie alle von diesem Kaiser gegründeten .Städte, mit einem Netze breiter, gerader .Straßen mit rechtwinkeligen Kreuzungen versehen und anfcmgs, wie es scheint unbefestigt, blühte die .Stadt bald auf und wurde von mehreren der gallischen Nebenkaiser zur Resi- denz ausersehen. Maximian machte sie zur eigentlichen ILuipt- stadt der ganzen westlichen Reichshälfte, da die politischen Ver- hältnisse, namentlich die drohende Germanengefahr die ständige Anwesenheit des Reichsoberhauptes notwendig erscheinen ließen. Auch sein Nachfolger Constantius residierte in Trier, das die Hochzeit seines .Sohnes Constiuitin mit einer Tochter des Maxen- tius mit allem Glänze, aller Pracht und Crrausamkeit der dabei veranstalteten Zirkusspiele sah. in welchen kriegsgefiuigene Fürsten der Franken nebst zahlreichen .Stammesgenossen den Bestien vorgeworfen wurden. .So groß war die Zahl der Opfer, daß, wie berichtet wird, „die wilden Tiere ob der Menge der Leute ermatteten." ^)
Zwei Jahrhunderte hindurch erfreute sich das Trevererland des Friedens und es konnte sich dort ein ähnliches Leben ent- falten wie im übrigen Belgien und im lugdunensischen Gallien. Handel, Landwirtschaft und städtischer Gewerbefleiß rührten sich allenthalben, an den Ufern der schiffereichen ^Nlosel und in den Gebirgstäler der Eifel entstanden glänzende Landhäuser, deren luxuriöse Einrichtung uns die reichen Reste von Mosaikböden, Marmorvertäfelung und kleinem Hausrate aller Art verraten. Ganz einzig ist diesseits der Alpen der .Skulpturenschmuck des Park- teiches von AVelschbillig, der \on marmornem Gitterwerk um- geben war, zwischen welchem sich Hermen erhoben. Auch im Taunus entwickelte sich ein glänzendes Landleben, doch können
Fr. Kocpp, Die Römer in Deutschland. S. 90 ff.
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sich dessen X'illcn nicht mit jenen des Mosellandes messen, wo auf Sitten und Lebensfüliruny ein Abglanz des kaiserlichen Hofhaltes fiel. Wie es hier zug-ing schildern getreuer als Worte die Reliefs von Neumag-en, die tr^iuliche Bilder des Familienlebens, rea- listische Szenen des Geschäftsverkehres, der Landwirtschaft, des Weinbaues, der Moselschiff^ihrt, enthüllten, und in der zweiten Hälfte des II. sowie in der ersten Hälfte des III. Jahrhunderts entstanden, ein volles J^ihrhundert vor Ausonius' Lobgedichte. Dann zogen sich freilich die Gewitter- wolken über dem Trevererlande zusam- men: man suchte der drohenden Ger- manengefahr durch die Befestigung der Stadt vorzubeugen, zu der die berühmte Porta Nigra gehört, das stolzeste Denk- mal antiker Festungsbaukunst und als solches selbst in Rom ohne gleichen.
In den beiden germanischen Pro- vinzen, der Militärgrenze des Reiches, saßen dagegen vorwiegend germanische Stämme. Die Rauraker waren allerdings Abb. 107. Napf mit Zickzack- Kelten: im Decumatenlande, das einen faden. Breslau, Museum, großen Teil des obergermanischen Limes
einschloß, hatte sich nach Tacitus „levissimus quisque Gallorum", „der Abschaum der gallischen Völkerschaften" angesiedelt. Die drei Hauptstämme jedoch waren rein germanischer Abkunft und erst zu Caesars Zeiten, die Ubier gar erst unter Augtistus, vom linken Rheinufer auf das rechte verpflanzt worden. xAber auch im Decumatenlande saßen germanische Stämme, wie die Suebi Nieretes um Ladenburg, die Mattiakor um Mainz und andere, später zu den Alemannen und Franken hinztigezogene \^ölker- splitter.
Alle diese Völkerschaften waren schon früh in freundschaft- liche Verbindung mit den Römern getreten und hatten sich gleichzeitig mit den Galliern auf guten Fuß gesetzt, die versprengt unter ihnen lebten, namentlich im Elsaß und in der Pfalz, wo das römische Element schon ein halbes Jahrhundert vor Augustus nivellierend eingewirkt hatte. Auch die Ubier und Mattiaker hatten durch lebhafte Handelsbeziehungen ihre alten Sitten ein-
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gebüßt, waren seßhafte Kaufleute, Landwirte, Fischer und Hand- werker geworden und wohnten teilweise in städtischen Ansiede- lungen. Das Bild, das Tacitus von den freien Germanen ent- worfen, paßte daher für diese Stämme längst nicht mehr. Die römische Verw^idtung behandelte sie ganz wie die benachbarten Gallier. Wie für diese ein National-Landtag am Heiligtume des Augustus und der Roma in Lugdunum geschaffen war, sollten sich auch die der Römerherschaft unterworfenen Germanen an dem Heiligtume des Augustus im Ubierkinde, der Ära Ubiorum, alljährlich zu gemeinsamer Beratung versammeln. Ein Cherusker- prinz hatte zu Armins Zeiten hier die .Stelle des Oberpriesters inne, doch löste sich die Einrichtung bald auf. Die avigusteische Provinz Germanien wurde bald aus militärischen (iründen in zwei. Nieder- und (Jbergermanien geteilt, deren Grenze der Vlnxtbach bildete, der urs])rünglich das Gebiet der Ubier von dem der Treverer und später bis in napoleonische Zeit die Diözesen Köln und Trier schied.
Die Städte, die im Rheinlande während des IV., teilweise schon zu Ende des III. Jahrhunderts entstanden, entwickelten sich aus Legionslagern. .Schon unter Augustus wurde an der Lippemün- dung Xanten (Castra Vetera), an der Mainmündung Mainz (Mo- guntiacum) als Heereslager begründet, ihnen folgte das große Lager an der Ära LTbiorum, das später aufgelöst wurde, kleinere in Nymwegen, Cleve, Neuß, Bonn, Windisch (Vindoniss^i), Straß- burg u. a. Im Anschluße an sie bildeten sich bürgerliche Nie- derlassungen (caniibae), zum Teile blühende Ortschaften, die mit dem Ltiger so enge verwuchsen, daß sie sich, besonders im Limesgebiete, mitunter auflösen mußten, wenn die Garnison verlegt und durch keine andere ersetzt wurde. Aus anderen sind dagegen manchmal blühende Ortschaften geworden — Städte allerdings gab es bis in die späte Zeit nach rechtlichen Begriffen überhaupt nur zwei, Köln und Xanten. Während Mainz, trotzdem es der .Sitz des .Stadthalters \-on Obergermanien war, nur als befestigtes Lager galt, entwickelte sich die Residenz des Stadthalters von Niedergermanien, Köln, zur ersten und bedeu- tendsten .Stadt am Rhein, nachdem d^is frühere Fischerdorf der Ubier und nachmalige Lager unter Claudius zur Kolonie erhoben worden war und die städtische Munizi]Kil\'erfassung bekommen
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hatte. Die Garnison w urdt^ bis auf wenij^'e, dem Siatthaltcr und Legaten zur unmittelbaren Verfüg-ung- stehende Truppen \-er- legt und W'teninen angesiedelt, die sich auf ihren (irabsteinen mit Stolz cives Agrippinenses nennen. Erst im 111. Jahrhundert entstand die Stadtbefestigung, deren Tore und TürnK^ sich teil- weise bis heute erhalten haben. Der Hofhalt der .Statthalterei, das Heer \-on Beamten, die steigende Wohlhabenheit der Bürger, vor allem auf (inmdbesitz und 1 hmdel zwischen Gallien und dem freien Germanien begründet, schufen auch hier ein stolzes Zeugnis römischer Kulturarbeit. Tempel und Paläste, Bäder und Ami)hitheater erhoben sich hier wie in Trier, wenn auch, da die Sonne kaiserlicher Huld nicht aus nächster Nähe strahlte und die Verbindungen mit der kunstreichen (jalliii Xarbonnensis weniger innig waren, einfacher und bescheidener. Trotzdem Köln aufgehört hatte Festung zu sein, blieb hier im Angesichte des Feindes der militärische Zuschnitt. Luxuriöse Villen wolhabender Rentner, wie in Trier, gab es hier nicht. Während sich später und noch heute in den Burgen und \"illen an den
Ufern des Rheines der Reichtum des Landes zusammendrängte, war in Römerzeiten die Mosel darin dem Rheine \-oraus. Aber die günstige Lage der Stadt am LTer der gewaltigen Wasser- straße und als Mitteljnmkt eines weitverzweigten Stralkninetzes brachte trotz der Unsicherheit der politischen \"erhältnisse und der Schwere der kriegerischen Rüstung Hand(4 und (iewerbe mächtig em])or und schuf (Miie gewerbliche Tätigkeit, \-on deren Früchten sich noch die fränkisch(^ und karolinische Zeit nährte. Zwischen zw c^i und sieben Metern schw ankt die 1 iolic der Schutt- haufen, in wt^lche spätere l'mg<*staltungen und X'crw iistungen die einst blühende Rönn^rstadt xi^wandelt, so dali \'on ihren Bauten, mit Ausnahme einiger Befestigungen, nichts mehr kenntlich ist. JVit^r hat es darin besser. Dort pulsierte das mittelalterliche Leben weniger lebhaft, wenig Neues triit dem Alten feindhch entgegen. .Schließlich \erfiel die Moselstadt fast völliger Stagnation, bis erst das XIX. Jahrlumdert sich wieder
.\bb. lo8. Xapf mit Buckeln und Zickzack- faden. Köln, Sammlung Xiellen.
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an die alte stolze Vergangenheit erinnerte und neues Leben den Ruinen einhauchte.
Noch weit kriegerischer als in Köln ging es am Mittelrhein zu. Zwar brachte der Hof halt des Statthalters auch für Mainz allerlei volkswirtschaftliche Vorteile und selbst die Lagerfestung wird ihre Tempel, Amphitheater, Bäder und Prachtbauten anderer Art gehabt haben. Leider ist \'on alledem nicht einmal die Lage festgestellt, außer der Rheinbrücke und Wasserleitung von römischen Bauten nichts übrig als ein formloser Klumpen von Mauerwerk, der Eigelstein, einst das Kenotaph des Drusus, der auf dem Rückzuge von der Lippe \'erunglückt, in Xeuß starb und in Mainz beigesetzt wurde.
Trotz des unleugbar sch^irfen Unterschiedes zwischen dem völlig gallischen Lande der Treverer mit seiner glänzenden Haupt- stadt, der kiiiserlichen Residenz einerseits und der germanischen Militärgrenze andererseits, deren beide Provinzen offiziell zu Gallien gerechnet wurden , gab es zahlreiche einigende Be- ziehungen. Durch den Verkehr mit dem bunt aus allen Teilen des Weltreiches zusammengewürfelten Heere, dessen gemein- sames Band die lateinische S]:)rache bildete, war diese am Rheine ebenso wie ^m der Mosel zur Umgangss])rache geworden. Nicht nur die politische A'erbindung mit Gallien, sondern auch der lebhafte Verkehr mit den westlichen Nachbarn, die Durch- setzung mit zahlreichen keltischen Elementen, der fortwährende Zuzug aus Gallien, während andererseits die Grenze gegen das freie Germanien streng abgesperrt war, verschafften der über- legenen gallischen Kultur l:)ald das Übergewicht über die naive germemische. Dazu kommt, daß die Errungenschaften der antiken Zivilisation vom Ende des I. Jahrhunderts ab ihren Weg zumeist über (xallien nahmen und so die gallischen Ver- mittler iils Vorbilder einer feineren Lebensführung den Ger- manen erschienen. Immerhin mögen die Ubier manches Alter- erbte zu der sich im Rheinlande entwickelnden Zivilisation bei- gesteuert haben. Aber dies ist um so schwerer im einzelnen fest- zustellen, iils sie wie die Sugambrer schon in ihren linksrheinischen Wohnsitzen mit den Galliern in reger Verbindung waren und sich vieles von ihnen angeeignet hatten. So erhält denn das was in der Römerherrschaft am Rheine geschaffen wird, ein vorwiegend
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g-allischcs ( u'pränw Wie die Kunst und das Kuu^thandw t-rk der Treverer nur als ein Zwriy- der bdi^nschen erscheinen, so folt^t auch diis \v£is in KiWn und im Ul^ierlande entstanden ist, den Typen von Beljrica, nanienthch in der Skulptur des (Irabschmuckes, der Keramik, der Metallarbeit, Emaillerie und (ilasmacherei. Köln ist nichts £ds der am weitesten nach Osten \org-eschobenen Vorposten der bel^ischcMi Kunst, die in Rou(mi. Amiens, Trier und Köln ilirexornehm- sten Stütz] )unkte hatte. Insbesondert' di<' Glasindustrie der Rheiii- lande lehnt sich fast in idlen Phasen an die Ent- wickeln ng der belgi- schen an. Die Typen und Dt^korationsweisen dieser gelten auch für jene. Die Xekropolen aus den ersten Jahr- zehnten des I. Jahrhun- derts, die Gräber xon I (altern, Xeuß, an der Alteburg und an der Luxemburgerstraße in Köln, teilweise auf dem Gebiete, das jetzt vom vSüdbahnhofe ein- genommen wird, ent- halten farbige Gläser, Schcrlx-n xon Millt-hori- und l'berfangglas, wie es in Gidlia Narl)()nnensis ülx-rwiegt. Diese Stichen stammen aus den ersten Jahrzehnten (Um- rclmischen Okkupation, als noch der Weg \-on Atjuileia aus über die Alpen die wichtigste Ver- mittelung mit Italien bildete. Das Italische herrscht darum hier \-or. Auch in Trier gibt es Grabstätten mit Gläsern italischen und alexandrinischen Importes der ersten Kaiserzeit. Dann folgen \'om Knde des I. Jahrhunderts ab selbständige Erzeugnisse wie in Relgica, in Hohlformen geblasene farblose (iläser. zu Ende des IL und im 111. Jahrhunderte u. a. so zahlreiche Kannen des fronti-
AbV>. 109. Hecher mit Netzwerk. Sammlung Basilewsky. Venezianische Arbeit des icS. Jahrh.
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nianischen Typus, daß Cranier \'ersucht war dieser Fiibrik eine Zweigniederlassung- in Köln zuzuweisen.-^) In dieser Periode trat ein allg-emeiner Aufschwung- auf allen kunstg-ewerblichen Gebieten am Rhein hervor, auf dessen Ursachen wir noch zurückkommen werden. In ihr wurde auch nicht minder eifrig- die Fabrikation von Gläsern mit Reliefs, in Form \-on Xeg-erköpfen, Janusköpfen betrieben; die (jefäße in Gestalt hockender Affen mit der Syrinx in Händen, diese alexandrinischen Karikaturen auf Merkur, scheinen einer Kölner Fabrik zu entstammen. Die Fadenver- zierung- nahm in ihnen gleichfalls eine glänzende Entwicklung; ihr bestes schuf sie in den formvollendeten Gefäßen mit farbigen Schlangenfäden, welche eine Kölner Fabrik zuerst zum .Schlüsse des IL Jahrhimderts herstellte und weithin, nach Gidlien, Italien, Österreich, selbst bis nach Dänemark \-ersandte. Zum ersten Male erscheint in ihnen in Köln das vollkommen farblose feine Krystallglas. Fremde Fabriken \ersuchten sich in verg-röberten Nachahmungen dieser zierlichen P>zeug-nisse , auch spätere Perioden nahmen sie gelegentlich auf Stärker als die anderen Glaswerkstätten Belgicas betrieb Trier die Herstellung gravierter und geschliffener Gläser, ja das g-roße Bruchstück einer Kry Stallglasschale mit einer Darstellung des Wagenrennens im Trierer Museum ist wohl die technisch vollendeteste Leistung figürlichen Glasschliffes, die wir aus der Antike — von den Prachtleistvuigen der Portlandvase und anderer cameenartiger Kunstwerke in farbiger Überfangtechnik abgesehen — besitzen. Eine Besonderheit Trierscher Werkstätten sind wohl auch die wenigen Becher (man kennt deren bisher nur drei ganz erhaltene Exemplare) mit ])lastisch aufgelegten Fischen, Konchilien und anderen Seetieren \on ebenso naturwahrer wie schöner und ele- ganter Bildung, welche zuerst de Rossi Veranlassung- gaben seine Überzeugung'- von dem Bestände einer selbständigen rheinischen Glasindustrie während der Römerherrschaft auszusprechen.
Es ist merkwürdig, daß seiner Ansicht gerade von einem rheinischen Lokalforscher widersprochen wurde, welchem man bisher immer noch das beste, was über die römisch -rheinische Glasindustrie geschrieben wurde, verdankt, E. aus'm Weerth. Dieser
Fr. Cramer, Inschriften auf Gläsern des römischen Rheinlandes, S. 13.
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hat in zalilrtMcheii Aufsätzen die l^'unde antiker (iläser am Rhein ein- i^-ehend besprochen und mit den Erzeugnissen Itahens und Galliens verg-lichen. Ihm \'erdankt die Wissenschaft in erster Linie die Kenntnis jener an Zahl und Kunstwert so bedeutenden Denk- mäler, das einseitige Bild, das man sich bisher im Banne Winckel- manns und Minutolis von der antiken Glasindustrie gemacht hat, die richtige Ergänzung. Durch seine Forschungen hat es sich in erster Linie ergeben, dal5 die Ih^rstellung farbigen (ilases, die Nachbildung \'on Edelsteinen, in der Antike nicht wie man früher annahm, die \orherr- schende Rolle spielte, daß die antike Glasindustrie keines- wegs in der Imitation aufging, sondern ebenso wie die mo- derne alle Eigenschaften des (rkises, vor allem die Farb- losigkeit und Durchsichtigkeit in mannigf^iltiger Weise, mit schier unerschöpflicher Ge- staltungskraft, auszunützen v^erstand. Was m^in früher als ein künstlerisches Prinzip be- trachtete, die Behandlung des Glases als farbige plastische Paste, stellte sich als das erste Stadium der Entwickelung heraus, deren weitere Fortschritte durch die Erfindung der Glaspfeife und des farblosen Glases eingeleitet wurden. Merkwürdigerweise leugnete aber gerade der damals beste Kenner der römisch-rheinischen Glasindustrie deren selbständige Tätigkeit und versuchte alles auf it^ilische An- regungen und Vorbilder zurückzuführen, denen gegenüber die rhei- Tiisclien Werkstätten in ])ro\inzieller Befangenheit gebli(»l)en seien. Inzwischen hat sich E. aus'm Weerth unter der Fülle der Beweise freilich zu de Rossis Ansicht bekehrt, die in den Kreisen d(^r rheinischen Sammler längst zustimmende Äußerungen her- \orgerufen hatte. Einer von diesen, der \or kurzem verstorbene Großkaufmann Heinrich Merkens in Köln, dessen Sammlung bei der Versteigerung das Schicksal fast aller Kölner Pri\-atsamm-
Abb.
I lo. Tonbecher mit Schuppen Köln, Museum.
lung"en, in alle Windrichtung'en zerstreut zu werden, jjfeteilt hat, äußert sich über die Frag"e folg'endermaßen : „Die Glasware nbe- züge von Italien nach Gallien mußten die Alpen und schwierige Wege überschreiten und werden mannigfache Havarien in ihrem Gefolge gehabt haben. Es ist daher bestimmt anzunehmen, daß man zur Vermeidung dieser Übelstände und zur Befriedigung der Bedürfnisse an Glaswaren in den hochentwickelten, in römischem Luxus lebenden .Städten Köln, Trier, Mainz, Worms, Metz usw. sehr früh dazu üV)erging unter Leitung römischer Glastechniker eine provinzielle Glasindustrie ins Leben zu rufen, die im Laufe der Zeit ein selbständiges Gepräge der Geschmacksrichtung und des Formensinnes angenommen hat. Die P'ormen der am Rhein und im Moseltale gefundenen Gläser haben sämtlich verwandt- schaftliche Beziehungen zu und untereinander, zeichnen sich viel- fach durch hohe Eleganz der Zeichnung aus vmd berechtigen zu der Annahme, daß die \"orfahren der heutigen Franzosen schon mit dem Formensinne ausgestattet waren, den ihre Nachkommen sich zu bewahren gewußt haben. Kommen wir weiter nach .Süden hinunter zu jenen Städten, wo die .Vusgrabungen uns noch fort- während Gläser liefern, ich meine u. a. Lyon, Arles, Orange, Nimes, so begegnen wir Formen, die bei uns höchst selten oder nie vorkommen, während wir jene Formen, welche wir hier als landläufig bezeichnen möchten, dort ganz \-ermissen. Es scheint sich eben auch in diesen beiden Distrikten ein eigenartig ver- schiedener Formensinn entwickelt zu haben. P^in anderes Moment, welches für selbständig entwickelte Glasfabrikation in nicht ent- liehenen Formen spricht, liegt in der ausgedehnten Tonwaren- fabrikiition, welche in römischer Zeit im Rheinlande geblüht hat: Es hat sich auch hier ein eigenartiges Gefäß herausgebildet, welches nur im Rhein- und Moseltale vorkommt, ich meine die schwarzen, zuweilen auch roten Tongefäße mit weißen in Barbo- tine oder in Aufguß ausgeführten Trinksprüchen, von welchen eine reiche Sammlung im Provinzialmuseum zu Bonn sich be- findet. Eine derartige Entwickelung bei der Glasfabrikation ist besonders erklärlich bei der weiten Entfernung von Rom ; und wenn auch die ursprünglichen Formen nur \'on jenseits der Alpen überkommen sind, so sind sie doch unter dem Einfluße des Ge- schmackes der Bewohner der Rheingegenden zu anderen Gestalten
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hinübergeführt und entwickelt worden. Für die Ausbreitung der diesseitigen Glasindustrie spricht besonders noch die Häufigkeit der F^lbrikate der Officina frontiniana." ^)
Merkens, der keine gelehrten Studien getrieben hat, hielt Rom noch für den ausschließlichen Gabenborn der antiken Welt und gilb dem Handelswege über die Alpen eine Bedeutung, die ihm, besonders vom Ende desl. Jahrhunderts ab, nicht zukommt. Davon abgesehen enthalten seine Beobaclitungen \iel richtiges. Freilich übertrieb er die Verschie- denheit rheinischer iVrbeitiMi von den FuikUmi im süd- lichen Glühen. In Wirklich- keit sind die Grundformen durchaus gleichartig, beson- ders, was ich noch einmal betonen möchte, die Belgicas des Mosellandes und Kölns. Lokale Eigentümlichkeiten sind freilich bei Einzelhei- ten, bei der Vorliebe für ge- wisse Typen u. a. wahrzu- nehmen , im allgemeinen aber gründen sich die von Merkens her\'orgehobenen Unterschiede auf die zeit- liche Entwickelung. Was er in Südfrankreich oft beobachtet und in Köln selten gefunden hat, sind die Importgläser in griechisch- italischen Formen, welche für die ersten Jahrzehnte charak- teristisch sind. Treffend ist sein Hinweis auf die Keramik. In ihr vereint sich nämlich neigen der Bronzetechnik am deut- lichsten, was sich von alteinheimischer Tradition erhalten hat und gegen die im])ortierten Formen des mittelmeerländischen Kunst- stiles ankämpfte. .Vus dem unerschöpflichen Brunnen der Keramik tränken auch die gallisch-rheinischen Glasmacher ihre Phantasie.
*) Mitgeteilt von C. Bone in einem Aufsatze über die Glassammlung Merkens im Bonner Jahrh. 8i (_i886) S. 53 f. Vgl. C. Friedrich im Sprechsaal 1S82, No. 27 und Zeitschrift d. bayr. Landesausstellung zu Nürnberg No. 71; E. aus'm Weerth, Bonner Jahrb. 67 S. 156.
.•\bb. III.
Becher aus Terra sigülala. .\us Arbere.
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Der Barbotinetechnik verdanken die kölnischen .Schkmgenfaden- muster ihre PZntstehung-, ebenso wie die Becher mit Eindrücken, Rippen und Falten, die Siegesbecher mit Reliefs, die Kopfgläser und Trinkhörner von der Keramik vorg-ebildet sind. Merkens irrt aber, wenn er die gallischen Trinkbecher mit Sinnsprüchen dem Rhein- und Moseltale zuweist, sie sind in Belgica entstanden und haben wie ich S. 84 nachgewiesen habe, ihre Form äg}'ptischen Tonbechern der Ptolemäerzeit entlehnt.^)
Häufiger als anderwärts sind in Trier und Köln die Gläser mit Fassettenschliff, der oft sehr reiche, überraschend an moderne Arbeiten erinnernde Rosettenmuster bildet, Becher und flache Teller ^lus Krystallglas, die zu Ende des III. und im IV. Jahr- hundert so dekoriert wurden. Viel ausgedehnter ^ds in den AVerkstätten der nördlichen Belgica wurde im IV. und noch tief in das V. Jahrhundert hinein die figürliche Dekoration durch Gravierung und Schliff betrieben, häufig in Verbindung mit Vergoldung und Bemalung. Mehr cds die Hälfte dieser Arbeiten gehört dem christlichen Kunstkreise an.
Den Triumph der Glasschleiferei bildeten jene vielbewun- derten Becher, die mit einem nur leicht mit dem inneren Glas- körper verbundenen kunstvollen Maschennetze umgeben sind, das mit dem Schleifrade ausgearbeitet ist. Man hat sich seit Winckelmann daran gew^öhnt, diese geschliffenen Xetzgläser „Vasa diatreta" zu nennen, obwohl unter dieser Bezeichnung in der antiken Literatur alle mit dem Schleifrade und Griibstichel bearbeiteten Gläser, also auch die Überfanggläser, im Gegen- satze zu den geformten zu verstehen sind. Die meisten dieser seltenen und kostbaren Arbeiten sind im Rheinlande gefunden, Köln oder Trier, vielleicht beide Städte dürften neben einer unbekannten italischen Werkstatt den Ruhm ihrer Herstellung beanspruchen können.-) Überhaupt traten im IX. und V. Jahr-
^) .Auch die Tonbarholine kommt aus Ägypten. Die ägypt. Abteilung des Berliner Museums erwarb Vor kurzem aus dem Kunsthandel Stücke, welche eine über- raschende Ähnlichkeit mit rheinischen Arbeiten haben. Vgl. Poppelreuter, Die röm. Gräber Kölns, Bonner Jahrb. 114/ 115 S. 348.
-j Vgl. Friedrich im Sprechsaal 1882, Nu. 27, und Zeitschr. der bayr. Landes- ausstellung zu Nürnberg, No. 71. Ausführlich werden diese Gläser in .Abschnitte VIII behandelt.
paiiHioüöoyyöö^aifi
lumdert die rheinischen Werkstätten ^-ei^iMi (he der nordhchen und westhchen Belg^ica in den \"orderg-rund. Letztere erlahmten zwar nicht in der Produktion, verleg-ten sich £iber mehr auf die l)untfarbig"e Zickzack- und Spiralfaden Verzierung- sowie auf die Auflage großer, ziemlich derber Xuppen. In kölnischen Werk- stätten \vurd(^ damals im Wetteifer mit Rom und dem ()rient die Malerei auf (ila^ gepflegt, Becher. Platten, ganze Kästchen, einzelne Medaillons mit Emailfar- ben bemalt, nach .Vrt der Fondi d'oro Sgraffitti auf l^lattgold aus- geführt. ttMlweise gleichfalls be- malt und mit einer Schichte durch- sichtigen Glases überfangen. Auch dieser künstlerisch hochstehende Zweig der kölnischen Glasindustrie wurde zuerst von de Rossi als selbständige Tätigkeit rheinischer AVerkstätten erkannt. Daneben zog sich, gleichzeitig mit den syrischen Massenprodukten dieser Art, bis in die fränkische Zeit die erneute Tc^chnik der farbigen Faden- und Xuppenverzierung. Die Freude am farbigen Glase, welche die Anfänge der Industrie gekennzeichnet hatte, erwachte
zum Schlüsse von neuem. Manche .\rl)eiten mit l-'arnkrautmuster altägyptischen Stiles, freilich nur leicht aufgemalt, nicht in die Masse eingedrückt, können sich in ihrc^r Zierlichkeit und Far}:)en- pracht solchen des I. Jahrhunderts an die StMte stellen: im all- gemeinen aber versagte bereits der G(\schmack und die tech- nische Geschicklichkeit. Es sind plumpe, derbe Stücke von hand- festem Kaliber, die Fäden des Zickzacks dick und unregelmäßig, die I-'ormenbildiuig sorglos, die Farben unrein und stum])f An die Stelle von Purpurrot, d^is man offenbar beabsichtigte, trat trübes Violett, an Stelle von Grün schmutziges Oliv. vSo ging die Industrie in fränkische Zeit hinein.
Kisa, Das Glas im Altertume. jr
Abb. 112. Becher mit aufgesetzter farbiger Weinranke. Louvre.
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Die gallischen Glasmacher, welche um die Mitte des I. Jahr- hunderts nach Trier, Köln, Worms kamen, um hier ihre Hütten aufzuschlagen, fanden im Lande an verschiedenen Orten zur Glasbereitung geeigneten Sand, in besonderer Ausdehnung und Güte auf der Strecke zwischen Xi\elstein und Herzogenrath im Gebiete der Aduatuker, wo noch jetzt die Spiegelfabriken von Lüttich (.St. Lambert) und vStolberg sich versorgen. Dieser Lim- stand mag die hohe Entwickelung der Werkstätten im nahen Köln ganz besonders begünstigt haben. ■'^) Reste von Glas- werkstätten hat man an verschiedenen Orten gefunden, in der Hochmark (Eifel), ferner bei Trier, bei Worms, an der Nahe und in Köln (s. vS. 12). Hier stieß man 1885 in der Gereonsstraße gegenüber dem Palaste des Erzbischofes bei einem Kanalbau in der Tiefe ^■on etwa i ^/.> Metern auf ausgedehnte Überreste hell- grüner durchsichtiger Fritte. Man begnügte sich leider damit, einige Wagen mit dieser Masse zu beladen und sie aus dem Wege zu räumen, ohne sich um etwa vorhandene Spuren eines Schmelzofens zu bekümmern. Die Fundstelle wurde nach Voll- endung der Kanalarbeiten zugeschüttet und harrt noch einer planmäßigen Aufdeckung, die vielleicht ganz interessante Ergeb- nisse liefern würde. '"}
So groß auch die Ausbeute an Gläsern in den römischen Nekropolen Frankreichs und Belgiens sein mag, so wird sie doch durch die der rheinischen noch übertroffen und hier ist insbesondere der Boden von Köln der ergiebigste. Zu Tausenden zählen die Funde von den einfachen Gebrauchs- ^läsern bis zu den Erzeugnissen des feinsten Luxus, welche allein im Laufe der letzten 40 Jahre aus den Gräbern der alten Colonia Claudia Agrippinensis Augusta (C • C • A • A) wieder- erstanden sind. Das Museum Wallraf-Richartz hat in kaum einem Jahrzehnte ausschließlich aus kölnischen Lokalfunden die größte Sammlung antiker Gläser unter allen Museen des
^) Vgl. E. aus'm Werth, Bonner Jahrb. 67, S. 156.
■') Nach Mitteilung des Altertümerhändlers Robert Becker, welcher bei dem Funde anwesend war und einige Stücke der Fritte an sich nahm. Ein großer Klumpen von ihr befindet sich bei Konsul C. A. Xießen, dessen Sammlung römischer Alter- tümer zahlreiche römische Gläser, zumeist Kölner Herkunft, enthält. Vgl. mein Ver- der römischen Altertümer von C. A. Nießen. 2. .^ufl. Köln 1896.
Festlandes, Italien nicht ausi^-enoninien. zusamineniufebracht. ^) Zu der ()ff(Mitlirh(Mi SannnluiiL;" kommen noch /ahlrcichc ])rivate, die namentlich zur Zeit der Stadterweiterunj^ entstanden, als die P>darlieiten bei der Anlage der neuen Stadtteile, des Kanalnetzes, des West- und Südljalnihofes, des Augusta-I lospitales die alten (irabfelder aufwühlten und die Massenhaftig-keit i^leichzeiti^'^er I'unde eine Überwachuntj- ch^r Arbeiter erschwerte. Die <^-r<"")P»te und hervorrag-endste vSammluns^- kölnischer Gläser war die \"on Discli, welche^ nach dem Tode des Besitzers \-ersteij4'ert und überallhin verstreut wurde.") Disch be,i,'"ann zu sammeln als der I)om])au den Sinn für die \'erg-ani^"enheit neu belebte. Seine Sammlung entstand Ende der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts aus Anlaß der Auffindung der berühmten Patene von St. Severin, die später für 6400 Mark an das Britische Museum \erkauft wurde. \Veder die Sammlung Char\'et noch die Slades konnten sich mit ihr ^'ergleichen. Sie zählte 2583 Nummern, darunter 432 reimische Gläser. Auf diese allein kamen bei der \'ersteigerung über 52000 Mark. Das Schicksal der gänz- lichen Auflösung teilten nach dem Tode
der Besitzer die Sammlungen J. H. ^Volff, E. Herstatt. F. Greven, Forst, Merkens.'') Jetzt bestehen noch die Sammlungen Gramer, Reinbold, Xießen, M. vom Rath inid mehrere andere, von welchen besonders die beiden zuletzt genannten xon lierxor-
Abb. 113. Oenochoi- mit farbi- gem Fadenschmuck. Brüssel, Musee du Cinquantenaire.
') Vgl. Führer durch das städt. Museum Wallraf-Richartz i<>02, S. 30, und meinen Aufsatz: Rom. Ausgrabungen in der Luxemburgerstraße in Köln, Bonner Jahrb. 99 (1S95).
-) Vgl. F. aus'm Werth, Die Disch'sche Sammlung antiker (Maser. Bonner Jahrb. 71, S. 119 ff., mit Lichtdrucktafeln und Textillustrationen.
") Mit dieser Sammlung beschäftigt sich C. Bone a. a. O. Mehrere Stücke aus ihr habe ich in dem .\ufsatze über die Anfange der rheinischen Glasindustrie, Zeitschrift d. bayr. Kunstgewerbevereines 1S96, mit zwei Lichtdrucktafeln und Text- illustrationen veröffentlicht. Vgl. auch den Auktionskatalog Merkens, Bonn 1905, mit Einleitung von C. Poppclrcutcr und Westdeutsche Zeitschrift f. ('•. u. K. ]. 1882, S. 272 f.
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ragendem Werte sind/) Sehr viele kölnische Gläser enthält die hochbedeutende Sammlung des Freiherrn von Heyl in Worms, die des Freiherrn \'on Fürstenberg -Stammheim auf Schloß IJerff, die Museen von Bonn, Worms und Mainz, das Germanische Museum in Nürnberg, der Louvre, das Britische Museum und das Kensington-Museum in London, das historische Museum in Düsseldorf, das Museum auf der Saalburg u. a. Auch in die jetzt im Britischen Museum befindliche Sammlung- Slade, in die von Charvet, jetzt im Metropolitan-Museum zu New-York, in die von Iloffmann in Paris, von Basilewsky und Stroganow sind zahlreiche rheinische, namentlich kölnische Gläser gekommen. Schon die unvergleichliche Menge der Funde kennzeichnet Köln nicht nur als Ilauptsitz der römischen (ilasindustrie am Rhein, sondern als den der gesamten westlichen Hälfte des ehemaligen Imperiums. Sie sind fast ausschließlich aus den Grabfeldern hervorgegangen, welche die großen Straßenzüge von den Toren der Stadt l)is weit in die Umgebung hinaus be- gleiteten. Von diesen führte eine von der Hohen Pforte, dem ehemaligen Südtore, durch die jetzige Sev^erinsstraße über das gleichnamige Tor hinaus, den Rhein enlang gegen Süden, zu- nächst zur Alteburg, der ehemaligen Station der römischen Rheinflotte. Das Kastell, dessen Fundamente vor einigen Jahren wieder aufgedeckt wurden, hatte im Westen seinen eigenen Begräbnisplatz, in welchem Gläser aus den ersten Jahrzehnten der Römerherrschaft gefunden wurden.") Das Grabfeld von St. Severin gehört den späteren Jahrhunderten an und enthielt namentlich christliche Gläser vom I\'. und A". Jahrhundert, darunter kostbare bemalte Gläser und Fondi d'oro. Auch die merkwürdige Sigillataschale, die von der gewöhnlichen Übung abweichend, Reliefschmuck auf der konkaven Innenseite zeigt, Orpheus umgeben
\) Beide sind von mir katalogisiert. Über die Sammlung Nießen vgl. Note 2 auf Seite 226. Die Sammlung der Frau Maria vom Rath, die nur antike Gläser von künstlerischer Qualität enthält, habe ich unter dem Titel „Die antiken Gläser der Frau Maria vom Kath in Köln", Bonn 1S90 mit 32 Tafeln veiöffentlicht. Das Werk enthält außer den Beschreibungen in der Einleitung einen historischen Abriß ,,Zur Geschichte und Technik der antiken Glasindustrie''.
-| Vgl. General Wolff, Das Kastell Alteburg bei Köln. Auf Grund der letzten Nachgrabungen wird vom Museum Wallraf-Richartz eine neue Veröffentlichung vorbereitet.
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von vielen Tieren, ist in diesem (iräberfelde zum W)rscheine s^e- kommen.') In der (jeg-end des iM;uirizius-St(Minvei^es beg^ann die Straße nacli l'rii^r und Reims, die jetzige Luxemburger Straße. Sie war eine Strecke weit von der Wasserleitung begleitet, welchi^ dit^ Quellen des \^orgebirges der Stadt zuführte und am jetzigen Neumarkte eine große Piscina sjKMste. l)i»> Funde ihres besonders ausgedehnt(Mi Gräberfeldes, das durch \ier Jahrhun-
\bb. 114. ( lläscr mit farbigen Schlangenfätien. Köln, Sammlung M. vom Rath.
dertt^ benutzt wurde, sind in folgendem näher beschrieben. Die (iläser zeigen hier fast alle während der Rcnnerherrschaft üb- liihcn T-'onnen. mit Ausnahme geschliffener und bemalter .Stücke, die l)is jetzt wenigstens an dieser Stelle fehlen. Das dritte (iral)- feld zog sich die Aachener .Strafte entlang, welclie in der jetzigtMi Mittelstralie an St. A])()sleln begann. Die letzte I laujjtstralle führte xon der sog. Porta I'a])hia. dem \ iell)es])rochenen römischen Xord- tore \or der Fassade (le-> Domes, über die Marzellenstraße durcli die lugelsteint()r])urg inid die jetzige X(ml')er Straln» entlang gegen Norden, nach dem I .egioiislager von Xeul).
\i Vgl. meinen Aufsatz ,, Seltenheiten in Terra sigillata" in der Zeitschrift des t Jsterr. Museums, Kunst und Kunsthandwerk, Wien 1906.
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Eine der erg"iebi^sten Fundstätten von Gläsern ist die Luxem- burgerstraße, die einst nach Trier und Reims führte. Von der vStadtmauer an bis zu der Stelle, wo jetzt das „Weiße Haus" steht, wenn nicht weiter, reihten sich zu beiden vSeiten die Wohn- stätten der Toten, über dem Boden durch einfache Stelen oder Grabsteine in Form kleiner Kapellen, durch skulpturengeschmückte vSockel, durch vSäulen mit einem Pinienzapfen, durch Gebäude in Form eines kleinen Tempels, eines Tumulus und andere Grab- mäler bezeichnet. Hier war schon im X\TII. Jahrhundert der prächtige Sarkophag des Severinius Vitealis mit Reliefs aus dem Mythus des Herkules zum Vorscheine gekommen, später die reichverzierte Aschenkiste des Julius Speratus, eine Statuette des thronenden Juppiter, der Grabstein des Freigelassenen Messulenus und eine Menge von Gegenständen des Schmuckes und Haus- rates, die den Toten ins Grab beigegeben worden waren. Diese Funde befinden sich jetzt sämtlich im Museum AVallraf-Richartz.
Als vor etwa 30 Jahren ein Teil des Geländes für die Stadt- erweiterung und ^Vnlage des Südbahnhofes freigemacht worden war, fand man Gelegrenheit eine ausgedehnte Strecke des Gräber- feldes im Zusammenhange zu verfolgen. In einer Tiefe von 2 m imd unregelmäßigen Abständen von durchschnittlich i m lagen dort zylindrische und quadratische Aschenkisten aus Kalkstein, welche Aschenurnen aus Ton und Glas, mit den Resten ver- brannter Leichen dann Münzen, Tonlampen, Schmuckperlen, sowie andere, außerhalb der Urne liegende Totenbeigaben, zumeist zwei bis drei kleine Tonkrüge, Tränenfläschchen, andere Fläschchen und Kännchen aus Glas, bronzene und tönerne Lampen, Schmuck- siichen u. a. enthielten. Die Gegenstände gehören der .Zeit der ('laudier und der flavischen Kaiser an, die zierlichen farbigen Glas- kännchen darunter der Periode italischer Einfuhr, die sonst in Köln nur auf der Alteburg und der Arnoldshöhe, dem Gräberfelde der Bonner Straße, vertreten ist. Fünf Jahre später gelang es bei einem Umbau an der Ecke der Hochstadenstraße die Reste eines großen Monumentes in Form eines Tempels zu heben, dessen Giebelfeld mit zwei die Weltkugel haltenden Steinböcken verziert ist, wahr- scheinlich das Grabmal eines höheren Offiziers der 22. Legion, die den Steinbock als Fahnenabzeichen trug und zwischen den Jahren 7 1 und 1 20 in Köln stand. Schräg gegenüber an der
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linken Straßrnst'itt- lai^rn die Trümmer eines anderen Säulen- baues. Die (xrabstätten dieser (iegend waren unregelmäßig- neben- und übereinander gereiht und enthielten sowohl Brand- wie Skelettgräber aus verschiedenen Zeiten der Römerherrschaft. ^) Einem Skelettgrabe des 1\'. Jahrhunderts entst^immt die schöne Schnalle des Ausonius. eines Namensvetters des l)i(lilers der
Abb. 115. Gläser mit farbigen Schlan^enfäden. Köln, Sammlung M, vom Kath.
Mosella, ein Opus interrasile in Silber, das bemerkenswerte Auf- schlüsse über die Entwickelung des Arabeskenornamentes gab") sowie ein mit Silber tauschiertes Tintenfaß. Einem Skelettgrabe des III. Jahrhunderts waren zwei zierliche Kannen in Form \-on Weintrauben aus farblosem (jlase, eine Muschelkanne aus gleichem .Material (Abb. 46, 48), ein großes Exem])lar \om Fäßchentypus mit dem Stem])el FR( )X und eine dlaskamie beigegeben, deren
') Vgl. meinen bereits zitierten Aufsatz über die Funde in der Luxemburger Straße. Neuerdings hat J. Poppelrcuter in einem Aufsatze über „Die römischen (jräber Kölns", Bonner Jahrb. 114; 115, S. 345 ff. einen Teil dieser Funde behandelt.
') Abgebildet Bonner Jahrb. 99, T. I, Fig. i. Näheres über das Opus interrasile in meinem Aufsatze „Die römischen .\ntiken in Aachen", Westdeutsche Zeitschr. XXV, S. 70 f.
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Körper kegelförmig nach unten sich erweitert (x\bb. 47); die breite mit einer Ausgußdille versehene Mündung ist mit einem dicken zjickigen Glasfaden verziert, der über dem Ansätze des flachge- rippten Henkels eine große aufrechtstehende Schleife bildet. Die prachtvolle metallisch glänzende Iris läßt diese Kanne wie ein blankpoliertes Gefäß aus vSilber erscheinen. Diese Beigaben ge- hörten zu einem Sarkophage aus rotem Sandstein, der im Inneren nur noch Knochenreste enthielt. Alan konnte deutlich feststellen, daß er schon früher teilweise bloßgelegt und vom Kopfende aus, das man durchgeschlagen hatte, beraubt worden war. Bei dieser Gelegenheit hatte man entweder die nächste Umgebung des Sarges nicht gründlich untersuchen können oder vielleicht absichtlich einige Gegenstände aus dem Inneren daneben gestellt, weil sie für den Schatzgräber keinen Wert hatten, nämlich ein Holzkästchen mit gest^lnzten bronzenen Beschlägen, das inzwischen vermodert war. und die genannten Gläser.
Nicht weit davon lag in einem Skelettgrabe derselben Zeit eine große Zvlinderkanne aus farblos durchsichtigem Glase, die in drei Reihen übereinander mit phimtastisch gewundenen Schlangen- fäden verziert ist. Das Muster wiederholt sich in jeder Reihe fünfmal mit geringen Abweichungen. Der Faden, aus welchem es gebildet ist, ist gleichfalls farblos, an einigen Stellen platt- gedrückt und quer gerieft. (Abb. 49). Die Technik ist dieselbe, wie an einigen gestielten Schöpfschalen, die schon früher gelegent- lich in dem Grabfelde der Luxemburger Straße gefunden worden waren. Sie zeigt sich in hoher Vollendung auch an der schönen Pilgerkanne, welche im Verlaufe der Ausgrabungen in einem be- nachbarten Sarkophage, wohl vom Ende des IL Jahrhunderts, jenseits der Hochstadenstraße zum Vorscheine kam. (Abb. 1 20 u. Tafel Uli. Auch sie bildet wie die anderen Funde jetzt eine Zierde der Altertümersammlung des Aluseums Wallraf-Richartz. Leider ist sie nicht ganz erhalten und in mehrere Stücke gebrochen, die aber ziemlich gut zusammengefügt werden konnten. Der Körper ist plattrund und beiderseits mit einem Rosettenornamente ver- ziert, das aus opakweißen, azurblauen und vergoldeten Glasfäden aufs feinste geschlungen ist. Die Vergoldung ist dadurch erzielt, daß der heiße Glasfaden durch Blattgold gezogen wurde, so daß Teile an diesem haften blieben. Das Ornament besteht aus einer dicht
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g'eschlossenen Goldspirale, von welcher \"ier blaue Diag"onalrippen mit rundg-ezackten g-oldenen Blattumrissen auslaufen; zwischen diesen sind blau-weiß-g-oldene Gehäng-e mit flatternden weißen Bändern angebracht. ()])akweiß sind die Fäden, welche den Rand des langen, leicht in Trichterforni erweiterten I lalses sowie die an einem kurzen Knotenstengel ansitzenden Fußplatte umziehen. Von derselben Farbe ist auch der breite zackige Faden, welcher die beiden halbrunden Henkel hinanläuft und oben eine kleine Schlinge bildet, blau der ebenso geformte an der Peripherie des kreisförmigen Körpers. Erstaunlich ist die Sicherheit, mit welcher hier der Arbeiter den dünnen Faden handhabte, die vSpirale wand, die Wellenlinien der Blattumrisse beschrieb und ihn bei der feinen und \-er- wickelten Zeichnung stets an die richtige Stelle setzte. Nachträgliche A'erbesserun- gen sind ja bei dieser Technik so gut wie ausgeschlossen. Der Direktor der rhei- nischen Glashütten - Aktiengesellschaft in Köln-Ehrenfeld. C. Rauter, der zahlreiche römische Gläser vortrefflich nachg'ebildet hat, verzichtete auf die Kopie dieser Kanne wegen Mangels an geschulten Arbeits- kräften und bezweifelte selbst, daß es deren heute in Murano gebe. In demselben
Grabe befanden sich noch die Bruchstücke einer zweiten ganz gleichen Kanne, Bronzeplättchen mit gestiuizten Medaillons, die zum Beschläge eines Kästchens gehörten, sowie ein Glasgefäß in (iestalt eines Schweinchens aus azurblauem (jlase, die Beine und Ohren gelb aufgesetzt, der Rücken anstatt der Borsten mit einem opakgelben Wellenfaden geschmückt. (Abb. 103). Eine Kanne mit Fadenrosetten, den gen^mnten ganz ähnlich, wurde auch in Straßburg gefunden und ist in die dortig*^ Altertümer- sammlung eingereiht.
Die lange Reihe der Gräber war ehemals durch eine Schenke unterbrochen, in der sich müde Wanderer, die des Wegs von Reims oder Trier herkamen, stärken konnten. In ihr stand das riesige, fast
Abb. 116. Helmglas mit Fadenverzierung. Köln, Museum Wallraf-Richartz.
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I m im JJurchmesser haltende Doliuni aus Ton, ein Weinfaß, das nach pompejianischen Vorbildern wahrscheinlich bis an den Rand in den Schanktisch eing-elassen war. Aus ihm wurde der his- panische Wein, der im Rheinlande mit Vorliebe getrunken wurde, mit Schöpfkellen herausg-eholt und in die Becher g"efüllt. Am Rheine selbst g"^ib es zur Römerzeit noch keinen Weinbau, wohl aber an der Mosel, doch reichte dieser nicht für den g-anzen Bedarf durstig'er Legionäre und Ubier hin. In manchen Geg'en- den Italiens, aber auch in Skandina\ien, seihte man den Wein, während man ihn in den Becher g'oß, durch ein bronzenes Sieb. Am Rhein scheint diese Sitte weniger in Übung- g-ewesen zu sein, da solche Siebe selten g-efunden werden.
In den Jahren 1897 und 1898 erschlossen die Arbeiten zum Bau der Vorg-ebirg^ebahn eine weitere Strecke des gewaltigfen ( Gräberfeldes, vorerst auf der linken Straßenseite, dann auch auf der rechten. Auf jener wurde das Gelände in einer Läng^e von 220 m und einer Breite von durchschnittlich 6 m durchforscht. In seinem östlichen Teile stießen wir zuerst etwa 0,50 m unter der jetzigfen Oberfläche auf zwei lange Parallelmauern, die der Straße entlang liefen und aus (irauwackensteinen ohne Verband und Mörtel etwa 40 cm tief und 60 cm breit angelegt waren. Sie wurden in Zwischenräumen von 2 — 3,50 m durch 1,50 m lange Ouermauern gleicher Art Aerbunden. Die so gebildeten recht- eckigen Abteilung-en enthielten Brandgräber; in den noch nicht geplünderten stand die runde tönerne Urne, die (Jlla, mit den Resten des verbrannten Leichnams, daneben die üblichen Bei- gaben vom Hausrate des Verstorbenen, Schmucksachen und Münzen sowie die Überreste des Holzsarges, in welchem dieser vor der eigentlichen Bestattung verbrannt worden war, Holzkohlen und eiserne Xägel. Die Beigaben lassen das Alter dieser Gräber auf die zweite Hälfte des I. Jahrhunderts bestimmen. Derartige unterirdische Friedhöfe mit zusammenhängenden , \-on leichtem Mauerwerk umfriedeten Grabstätten sind in verschiedenen Teilen des Römerreiches zum Vorscheine gekommen, in Deutschland z. B. auch in Moschenwangen (Amt Regensburg). Wahrscheinlich ent- hielt das 1886 leider ungenügend erforschte Grabfeld, das sich auf der linken Seite der Aachener Straße zwischen dem Hahnentor und dem neuen .Vachener Tore hinzog, auch solche Anlagen.
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GejJ-en Osten schlössen sich ebenso wie gei^-en W't^sten in der Luxemburger Straße an die umfriedeten Grabstätten stärkere rechtwinkelige Grundnumern für überirdische Grabbauten an. Funde \on farbigem Wandverjnitz sprechen für eine reiche Aus- stattung des Innern: \on der äußeren Gestalt einzelner geben (iesimsstücke mit Akainhuskonsolen. Säulenreste mit Pinien- schuppen und Skulpturfrag-
^/f
mente Zeugnis. Unter die- sen befindet sich der Torso einer Kalksteingruppe des Aeneas, der seinen Vater Anchises auf den Schultern trägt und den kleinen As- canius an der Hand geleitet. Ahnliche Gruppen wurden schon früher in Köln zwei- mal gefunden. Ein größeres Grabmal war \-on einer S])hinx bekrönt, neben wel- cher zwei sprungbereite Lö- wen sitzen, den Gruppen in den IMuseen von Bonn luid Trier verwandt. Ein lebens- großer Frauenkopf aus Kalk- stein und der gleichfalls lebensgroße Kopf einergalli- schen Matrona gehören zu Statuen, welche der Zerstö- rungswut der Franken oder
der Baulust des ^Mittelalters ebenso zum Opfer gefallen waren, wie die oberirdischen Mauern der Grabmäler und der größte Teil der ( iriibstelen. Was \on letzteren in diesem Teile der Xekropole erh^dten ist, gehört gleichfalls der zweiten Hälfte des I. Jahrhunderts an und ist epigriiphisch von großem Interesse. Auf einem lernen wir einen Q. Vesinius \"erus kennen, der Zim- mermeister der dritten Centurie einer ungenannten Legion war, auf einem anderen wird C. FVontinius Candidus als Kölner Bürger, civis Agrippinensis, bezeichnet, ein dritter ist dem O. Pompeius
Abb. 117. Trulla mit farbigen Schlangenfiiden. Köln. Museum Wallraf-Richartz.
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Burrus aus Forum Julii, dem heutigen Cividale im Friaulischen gewidmet, einem Soldaten der 15. Legion, die von Claudius bis Traian in Germanien stand.
In den mehr als 100 bis zum Jahre 1898 hier aufgedeckten Grabstätten waren verschiedene Arten der Bestattung \'ertreten. Die erste bis in den Anfang des III. Jahrhunderts geübte Art ist die der Leichenverbrennung. Diese war bereits vor dem Eindringen der Römer bei einigen gallischen Stämmen üblich gewesen, wurde dann aber herrschend. Die hierbei üblichen Gebräuche, das pomp- hafte Leichenbegängnis, derUstor, der Brandmeister, die Proeficae, die Klageweiber, die zahlreichen bezahlten Begleiter, die Parfüms, Libationen, die reichen Beigaben \-on Gefäßen, Hausgeräten, Schmucksachen machten die Bestattung namentlich für vor- riehmere Kreise sehr kostspielig. Teuer war auch das heilige Holz des Scheiterhaufens, besonders der Taxus, den man seit dieser Zeit noch heute gerne auf Friedhöfen pflanzt.^) Die Ver- brennung des Leichnams erfolgte, wie dies an der Luxemburger Straße deutlich zu sehen war, an einer bestimmten Stelle des Friedhofes in dem Ustrinum, in einer Grube, manchmal auch dicht neben dem Grabe, wenn hierzu genug Raum \orhanden war. (rroße zusammengehäufte Stücke von Holzkohle, die Er- hitzung des Lehmbodens zu einer ziegelartigen Fläche, zahlreiche im Feuer zerschmolzene Gläser machten diese Stellen kenntlich. Daß die \"erbrennung und Bestattung der Leichen außerhalb der Städte vorgenommen werden müsse, war durch die Zwölf- Tafel -Gesetze geboten. Xacli der \"erb rennung wurden die Knochenreste sorgfältig von den Verwandten gesammelt und in Urnen von \erschiedenen Stoffen und Formen getan. Die ärmeren Klassen bedienten sich dazu der großen runden Deckelurnen aus Ton, in Ermangelung eines Deckels legte man auch einen gewöhn- lichen Ziegel über sie. .Sklaven mußten auf jedwede Urne ge- wöhnlich verzichten und sich mit einigen Schaufeln Erde be- gnügen. An die Stelle der Urne trat manchmal eine zvlindrische oder quadratische Kiste aus Jurakalk oder Tuffstein aus dem Brohltale. Wohlhabendere benutzten Aschenürnen aus Glas,
■') C. Boulanger, Le mobilier funerairc galk)-romain et franc cn Picardie et Artois. St. Quentin 1O05. p. X\'II ft".
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•h.
deren Formen s])äter näher beschrieben werden. Diese erhielten oft einen Schutz in l'"orm einer gleichfalls zylindrischen oder quiidratischen Kiste aus Stein oder Blei, mitunter auch in Form einer größeren Tonurne. So wurde sie in einen hölzernen Be- hälter getan und danebtMi irdene Gefäße mit Lebensmitteln zur Wegzehrung, dlasgefäße mit Wein, Wasser und wohlriechenden Ölen. Opfergaben verschiedener, oft kostbarer Art, Münzen u.a. getan. Das b'ahrgeld für C'haron wurde _^
außerdem dem Toten in F^orm einer Bronze- /?*
münze auf die Zunge gelegt, nach Ver- brennung der Leiche mit den Knochen aufgelesen und in der Urne \'erwahrt. Bei Skelettgräbern steckt die Charonsmünze oft noch zwischen den Zähnen der Toten, die ich in einigen Füllen \'on der grasgrünen Patina angesteckt fand: gewöhnlich ist sie aber bei der Verwesung herabgeglitten und unterhalb des Kopfes am Sargboden liegen geblieben. Je nach dem Wohlstande und der Anhänghchkeit der Hinterbliebenen fügte man auch silberne Löffel, F^ibulae, Nadeln, Ringe, Spiegel, Lampen aus Ton und Bronze und andere (xegenstände des 1 Ixiusrates und der Toilette hinzu. ]\Linch- mal wurde der Leichnam, besonders der von Frauen, mit allem irdischen Schmucke verbrannt, der dann teilweise geschmolzen
und unkenntlich geworden ist. Auffallend ist, daß sich am Rheine die Legionäre niiMuals in militärischer Ausrüstung, son- dern in bürgerlicher Tracht bestatten und häutig- auch auf den (rrabsteinen in der Toga abbilden lassen. Lnter diesen Dar- stellungen trifft man das sogenannte Toten mal häufig, wo der \ er- storbene in der Toga auf dem Triclinium liegend und den wein- gefüllten Becher schwingend erscheint, während seine Gattin auf einem Sessel neben ihm sitzt und ein Sklave aus der großen Lagona, einer jener zylindrischen Kannen aus bläulichgrünem Glase, den Becher auf dem mit Speisen besetzten Tische füllt. Eine zweite Lagona steht m^mchmal in Reserve auf dem Boden. (Vgl. Abb. 14).
Abb. 1 1 S. Oenochoe mit
farbigen Schlangenfäden.
Köln , Museum Wallraf-
Richarlz.
2 38
Dagegen wurden die germanischen Hilfstruppen, die namentlich in der Reiterei dienten, nach nationalem Brauche im vollen Schmucke der AV äffen bestattet. Während Gläser in Grabstätten vom I. und vom größeren Teile des IL Jahrhunderts ziemlich selten sind, mehren sie sich zu Ende des letzteren auffallend und bilden in manchen Gräbern des III. Jahrhunderts sog^ir die Mehrzahl der Beigaben. Größere Glasflaschen findet man gewöhnlich zu dreien, für Milch, Honig und Wein, die drei üblichen Toten- spenden. Vielleicht sind jene merkwürdigen Kannen aus farb- losem Glase, die eigentlich aus drei fest zusammengepreßten Flaschen bestehen, so daß sich im Inneren Scheidewände für drei Abteilungen bilden, griechisch rgdixuO^a genannt, für diese drei Sorten \on Totenspenden bestimmt gewesen, ebenso die dreifachen Balsamarien in Röhrenform (vgl. S. 98). Man findet jene in den Museen von Köln, Bonn, Trier u. a. Sobald die hölzerne Kiste mit allem nötigen gefüllt war, wurde sie vernagelt, an den Ecken mit Winkeleisen verstärkt und so der Erde übergeben. Leider hat man es mitunter für nützlich gehalten, sie dvirch Ziegel- steine zu beschweren, welche im Laufe der Zeit, wenn das Holz vermoderte, hinabsanken und die darunter befindlichen gebrech- lichen Gegenstände zerdrückten.
Unter den Grabsteinen, welche am Kopfende des Grabes aufgestellt, Namen, Alter und Stand des Verstorbenen, sowie mit einer frommen Formel verbunden, den des Stifters, eines Ver- wandten oder Erben enthielten, möchte ich hier einige hervor- heben, die einst, dicht neben einander gesetzt, die Grabstätte einer Familie an der Aachener Straße in Köln bezeichneten und sich jetzt im Museum Wallraf-Richartz befinden. Durch die gleich- artige, sehr sorgfältige Ausstattung sind sie als Arbeiten einer und derselben Werkstatt gekennzeichnet. Die rechteckige Platte aus Juriikalkstein, dem am Xiederrheine für Grabsteine üblichem Material, ist am Koi)fende zu einem friesartigen Reliefstreifen ausgearbeitet, der bei dem ersten einen Widderkopf zwischen zwei Löwen, bei dem zweiten eine Amphora zwischen Greifen, bei den übrigen eine dem ersten gleiche Darstellung enthält. Es ist ein Motiv, das auf Grabsteinen oft variiert wird, z. B. in der Form eines Ebers oder Rehes, die von einem Löwen überwältigt werden, Sinnbilder des wehrlos der unerbittlichen Macht des Todes
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ausgesetzten Daseins. Audi der Greifenschnnick ist auf (rral)- steinen häufig/) Unter dem Relief l:)efindet sieh in scheinen, schwungvollen Buchstaben ausgeführt, an welchen noch stellen- weise rote Farbe haftet, die Inschrift. Sie lautet beim ersten:
Gato, Cal)iri f(ilio). nvl X'iromanduo, Demioncae coniugi eins, Athamae et Atrecto, Gati filis. P>i(MUis. (iati f(ilius) pie de suo f (aciendum^ c(ura\-it). Zu deutsch : „Dem Gatiis, Soluie des ("abirus. T^ürger \on X'iromanduum, der Demionca. seiner (iattin. dem Athamas und Atrectus. Sc'ihnen des Gatus, ließ Bienus, des Giitus Sohn, liebevoll aus eigenen Mit- teln diesen Grabstein errichten".
Die Familie, welche nach den Namen Cabirus und Athamas zu schließen, von syrischer Ab- stamniung war. hatte sich in \"iro- manduum in (lallia Belgica, süd- lich \'oii den Xerviern gelegen und mit dem heutigen Vermand identisch, niedergelassen. Bienus liatte dort das Bürgerrecht, war aber dann mit seiner Familie nach Köln gezogen. \"ermand war neben Amiens einer der bedeutendsten Sitze der (jlas- industrie und beteiligte sich be- sonders \om Fnde des 11. Jahrhunderts ab sehr eifrig an der Herstellung geformter (iläscr. l^s ist bei den reg(MT Verbin- dungen zwischen dfu l)(4gischen Tndustrieorten und der aut- bhihendcn I hiu|)tstadt des Niederrhciiies reclit wohl denkl)ar. diiß die Familie des Gatus eine der syrischen Glasmacherfannlien war, die ihren alten Wohnsitz mit der wohlhabenden .Stadt an der Reichsgrenze vertauschten und zu deren großem Auf- schwünge beitrugen. Wir wisstMi, daß in .SvriiMi die (ilas-
Abb. 1 19. Carchesium, smaragdgrün,
mit Fadenverzierung in Weiß und Gold.
Köln, Museum Wallraf-Richartz.
*j Furtwängler in Roschers Lexikon unter ,,Gryps".
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Industrie eine bedeutende Pflegestätte g-efunden hatte und daß syrische Kaufleute und Handwerker seit dem I. Jahrhundert in (ialhen ^insässig waren. (Vg-1. S. 199).
Der mit dem Greifenrelief geschmückte Grabstein trägt die Widmung:
Ocellioni, Illanuonis f(ilio), Exomnae coniug(i) eivis, Optatae f(iliae), Annae neptiae, Bienus, Gati f(ilius) pie de suo f(aciendum) c(uravit). Zu deutsch: „Dem Ocellio, Sohne des Illanuo, seiner Gattin Exomna, seiner Tochter Ojjtata, seiner Enkelin Anna hat diesen Grabstein Bienus, des Gatus Sohn, liebevoll aus eigenen Mitteln gesetzt".
Bienus, der Stifter beider Grabsteine, war, wie ein anderer lehrt, der Schwiegersohn des Ocellio. Die Familie hat sich mit Einheiniischen \'erbunden, denn Illanuo ist ein keltischer Name.-^)
Dem Bienus selbst und seiner Giittin ist ein dritter Grabstein gewidmet, mit der Inschrift:
Bieno, (jati f(ilio), ci\i \"iromanduo, Ingenuae, Ocellionis f(iliae), coniugi eins. Zu deutsch: „Dem Bienus, Sohne des Gatus, Bürger \on Mromanduum, seiner Gattin Ingenua, Tochter des Ocellio".
Darunter i^t noch Raum für drei Zeilen ausgespart, in welchen der Xame des P>ben und Stifters genannt werden sollte. Vermutlich hat Bienus selbst den Stein schon bei Lebzeiten für sich bestellt und seinem Erben hinterlassen, der aber aus irgend welchen Gründen die Hinzufügung seines Namens und der Stiftungsformel unterlitMl Vielleicht war er schon \-or Bienus selbst gestorben, so daß die Aufrichtung des Titulus fremden Händen überlassen blieb.
Ein vierter zu der Gru])])e g-ehörender Grabstein ist ganz ohne Inschrift geblieben, ein fünfter enthält Namen, die von den früher genannten abweichen, vielleicht aber derselben Familie angehören. Jedenfalls weisen auch sie auf syrische Einwanderung hin. Außer neuen urkundlichen Belegen für die Tatsache, daß dieses rührige \"olk l:)is an den Rhein vorgedrungen war, bieten die Grabsteine \'ielleicht auch solche für die Beziehungen Kölns mit den belgischen Werkstätten. Köln, das mit den Städten
^) Neptia für Neptis kommt auch sonst vor. Vgl. (_'il. III 35S2, V 2208, 8273.
241
Belgicas durch Nortreffliclic I landrlsstraßtMi verbunden war, bildete ja mit dem aiit^rcii/ciidcii Nordosten (ialliens (»ine ge- meinsame Kunstproxin/,.'
Bemerkenswert ist auch ein 1905 in Köhi gefundener (irabstein, welchen der x\lexandri- ner Asklepiades dem Griechen Rujihus stiftete. Seine Inschrift lautet:
Memoriae Ruphi, natione Greco, ^Mylasei, Choraul(a)e, qui vixit an- nos XVI, Dionysius As- clepiades, natione Alexan- drinus, ])arens, item Athe- n(a)eus, bene merenti de suG (faciendum cura- verunt.) "')
Der Stil der In- schrift sowie die Form der Buchstaben verraten bereits späte Zeit, wohl die Glitte des IV. Jahr- hunderts. Aus ihr geht hervor, dal] sich zwischen Köln, Alexiindrien und Kleinasien direkte \"er- bin düngen entwickelt hatten und weit über die eigentliche kolonisa-
Abb. 120.
Kanne mit Rosctlenschniuc Museum.
Köln,
^) Im Gegensatze zu der früher mit<:;eteiltcn Ansicht von Merkens macht sich im Kunstgewerbe des Niederrhcines und der nördlichen Belgica in r<Jmischer Zeit eine auffallende Übereinstimmung selbst in Einzelheiten geltend, Ijesonders in der Glas- industrie. Poppelreuter macht darauf aufmerksam, daß ein Blick auf die Tafeln von Cochets ,,\'ormandie souterraine" die 'allernächste Verwandschaft der kölnisch-rheinischen .Arbeit mit jener der westlich gelegenen Teile (Pallien dartue. Denselben Eindruck bekommt man beim Studium der Publikationen Pilloys, Boulangers u.a. nordfranzösischer Lokalforscher.
*) Veröffentlicht von J. Poppelreutcr im Bonner Jahrb. 114 115 S. 371.
Kisa, Dasi (Jlas im .■\Uertuiiie. l6
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torische Periode hinaus dauernd erhielten. Andererseits reichen die Verbindungen Köhis mit dem hellenistischen Orient bis in die Zeit zurück, da die Alteburg- als Station der römischen Rhein- flotte diente, in welcher viele griechische und syrische Elemente vertreten waren/) Nach Poppelreuters Vermutung, welche mir sehr wohlbegründet erscheint, wurde der griechische Einfluß auf die Rheingegenden nicht nur auf dem Landwege von Marseille aus, die Rhone und Mosel entlang vermittelt, sondern schlug direkt den Seeweg nach dem Rheindelta ein.") Schon das Zinn, Kupfer und der Bernstein hatten ja griechischen vSeefahrern den Weg nach dem Norden gewiesen. Die Einwanderung von Kauf- leuten und Handwerkern aus dem hellenistischen Südosten hatten eine Zeitlang die unsicheren politischen Verhältnisse, besonders der Aufstand der Bataver gehemmt. Als aber unter Hadrian nach Vollendung der mächtigen vSchutzmauer gegen die Germanen, des Limes, größere Ruhe eingetreten war, erwachte wieder die Unternehmungslust und ein neuer Strom von Einwanderern ergoß sich über die Rheinland^. So ist das Wiederaufleben griechischer Formen, der mächtige Aufschwung zu erklären, der sich vom Ende des IL J^ihrhunderts ab und namentlich im III. bemerkbar macht. Die Kolonisten fanden aber diesmal nicht n"iehr wie im I. Jahrhundert eine bescheidene Hausindustrie, sondern bereits eine durch lange Übung gesicherte Provinzial- kunst vor, deren Formen sich die Fremden bald anbequemen mußten. In späterer Zeit zog der Kaiserhof zahlreiche syrische Plinwanderer nach Trier, während die Sagen von der thebaischen Legion andererseits auf die große Rolle hindeuten, welche christlich-ägyptische Elemente in Köln spielten.
Die Beisetzung erfolgte in dem Grabfelde der Luxemburger Straße teils in umfriedeten Grabstätten, teils im freien Boden. Einigemal fanden wir um die LTrne Plattengräber aus mächtigen Dachziegeln, die sie wie Kartenhäuser umgaben; die einen ein- fach giebelförmig zusammengestellt (x\bb. 51), die andern recht- winkelig aus vier aufrechten Platten gebildet und mit einer
^) Vgl. die Inschrift der kleinasiatischcn Griechen auf einem Grabsteine der Alteburg bei Köln, Bonner Jahrb. 66, S. 78, 86 S. 129. ^) Bonner Jahrb. 114/115 S. 369.
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quer clarüberg'elt\i>'t<Mi lit'dcckt. Da die l^rdobcrfläclu' nur an d<'r Südseite eine Anseluittunj^" erfahren hat. lie^t,'"en die meisten dieser Grabstätten nur etwa i m tief, ebenso die Brandjjfräber einer anderen Klasse, die durch kleine längliche vStinnkistcm gekenn- zeichnet wird. Diese sind zum Unterschiede \on den früher ge- nannten einfachen Urnenbehältern im Inneren mannigfach aus- gearbeitet. An den Schmalseiten be- finden sich zumeist Stufen nnt halb- ' . rundem oder x'iereckigem Ausschnitte, jene als Standort für kleinere Kannen, Gläser und andere (ieräte, diese zur Aufnahme gröl^erer Gefäße berechnet. Der große Mittelraum tMithält haupt- sächlich die verbrannten Knochenreste, Holzkohlen, die eisernen Nägel und Winkelbänder der Holzkiste. Die Be- zeichnung als „Kindersärge", welche für diese Steinkisten in .Sarkophagform noch ü})licli ist, hat keine Berechtigung: in vielen von ihnen würde kaum die Leiche eines neugeborenen Kindes untergebracht werden können, da der Raum viel zu eng ist. .Sie bilden \-iel- mehr einen Übergang von den Urnen- gräbern zu den Sarkophaggräbern, von der älteren vSitte zur neueren. Die Leichenverbrennung wurde von Fami- lien, die am Alten hingen, manchmal bis in das 111. Jahrhundert hinein bei-
beh^dten, dabei aber durch die längliche, sarkophagartige Form der Steinkisten ein Zugeständnis an die neuauflebende Form der Bestattung unverbrannter Leichen gemacht. In solchen ließen sich auch die Beigaben sicherer unterbringen und in d»^r Tat haben sicli in ihnen sehr \iele wertvolle (jläser und .Sigillaten erhalten. Im allg(Mn(Mnen Heß sich feststellen, daß die zahlreicht^ren und älteren I)ran(lgräl)er in erster Keihe dicht an drr Stralle angelegt waren, die Steinkisten parallel hinter ihnen, obwohl von beiden Arten auch zwischendurch Lagerungen in senkrechter
i6*
Abb. 12 1. Stamnium mit Schlan- gcnfäden. Köln, Museum.
^44
Linie auf die Straßenflucht vorkamen. Die Skelettgräber, in welchen noch ca. i6 wohlerhaltene vSkelette mit im vSchoße ge- kreuzten Armen und nach Norden oder Nordwesten gerichtetem .'Vntlitze lagen, enthielten zumeist Holzsärge, die bis auf geringe Reste vermodert waren: doch sind auch solche aus Tuff, dann aus gelbem und rotem Sandsteine gefunden worden, aus Steinarten, die man in Köln erst im IV. Jahrhundert zu bearbeiten begann. Die Beigabe einer Münze Constantins des Großen beweist gleich- falls, daß das Leichenfeld noch in dieser späten Zeit benutzt wurde. Die Skelettgräber nahmen die letzten, von der Straße entferntesten Reihen ein und waren zum Teil sehr tief eingebettet. Manchmal Ligen jüngere üljer den älteren. Mele zeigten Spuren alter Plünderungen. Schon die Franken ließen bei ihren Einfällen und noch mehr nach dem Sturze der Römerherrschaft die Gräber- straßen nicht ungeschoren, wobei ihnen die Tituli und Grabmäler ja deutlich den Weg zu den Schätzen der Tiefe wiesen. Vor- ncdimlich auf (jold, Silber und Edelgestein lüstern, teilten sie mit allen Barbaren auch die Freude an den leuchtenden, zierlichen vSchöpfungen der Glasindustrit^ und schöne, namentlich farbige antike Gläser durften in der Kriegsbeute, dem Schlitze eines vor- nehmen Germanen nicht fehlen. Das (jrabfeld an der Luxem- burger Straße blieb aber auch nach den Frankenkriegen nicht verschont. Abgesehen davon, daß die Bischöfe der romanischen Zeit zu ihren prachtvollen Kirchenbauten viel antikes Material verwendeten — .St. Pantaleon ist größtenteils aus den Überresten der Rheinbrücke Constantins errichtet — kam ein großer Teil des Grundstückes der alten Gräberstraße an die Klöster Weyer und St. Brigitten, die darauf Wirtschaftsgebäude errichteten.
Die Holzsärge, deren sich zumeist die Armeren vom An- fange des III. Jahrhunderts ab bedienten, müssen sehr dickwandig gewesen sein, denn die \'on ihnen herrührenden Nägel haben oft eine Länge von lo — 15 cm. Die Särge sind von rechteckiger Form und bedeutend länger als der Körper des Bestatteten, damit zu dessen Füßen Gefäße untergebracht werden konnten.^) Auch in dieser Zeit bestand die Wegzehrung gewöhnlich aus Milch, I ionig und AW^in in drei größeren Glasflaschen, von
^) Boulanger a. a. O.
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wflclien zwei zu I-üljen, eine iK'brii dem Ko])fe aufs^Tstcllt wurde. Dazu kamen die schon erwähnten sogenannten Tränenfläschchen, kleinere Glasfläschchen der verschiedensten Arten für wohl- riechende Öle und Parfüme. ird(Mie .Schüs- seln. KrÜL,''e aus wtMliem und schwarzem - > Ton, aus Terra si^'illata, aus Bronze, Trink- becher mit aufs^-emalten Sinnsprüchen usw. ■, Manchmal findet man mehr oder wenis^er iinsehnliche Reste des Totenmales, Kno- chen von Hühnern, Kaninchen, Schweinen, Ochsen und Hammeln, Eier und Nußscha- len und sehr \'iele Austernschalen, da Austern damals ein sehr beliebtes und wohlfeiles A^olksnahrung-smittel waren. \Vie in den Brandyräbern ii;-ibt es auch hier Löffel, Parfümdosen, Toilettegerät. Schreib- zeug" und sehr \iele .Schmuckperlen in Frauengräbern. War der Sarg zu klein, um alle die Beweise der Pietät aufzu- nehmen, so legte man einen Teil in eine kleine viereckige Kiste aus 1 lolz. mitunter aus Bronze oder Blei, und stellte diese n.eben den Sarg zu Füßen des Toten. Zu Ende des IV. Jahrhunderts wird die Sitte der Totenbeigaben seltener, bei Christen beschränkt sie sich auf Gefäße, die \-iel- leicht mit Weihwasser gefüllt wurden, und wenige Schmuck- und ( iebrauchsgegen- stände, die dem \'erstorbenen wert waren. Trotzdem haben in Köln ausnahmeweise
gerade christliche Gräber \on den Begräbnis})lätzen an St. Frsula und St. .Se\-erin die kostl^aren gra\ierttMi . bemalten und ver- goldeten Gläser ergeben, von welchen in einem anderen Zu- sammenhange die Rede sein wird. In den fränkischen (iräbern tauchen wiederum antike .Schmuckperlen aus farl)ig(Mn (ilas und Ton in einer \-orher unbekannten I-'ülle und Mannigfaltigkeit auf Jene liegen nicht mehr, wie die heidnischen (rräber. außerhalb der Stadt, sondern rings um die CJotteshäuser.
.\bb. 122. Flasche mit Schlan- genfädcn. Köln, Museum.
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\"on der großartigen Wirkung- der Via Ap])ia und selbst von jener der Gräberstraße bei Pompeji waren die g-allischen und auch die kölnischen wohl weit entfernt. Immerhin muß der Anblick der vmunterbrochenen Reihe von Tituli und Grabbauten aller Art in ihrem Schmucke schattigfer Bäume, g-rüner Sträucher und bunter Blumen für den Wanderer, der sich einer Stadt näherte, ein eigentümlich ergreifender gewesen sein. Ehe er die Gassen und Plätze mit ihrem lebendigen Treiben betrat, empfingen ihn die Manen der Abgeschiedenen. Auf dem Lande bildeten die Grabstätten zumeist Gruppen am Rande von Keinen und unter Alleen \on Bäumen, die nach den Landhäusern und Gehöften führten. Ln Umkreise von Köln befindet sich als Überrest einer solchen ländlichen Totenstätte das berühmte Grabmal von Weiden und in der Nähe von Trier die durch ihren prächtigen Skulpturen- schmuck iiusgezeichnete Ig"ler vSäule.
Die Brandgräber der Luxemburger Straße haben außer den erwähnten Beigaben noch \'iele andere von großem Kunstwerte enthüllt. Besonders reich waren jene sarkophagartigen Stein- kisten mit Abteilungen im Lineren an Gläsern feinerer .Sorte- Eine von ihnen hatte beinahe die Größe eines wirklichen Sarko- phages und stand in einer PIrdhöhlung, die durch vorkragende Schieferplatten geschützt war. Sie war \ollkommen unberührt und enthielt außer verbrannten Knochen im mittleren Räume auf den Stufen und in den kleineren Abteilungen nicht weniger als dreizehn wohlerhaltene Glasgefäße verschiedener Art in den Eormen und Dekorationsweisen \'om Ende des IL Jahrhunderts, außerdem bronzenes Schreibgerät, die Reste eines ledernen Leib- riemens und dar^m ein ( )lfläschchen nebst zwei Strigiles aus Bronze. Die X'erbrennung'' der Leiche hatte, wie deutlich zu sehen war, in der Grube selbst stattgf-efunden. Noch luxuriöser war eine kleinere, durch eine Querwand geteilte Steinkiste aus- gestattet, die in einem Abteil die Knochenreste, in dem anderen achtzehn Glasgeiäße von vorzüglicher Itrhaltung aufwies, unter diesen eine Reihe jener hochgeschätzten Arbeiten mit Schlangen- fadendekor, phantastischen Wellenornamenten aus opakweißen, gelben, azurblauen und vergoldeten Glasfäden auf farblos durch- sichtigem Grunde. Auch in anderen Steinkisten wurden derartige kostbare Gläser gefunden, so namentlich ein (jlfläschchen in
Gestalt eines (iladiatorenhrlmtvs mit s^-eschlosseneni \"isier, ein Seitenstück zu dem ehemals in der Sammlung»" Disch in Köln be- findlichen Tlelmirlase. (Abb. ii6.) (jra\-ierte und geschliffene (jlä- ser, die aus dem s])ätr(")niisclit'n (iräberfelde an der Severinstraße und anderen Orten Kölns so zahlreich hervorg"egang-en sind, fehlen hier, dagegen sind frei und in llohlformen geblasene Gläser, solche mit Fadeiuunwickelung, mit Eindrücken, Falten, Rippen und Staclu^n, kurz die meisten der \'om IL bis I\'. Jahrhundert üblichen Arten reichlich vertreten. Unter den Bronzen mögen eine Schüssel in Ge- stalt einer Pilgermuschel, einige Spiegel, Tinten- fässer, Bestecke mit Schreibgriffeln genannt sein, unter den Emailarbeiten ein zierliches Räucher- gefäß in Gestalt eines Dreifußes, eine kleine Schmuckdose, mehrere Fibeln in Gestalt von Rundscheiben und Pferdchen, sowie Scharnier- fibeln gewöhnhcher Art. Unter den Schmuck- sachen aus Bronze, ArmringtMi und Fingerringen, Haarnadeln und Schnallen ragt eine zierliche 1 lalskette mit kleinen Perlen aus azurblauem Glase, unterbrochen durch goldene Zwischenglieder her- vor. Aus Bernstein, dessen Bearbeitung man in Köln vortrefflich verstand,-^) besteht ein dicker Fingerring sowie ein kleines Relief mit Amo- retten in einem Schiffe und andere Figürchen, die ebenso wie der schöne schlafende Amor des Museums Wallraf-Richartz, den Belag eines Zier- kästchens bildeten. Gleichem Zwecke dienten zahl- reiche Amoren, Tierfigürchen und (Jrnamente aus P)cin. die dafür Zeugnis gilben, daß auch die Beinschnitzerei in Köln nach alexandrinischem Muster arbeitete und eine hohe technische Vollendung erreicht hatte. Unter den Tongefäßen, die natürlich der Zahl nach überwiegen, finden sich gleichfcdls scliclnc und seltene
Abb. 123. Stengel- bechcr mit Schlau- genfäden. Köln, Sammlun" Niefien.
^) Die schönsten antiken Arbeiten aus Bernstein sind in der Sammlung Toppo im Museum von Udine vereinigt, welche aus Kunden von Aquileia besteht. Auch die öffentlichen und privaten Sammlungen von Aquileia selbst zeichnen sich durch viele vortreffliche Bernsteinschnitzereiea aus. Nach diesen sind wohl die von Köln die zahl- reichsten und ansehnlichsten. Vgl. Majonica, Führer d. d. Staatsmuseum von Aquileia S. 45.
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vStücke. Die wichtig'sten sind zwei malachitgrün glasierte Am- phorisken, ganz mit feinem Weinlaub in Relief bedeckt, aus welchem die Gestalten des Bacchus und der Ariadne heraus- kommen. Sie sind tadellos erhalten, in Hohlformen gepreßt und Arbeiten etwa vom Ende des des I. Jahrhunders. Früher Zeit gehört auch eine große Gesichtsurne an, dann halbkugelige Sigillata- schüsseln mit Rankenreliefs und Gefäße aus Terra nigra mit papier- dünnen Wandungen und scharfen l^rofilen. Den Kugelbechern mit Schuppen, Warzen und Kerbschnitt\'erzierung, die in Mengen gefunden wurden, reihen sich die späteren Barbotinebecher mit Jagd- und Gladiatorenszenen an. Tonlampen sind aus vier Jahr- hunderten vorhanden, am häufigsten die frühen Formen, darunter eine große vSigillatalampe in Gestaut einer Weintraube, andere mit Reliefs im Diskus.
Außer Köln haben die Gräberfelder von iVndernach, von Xanten, Gelsdorf bei Meckenheim, Remagen, Mayen, Flammers- heim, das Lager von Xeuß und hindere am Xiederrhein eine reiche Ausbeute an Gläsern ergeben, die zum größten Teile im Provinzialmusevim \on Bonn aufgestellt ist. "^j Die Funde von der Mosel und aus der südlichen Eifel verwahrt das Provinzial- museum in Trier.") Die Gläser des Trierer Stadtgebietes stammen der Mehrzahl nach \on zwei Begräbnisstätten: Einer nördlich von der Porta Nigra gelegenen, welche die Vorstädte Paulin und Maar umfaßt und der anderen am linken Ufer der Mosel bei dem Dorfe Pallien, die zumeist cliristliche Gräber enthält. Hier wurde der schöne Becher mit aufgelegten Fischen gefunden, dem als Untersatz ein Pinax aus Milchglas diente. (Abb. 309, 310.) Das schöne Fragment eines Bechers aus Krystallglas mit einem geschliffenen Wagenrennen stammt aus den Thermen. T)ie Gläser \"on Worms und Umgebung sind in dem reichhaltigen
^) Vgl. (". Konen, Das Grabfeld von Andernach, Bonner Jahrb. 86, S. 160 f. l>ehner, Führer durch das Provinzial-.Museum in Bonn.
'-) Vgl. Hettner, illustr. Führer d. d. Provinzial-Museum in Bonn und die Be- richte in der Museographie der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst, in welcher überhaupt die Funde des Rheinlandcs, Württembergs, Hessens, Nassaus, der Pfalz, von Luxemburg und auch von Holland regelmäßig verzeichnet, zum Teile auch abgebildet werden. Kleinere F"uiide sind im Korrespondenzblatte dieser Zeitschrift veröffentlicht.
?49
Paulus -Museum'^), die nassauischen im .Nfusoum nassauischer Altertümer in Wiesbaden*), di(^ hessischen im !u;roßherzog"lichen Museum zu Darmstadt sow ie im Museum \on Mainz vt^reini^t, das jedoch auch die anderen rheinischen Gebiete umfaßt, während die Sammlunt^en von Speier, Luxemburt>-, Mannheim, Rei,'"ensburir, Frankfurt, Xeuwied, Düsseldorf u. a. zumeist Lokalfunde enthalten. Die 1 lau])tfundorte \oii antiken (xläsern sind \n dt-n Khein- landen ^) :
Germania Inferior.
XvmwejL^'en (Xo\'iomai,''us). Sehr zahlreiche Funde, über 400 Perlen und Spielsteine.
Xanten (Castra \\^tera). Sehr viele Funde waren früher in Houbens Anti- quarium. das in die Kollektion Slade und mit dieser in das Britische IVIuseum über- tfintJ". Virl. Fiedler, Das Antiquarium Iloul)ens in X. und Xesbitt a. a. O. — Darin befanden sich u. a. ein saphirblauer Pokal mit zwei opakweißen Henkeln (Slade S. 33), zwei Trinkbecher aus farb- losem Glase mit Haarrissen (Craquele), eine schöne (Jenochoe mit farbig-en Zickzackmustern äs^yptischen Stiles, eine Taube aus lilauem Glase (Slade vS. 48).
Krefeld. Zwei Alabastra äj^vptischen Stiles, jetzt im Britischen Museum.
Xeuß (Xo\'aesium). Bemaltes Kästchen aus farblosem Glase, jetzt s])urlos \'erschwunden. Zahlreiche Bruchstücke von Millefiori vmd farbii^"en Gläsern der frühen Kaiserzeit. Blaue .\in])1i(iriske
Abb. 124. Xapf mit Schlan-
genfiiden. Köln, Sammlung
NieLien.
■') Vgl. Weckcrling, Pas l'aulusmuseum in Worms.
') Vgl. V. Cohauscn, Führer iJ. d. .■\ltertumsmuseum von Wiesbaden.
') Die hervorragendsten der in diesem Verzeichnisse genannten Stücke werden in den folgenden Abschnitten näher beschrieben und teilweise abgebildet. Die .Auf- zählung der Fundorte macht keinen .Anspruch auf Vollständigkeit; sie gründet sich im allgemeinen auf die beiden Registerbände der Bonner Jahrbücher, in welchen die Funde von (iermania Superior und dem .Moselgebiete wenig berücksichtigt sind. Zur Ergänzung ist namentlich die Muscographie der Westdeutschen Zeitschrift für Ge- schichte und Kunst, sowie das hierzu gehörige Korrespondenzblalt heranzuziehen.
2;o
gef. 1844 mit einer Münze des Septimius Severus, vgl. Bonner Jahrb. 5/6, S. 410. — Sämtliche Funde \'on Xeuß sind neuerdings in dem Neuß gewidmeten Bande 11 1 112 dieser Zeitschrift zu- sammengestellt.
Weiden. Die Funde der römischen (rrabkammer im Bonner Jahrb. 3, S. 148 f.
Gelsdorf. Vgl. Bonner Jahrb. 33/34, S. 228 f.
F'lammersheim. IVxl. S. 236. Vellerhof (Eifel). Ibd. 19, S. 74. Zülpich. F'lasche mit aufgemalter Uuadriga im Pro\'inzialmuseum in Bonn, gef. 1904.
Beckum. \\d. Bonner Jahrb. 32.S.1 32. Ückesdorf. Ibd. 36, S. 72. Rondorf h. Sechtem. Ibd. 63, S. 6 f. : 58. S. 219.
\"echten (Holland;. ll)d. 46, S. 115 f. Godesberg. Schmuckperlen ibd. 25, S. 207 f.
Rheindorf b. Opladen. Geschliffene und gravierte Gläser ibd. 74, S. 63 f. Lommersum. Ilxl. 83, S. 138 f. Raversbeuren. Fensterscheiben ibd. 61, 134.
Stoll^erg. I)gl. Bonner Jahrb. 72, S. 185: j':,. S. i78f
P)Uschdorf. Ibd. ;j. S. 220. Groß-Bußlar. Ilxl. 90, S. 117. Remagen (Rigomagus). Ibd. 90, S. 18 f.
Pier b. Jülich. Ivanne in (iestalt (-ines Januskopfes, Bonner Jahrb. 84, S. 79.
Andernach. Zahlreiche Funde aus n'imischer und fränkischer Zeit. Vgl. «C. Konen, Das (irabfeld \on Andernach, Bonner Jahrb. 86, S. 144 f.: außerdem B. J. 81, S. 57: 76. S. 66: 81, S. 56 f.: 90, S. 1 8 ; 69, S. 51.
Bonn (Castra Bonnensis). Vgl. Lehner, Führer d. d. Pro- vinzialmuseum in Bonn. Zahlreiche Gläser, namentlich mit gravierten und geschliffenen Wrzierungen.
Abb. 125. Helmglas mit Schlangenfäden. Köln. Ehem. Sammlung Disch.
251
Germania Superior (und Belgica).
Wiesbilden (Aquiie Aüittiiicae). Aschenurne bei Dorow, Opfer- stätten I, S. 36, T. 13, I. Im Museum zahlreiche Funde, besonders V. J. 1828. Drei Trinkhörner aus fränkischen Gräbern, mehrere Rüsselbecher.
HeddernhtMm. Zahlreiche Funde, jetzt im Museum xon Wies- baden, auch im Historischen Museum zu PVankfurt.
Bingerbrück. (jroßes Trinkhorn der Sammlung Slade (S. 80). Zahlreiche Ghisflaschen und Kannen mit Spiralfäden, jetzt in den Museen von Mainz und Wiesbaden (1862).
Fadenverzierung an dem Helmglase Abb. 125.
Kreuznach. Kannen mit Kettenhenkel. ("antharus mit blauen und braiuuMi Zickzackfäden, abgel:). bei Lindenschmit. A. h. \'. I. lieft XI. r. VII, 7.
Mainz. Zahlreiche Funde im dortigen Museum. Einzelnes bei Charvet, \-gl. Froehner, T. 9, 53. 54 und S. 71.
Castel. Zahlreiche Funde, u. a. eine Traubenkanne, abgeb. bei Emele, T. \'l. 17. Saugheber ibd.. F. \'. (k Anderes ibd.. T. \T. 13, T. V, 3, bei Minutoli Katalog 4^)7, 4(>g. 471.
Hingen (Bingium). Zahlreiche Kannen mit Ixettenhenkel. P)raimes geripptes Fläschchen im Museiun von Karlsruhe.
1 leimersheim. Siegesbecher mit (jladiatorenkämpfen in Relief abgeb. bei Froehner, S. 68. Sechseckiges geformtes Fläsch- chen aus goldbraunem Glase mit Medusenmasken ibd.
2 c 2
Worms (Borbetomagus). Zahlreiche Funde, zumeist im Paulus-Museum, einzelne in dem von Wiesbaden.
Hohensülzen. Berühmtes sogenanntes Diatretum (Abb. 217) sowie andere geschliffene und gravierte Gläser, die später ein- gehend behandelt werden. Vgl. Bonner Jahrbuch 59, S. 64, T. 2 — 5.
Bertrich. (jläser mit Fadenverzierung.
Cordel i. d. Hochmark. Reste eines Glasofens.
Cobern. Gravierte Gläser. Gläser mit Spiralfaden und andere sehr reiche Funde.
Kirn. Gravierte und Fadengläser.
Wies-Oppenheim. Gläser mit Fadenverzierung.
Gondorf Vgl. Bonner Jahrb. 81, S. 63 u. a. Zahlreiche Funde, darunter ein vSchlangenfadenglas, fränkische Tümmler u. a.
Speier (Noviomagus). (Häser in der Altertumssammlung daselbst.
Rheinzabern. Baden-Baden.
Straßburg. Reiche Funde. Darunter \'iele gravierte und geschliffene Gläser, Kanne mit farbiger Fadenverzierung in Form einer Pilgerflasche wie die K(")lner. (Abb. 120.) — Das geschliffene Netzglas (Oberlin, Mus. Schöpflini, T. 8) ist bei der Belagerung 1870 verschwunden. (Abb. 220).
I leidenhübel. IMrnförmige Am])ulla aus grünlichem Glase, umsclilungen \on einem weißen Faden, der mit kleinen Glas- perlen bedeckt ist.
Luxemburg^.
In dem ans IViersche angrenzenden, ehemals zum (jebiete der Treverer gehörigen Großherzogtume Luxemburg sind Gkis- funde gemacht worden: In der Stadt Luxemburg selbst, in Bigon, Dalheim, llellange — hier zwei \'iolette Kugelbecher, eine kleine blaue ^Vmjihoriske mit weißen Tröpfchen und eine prachtvolle Millefiorischale. \) (Abb. 204).
Lothringen.
Metz. Thionville, St. Mansv bei Toul — von hier stammt ein Januskopfglas der Sammlung C'harvet,. (Abb. 298).
^) Vgl. Publications de la societe arclieol. de Luxembourg IX, S. 2, 20, T, U. Näheres in Abschnitt \'III.
Helvetia (Schweiz).
Marti^iiv au Maurasses. Aveiiches (Aventicum). Windisch AffoUcrn (s. S. 158).
(X'indoui
Rhaetia.
Regensburg-. Fhische mit Sclilaiiirenfäden. (Tläserne Spieg^el und anderes in der ^Vhertümersiimmlung daselbst. — Belleremise b. Pfluiiffelden, Bayern. Bruchstück eines ^■ebänderten Fläschchens (s. S. 15S). — Breg'enz.
Noricum.
SakburL,"" (Tuvaxiumi. Mehrere Funde im Museum, darunter ein g^eformtes Känn- chen mit Reliefornamenten aus Birgelstein. — Innsbruck. Zahlreiche Funde im Ferdi- nandeum. — Wels (Ovila). Funde aus Steier- mark, siehe Pratobevera, die keltischen und römischen Antiken in Steiermark, Graz 1856, S. 2 2 f.
Pannonien.
Steinamanger uSax'ariiij. Glas des Placcius Alcimus. — Daruvar (Jasi). Ge- schliffener Xetzbecher (Abb. 218.) — • Szek- szard (Alisc^i). Dgl. (Abb. 224). — Oedenburg, Becher mit Gladiiitorenkämpfen in Relief. ^)
Abb. 1 20. Pilgcrllasche niil
Schlangenfäden. Kiiln,
Museum.
Germania Magfna (Das freie Germanien).
Merseburg. Becher aus Krystallgla^ mit geschliffener und graxiertt^r Szene.
Diana und Actäon, gefunden in Merseburg in unbekannter Zeit neben verbriinnten Knochen mit einem unverzierten Becher derselben Form, Bronzefibeln und anderen römischen Gegen- ständen. Kam mit der .Sammlung Slade in das Britische Museum. '")
1) Vgl. .Abschnitt VIII.
-) Vgl. Bohn C. J. L. Xill So. E. aus'm Werlh, Bonner Jahrb. 64, S. 127. Coli. Slade, Xo. 320, S. 58, 59, Fig. 15.
254 •
Vietkow (bei Schmolsin, Pommern) 1906. P2in sog'enanntes Steinkistengrab mit Urnen usw. und zwei geschliffenen römischen Gläsern.
Lüstebahr in Pommern. Eine große Schmuckperle, besetzt mit Schachbrettmustern und Masken, s. S. 131. — (jlasperlen sind in Gräbern des östlichen und besonders des nordöstlichen Deutsch- lands sehr häufig.
Sackrau (Schlesien, 8 km von Breslau). liier wurden 1886 und 1888 drei Grabfunde gemacht, welche für die Kenntnis der Beziehungen dieser Gegenden zu den Römern \'on großer Be- deutung sind. ^) Sie lassen sich in die pannonischen, dänischen und schwedischen Funde einreihen, welche antike x\rbeiten mit einheimischen vereinigen. Das erste Grab enthielt eine Schale aus Mosaikglas mit schräg' ausladendem Rande und Fußring, von braunvioletter (rrundfarbe mit ach^ltähnlichem Muster in braiui, gelb, fleischrot us\\-., bis auf eine Randlücke gut erhalten, 4,7 cm hoch, 7,7 cm breit, außen ziemlich rauh, innen glatt poliert. (Abb. 195.) Dann zahlreiche Scherben eines Glasgefäßes von grün- licher Grundfarbe mit kleinen gelben und dunkelgrünen Flecken, wahrscheinlich gleichfalls einer Schide. Außerdem mehrere kleinere Scherben mit verschiedenen Millefiorimustern, eine licht- blaue Glasperle und flachrunde, weiße und schwarze .Spielsteine. Die Leichen. \on deren Skeletten sich zahlreiche Überreste vor- fanden, waren wie die dänischen ohne Sarg bestattet, mit einer P^infassung von Steinen umgeben und mit einer Lage von Steinen bedeckt. Wahrscheinlich gehörte der erste Grid:)fund, welcher die eben beschriebenen Gläser enthielt, einer Frau an. Xach den Zweirollenfibeln, welche beigegeben waren, läßt sich die Zeit ziemlich genau bestimmen. Diese Pöbeln treten in Ung'arn am Ende des IIP Jahrhunderts als Ausfluß eines römisch-barbari- schen Geschmackes auf und beherrschen im IV. und V. Jahr- hundert den ganzen Norden bis Norwegen. Andere P^und- umstände lassen das Alter des P\mdes auf das Ende des IIP oder den Anfang des IV. Jahrhunderts einschränken. Die
^) Vg'- firempler, Der erste Fund von Sackrau. Breslau 1SS8. Ders. Der zweite und dritte Fund. Die aufgezählten Gegenstände sind hier in Licht- und Farben- drucken abgebildet.
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beiden anderen (i ruber enthielten ein(^ Trinkscliale aus wein- roteni. dick\vandig"em Gkise mit ausiifeschliffenen Ovalen, 1 2 cm hoch, 9,2 cm breit, von unten abgeplatteter kug-elig^er Form, dann eine Millefiorischale, wie der Becher \ortrefflich erhalten, von dunkelvioletter Grundfarbe, bedeckt mit kleinen sechsblätt- rig-en Blüten, die von kleinen Punkten umgeben sind; jed(*s Blümchen hat einen ziegelroten Kern mit gelb(Mn Rande, sechs grüne, gleichfalls gelbgeränderte Blätter und einen äußeren Kr^lnz ^'on zehn blaßrosa Blättchen. Außer den Blümchen durchziehen achatartige .Streifen den Grund {.\bb. 50). Wahrscheinlich war hier die Grabstätte eines vornehmen vandalischen Geschlechtes. Es steht ja fest, daß nicht Sla\-en die ältesten Bewohner Schlesiens gewesen sind; vor ihnen gehörte das Land Germanen vandalischen Stammes, von welchen einzelne Teile nach I'annonien zogen, um hier gegen Aurelian und Probus zu kämpfen. Nach ihrem .Vb- zuge erst folgten die \'on Osten andrängen- den Slaven. Die vom Pontus im Osten, so wie die von Aquileia über Pannonien nach Norden führenden Handelsstraßen erklären das X'orkommen dieser antiken Glasarbeiten im X'andalenlande, wenn man nicht etwa in
Rücksicht auf die Kostbarkeit der Funde anstelle des Handels li(4oer ein Ehrengeschenk an einen der Führer des Stammes an- nehmen will. Nach Felix Dahn „schickten und em])fmgen die (jotenkönige, wie Cassiodor und Prokop zeigen, in großer Häutig- keit (resandte. welche nach alter Sitte Ehrengeschenke zwischen den Königen auszutauschen pflegten".^) Es koimten demnach auch durch eine derartige \^>rl)in(huig der Ausgewanderten mit flen Zurückgebliebenen Erzeugnisse südlichen Kunstfleißt^s nach dem Norden gelang"en.
Abb. 127. Becher mit
Schlangenfäden. Honii, Provinz ialmuseum.
^) Felix Dahn, Die Könige der Germanen. Würzburg 1866. III. S. 251.
^^ß5^
«»
V.
Farbiges und farbloses Glas. Die Erfindung der Glaspfeife.
Kisa, Das Glas im Altertuiiie.
17
ab c d
Abb. 128. Gläser mit Schlangenfäden, a, h, d im Museum von Xamur, c im Antiquarium von Regensburg.
Farbiges und farbloses Glas. Die Erfindung der Glaspfeife.
Semper unterscheidet dreierleM Zustände des Glases, i. Als sehr harter, spröder und fester Körper, dem durch Abnehmen von Teilen mit Jlilfe schneidender Instrumente eine beliebig-e Form erteilt werden kann. 2. Als flüssige Substanz, in welchem Zustande es wie Metall in Formen gegossen wird und beim Abkühlen mit Beibehaltung seiner Form und Farbe in den Aggregatzustand einer festen, spröden, krvstallinischen Masse übertritt. 3. Als weiche, sehr ])lastische, zähe und dehnbare Substanz, welche nach der Erkaltung die im weichtMi Zustande erhaltenen Formen und Farben unverändert beibehält.^)
Im idlgemeinen entspricht diese Reihenfolge technis(iirr Prozesse der Geschichte der Industrie. Im ersten Zustande wird das Glas, nachdem es geschmolzen und erstarrt, wie ein Edel- stein bearbeitet, im zweiten wird es teils frei aufgegossen und gepreßt, teils in 1 lohlformen getan. Durch das Rad und
1) Semper, Der Stil II 17S f.
17*
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stählerne Werkzeug-e kann es weiter bearbeitet werden. In beiden Zuständen wird vorwieg"end opakfarbig'es Glas zu gem- menartigen Wirkung'en ausg"enützt. Ihnen folg"t mit der Erfindung" der Glaspfeife der dritte Zustand, in welchem die Industrie in eine neue große Epoche eintritt.
Die überwiegfende Anzahl der antiken Gebrauchsg"läser zeig"t eine grünliche, bläulichg"rüne oder bräunlich-olivgrüne Färbung. Bläulichgrün ist das sogenannte Glas des Pharao in Ägypten, \on hellerer grünlicher oder gelblicher Farbe das Glas von Syrien, die langhalsigen Flaschen von Sidon, grünlich die Gläser Italiens und Galliens. Die Färbung rührt, wie erwähnt, von den im Kiessande enthaltenen Eisenoxyden her. An Schönheit steht dieses ordinäre Material weitaus dem künstlich gefärbten nach, das im Oriente] bis in das 11. Jahrhundert hinein und selbst später auch bei Gebrauchsgläsern besserer Sorte bevorzugt wurde. Die Gläser hellenistischer und römischer Zeit, welche in den Gräbern von Idalium (Cypern) zu Tausenden] gefunden wurden, sind der Mehrzahl nach gefärbt. Die farblosen und grünlichen vStücke aber, die hier vorkommen, sind nach Cesnola sehr dickwandig und wenig durchscheinend, offenbar noch iius freier Hand modelliert. In Ägypten findet man schon sehr früh farb- loses Glas, das ursprünglich wohl auch ganz durchsichtig war, jetzt aber mehr oder [weniger trüb ist. Dieses Material wurde wie das farbige als bildsame Paste mit freier Hand um einen Tonkern modelliert und an der Außenseite geglättet, die Perlen, Amulette, kleinen Besatzstücke und Schmuck- sachen in Hohlformen gegossen und ciufgetropft oder durch Pressung jverziert. An den Bruchflächen zeigt es sich, daß die Trübung nicht durch die ganze Dicke des Glases hin- durchgeht, sondern hauptsächlich an der Innenseite vorhanden ist und \'on da nur wenig nach dem Inneren vorschreitet. Sie ist demnach nicht, wie vSemper meint, künstlich hervorgerufen, sondern das P>gebnis eines natürlichen Verwitterungsvorganges, w^elcher durch eine mangelhafte Abkühlung des fertiggemachten Glases befördert wurde. Namentlich die dickwandigen Gefäße und Pasten erkalteten in den unxollkommenen Kühlöfen der Alten nicht rasch und gleichmäßig genug. Die Abkühlung trat an der Außenfläche früher als im Inneren ein, wodurch eine
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Verschit'lnint;" ilcr Masse, eine S])annung entstand, die kleine Risse hervorrief. xVnfangs kaum bemerkbar, gewährten diese Risse und Rauheiten im Laufe der Zeit der Einwirkung von Wasser und organischen Säuren freieren Spielraum • ^ils glatte und gleichmäßig gekühlte Gläser; die Kali- und Xatronsilikate der Glasmasse wurden aufgelöst und dadurch die Trübung und Mattierung hervorgerufen. Diese Sorte farblosen Glases wurdr bis in das III. Jahrhundert lüncin zur Herstellung jener, oft ^ ., m langen, in der Mitte verdickten Phiolen, die manchmal als Saugheber erklärt werden, der vier- eckigen, langhalsigen, in Formen geblasenen soge- nannten Merkurflaschen und anderer Gebrauchs- ware angewendet. Die chemische Untersuchung lehrt, dal] ihr Material von Eisen- und Mangan- oxvden vollkommen frei. d. h.. dal) es natürliches f^irbloses (ilas ist. ge- wonnen aus reinem Kiessande. Man fand ihn an den Ufern des Niles, des Belus, an der Küste von Puteoli und an anderen Orten. Der Wüstensand Ägyptens war von verschiedenen Sorten. An manchen .Stellen gab er ganz weißes, eisenfreies Glas, das sich auch \orzüglich zur Färbung eignete, weil die zugesetzten Farb- stoffe frei wirken konnten: an anderen dagegen das bekannte, stark blaugrün gefärbte, das sehr \iel Eisen enthält. Schon wenig Eisen reichte hin. um die Farbe sehr zu beeinflussen. Wenn der gewöhnliche rott^ Wüstensand gebraucht wurde, erzielte man immer das Glas des Pharao, die blaugrüne .Sorte. Braunen Wüsten- sand verwendete man wahrscheinlich in der Regel zur i lerstellung blau oder grün gefärbten Glases, indem man 3 — io"/o Kupfer und etwas Kalk zusetzte.') Die alexandrinischen Arbeiter behaupteten
Abb. 129.
(jläser mit Schlangenfäden. Aus der Picardie.
^) Russell in Petries Medüm. S. 447.
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nach Strabo, dal] sich ihr Sand besonders ^»"ut für farbige Gläser eigne. Daneben verstand man es, wie Petrie in Teil el Amarna nachgewiesen hat, schon um i 500 v. Chr. reines und farbloses Glas aus pulverisierten Quarzkieseln herzustellen, ein Verfahren, das nach Plinius später allgemein bekannt war und die Herstellung farblosen Glases auch dort möglich machte, wo man nicht über reinen Kiessand verfügte. Funde \on reinen, farblosen Gläsern sind denn auch im alten Ägypten nichts ungewöhnliches, eben- sowenig unter dem orientalischen Import diesseits der Alpen.
Eine andere Sorte farbloser Gläser erweist sich bei der chemischen Untersuchung als künstlich entfärbtes Produkt. Es enthält Manganoxyd (Braunstein), welches in geringen Mengen zugesetzt die Eigenschaft hat, die Metalloxyde unreinen Kies- sandes zu paralysieren und die Schmelze zu klären. Manchmal vergriff man sich bei der Entfärbung und gab all zu reichliche Dosen von Braunstein zu. Dies geschah besonders zu Ende der Römerzeit sowohl in Gallien, am Rhein wie im Orient, zvi einer Zeit, als die Hütten die alten Rezepte leichtfertig l^ehandelten, noch mehr in der fränkischen Periode und im Mittelalter. Bei den farbigen Gläsern des V. Jahrhunderts und der fränkischen Zeit kann man alle die Fehler beobachten, die durch zu geringe, meist aber dv;rch zu starke Erhitzung sowie durch unrichtige Mischungsverhältnisse verursacht werden. Gelb wird zu stumpfem Rotbraun, Rot zu Violett, Grün zu schmutzigem Oliv usw. Die Folge war, daß die Fritte nicht krystallhell wurde, wie man be- absichtigte, sondern eine trübe Komplementärfarbe von Blaugrün, schmutziges Braungelb annahm.
Schon Ilg hat wahrscheinlich auf Anregung Lobmeyrs die Ursache der unreinen und mangelhaften Entfärbung zahlreicher antiker Gläser darin gesucht, daß den Alten kein Mittel bekannt war, den Sand zur vSchmelze von Eisenoxyden zu befreien.^) Da- gegen wandte Blümner ein, daß die chemische Analyse häufig bei antiken Gläsern Zusätze von Mang-anoxyden ergeben habe. Beides ist richtig. In entlegenen Glashütten und bei der Her- stellung ordinärer Gläser wandte man den gewöhnlichen unreinen Kiessand an, während in anderen Fällen das Material entfärbt
^) llg, Anmerkung zu Heraclius, S. 392, Blümner a. a. O. IV, S. 392.
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wurde. Wann man diese Eigenschaft der Manganoxyde erkannte, geht aus den hterarischen Quellen nicht hervor. Jedenfalls hängt diese Erfindung aufs engste mit jener der Glaspfeife zusammtMi, da namentlich bei geblasenen Gläsern die Verunreinigung des Alateriales auffallen mußte. Als Färbemittel war d^ls Manganoxyd längst bek^mnt, man \erwendete es, um braune (jläser herzu- stellen. Dabei mag der Zufall, indem man einmal durcli ein zu geringes Quan- tum anstatt der gewünschten Farbe eine Xeutralisierung des bereits ursprünglich vorhandenen blaugrünen Tones zu Farb- losigkeit erzielte, die Aufmerksamkeit auf dieses Entfärbungsmittel g'elenkt haben. ]3as künstlicli entfärbte Glas ist im Gegensatze zu dem natürlich farblosen der ersten Periode der Glastechnik, der Periode der aus freier Hand modellierten Glaspaste, meist zu ilünnwandigen Ge- fäßen ausgebalsen, also Hohlglas in mo- dernem Sinne. Dickwandiger ist eine dritte, sowohl durch Guß und IVessung, wie mit der Glaspfeife verarbeitete Sorte farblosen Glases, welche gleich dem Krystallglase von heute und den opti- schen (rläsern. Zusätz(^ \on Bleioxyden enthält. Sie eignete sich besonders zur Abb. 130. Kanne mit Schlangen- ei ravierung und zum Schliff und fand in fäden. Boulogne, Museum, der Kais(^rzeit Ijis ans Ende weitx'erbrei-
tete und \ielseitige Anwendung. Sie repräsentiert das berühmte Krvstallglas, dem Plinius unter allen Sorten die erste und her- vorragendste Stelle anweist, das in der Kaiserzeit die höchsten Preise erzielte.-^) Es ist ein schönes, glänzendes, trotz seini^r Weichheit doch widerstandsfähiges Material, das durch Iri- sierung weniger ids die durch Manganoxyde entfärbten Sorten gelitten hat.
^) „Maximus tarnen bonos in candido tralucentibus, quam proxima crystalli similitudine". Plinius 36, 198.
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Die noch von Ilg- vertretene Ansicht, daß die Antike den Hauptwert auf die Nachahmung edler Steinarten durch farbige Glaspasten gelegt habe, ist in dieser F'orm nicht mehr aufrecht zu halten. Dieser meint, daß die Nachahmung des Obsidians und anderer Steine anfangs Hauptsache gewesen sei und das antike Glas auch später, als man bereits krystallreines erzeugen konnte, vor allem bunt, nichts anderes als ein Rivale des Edelsteines und nicht des Krystalles sein wollte. Die Produktion farbloser Gläser trete mehr wie ein Nebenzweig in der Industrie auf. Das ist ganz unrichtig. Plinius selbst sagt, daß die römischen Glasmacher ihre größte Ehre drein setzten, krystallreines Glas zu erzeugen. Lobmeyr bemerkt, daß diese Krystallgläser den modernen sehr nachstünden; Ilg stimmt bei und behauptet, das habe seinen Grund d^irin, daß die durchsichtig-farblosen (rläser bloß Erzeug- nisse der wechselnden Mode gewesen seien, welcher der antike Charakter, der immerdar den Edelstein als Vorbild betrachtet habe, widerstrebte. Wenn man die Leistungen der antiken Glasindustrie im ganzen Gebiete des Römerreiches, im Osten und im Westen, in den Ländern des Mittelmeeres wie in denen der Nord- und Ostsee überblickt, erkennt man. daß wenigstens vom IL Jahr- hundert nach Chr. ab, damals wie heute, das ungefärbte, durch- sichtige Glas überwog und zwar nicht nur im ^Massenbedarf, sondern auch in der Luxusindustrie. Während die antiken Schrift- steller die Earblosigkeit, die Durchsichtigkeit, den Glanz, die graziöse Leichtigkeit der Krystallgläser in allen Tonarten preisen, finden die Nachahmungen von Edelsteinen durch Glas bei ihnen keine andere Beurteilung als wir heutzutage derartigen Imi- tationen angedeihen lassen. Seneca warnt vor einem Fälscher \on vSmaragden, Plinius spricht vom „lügnerischem Glase" ^) und erwähnt Bücher, welche die zweideutige Kunst der Nachahmung von Pldelsteinen lehren, verschweigt aber absichtlich deren Titel und Autoren, damit nicht andere auf diese Kniffe aufmerksam werden und sie nachahmen. Getäuscht werde aber selbst durch die geschicktesten Nachahmungen bloß das Auge, während der Probierstein erkennen lasse, daß bei den falschen Gemmen der Stoff weicher und gebrechlicher sei. Auch durch das geringere
^) ,,Non est smaragdo alia imitabili materia mendaci vitro".
>6:
(jewicht und eine i^rößere Wärme beim Anfühlen verrieten diese sich. ^)
Daß die Fälscher trot/dem mit Krfoli^- arbeiteten, beweist die Xachricht. daß selbst die Kaiserin Salonina. die (iattin des (ialienus, durch eine gläserne Perlen- schnur betrogen wurde. Fäi\ Fälscher von Edelsteinen hatte sich anheischig gemacht, sie hinters Licht zu führen. Die Fälschung wurde jedoch nach- träglich entdeckt und der Übeltäter vor Galienus zitiert, wo er seiner Strafe entgegensah. Der Kaiser be- fahl, ihn zu ergreifen und den Löwen \orzuwerfen. Gleichzeitig wurde ein fetter Kapaun in den Zwinger ein- gelassen, auf welchen sich die Bestien alsbald stürzten. Alle Zuschauer brachen in Gelächter aus, indes der arme .Sünder zitternd und bebend wartete, bis ihn selbst die Reihe träfe. Da ließ der Kaiser durch den Curio iiusrufen: „Er ist auf dem Betrüge ertappt, nun hat er sein Teil".-) Hierauf gab er Befehl den Händler freizulassen. — Tatsächlich ist es nur ein kleiner Nebenzweig der Industrie, welcher absichtlich in der Nachah- mung \-ün lüielsteinen durch Glas bis zur Täuschung ging. Bei der weitaus überwiegenden Zahl farbiger (iläser sind die Farben und Muster von Edel- und Halbedelsteinen nur als Motive benutzt, die mit \-oll('r kün^tlerischer
Abi)
131. Flasche mit Barhotine- schmuck. Kiiln, Museum.
*i Plinius 36, 98. „.Adulterantur vitro simillime, sed cote deprehenduntur, sicut aliae gemmae; ficlis enim mollior materia fragilisque est. Centrosas cote deprehendunt et pondere, quod minus est in vitreis." Ders. 37, 128. ,, Vitro adulterantur, ut visu discerni non possint. Tactus deprehendit, tepidior in vitreis.''
-) „Imposturam fecit et passus est".
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Freiheit behandelt werden, so daß von einer Kopie g'ar nicht die Rede sein kann.
Farbigfes Glas wurde bis in das V. Jahrhundert hinein her- g"estellt, obwohl, wie bemerkt, seit Beginn des I. Jahrhunderts das Krystallglas sich den Vorrang erkämpft hatte. Bei einfarbigen Gläsern begann man größeren Wert auf vollkommene Durch- sichtigkeit, edle Form und eleganten Schmuck zu legen als etwa auf ein edelsteinartiges Aussehen. Durchsichtig" sind, oder waren ursprünglich \'or der Verwitterung wenigstens, die zahlreichen einfarbig'en Ol- und Parfumfläschchen, die man noch in den Gräbern der spätesten Kaiserzeit findet, die Balsamarien in Röhren-, Kugel- und Kegelformen, die kleinen Oenochoen und Ampho- risken, im Gegensatze zu den opaken oder nur wenig durch- scheinenden Kännchen vom Anfange unserer Zeitrechnung und den alten Arbeiten, die aus freier Hand modelliert sind. Jene ge- hören mit ihren griechischen Profilen zu den schönsten und edelsten Erzeugnissen der antiken Glasindustrie. Die Farbe ist türkisblau, dunkelblau, lackrot, dunkelrot, purpurn, smaragdgrün, schwarz, goldbraun, gelb u. a. Der Körper zeigt oben eine starke Wölbung" und verjüngt sich allmählich nach der Fußplatte. Der Hals ist kurz und eng, mit kleinem runden Randwulst oder gelippter Kleeblattmündung versehen und sitzt gewöhnlich scharf auf Um den Rand und die Fußplatte ziehen sich Ringe aus opak- weißen Fäden, aus welchen auch die Henkel gebildet werden, mit dem charakteristischen Schlingenansatze neben der Mündung. Doch kommen auch Fäden anderer Farbe vor, gelb auf blau, schwarz und rot, blau auf schwarz usw. Es sind dvuxhweg feine, der griechischen Keramik und Bronzetechnik entlehnte Bildungen, die uns in diesen von Alexandria ausgehenden, dann besonders von den campanischen Werkstätten übernommenen Typen entgegentreten und leuchtende, von der Verwitterung kaum berührte P'arben. Im Oriente, auf den g-Hechischen Inseln, in Italien sind sie nicht selten, aber auch über die Alpen sind viele importiert worden, namentlich ins terraconensische Gallien. Im Anfange der gallischen Fabrikation mögen alexandrinische Werkleute sie auch dort erzeugt haben. Zwei der schönsten türkisblauen Kannen dieser Art sind in Trier mit einer Münze Neros gefunden worden (Abb. 36 d), die größte, vielleicht
26;
ans Pompeji eini)f(^führtr, licwalirt die Altt'rtümt'rsamiiiluiiLi" \'on Stuttg-art als Geschenk Joachim Murats lAbb. 36bj. Sie ist etwa 30 cm hoch, von dnnklem Kobaltblau, durchscheinend, mit schön g"esch\vini^"enem, ol)en leicht eing"edrücktem Hrnkfl und einem Schnabelausg-ull Der Köq^er hat schlanke eiförmij^-e Rundunjj;- und ist \()m Fuße durch einen Fadenrini,»" ab^feyriMizt. Auch im Mustnuu Poldi Pezzoli in Mailand Ix'tindet sich eine schöne Kanne dieser Art (Abb. 36a). Ein a/.url)laues KännclKMi mit breitem T lenkel ist ne- ben zwei spätrömischen Fläschchen aus g-rün- lichem (jlase in einem Grabe zu Remag-en am Rhein i^efunden worden und beweist, daß sich diese edlen Typen lange erhalten haben. Im IL und III. Jahrhundert hat die gallische Glasindustrie solche zierliche Kannen und Kännchen auch aus farblosem und grün- licliem (Jlase hergestellt. Daneben gab es schon in den ersten Jahr- zehnten weniger elegante Bildungen von Kannen und Flaschen. Anstatt den Hals durch das Anhalten einer hölzernen Schiene während di^s Blasens am Ansätze abzugrcnizen und die größte Weite der Rundung in den oberen Teil des Körpers zu verlegen, ließ man die Glasblase von der Pfeife herabhängen und setzte das Gefäß auf eine Platte. So gingen 1 ials und Kör])er ineinander ülx^r und die größte Weite wurd(^ nach miten \-erlegt. ( )ft erzielte man nachträglich dadurch eine Abgliederung, daß man den 1 Ials unten einzwickte, wie es die meisten syrischen Flaschen zeigen. Zur Datierung sind diese Merkmale nicht zu \erwenden, weil sie sich von selbst durch die Technik ergeben. Neben Gläser, deren Formen der Gefäßbildnerei in Ton und Metall enth^hnt sind, treten gleichzeitig solche, die eine m(")glichst bequeme Au-^muzung der
Abb. 132. Becher mit Fadeninschrift. Ronen, Museum.
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Eig'entümlichkeiten des Stoffes erkennen lassen. Nur der leichte schräge Rand, der gewissen dünnwandigen jFläschchen anstatt des Wulstes eigen ist, kann als Merkmal früher Entstehungszeit, der ersten Hälfte des I. Jahrhunderts gelten. Kugelfläschchen mit solchem Rande und eingezwickteni Haisansatze sind in Andernach mit Münzen des Augustus und Tiberius gefunden worden und kommen iiuch in Pompeji vor. Andererseits gab es dort schon kegelförmige Fläschchen mit rundlichem Randwulste; ein schlauch- förmiges Fläschchen, dessen Körper allmählich in den Hals über- geht, fand man in .Vndernach mit einer Münze des Tiberius.
Sehr häufig sind in den ersten Jahrzehnten nach Chr. die bereits er- wähnten halbkugeligen Schalen mit Rip- pen, die gewöhnlich dickwandig aus leuchtendem tiefblauem , purpurrotem, dunkelgrünem und goldbraunem (jlase hergestellt, sorgfältig abgeschliffen und ., , T> , .. , • poliert sind. Prachtstücke dieser Art
Abb. 133. Bruchstuck eines ^
Bechers mit Fadeninschrift. bestehen aus Marmorglas und Millefiori, Köln. Museum. einfache Nachbildungen aus grünlichem
Glase findet man noch im IL Jahrhundert. Die Form findet sich überall, in Ägypten, Pompeji, Neapel, Rom, und ist fast in alle größeren Alt(^rtumssammlungen diesseits der Alpen übergegangen. Noch häufiger sind bis in die späteste Zeit liinein Kugelbecher und Schalen, deren Ränder und Profile ebenso große Mannigfaltigkeit zeigen wie die Dekoration, die allen Wand- lungen des Geschmackes folgt und alle Techniken in Anspruch nimmt. Auch die klassische Form des Cantharus, des doppel- henkeligen Bechers, erhielt sich bis in die letzte Zeit und wurde sogar zum Meßkelche. Papst Zephirinus] (202 — 219), welchem die Einführung gläserner Meßkelche zugeschrieben wird, bestimmte, daß die Meßdiener vor dem zelebrierenden Bischöfe gläserne Teller tragen sollen, 'auf welchen die für die amtierenden Priester be- stimmte Corona consecrata, das Abendmahlsbrod in Gestalt eines rinfgörmigen Bretzels zu liegen kam. Außer mehreren Kelchen haben sich auch solche Teller, teils aus einfarbigem Glase, teils mit Gold- und Emailmalerei verziert, erhalten. Zu diesen oder ähnlichen Geräten gehört der sagenumwobene Becher des
log
Grals, der jetzt im Domschatze von Genua als kostbare Reliquie g-ehütet wird (Abb. 33). Nach der Lebende soll er dem Heilande als Abendmahlsbecher i^-edient haben und von Josef von Arimathia bei der Kreuzig'uns^" dazu benutzt worden sein, das aus der Seiten- wunde Christi strömende Blut aufzufangen. Durch ein Wunder nach dem Monsalvat versetzt, diente er den Rittern des Grals beim heilig"en Abendmahle und füllte sich bei der Wandlung- von selbst in Purpur strahlend mit Christi Blut. Wie er in die Hände der Sanizenen g^elang^te, ist unbekannt. Genuesische Kreuzfahrer fanden ihn 1102 in der Moschee \'on Cae- sarea und brachten ihn in ihre heimische Kathedr^ile. Dort hielt man ihn für ein g-roßes Stück geschnittenen Smaragdes, bis die Franzosen ihm 1 806 die Ehre erwiesen, ihn nach Paris zu „übertragen", bei welcher Gelegenheit er zerbrach und sich als (ilas entpuppte. Er wurde notdürftig geflickt und mit einer geschmacklosen Bronzefassung im Empirestil versehen, mußte aber beim Friedensschlüsse wieder zurückgestellt wer- den. Der angebliche Gralsbecher ist eine
Schale aus dunkelsmaragdgrünem, dickwandigem Glase von etwii 35 cm Durchmesser und 10 cm Höhe, flachrund, acht- eckig geschliff"en, mit zwei wagerechten starken Henkeln und kurzem schräge zugeschnittenem Fußringe. Innen ist ein Doppel- kreis graviert, der mit kleinen Ringen, gleich Würfelaugen, gefüllt und mit einem achtspitzigen Stern umgeben ist, dessen Strahlen die Kanten der Sch^de markieren und wieder in kleine Ringe auslaufen. T)i(' Form ist durchaus antik, ebenso die Gravierung, wenn tiuch \or dem HI. Jahrhundert kaum möglich. Die (rravie- rung verwertet das Motiv der Corona consecrata in ornamen- taler Weise und deutet damit die Bestimmung des Gefäßes an. Nach dem ursprünglichen Aufbew£ihrungsorte Caesarea ist die Entstehung im Oriente, in Alexandrien, Sidon oder einer syrischen Werkstatt wahrscheinlich. Die (ilashütten Alexandriens blühten unter sarazenischem Schutze bis tief in das Mittelalter weiter und lieferten u. a. die kostbaren farbigen und dickwandigen, teilweise mit (iold- und Kmailmalerei verzierten Gläser des Schatzes von
Abb. 134. Boden eines Goldglases mit Fadenin- schrift. Britisches Museum.
2-JO
S. Marco in Venedig, die Nesbitt mit Unrecht den Byzantinern zu- schreibt. Auch dem Gralsbecher ist die Ehre widerfahren, für byzantinisch gehahen zu werden. Es ist aber nichts davon bekannt, daß in Byzanz, vom Glasmosaik natürlich abj^esehen, die Kunst des Hohlg-lases, des Glasschleifens, Emaillierens, A^erg-oldens, jemals in nennenswerter Weise betrieben worden wäre. Freilich spricht Theophilus und nach ihm andere mittelalterliche Schriftsteller oft \'on griechischem Glase und g-riechischen Glaskünstlern, aber dies geschieht in keinem anderen Sinne und mit eben derselben Berechtigung, mit welcher die Nordländer einst den Glasschmuck phönizisch nannten, der ihnen von phönizischen Händlern zu- gebracht wurde. Griechische, d. h. byzantinische Kaufleute waren es, welche im Mittelalter den Norden mit Glaswaren versorgten, die im Orient an den alten Stätten der Industrie entstanden waren. Bei dem Gralsbecher ist aber die Bezeichnung als byzan- tinisch auch zeitlich verfehlt, da die Schale besonders nach der Form der Henkel und des Fußringes entschieden antik ist. Die Gesamtform, die der Henkel inbegriffen, wiederholt sich bei einigen Glasschalen der frühen Kaiserzeit im Museum von Neapel (Formentafel F 392). Manche Kugelbecher haben die Bronze- gefäßen entlehnte Form des kleinen Rundhenkels mit Daumen- platte, wie der gleichfalls der frühen Kaiserzeit angehörige azur- blaue Becher im Schatze von vS. Marco, der im Palazzo Bianco in Genua (Abb. 35a, c) von derselben Farbe, einer aus Pompeji im Museum von Neapel u. a. ^)
Kugelbecher von einfacher Form, aber in leuchtenden prachtvollen Farben, sind sehr häufig. Besonders beliebt scheinen sie bei Barbaren gewesen zu sein, die farbiges Glas sehr hoch schätzten und gern sammelten. So enthält der Longobarden- schatz von Castel Trosino z. B., der im VI. Jahrhundert angelegt wurde, neben zwei Gläsern mit imitiertem Fadenschmuck, auf- gemaltem Farnkrautmuster und anderen Arbeiten auch Kugel-
^) Der Becher kam wahrscheinlich als Geschenk des Papstes Gregor d. Gr. aus Rom zur Königin Theodelinde. Der Abt Johannes brachte außer ihm auch zahlreiche Reliquien mit, darunter (Jle aus den Lampen, welche vor den Altären der Märtyrer in den Grabkammern brannten. Sie befinden sich in kleinen Phiolen aus Glas und aus Blei noch heute im Schatze von Monza. Gregor d. Gr. pflegte gleich- falls solche ( )le in Glasphiolen zu versenden.
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bocher, deren schcinr Wirkung; ausschließlich auf der satten, tiefen Farbe beruht. Kin Kuj^elbecher dieser Art ist auch der berühmte Becher Theodelindens im Domschatze von Monz^i, Auf einen trotischen Metallfuß hat man als Cuppa einen Kug-el- becher aus der Kaiserzeit gesetzt, der nicht aus Saphir be- steht, wie man lange annahm, sondern aus durchsichtigem azur- blauem Glase. Er ist ganz schmucklos, trägt nur am Rande einen schmalen hohlgeschliffenen Reif und darunter eine leichte gravierte Kreis- linie (Abb. 34). Vielleicht ist er schon im Altertume in anderer I^assung als Kelch btniutzt worden. ^) Ein ähn- licher Kugelbecher, ein Teller und ein Kännchen, auffallend durch ihr prachtvolles Smaragdgrün, befinden sich im Provinzialmuseum von Trier, ein Kugelbecher von derselben Farbe im Museo Borbonico. wo auch ein konischer Becher aus azurblauem durchsichtigem Gla.se zu sehen ist. (Abb. 35 c). Diese langlebige Becher- form, die wir schon im alten Ägypten eingetroffen haben, kommt auch in smaragdgrüner F'arbe \'or, manchmal mit einem kleinen Seiten- henkel, so daß sie einem ]\Iörser gleicht.') Becher mit geschweiften
(konkaven) Wandungen, in der Form des C'archesiums, stellte man auch in schwarzem Glase her. das durch das Eicht gesehen, einen rötlichen ^Schimmer hat. Es ist eine Nach- ahmung des Obsidians, von welcher FVoehner behauptet, daß sie bei größeren Gefäßen nicht anzutreffen wäre. Ihm sind nur einige Armbänder und Nachahmungen von Cameen unter- gekommen. Armbänder aus schwarzem Glase sind freilich sehr häufig, doch gibt es aus diesem Material, in welchem nach den
') Das Vorbild dieser Henkelbildung zeigen auch Silberbecher aus dem Funde von Bosco Reale. Vgl. Abb. 161.
'-) Gleichfalls im Museum von Neapel.
Abb. 135. Gallischer Trinkbecher mit Barbotine. Köln, Museum.
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Berichten von Schriftstellern, auf welche wir später noch zurück- kommen werden, Tafelgerät, Büsten und Figuren hergestellt wurden, auch größere Gefäße. Von Bechern sind mir zwei P^^xemplare bekannt, das eine im Kölner Museum, das andere in Namur, beide Lokalfunde, welche eiber so sehr miteinander übereinstimmen, daß man auf dieselbe Werkstatt raten möchte. Einen Kugelbecher von wundervollem Türkisblau, wohl ägypti- scher Herkunft, \'erwahrt das Museum Kircherianum in Rom aus dem Schatze von Praeneste; einen außen vollkommen mit Blattgold überzogenen erwarb Konmierzienrat Zettler-München in Kleinasien. Unter den prächtigen farbigen Gläser des Museums \'on Neiipel sei wegen seiner originellen Form noch der mit Canelluren gegliederte Askos hervorgehoben, der in mehreren Exemplaren, einem opak-dunkelblauen, einem hell-azurblauen mit weißen Flecken und mehreren farblosen vertreten ist. (Abb. 69). Wie die Edelsteine so kamen auch die Nachbildungen solcher in Glas aus dem Oriente nach Rom.^) Zu Plinius' Zeiten ahmte man den Saphir, Opal, .Smaragd, Hyazinth, Jaspis, Karneol nach, außerdem aber auch den Rubin, Topas, Türkis, syrischen Granat, Beryll, Amethyst, Praser, Achiit, Sardonyx, Onyx, Lapiskizuli u. a. Die über die Nachahmung von Edelsteinen handelnde Stelle des Plinius 36, 198 lautet wörtlich: „Fit et tincturae genere obsidianum ad escaria vasa et totum rubens iitque non treducens, haematinum appellatur. Fit et album et murrina (also tils Gegensatz zu weiß, bunt) aut hyacinthos sapphirosque imitatum et omnibus aliis coloribus — maximus tamen bonos in candido tralucentibus quam proxima crystalli similitudine". Aber die Nachahmungen sind durchaus nicht naturgetreu, weil der Glasmacher bei der Her- stellung der Farben sehr \'om Zufall abhängig war, so daß er niemals mit Sicherheit vorhersagen konnte, ob es ihm gelingen werde, ein Stück ein zweites Mal genau] farbentreu zu wieder- holen. Dabei waren allerdings die Fälle ausgenommen, in welchen er ein größeres Quantum \orher zurechtgemachter Glaspaste ver- arbeitete, namentlich blaue und rote Gläser, deren Material in ägyptischen und campanischen Werkstätten fabriksmäßig her- gestellt und in l^'orm \on Ziegeln (Kuchen, Stang-en) exportiert
^) Froehner a. a. O. S. 45.
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wurde. Al)er auch solches V)ereits vorg-erichtete Alaterial konnt(3 si(4i im erneuten Brandt^ Uncln verändern und durcli unvorher- gesehene Beimengunj^en einen anderen Ton erhalten. Besonders bei den gemusterten Gläsern, den Marmor-, I^andachat-,()nyxtrläsern kann von genauer Xaturnacliahnunig nur selten die Rede sein, der Künstler ändert oft willkürlich otU^r d(^r Not gehorchend Farben und Muster. Jiispis und Pori)hyr wurden weniger häutig nachge- bildet als man glauben solhe. In Kom stc'Wk man /war aut P)ruch- stücke derartiger Glasgefälie, erhalten scheint aber keines zu sein.
Nach Plinius ]:)ehndet sicMi unter den nachgeahmten Stein- sorten auch derÜ])al. Auch von derartigen Gläsern ist nichts auf uns gekommen, was aber nicht Wunder zu nehmen braucht, denn der Effekt des Opalisie- rens wird, wie bereits erwähnt, durch einen Zusatz von Kno- chenasche und anderen Mitteln erreicht, welche der Wrwitte- rung nicht Stand halten. Selbst die modernen Opalgläser ver- lieren bald ihr Farbenspiel.
Wahrscheinlich waren die obengenannten Calices allassontes des Iladrian Opalgläser.^; Semper hält sie allerdings für Millefiori. für welche ich den so lange rätselhaften Namen der Vasa inurrina gt^rettet zu haben glaul)e. Er wendet sich besonders scharf gegen die Ansicht, daß die antike Glasindustrie vor allem iiuf die Imitation \-on Edelsteinen ausgegangen sei. In der Tat kann von den antiken Gläsern, die altägyptischen inbegriffen, bei welchen man sich in Farbe und Muster gewisse bunte Steinarten als \'orbild n^lhm, selbst das unbewaffnete Auge kaum irregeführt werden. Freilich haben, wie w ir früher sahen, große Säulen, Fliesplatten. Stelen, \ielleicht sogar Statuen aus glasiertem Ton, naive Be-
Abb. 136. Jagdbecher mit Barboline. Köln. Museum.
1) Vgl. S. 180. Kisa, Das Glas im .Altertume.
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wunderer über ihre wahre Natur g-etäuscht. Kleine Gefäße aus glasiertem Ton sind in Ägypten manchmal Gläsern zum Ver- wechseln ähnlich. Es war den Alten aber nicht möglich, Mar- more und Edelsteine, selbst den einfarbigen Lapislazuli, so täuschend in Glas zu imitieren, wie dies die modernen vStuck- marmore einerseits, die falschen Brillanten, Saphire, Opale anderer- seits vermögen. Wenn man meint, daß die Antike in der Blüte- zeit der Industrie die hervorragendsten Eigenschaften des vStoffes, seine Durchsichtigkeit und Earblosigkeit, absichtlich unbenutzt gelassen habe, um ihn g"erade in den kunstvollsten Stücken nur als Surrog'"at eines edleren zu \erwenden, so drückt man ihr damit vmbewußt den Makel der Trucage auf Dies geschieht unter dem Einflüsse der fixen Idee, daß die Earblosigkeit und Durchsichtig'keit dem auf plastische Wirkung' gerichteten Sinne der Alten widerstrebt habe. ^)
Am schärfsten kommt diese Befangenheit aber g-erade bei Semper zum Ausdruck, welcher glaul:)t, daß die zahlreichen Scherben von Prachtgefäßen aus schönstem, farblos durchsichtigem Glase innerlich fast alle mit dem Rade nachgeschliffen, wo nicht gar mit einem Anfluge undurchsichtigen Milchglases überfangen seien. Er hält die durch Iris, durch Verwitterung, hervorgerufene Trü- bung- für ein künstlerisches Produkt, da die Alten an der vollkom- menen Durchsichtig-keit der Gläser kein Gefallen gefunden hätten. Dieses uns nur halb verständliche Stilgefühl führte sie nach seiner Ansicht \ielleicht auch dahin, die echten Krystallvasen in ähn- licher Weise zu blenden. Die Tatsache, dal] das absolut Durch- sichtige eig-cntlich formlos erscheint, mochte der Grund dazu gewesen sein. (N^ollkommene Berechtigrvmg hat ja das antike Stilgefühl auch für uns, wenn es sich um erhabene Arbeit oder gar um Bildliaiicrwerk aus durchsichtigem Stoffe handelt, der eine naturwahre Wirkung der vorspringenden und zurücktretenden Teile gar nicht zuläßt, vielmehr alle Wirkung»- zerstört, weil durch die Wrdünnung der Masse hervorgebrachte Tiefen, die im Schatten liegen sollen, am hellsten erscheinen müssen und umgekehrt.) Helle durchsichtige Plastik aus Glasmasse finde sich daher auf alten Gefällen nur selten und nur als Xebenwerk, (auf durchsichtigem
1) Semper a. a. O. II, S. 183 f.
(irunclc auch nur b(M ordinärer (ilasware) als i^-(>mmenartii,'"es Emblem, Tropfen usw., als Besatz an Henkeln und anderen passenden Stellen aufi^-eleg"t. Sonst sei es irewfihnlich erhiibene Arbeit aus heller opaker Kruste über dunklem durchsichtigem Grunde, ein Verfahren, das die schcinsten und berülimtesten an- tiken Glasg-efäße zeii^en.^)
Es ist richtig-, daß die l'berfangfgläser. welche Semjier zum Schlüsse andeutet, zu den schcinsten Eeistung^en der antiken (ilas- indu>trie gx^hciren inid auch dem antiken Stil.sjfefülile x-ollkommen
Abb. 137. Besalzstücke a, b Koni, ehem. Sammlung Sarti, c Köln, Sammlung
M. vom Kath.
ents])rechen; vielleicht sagt man aber besser: dem griechischen Stilg'-efühle. Diesem war. wie wir sahen, die Glasindustrie unsympathisch und mußte sich, wo sie zur Geltung- kam, der Kunst der Edelsteinschneider anpassen. Das war zu Zeiten, als man die hervorrag-endsten Eigenschaften des (ilases, seine Durchsichtigkeit und Dehnbarkeit an der Glaspf(Mfe. noch gar nicht kaimte. Diese begründeten eine Re\-olution in der Technik und in den ästhetischen Anschauungen, wie sie in dem ]\Iärchen \om hämmerbaren Glase des Tiberius angedeutet und in den verschiedenartigen, in llohlformen geblasenen Gläsern verwirklicht ist. Xiclit nur in einzelnen Nebensachen und in ordinärer Gebrauchsware tritt diese Geschmacksänderung- hervor, sie bestimmt \ielmehr den ganzen Char^ikter der antiken Glas- industrie im II. und III. Jahrhundert. Davon bleibt freilich
1) Semper a. a. O. II, S. 1S6.
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die Tatsache unberührt, daß ein Rehef in durchsichtigem Ghise falsch wirkt, daß die Tiefen aufgehoben erscheinen, die Glanzhchter stören usw. Diesen Mangel hat die Antike ebenso empfunden wie wir, gleichzeitig aber auch den Vorteil erkannt, den kein anderer Stoff bietet, daß nämlich ein Glasrelief auf beiden Seiten wirkt, auf der einen Seite positiv, auf der anderen negativ. In der Regel betrachtete m^m bei .Schalen mit Reliefs die Außenseite als Schauseite, bei gravierten die Innenseite und richtete danach die Komposition ein.
Die Farbe beherrschte das Stilgefühl in der antiken Glas- industrie solange, als man farbloses Glas nur in geringen Mengen und an wenigen Orten herzustellen vermochte und solange das Formen von Gefäßen eine Arbeit der freien Hand war. Näher als die Entdeckung von Entfärbungsmitteln des durch Eisenoxyde verunreinigten Sandes, der Kieselerde, lag die. durch eine Ver- stärkung des urs])rünglichen Gehaltes an Metallen die Masse intensiver zu färben, durch die Quantität der Zusätze, durch die Art des Brennens, durch Entwicklung größerer oder geringerer Mengen von Sauerstoff bei Führung der Flamme zu variieren. Zufällige Beimengungen met^illischer Bestandteile haben zuerst die Aufmerksamkeit auf die dadurch hervorgerufenen Ver- änderungen gelenkt und zur Entdeckung der F'ärbemittel ge- führt. Die Alten waren keine Chemiker, sie verfuhren emjiirisch inid lernten, daß dieser und jener Sand, diese Erdart, jener Stein- klumpen, in gewissen Gegenden gewonnen, besondere farbige AVirkungen her\orrufe.
A'^or allem waren die Ägypter durch ihre farbigen Gläser berühmt, in der Kaiserzeit die Alexandriner. Nach Strabo eignete sich kein Sand so gut zur Herstellung farbigen Glases, wie der \-om Nil, den noch die Venezianer auf ihre .Schiffe luden, um ihn in den Werkstätten Muranos zu verarbeiten. x\m belieb- testen war Blau in verschiedenen .Schattierungen, Türkisblau, Smaragdgrün. Goldl^ravm und mehrere Sorten von Rot. Nero soll die Gladiatorenspiele durch einen geschliffenen Smaragd in Goldfassung betrachtet haben, ohne Zweifel eine Linse aus grün- gefärbtem Glase. Unter den roten Farben hebt Plinius vor allem das Haematinum hervor, zu deutsch Blutglas, von dunkler Pur]Hn-farbe, o])ak und angel)lich kaum von rotem Marmor zu
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unterscheidtMi.') l-'Voehner j^'lauV)t nur in einem jj-läsernen Serapis- kopf der Sammlun]!^- I loifinann in Paris') und zwei mit dem Rade gfeschliffenen Schalen aus . Midier, jetzt im Louxre, diese hochg'e- schätzte Farbe wiederzufinden, andere Forscher sind weniger exklu- si\-. Xach Tischler g"ibt es zwei wesentlich verschiedene Erschein- ungen des opiikroten Glases, die man bei einiger Übung schon Tuit freiem Auge unterscheiden kaim, die aber unfrhl])ar (hirch das Mi- kroskop nachzuweisen sind. Blutgkis zeigt in farblosem (zrunde dendrit(Mi- ^lrtige Krvstallisationen xon l\.u])fer- oxydul; dieses allein ist mit dem llaematinum des Plinius zu identifizie- ren. Scherben davon gibt es in zahl- reichen Museen, auch an mt^hreren ägyptischen Alabastren bildet es die Grundfarbe. In neuerer Zeit ist das Blutglas durch F^ettenkofer wieder dar- gestellt worden, war jedoch wahrschein- lich schon vorher in der Mosiiikfabrik des \"atikans bekannt. Wesentlich verschieden x'on diesem dunkelroten Glase ist das, was Tischler 1884 als Lackrot bezeichnet hatte und später Ai.b. 138. Amphoriske mit Lotus- Ziegelglas oder Ziegelemail be- knospen. Kiiln, Museum. nannte, weil es sich in seiner bräun- lichen vSchattierung mehr oder weniger der l-'arbe feiner Ziegel nähert. Das Ziegelglas zeigt bei sehr dünnem Schliff auf ljläulich-transparent(Mn Grunde äußerst feine und absolut opake Körperchen, die bei auffallendem Lichte metallisch rot erglänzen. In den älteren Gläsern und Kmails erkemit man darunter nur bei allerstärkst(M- X'ergrölierung kleine regelmäßige Dreiecke. eb(Miso bei den bess(»ren neu(M-en, während die schmutzigen, mehr bräunlichen Schmelz\ersuche diese Dreiecke großer und deutlicher zeigen und so in Lbergängen allmählich zum A \-en turinglase führen, welches mit gr(")ßt>ren. drei- oder
^) Plinius, 36, 197.
^) Jetzt bei Pierpont Morj:an.
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sechsseitig"en Kupfertäfelchen durchsetzt ist. Das Ziegelfiflas ent- häk demnach metalhsche, äußerst feine Kupferkörnchen, die in einer durch Kupferoxyd bläuhch j^efärbten Grundmasse verteilt sind. ]\Ian darf es nicht mit dem 1 laematin verwechseln, zumal die Gefäße aus reinem Ziegelglase sehr selten sind und wohl auch ziemlich s])ät auftreten. Die ,iifallischen Emailfibeln der Kaiserzeit enthalten nach Tischler immer Zieg'elg'las, während das Rot des etruskischen Furchenschmelzes und kleiner Band- streifen von Fibeln mit g^eometrisch gemustertem Emailschmuck Blutemail, Ilaematinum ist/) Durch Mercanton in Lausanne ließ Minutoli eine Goldplatte untersuchen, welche in den Trümmern des alten Canopus g'efunden worden war und nach ihrer Inschrift aus der Ptolemäerzeit stammte. Die Inschrift enthielt die Wid- mung" eines Tempels an Osiris und war durch einen Überzug" von dunkelrotem Sclimelz g"eschützt. Die Farbe, wahrscheinlich mit Ikiematinum idcMitisch, war auch hier durch Ku])ferprotoxyd hervorg'erufen.
Während das Ziegelg"las der Kaiserzeit lebhaft rot und rein ist, wird es zur Zeit der Völkerwanderung" schmutzig und stumpf bräunlich, mit farblosen Krystallen durchsetzt. So zeig'"t es sich auf einem Spätlinge der alexandrinischen Werkstätten, einem Alabastron des \\ oder \'l. Jalirhunderts im ]\Iuseum von Kolmar. Dieses ist auf rotem Grunde mit g^elben und blauen Zickzack- liniengemustert, ein Beweis für die Unverwüstlichkeit dieses Typs, und das einzige Glasgefäß mit dieser Grundfarbe, das Tischler sah. Die Farbe ist nicht mit dem dunkleren, aber durchsichtigen Amethystrot zu verwechseln. Bei Perlen dagegen ist das Ziegel- glas in der Kaiserzeit häufig, so z. B. bei solchen der vSammlung M. vom Ratli in K(">]n. lEinige der auf Seite 53 abgebildeten Kugelperlen mit Zickzack- und Wellenbändern haben ziegelrote Grundfarbe: Xo. 12, 13, 15 — 17). In der altägyptischen Glas- industrie überwieg"t jedoch das Ilaematinum, ohne in der Kaiser- zeit ganz aufzuhören. I>)aneben gibt es auch ein schönes undurch- sichtiges Dunkelrot, das sich dem Rubin und syrischen Granate nähert; gewöhnlich wird es aber durchsichtig gemacht und
^) Tischler, Abriß der Geschichte des Emails. Schriften der Physik. -ökon. (jC- sellschaft in Königsberg 1887.
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so zu Kiii^-elbechrrn und flachku^-clit^"eii Scluilrn xerwendet. Ein besonders schönes ExeiTi])lar dieser Art ist eine in der Mag^nus- straße in Ivi'iln mit dem Glasg^efäße in I-"orm eines hockenden Affen i^efundt-nt' Schale, die innen t^latt. außen am Rande j^ferieft luid ckirunter in der g"anzen Fläche mit einem feinen, kassetten- artii^J'en Rosettenmuster bedeckt ist. Am Rande l)eßndet sich ein zierlicher 1 lenk(^l. (Al)b. 451. Das Stück ist in einer I lohl- form i,''ej)reßt und mit dem Rade be- arbeitet. ^)
Auch nach Klapjiroths Analysen, welche Minutoli veröffentlicht, ist das lebhafte Kupferrot der antiken (iläser. das völlig" undurchsichtig" ist und für das Jlaematinum des Plinius gehalten wird, durch Kuj^feroxvd hergestellt. Man nahm hierzu wahrscheinlich natür- liche Ku])ferschlacke, die eine lebhaft braunrote Farbe hat. Die übrigen Be- standteile sind Kieselerde, Bleioxyd. Kupferoxyd. Akiunerde, Kalkerde u. a. Alit Klapj)roth stimmte Ouicheret über- ein."") Das ähnliche Aventuringlas wollen manche Ausleger schon in der oben zitierten .Stelle des Buches Iliob linden. doch beruht diese Ansicht jedenfalls auf ungenauer l'ber- setzung. Dag"eg"en hält Beckmann für das Haujnfärbemittel der Alten besonders für Rot. die Fisenerde. ■') Mit ihr wurden alle Arten \on Rot, X'ioh^tt und Gelb, aber auch lilavi erzeugt, indem man die Art inid Menge der Zusätze, den (irad und die Dauer der l-'.rhitzung ents])rechend \"ariierte. Auch AV. J. Russell liat in ägyptischem Rot als Farbstoff lusen- oxyd festgestellt. Seine Analysen g"ründen sich auf die neueren Ausg'rabungen von Flinders Petrie in Medüm. (iurob und Kahtni. w(^lche Gläser \on der 12. bis zur 19. Dynastie
Al)b. 139. Becher mit Netzwerk und Lotusknospen. Nach Dcville.
*) Urlichs im Bonner Jahrb. V, S. 377, Abbildung T. W. -) Vgl. Revue archeol. N. S. 28 (1874) S. 75 f.
*) Über Rubinglas vgl. Beckmann, Beiträge zur Gesch. d. Erfindungen 1, S. 378 f. Über riaematinum u. a. Abels, .^us der Natur, unter ,,Glas".
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lieferten/) Das Mineral, aus welchem das Eisenoxyd gewonnen wurde, kommt am häufigsten in Kahün vor und heißt oolithischer Haematit. Die Stücke dieses Minerales wurden manchmal fein ge- pulvert und in diesem Zustande der Schmelze beigefügt, manchmal aber in einer Schale mit Wasser abgerieben — etwa wie wir chinesi- sche Tusche anreiben — und so kleine Teilchen abgelöst. Man fand solche abgeschliffene Stücke und wiederholte den Prozeß mit Erfolg. Ein Stück Haematit enthielt 79,11, ein anderes 8 1,34 "/o Eisen- oxyd. Die Farbe des Rot variiert sehr wenig. Die Nachahmung des ägyptischen Purpurs dagegen wurde durch Kupferoxyd er- zielt. Russell setzte der Schmelze etwa 20 '^7(» Kupfersalze zu, wobei die Farbe durch die Dauer und Stärke der Erhitzung sehr beeinflußt wurde. Auch Beimengungen von Kalk und Eisen brachten Änderungen hervor. Außerdem konnte Purpur dadurch hergestellt werden, daß dem roten Wüstensande Kupferkarbonate in der Höhe von mehr als 20"/,, zugemischt wvirden. Russell bezweifelt aber, daß die alten Ägypter diesen mühsamen Prozeß mit Bewußtsein und Absicht vornahmen und hält vielmehr das einzige Stück dieser Art, das er fand, für ein Ergebnis des Zu- fidles. Es erreicht kaum die Größe eines Gliedes des kleinen Fingers, während andere Stücke gleicher Purpurfarbe sich in Dunkelblau und ( rrünlichblau eingesprenkelt fanden, also offenbar unbeabsichtigt entstanden waren.
Kupferoxyd verwendet auch Heraclius zum Rotfärben des Glases. Sein Rezept lautet: „Nimm Kupferfeile und brenne sie zu Pulver, gib sie in den Mörser und es entsteht das rote Glas, das wir Galienum nennen."') Purjnir und Fleischfarbe wird bei ihm aus der Asche der faina (Pmche) gewonnen. „Wenn es beim Kochen in Purpur übergeht, so nimm davon soviel du willst, während das übrige in eine andere Farbe übergeht, die man Membrum nennt." .Ähnlich heißt es bei Theo|)hilus cap. 7: „Wenn das Glas ins rötliche spielt, ähnlich der Fleischfarbe, so nimm davon weg, wieviel du für nackte Teile gebrauchst. Das übrige koche zwei Stunden lang und du hast eine leichte Purpur- farbe. Koche es dann bis zur sechsten Stunde und das Purpur
^) Flinders Petrie, Mcdi'im S. 44. -) Heraclius III 7.
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wird rot und vollkommen."^) Zur Krklärunj»- ist das voran- g"ehende cap. 5 nötisjf. welches lautet: „Vom Schmelzen des weißen Glases. Nimm Töj^fe aus weißem Ton, ol)en breit, unten eng", mit nach inncMi ^'•ebog'enem Rande imd stelle sie in die Öffnung-en des g-lühenden Ofens, welche dazu ein^-erichtet sind. Dann schö])fe mit dem Löffel die g-ekochte sandi^'c» Asche hinein am ^Vbend inul feuere die g'anze Nacht, damit das aus dem Saudi; und der Asche flüssig- hervorgegangene Glas g-änzlich g-eschmolzen werde." Offenbar ist die Ang^abe, daß Pur])ur aus Buchenasche gewonnen werde, ein Flüchtig'keitsfehler, denn dieses Mate- rial wurde zwar beig^emischt, bildet aber tlurchaus nur ein unwt'seiuliches Ingrediens gegen die Kui)ferfeil(\ Membrum bedeutet Glied, mensch- liches Fleisch, also Fleischfarbe; Galienum ist ein tiefrotes, durch ein Prototyp des Kupfers erzeug-tes Glas, das nach seiner Heimat Gallien be- nannt wurde; Theophrast schreibt es der Francia zu.") Die Rezepte zeigen wiexiel bei den Prozessen dem Zufall überlassen l:)lieb. Die Her- stellung von Rot durch Kupferfeile
ist im Mittelalter allgemein üblich. Kupferoxydiü oder Eisen- oxydul, das aber leicht zu dunkel färbte, waren flie g-ewöhn- lichen Mittel. Fs wurde lücht \iel iKMauuexjx'rimentiert. Theo- philus will es ganz darauf ankommen lassen, ol) sich infolg"e der verschiedenen Zusammensetzung der Materie \-on selbst eine rot(^ oder gelbe Farbe zeige; diese solle man auf all(> Falle sogleicli benutzen.'') Mehrere Kapitel seiner .Schedula, die vom Färben des durchsichtigen Glases handeln, sind verloren geg^mgen und nur noch im Index angedeutet.
Abb. 140. Hecher mit Netzwerk und Rosetten. Honn, Provinzialmuseum.
V) Theophilus cap. 7.
-') 11g in den Anmerkungen zu Heraclius S. 134 f.
•') Theophilus II S.
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Auf nieine Veranlassung" unterzog" 1898 Dr. Ililburg" sämt- liche im Museum Wallraf-Richartz in Köln vertretenen Sorten antiker Gläser der chemischen Analyse namentlich in Rücksicht auf die Färbemittel. ■*) Kr stellte fest, daß den Alkalien, um den Fluß des Glases zu fördern, Mag"neteisenstein, sowie der vSchmelze vielfach g-epul\-erte Kieselsteine, zu Gläsern von far- big"em Glänze auch g-epuh'erte Muscheln und fossiler Sand zugesetzt wurden. Man erzielte so eine dunkle, schmutzig"e Fritte, welche aufs neue zu wiederholten Malen solang"e g^e- schmolzen wurde, bis sie rein und zur Aufnahme der färbenden Bestandteile g"eeignet war. Das 1 lauptfärbemittel bestand in einer Erhöhung" des Gehaltes von Plisenoxyden durch Zusatz von Eisen- erde. Je nach ihrer Quantität, nach der Dauer des Schmelz- prozesses, der Dicke der \Vandung-en erzielte man \erschiedene Arten \'on Rot, Moh^tt und Gelb, auch Blau, in durchsichtigem oder undurchsichtigem Zustande. Unter den übrigen Färbe- mitteln sind am häufig^sten Kupferoxyde ang"ewendet. flilburgs Untersuchungen bestätigen die Richtig'keit der Tischlerschen Beobachtung'-en hinsichtlich des Blutrotes und Zieg'"elrotes, sowie die Anwendung \-on Kupferoxyden bei den lackroten alexan- drinischen Schmuckperlen. Neben KupfertVile kannte das Alter- tum für die Darstellung" des Purpurs auch die iVnwendung des Goldpur])urs, der leichter als Kupferj^rotoxyd darzustellen war und aus einer Lösung" \'on (iold in Königswasser und Wrsetzung mit einer anderen Löjsung" aus Zinn und ]v(>nigswasser besteht. Das Kunkelsche Rubingdas (\ielmehr das \-on Cassius) bedeutet eine Wiederentdeckung" dieses Färbemittels im XVII. Jahrhundert und die erneute Ausbeutung der glänzenden Farbe für die böhmische Glasindustrie.
Das mehr oder wenig"er stark ins Violette spielende Wein- rot, Amethvstrot, das nur durchsichtig" \-orkommt, wurde von John an Bruchstücken aus Memphis Jinalysiert. -) Die Farbe war durch Manganoxyde oder Braunstein gewonnen. Eine Probe mit einem römischen Glase hatte dasselbe Erg»"ebnis. Andere italische und die \"on Ililburg anal3'sierten kfUnischen Gläser
^) Zuerst veröffentlicht in meiner Beschreibung der Sammlung M. vom Rath. -) John, Die Malerei der Alten. S. 34 f.
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\\ar('n dag-egen mit Kupferoxyden gefärbt. Besonders in den beiden letzten Jahrhundc^rten wurde diese ?'arbe oft gebraucht, vielfach zeigt sie sicii tief und satt, nicht selten aber geht sie in mattes ])lau\iolett oder rötlichgelb über. Diese Farben sind nicht immt^r beabsichtigt, sondern wie das „Membrum" des I leraclius und Theophilus das Ergebnis des Zufalles. Ungenauig- kcit in der P)ef()lgung der ererbten \"orschriften, b'cdder in (h:'n Mischungsxerhältnissen, Unacht- samkeit beim Schmelzen \'er- ursacliten jene unbestimmten Ilall)t(")ne zwischen \iolettrot und gelb, welche wir bei späten Erzeugnissen oft \)r- mc^rken. Trotzdem erschienen gerade solche Fehlfarben Koep- ping und anderen modernen Glaskünstlern nachahmenswert, als sie der üblichen fabriksmäßi- gen Korrektheit die künstleri- sche Ungebundenheit der freien I hmdarbeit entgegensetzten.
Die Lieblingsfarbe der an- tiken (ilasindustrie, besonders der ägy])tischen, ist blau. Es ahmt nicht, wie Froehner meint,
den Saphir nach, sondern zeigt alle Schattierungen vom tiefsten Schwarzblau bis zu Himmelblau, abgesehen \on dem herrlichen Türkisblau, welches diesem Halbedelstein nachgrl)ildt't ist. Die meisten Schattierungen tiefertm Blaus nähern sicli dem Lajnslazuli, dem Lasursteine, d(M- in Ägypten sehr \iel zu vSi-hnuicksaelien. Amuletten. Skaral)ä(Mi, Einlagen, zu Statuetten usw. \'erarb(Mtet wurde. i )ie N'orlielx' für das Lapislazuli-Blau beherrscht nicht nur die ( dasimlustrie, sondern aucli die Kera- mik Ägyptens und er])t sieli im Oriente bis auf den heutigen Tag fort, namentlich in der (ilasur xon Fayenceflif^sen. Beckmaim hat außer Kupferlasur auch Kobalt als Färbemittel finden wollen \i,
Ah
141. l;5echer mit Ilcrzauf lagen. Rouen, Museum.
') Beckmann a. a. O. I S. 378, Quirlierel, Revue archeol. X. S. 28.
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was von anderen bestritten wird. So weist Klapproth in den von ihm untersuchten saphirblauen Gläsern aus Capri Kiesel- erde, Eisenoxyd, Alaunerde, Kupferoxyd, Kalkerde, aber weder Bleioxyd noch Kobalt nach. In welcher Weise das Eisenoxyd, das seiner Ansicht nach das Eärbemittel in dieser Mischung bildet, dargestellt wurde, läßt sich nicht bestimmen, das Verfahren ist seit seiner Verdrängfung durch die bequemere Kobaltmethode verloren gegangen. Vielleicht wurde das Eisen durch Arsenik zementiert. Nach den Analysen von John ent- hielten blaue Gläser aus Memphis, sowohl altägyptische wie solche aus römischer Zeit, ihre Farbe durch Kupferoxyd. ^) Es war reines Himmelblau und (^twas dunkleres Lapislazuli-Blau, teils durchsichtig, teils opak. Plinige enthielten zugleich Spuren von Eisenoxyd. Bei einer .Sorte, die hell-lasurblau und stark durch- scheinend war, blieb es ungewiß ob sie ganz frei \'on Kobalt war, dagegen war blaues Glas von Theben, dunkel-azurblau und durch- sichtig, sicher mit Kobalt gefärbt. Das durch Kupferoxyd ge- wonnene Blau ist mehr oder weniger reines Berg- oder Türkisblau. Während saphirblaues durchsichtiges Glas aus Italien nach Minutoli mit Kobalt gefärbt ist und Brogniart auch in dunkel- blauem ägyptischen Glase außer Kiesel und Alkali Kobalt und ein wenig Ivalk fand, letzteren wohl zu dem Zwecke die Farbe heller zu machen, entdeckte Russell in altägyptischen Gläsern keine Sjnir von Kobalt. Die blaue Farbe von Gurob ist die beste, weniger gvit die in Kahün gefundene. Sie variiert sehr stark und geht einerseits in \-iolette, andererseits in grünliche Töne über. Zur I lerstellung sind Ku])fersilikate verwendet, ebenso für grüne und andere Farben, wobei die Stücke gleich- falls entweder ,ge]uilvert oder mit Wasser in einer Schale ab- gerieben wurden. Yon Kobalt fand sich keine vSpur, iiuch nicht bei dem sogenannten ale xan d r in i sehen Purpur an einem kleinen Stücke Glas, dessen tiefes Blau ins rote s])ielte. Im allgemeinen beansprucht bei der Mischung die Kieselerde 60 — 80 "/(,, das Alkali sehr wenig, etwa io'7(i. in Form von Pottasche und Soda- karbonaten. Dazu kommt das Kupfer zur Färbung, sowie Kalk und geringe Mengen anderer Bestandteile.
1) John a. a. O. S. 36 f.
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Hei klassischen Schriftsti'lleni haben sich keinc^ X'orschrifttni zur l^'ärbuiiy- des (ikises erhahen. Nur eine spätj^riechische Ab- handhuis^- unter dem Titel noir^aig xavara/Man' enthält einig-e recht sonderbare, an Alchyniistenweisheit erinnernde (ieheim- niitttd, unter welchen Ei und llühnerblut die Hauptrolle spielen. Mit I^i\\tM^ mache man gelbes Glas, mit Eigelb weißes; die Schale und ihre I läutchen ergeben Wassergrün (tVasinos); Blau bekäme man aus dem IMute eines schwarzen llahni^s, und aus der Vereinigung \on alledem (Mitstünde Zinnoljerrot. Diese Anweisungen sind bezeichnend für die Geheimniskrämerei, welche die (Tlasmachf^r mit ihrer Kunst trieben. Kann man sich dann wundern, wenn über sie Märchen, wie das vom häm- merbaren Glase in die Welt gesetzt und )3-eglaubt wurden?
I )er gewöhnliche blaue Farbstoff der Alten heißt xvuvog, lat. Caeruleum. Theo- l)hrast 5 1 unterscheidet davon drei .Sorten, ägyptischen, skythischen und kyprischen Abh. 142. Becher mit drei- Kyanos. Den griechischen nennt er ge- eckigen Auflagen. Rom, gössen und künstlich hergestellt: beim Rei- Knchenanum.
l)en ergeben sich vier Schattierungen. Dios-
korides kemit nur den kyprischen, durch Brennen aus dem Ufer- siinde gewonnenen, \itru\" nur künstliches Caeruleum, das in Alexan- dria erfunden worden war und auch nach Puteoli eingeführt wurde.^) Die Herstellungsart ist nach ihm folgende: Der Sand (nach I^linius gleichfalls aus Ägypten herübergebracht) wird zusammen mit Klos nitri (zerfallenes oder verwittertes kohlensaures Xatron?) zu Mehl gemahlen und dann mit kyprischen Kupferfeilspänen gemengt, so daß eine fest<^ knetbare Masse entsteht. Die darauN mit der Hand geformten Kug-eln werden getrocknet und in einen glühenden Ofen gelegt. Im Feuer verbindiMi sicli Ku])fer und vSand und geben eine schöne blaue Farbe, welche neben dem Namen Caeruleum Puteolanum auch den Namen Cylon führt. Plinius, der aus \'itru\- und Dioskorides schöpft, nennt
1) Blümner a. a. O. IV. S. 499 f. Heibig, Das homerische Elpos, S. So. Lepsius, Die Metalle in den ägyptischen Inschriften, S. 129 f.
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noch ein spanisches Caeruleum und eine .Sorte namens Lomentum, die durch Zerreiben des eig"entHchen Caeruleum hery^estelU wurde, heller und teurer war.
Die iVlten erwähnen auch einen Edel- oder Halbedelstein unter dem Namen xvaiog von blauer Farbe. Plinius bezeichnet als dessen Fundorte eben die drei GetJfenden, in welchen nach Theophrast die Farbe gleichen Namens jj^ewonnen wurde. Es liegt nahe, anzunehmen, daß wenigstens einige Arten des bFiuen Farbstoffes iius diesem Material hergestellt sind. So \'ermutet John, wie früher Gilbert, daß d^is skythische Caeruleum ein aus Easurstein gewonnenes Ultramarin sei, da sich Easurstein noch heute am Baikalsee wie früher im alten Skythien finde; das kyprische Caeruleum erklärt er als ein aus Kupferlasur her- gestelltes Kupfer- oder Bergblau, da in Cypern kein E^isurstein, wohl aber Kupfer gewonnen werde. Das ägyptische Caeruleum aber sei ein Kunst])rodukt, l)laues Kupferglas von doppelter Art: Das eine künstliches Bergblau, entstanden infolge Zersetzung des kyprischen Vitriols, welches sich aus verwittertem Kupferkies bildet; das andere eine blaue Clasfritte aus Sand, Kupfer und Alkali. Das puteolanische sei im allgemeinen von gleicher Eigenschaft, das Eomentum aber sowohl Kuj^ferblau wie Ultra- marin. Diese Vermutung wird durch die l'ntersuchungen von Eepsius bestätigt. Danach war das ägvjitische Chesbet sowohl ein Stein, und zwar Lasurstein, Eapislazuli, wie gleichzeitig ein Farbstoff.-') Die blauen (rlasflüsse der ^Vgypter haben bei der chemischen Lhitersuchung als färl:)ende Basis Ku])fer ergeben, ebenso die Untersuchungen der Farben für (rläser, und zwar bei allen Arten von Blau. Sonst hat sich darin auch Kobalt nachweisen lassen, was Beckmann bestreiten wollte.") Da die mikroskopische Betrachtung aller blauen Farbstoffe bewies, daß sie aus Glassplittern, also aus gepulvertem Glase bestehen, so scheint es, daß man das unechte Chesbet oder xj^ßjog aus einem mit Kui)fererz g'efärbten Glase bereitet habe. Diese Farbe mußte ungleich dauerhafter sein als die direkt aus gestoßenen Kupfer- erzen gewonnene und gerade durch die Dauerhaftigkeit zeichnen
John a. a. O. Gilbert, Annalen der Physik 5^, 22 f. Lepsius a. a. O. S. 55 ff. Beckmann a. a. O. S. 204.
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sich die blauen b'arben der Ai^ypter aus. I)i(^se blaue dlasiuasse kam in Zieg-elform in den Handel. Das stimmt /um Berichte Theophrasts. Dieser k(Mint echten Lapislazuli und unechten, als x^^^ bezeichneten. X'on dies(^n wird aber noch als dritte Art der unbekannte und unechte /.vavog unterschieden, d. h. rohe blaue Kupferlasur, die in Puherform ^gleichfalls schöne blaue Farbe gibt, aber von i^-eringer Haltbarkeit. Die Solidität hänijft auch sehr von der Menge des Zusatzes \on Kreide ab. F.s gibt nicht nur blaue Gkisperlen, sondern auch Gefäße, welche durch Verwitterung \öllig die Farbe eingebüßt haben und wie ein roher Gipsabguß aussehen. Selbst die Fadenverzierung ist verschwunden und xon dem Wellen- und Zickzacknnister nichts als vertiefte Streifen übrig geblieben. Diese dritte Art, die Dioskorides iillein nennt, ist das kyprische Caeruhnun. Das skythische des Theo})hrast ist echter Lapislazuli, bzw. Ultra- marin, diis Spanische wohl gleich- falls Ku])ferlasur.
Bei der Ausbreitung der Glasindustrie spielten die leicht transportablen Pasten in P'orm kleiner Ziegel, Blöcke, Kuchen und vStangen eine große Rolle. So konnte das schöne ägvp- tische Blau ebenso gut in Gallit-n und P)ritannien. wie in Alexandria, Memphis und Cam])anien zu Gefäßen, namentlich iiber zu SchmuckperlcMi , Armringen, Fmails, zu farbigem Fadenschmucke und Mosaikwürf(^ln \erarbeitet werden, selbst in Werkstätten, die sich sonst niclit auf die P"ärbung des Glases verlegten. Das war für die Industrie \on außerordentlichem Vorteile, zum£il sich der F\])ort nicht auf lasur- und türkis- blaue Glaspasten beschränkte, sondern auch blut- und lac-k- rote, smaragdgrüne, ferner Stabbündel von Mosaik- und Millefioriglas, mit Blattgold belegte Pasten umfaßte und da-
Abb. 143. Becher mit langgezogenen Tränen. Rouen, Museum.
durch namentlich die Entfaltung- der gallischen Emailindustrie begünstigte.
Smaragdgrün, das besonders im IL Jahrhundert beinahe ebenso beliebt war wie \'orher Türkisblau , konnte in Ägypten am einfachsten dadurch hergestellt werden, daß man dem roten Wüstensande Eisen hinzufügte, doch auch mittels Kupfers. Nur mußte in diesem Falle der Zusatz stärker sein und die Tempe- ratur sehr erhöht werden. Die grüne Farbe erscheint im Brande ehe die Fritte ihre gewöhnliche blaugrüne, \'on diesem Augen- blicke an ständige Farbe erreicht, verschwindet aber wieder, wenn die Erhitzung um ein geringes gesteigert wird. Die wSchattierungen entstehen bei einem Zusätze von lo und mehr Prozenten der Kupferkarbon^ite rein zufällig und gehen bei einer Erhöhung bis 20 "/,, in Lila über. Helles, undurchsichtiges S]Kingrün von glänzendem Bruche hat dieselben Bestandteile wie Kupferrot, nur in anderen ^Vrhältnissen und mehr Kupfer- oxyd als Bleioxyd; jenes gibt Grün, wenn es vollständig mit Sauerstoff gesättigt ist. Als Komplementärfarbe von Purpur konnte Smaragdgrün auch durch (ioldpurpur hergestellt werden. Ileraclius schreibt hierfür Kuj^ferfeile wie für Galienum , für Purpurrot \'or.-^) Nahm man davon ein wenig in Pulverform, so entstand das gelbe, Cerasin (Wachsgelb) genannte Glas. Bleiglas färbt Ileraclius mit Messingfeile grün. Nach Russells Analyse wurde Gelb in Gurob durch Eisen und Oker hervor- gerufen. Gelbes altägyptisches Glas enthält Eisenoxyde in hydratischem Zustande, mit Zusätzen von Kieselerde, Alaun und vS])uren anderer Substanzen. Die Farbe ist sehr dauerhaft und kommt in allen Varianten \-on warmem Orange bis zu kaltem Schwefelgelb vor. Safrangelb erhielt man durch Zusätze von Chlorsilber, opakes Weiß durch Zinnoxyd. Schwarzes Glas, das Rüssel einer Mumie entnahm, war dem Obsidiiin, dem natürlichen vulkanischen Glasflüsse, ähnhch, aber leichter schmelzbar und von geringerer Härte. Es war durch Eisen gefärbt. \"öllig undurchsichtiges Schwarz enthält größere, leicht grünlich durchscheinendes geringere Zusätze von Magneteisen- stein.^) Das schwarze Glas, das gegen das Licht gehalten einen
^) Heraclius 7, 3.
-) Hilburg a. a. O. Blümner a. a. O. IV. S. 392 f.
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Stich ins rötliche oder bräunhche zeig-t, wie die beiden Becher in Kühl und Namur, erhieU seine Farbe nach Phnius angebhch durch den sehr eisenhidtig-en Marmorstaub des Lapis Alabandicus aus Karien, den man aber wohl durch andere eisenhidtige Sub- stanzen ähnlicher Art ersetzen konnte.
In Teil el Amarna fand Russell bei Gelegenheit der Petrie- schen Ausgrabungen zahlreiche Bruchstücke von flachen Pfannen,
a b d CS' '
Abb. 144. Gruppe von Xuppengläsern. Köln, Sammlung M. vom Kalh.
in welchen die Glasmasse gemischt und geschmolzen wurde. Die hier verwendeten Färbemittel waren dieselben, wie in den älteren Funden von ^Nledüm, Gurob und Kahün. Einzelne vScherben stammen von Pfannen her, deren Inhalt nicht völlig geschmolzen war, so daß sich die Bestandteile noch nicht gehörig vermischt hatten. Die Pfannen waren aus grobem Töpferton ge- formt, hatten ungefähr 4 Zoll Durchmesser und waren ursprünglich wahrscheinlich mit einigen Ziegeln bedeckt, um die zehrenden Flammen von dem linieren abzuhalten, da die Kanten ge- schwärzt sind. Sie ruhten im Ofen auf den Bodenrändern umgekehrter zvlindrischer Tc'ipfe. Die Fritt(\ die in d«^r einen hergerichtet wurde, ist licht\i()lett, fliederfarben, die un- verbrauchte Kieselerde steckt darin in großen, durchsichtigen
Kisa, Das Glas im Altertume. IQ
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Splittern von Quarzkieseln. Daraus geht hervor, daß gepulverter Quarz nicht bloß zur Herstellung farblosen, sondern auch farbigen Glases benutzt wurde, da manche Farben sich in ganz reinem, möglichst eisenfreiem Materiale leichter herausbringen ließen als in gefärbtem. Es wurden auch zerbrochene Pfannen mit blauen Glasfritten gefunden, wobei Spuren darauf deuteten, daß der Haematit zu diesem Zwecke in Töpfen mit Wasser eingerieben worden war.
In Hawara wurden interessante Proben von Glaspigmenten der griechisch-römischen Periode gefunden, welche mit Wachs gemischt, zur Herstellung der berühmten Mumienbildnisse ge- dient hatten, wie sie namentlich im Fayün in so großer Zahl und vortrefflicher Erhaltung zutage getreten sind.-^) Wahr- scheinlich bedienten sich die griechischen Maler derselben Farben zu ihren sogenannten enkaustischen Malereien. Russell fand in Hawara an einer vStelle sechs Töpfe nebeneinander, die wohl den Überrest einer Werkstatt bilden und durch einen glücklichen Zufall unberührt geblieben waren. Am Rande der Töpfe zeigten sich deutliche Spuren des Pinsels, mit welchem der Maler die Farben entnahm und am Rande leicht abstreifte. Jeder Topf enthielt ein bestimmtes Farbenpigment, im ganzen sechs verschiedene:
Dunkelrotes Pigment, genau unserer gebrannten Siena in der Farbe entsprechend und mit ihr identisch, da es gleich- üdls aus Eisenoxyd besteht. Es löst sich wie die Terra di Siena nicht völlig in Salzsäure, sondern hinterläßt eine flockige Masse und etwas Kieselsäure. Es ist durch Erhitzen und Pulverung von Eisenocker gewonnen.
Hellrotes Pigment ist ein Bleioxyd, bekannt als rotes Blei oder Minium, Alennige. Es wird aus Blei, Bleioxyd oder kohlensaurem Blei durch Erhitzung bis zur Glut hergestellt, ist von blasserer Farbe als das heute sogenannte Mennig und mit etwas Sand und .Staub gemischt.
Gelbes Pigment ist ein Eisenocker von hellgelber Farbe. Durch Erhitzung wird es dunkler und bekommt eine stumpfrote Farbe. Wahrscheinlich diente dasselbe Material zur Herstellung
^) Flinders Petrie, Hawara S. 67 f.
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des dunkel-braunroten Pigrnentes. Es war in dem Topfe bereits mit Ol oder Wachs jjfemischt, also zum Malen hergerichtet, denn bei der Erhitzung bis zur Weißglut entwickelten sich Dämpfe wie von organischen Stoffen.
Weißes Pigment besteht aus Kalksulphat oder Gips, haftet sehr fest, läßt sich aber mit einem Messer leicht schneiden und kratzen. [tMlcnfalls ist es sorgfältig gemahlen und fertig zum Ge- brauche hergerichtet, so daß es noch heute verwendet werden könnte. Mit bloßem W^asser gemischt würde es eine vortreffliche Farbe für \erschiedene Zwecke abgeben.
Rosa Pigment ist von allen anderen verschieden. Wälirend diese mineralisch sind, ist zu Rosii eine orga- nische Substanz verwendet. Es ist er- staunlich, daß eine solche sich durch viele Jahrhunderte anscheinend mit nur geringen Änderungen erhalten hat. So- bald man das Pigment erhitzt, wird die Farbe sofort zerstört, wobei sich ein leicht brenzlicher Geruch entwickelt und eine weiße Substanz übrig bleibt, die an Menge der ursprünglichen gleich ist. Dieser Überrest ist Kalksulphat (Gips) und stimmt mit dem weißen Pigment überein. Das Färbemittel muß
daher in einer organischen .Substanz von so geringer Menge gesucht werden, daß sie sich durch die chemische Analvse gar nicht nachweisen läßt. Russell versuchte es durch Synthese zu finden und kam auf Krapp, das als Färbemittel schon in den frühesten Zeiten bekannt war. Mit der Krap]nvurzel erzielte er eine mit dem ägyptischen Rosapigmente vollkommen über- einstimmende Substanz. Diese wurde mit Wasser gekocht, abgekühlt und durchgeseiht, hierauf mit Gips gemischt, mit welchem sie sich aufs innigste verbindet, und schließlich gepulvert. Die Menge des Krappzusatzes bestimmt die Tiefe der Färbung.
Blaues Pigment. Dieses ist eine Fritte, d. h. nicht zu- sammengeschmolzenes Glas, das fein zermahltMi ist. Die Farbe
19*
Abb. 145. Polypenbecher. Köln, Sammlung M. vom Rath.
rührt wie bei den früher beschriebenen Pigmenten von Kupfer her, ist ungemein haltbar und wird weder von starken Säuren noch durch das Licht angegriffen.
Mit dem farbigen Glase konnte sich das farblose nicht messen, solange man es noch nicht an der Pfeife zu blasen verstand, sondern wie das farbige mit freier Hand modellierte, goß und durch Pressung und Schnitt bearbeitete. Wann die für die Glasindustrie epochemachende Erfindung der Pfeife ge- macht wurde, wird ebenso wenig berichtet, wie durch wen. Froehner macht allerdings den Versuch, auf Grund der bekannten Legende \'on der Erfindung des Glases durch phönizische Schiffer diesem Volke das Verdienst der ersten Erzeugung farblosen Glases beizumessen, aber auch dieses gebührt den Ägyptern. Schon in der i8. Dynastie war, nach den Funden in Teil el Amarna zu schließen, farbloses Glas bekannt, das man aus ge- pulverten Quarzkieseln herstellte. Doch macht Russell darauf aufmerksam, daß es dieses Mittels nicht bedurfte, da der weiße Wüstensand mancher Gegenden gleichfalls eisenfreies, dem- nach farbloses Glas ergab. Zuerst wurde es zu vSchmucksachen, Perlen u. a. benutzt, die mitunter aus zwei Hälften bestehen, zwischen welche eine Schicht von Blattgold eingelegt ist. Auch Armringe, wie die in Gräbern aus der späten Hallstadtzeit in Mergel- stätten in Württemberg, aus der Latenezeit in Dühren im Badischen und an anderen Orten (s. S. 68) gefundenen, enthalten im Lmeren, bezw. an ihrer inneren flachen Seite, eine Lage von Blattgold. Außerdem gibt es farblose und farbige Perlen, die außen teils mit Goldornamenten verziert, teils vollständig mit Blattgold be- legt sind. Solche Perlen sind namentlich in der saitischen Periode nicht selten; auch in den Ruinen von Kujundschik wurde ein farbloser Glaswürfel mit Überzug von Blattgold gefunden. Aber daneben wurden selbst Gefäße aus farblosem Glase modelliert. Das berühmte Fläschchen Sargons (VIII. Jahrhundert vor Chr.) be- steht aus grünlich durchscheinendem Glase (vgl. S. 102 und Abb. 22). Aus ähnlichem, mehr trüb-grauem, ist ein Napf im Antiquarium zu München hergestellt. Er hat gedrückte Kugelform, ist sehr dickwandig und außen mit sechs runden Nuppen — Ringen mit einem Punkt in der Mitte — verziert. Auch er scheint aus freier Hand modelliert und nachträglich durch Schliff bearbeitet zu
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sein.^) (Abb. 52). Seine Fntstehung-szeit ist unbestimmt, dürfte jedoch in die s^iitische Periode fallen. Dieser gehören iiuch die Schälchen ans farblosem, trüb durchscheinendem Glase an, die man in (jräbern der späten 1 lallstadtzeit gefunden hat (s. S. 185), sowie die Kugelflaschen aus farblosem Glase, im Britischen Museum aus Gräbern der 26. Dynastie (666 — 525). Im Louvre be- findet sich ein großes Gefäß aus üirb- losem Glase mit dem Korbe, in welchem es eingeschlossen war, angeblich aus einem thebanischen Grabe. Eine andere Vase im Louvre, spitzbauchig und sorg- fältig abgeschliffen (Abb. 53), wird mit König Amenret in Verbindung gebracht, desssn Name auf ihr eingraviert ist.') Vielleicht ist er mit dem Amyrtes der Griechen identisch, der im I\\ Jahrhundert vor Chr. herrschte. Das Material ist feines Krvstallglas, die Bearbeitung vorzüglich. Auf Reliefs von Theben und, wie es heißt, selbst auf solchen des alten Reiches, will man durchsichtige, mit rotem Weine ge- füllte Gläser bemerkt haben, doch ist diese Beobachtung bisher nicht genauer unter- sucht worden.") Etwas ähnlicheN wird
aus der Zeit Alexanders d. Gr. aus Griechenland berichtet. Der Maler Pausias von .Sikyon, ein Zeitgenosse des Apelles, soll in seinem Gemälde der „Trunkenheit" eine Erau dar- gestellt haben, welche eine Schale an die Lippen setzt, doch so, daß die Gesichtszüge durch sie sichtbar waren. Dasselbe Motiv ist auf einem Wandgemälde des Museo Borbonico in Neapel, das aus Ilerculanum stammt, zu einem niedlichen Stil- leben ausgenutzt."*) Es zeigt einen \'ogel, daneben eine (xlas-
Abb. 146. Flasche mit Fadenverzierung. Köln,
Sammlung M. vom Ratli.
^) Christ, Führer S. 117, Xo. 635.
*) Xach der Lesung von M. de Rouge. Die Vase ist auch bei Deville T. IVB abgebildet. Vgl. die Bemerkung über die saitischen Grabreliefs S. 75. ') Ilg bei Lobmeyr S. 7 f. *) Pistolesi, Museo Borbonico Bd. V. T. 93.
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kanne, über welche ein fußloser Kugelbecher g-estülpt ist. Dieser ist farblos durchsichtig, mit g-ravierten Reifen verziert und läßt den Flaschenhals vollkommen durchleuchten. Letztere Darstellung kann nicht zweifelhaft sein, da sie aus einer Zeit stammt, in der man bereits farbloses Glas nicht nur zu formen, sondern auch zu blasen verstand, sie läßt aber erkennen, daß ein solcher Grad von Durchsichtigkeit immerhin noch als eine ^Merkwürdigkeit betrachtet wurde und bildhcher Darstellung wert erschien. Aber auch die Nachricht von der Schale des Pausias hat nichts bedenkhches, da farblose Gläser in der Zeit Alexanders aus Ägypten und dem übrigen Oriente leicht nach Griechenland gelangen konnten: übrigens kann es sich auch um einen Becher aus Bergkry stall handeln, das damals sehr hoch geschätzt und beliebt war. In die Ptolemäerzeit oder in die der ersten Kaiser wird der schöne Torso einer Statuette der Aphro- dite versetzt, die aus durchsichtigem Krystallglase, wahrscheinlich nach einer Bronzefigur hergestellt ist. »Sie befand sich in der CoUection Hoffmann in Paris. ■^)
Daß man farbloses Glas aus Ouarzkieseln bereiten könne, wußte, wie ich schon früher bemerkt habe, auch Plinius. »Seine Mitteilung, daß die Inder den Bergkrystall gepulvert haben, um daraus reines Krystallglas zu erzeugen, dürfte gleichfalls so zu ver- stehen sein, daß sie eine besonders feine Sorte von krystallinischem Quarz Krystall benannt und diese anstatt des vSandes zur Glas- schmelze verwendet haben. ]\Ian kann unmöglich annehmen, daß sie einen kostbaren Stoff zerstört haben sollten, um daraus ein bloßes Surrogat zu gestalten, zumal der natürliche Krystall im Werte stieg, je täuschender man ihn in Glas nachzubilden ver- stand. C. Priedrich macht zur Erklärung jener Nachricht auf die merkwürdige Tatsache aufmerksam, daß die heutigen Glas- macher von Zwiesel im bayrischen Walde den reinen Quarz, welchen sie zur Bereitung des Glases verwenden, gleichfalls als Krystall bezeichnen (s. S. io6).-)
Vollkommen farblos und wasserhell war übrigens das durch Quarz gewonnene Glas ebensowenig, wie das aus eisenfreiem
^j Abgebildet in le Musee III (1906) No. 12, Fig. 42. '^) C. Friedrich im Bonner Jahrb. 74, S. 164 f.
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Sande herg-estellte. N£ich Hinders Petrie hat jenes in Ägypten einen Stich ins violette. Die daraus modelHerten oder gegossenen Gefäße und Geräte waren dickwandig, schwerfällig und bei der plastischen Bearb(Mtung keineswegs den schönen farbigen Gläsern ebenbürtig, so dal) das Material recht wohl dem nach Sempers Ausdruck „aufs Plastische gerichteten .Sinne der Alten" wider- streben mochte. Das änderte sich aber mit der Erfindung der Glaspfeife. Erst das gebkisene Glas enthüllte die Mängel des bisherigen, erst an der Pfeife entwickelte das Krystallglas so recht seine Vorzüge vollkommener Farblosigkeit, Durchsichtig- keit und Dünnwandigkeit. Bei farbigen Gefäßen kam es ja weniger auf Durch- sichtigkeit an, welche oft schon dadurch beeinträchtigt wurde, daß der Eormsand im Inneren teilweise haften blieb. So hängen Farblosigkeit und Durchsichtigkeit aufs engste mit dem Prozesse des Blasens an der Pfeife zusammen. Erst seit man das Glas durch Blasen zu formen verstand, bemühte man sich es völlig rein, durch- sichtig und farblos, gleichsam körperlos darzustellen.
Manche F"orscher nehmen an, daß diese Erfindung, von welcher eine neue Epoche der Industrie datiert, in die Ptole-
mäerzeit fallen müsse. Aber die Gläser des Gnibfeldes von Idalium in Cypern, welches angeblich die ältesten geblasenen Gefäße enthält, gehören nicht durchweg jener Zeit an, sondern rücken teilweise bis in die Kaiserzeit hinein und nach Xyres fallen gerade die angeblichen Beweisstücke für jene Ansicht sämtlich in letztere hinein.^) Ebenso enthalten die ptolemäischen Grabstätten Ägyptens noch keine geblasenen Gläser. Weder die vom Fayün, noch die von Alexandria und die des Begräbnis- platzes von Chatby hiiben bisher ein einziges geblasenes Glas ergeben, das sich mit Sicherheit der ptolemäischen Epoche
Abb. 147. Kugelflasche
mit farbigen Nuppen.
Köln, Xießen.
^) Vgl. Edgar, Graeco-egyptian Glass. Katalog des Museums von Kairo. Einleitung.
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zuweisen ließe. Ferner erklärt Dr. Breccia ausdrücklich, daß sich im Museum von Alexandria geblasenes Glas vor der Kaiserzeit nicht finde. Kaiserrömisch sind auch die geblasenen Gläser des Museums von Kairo, welche von den Ausgrabungen her- rühren, die Flinders Petrie 1S88 auf dem Friedhofe von Havara anstellte. Dieser war ungefähr von 250 vor Chr. bis ins VI. Jahrhundert nach Chr. in Benutzung, enthält aber, soweit eine Datierung der Funde möglich ist, gleichfalls keine vor- römischen geblasenen Gläser.
Das Datum der Erfindung des Glasblasens ist somit durch den Ausschluß der Ptolemäerzeit nach oben ungefähr mit dem Jahre 20 vor Chr. begrenzt. Der Termin nach unten ergibt sich, wenigstens annähernd, durch mehrere literarische Zeug- nisse und einzelne für die Entwicklungsgeschichte der Industrie wichtige Momente, deren Datum gesichert ist.
Bei Beginn der christlichen Aera gilt das farblose Kr}^stall- glas für so kostbar, daß die Dichter keinen poetischeren Vergleich für klares Wasser, die Quelle, den Morgentau kennen, als das Glas, während wir umgekehrt die Reinheit des Glases, des Edelsteines, mit dem Wasser vergleichen, von wasserhellem Glase sprechen und das Wasser des Diamanten rühmen (s. S. 173). Daß das ge- blasene Glas \-on Seneca als eine ganz moderne Erfindung betrachtet wurde, geht aus folgender Stelle seiner Briefe hervor: „Cuperem Posidonio vitrarium ostendere, qui spiritu vitrum in plurimos habitus format, qui vix diligenti manu effingerentur. Ilaec inventa sunt postquam sapientem invenire desivimus". Der Philosoph bekämpft d£ibei die Ansicht des Posidonius, daß die mechanischen Künste von den Gelehrten (sapientes) erfunden worden seien. Gleichzeitig hält es der für Luxus unempfindliche Stoiker im Grunde für „gleichgültig ob ein anständiger Mensch aus einem durchsichtigen Glase trinke oder einem geringeren." Andere Bemerkungen antiker Schriftsteller lassen nicht daran zweifeln, daß unter den ersten Kaisern die allgemeine Aufmerk- samkeit durch verschiedene sensationelle Erfindungen auf dem Gebiete der Glasindustrie erregt wurde. Plinius kennt bereits das Glasblasen und teilt die Erzeugnisse aus Glas in drei Gruppen, die geblasenen, die mit dem Rade geschliffenen und die wie Silber ziselierten. Er bewundert auch das farblos-durchsichtige
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Glas in jener auf S. 173 angeführten Stelle, wo er die verschie- denen, den Edelsteinen nachgeahmten Farben der Gläser aufzählt und dem Krystallglase den \"orrang vor allen anderen einräumt. Das ordinäre grünliche Glas konnte man damals in Rom bereits biüig haben, ein Trinkbecher kostete nicht mehr als eine mittlere Kupfermünze. Dagegen bezahlte Nero für zwei kleine Becher aus Krystallglas 6000 Sesterzien, etwa 900 Mark. Petro- nius, sein Zeremonienmeister und X'ertrauter, der Autor des „Gast- males des Trimalchio", bezeichnet diese Becher als \Winderwerke, Plinius nennt sie angeblich „calices petrosi", ein Ausdruck, der wahrscheinlich entstellt ist und durch „pteroti" zu er- setzen ist (s. S. 176). Wir hätten damit nur eine griechische Übersetzung des ^Vusdruckes „calices alati" gewonnen, der sonst ül)lich ist. Diese geflügel- ten (iläser, die „leicht wie Vögelchen" gewesen sein sollen, können hohe luftige
Henkel, etwa in der Art der venezianischen Flügelgläser gehabt haben, oder, was mir wahrscheinlicher dünkt, körperlose, leichte, durchsichtige Gläser gewesen sein, wie jene, welche Martial als „nimbus \itreus" charakterisiert. Solche poetisch schwung\olle Be- zeichnungen sind ja neuen, überraschenden Erfindungen gegen- über, welche die Phantasie erregten, leicht erklärlich. Noch mehr Phantasie ließ derselbe Petronius in seiner bekannten Erzählung von dem hämmerbciren Glase des Tiberius walten, die aus seinen Schriften in die des Heraclius und anderer übergegangen ist und selbst bei modernen Archäologen große Verwirrung angerichtet hat. Ich habe bereits dargetan, daß die außerordentliche Vielseitig- keit, in welcher das fremde Produkt auftrat, besonders bei Laien ganz abenteuerliche \^orstellung-en über seine Xatur erregen mußte. Früher hielt man das farbige und das fiirljlose Glas,
Abb. 14S. Becher mit farbigen Nuppen und Zickzackband. Köln, Museum.
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den geg"ossenen Stein und den Hyalos, für verschiedene Produkte- und erfuhr nun, daß durchsichtig^e Gefäße mit ReHefschmuck aus demselben Stoffe bestanden, wie die von Toreuten bear- beiteten Überfangg-läser im Stile der Portlandvase. Wer diese zur Zeit des Pompeius und Augustus aus Alexandrien herüber- gekommenen Kostbarkeiten kannte, und nun durchsichtige Gläser zu Gesichte bekam, deren Reliefs nicht mit dem Rade heraus- geschliffen waren, sondern aus einem gefügigen Stoffe wie ge- triebene Arbeit hervortraten, mußte leicht geneigt sein, dem Glase eine schier unbegrenzte Bildsamkeit zuzumuten, eine Bild- samkeit, die der des Edelmetalles gleich kam, diese aber durch eine an Körperlosigkeit grenzende Durchsichtigkeit und Leichtig- keit übertraf. Es war ja noch nicht allzulange her, daß man die ersten Gläser ägyptischer Herkunft kennen gelernt hatte, farbig und undurchsichtig, wie aus kostbaren Steinarten ge- schnitten. Dann waren Platten und Vasen mit farbigen Reliefs gefolgt, mit Mosaikmustern, solche mit Marmor- und Onyxäderung, mit bunten Flecken, andere wieder, die dem Krystalle zum Ver- wechseln glichen, gepreßt, gegossen, ziseliert, mit dem Rade bearbeitet, mit bunten aufgelegten Fäden und anderem Besätze geschmückt. In wenigen Jahrzehnten machten die Römer mit den verschiedenartigen Gestaltungen einer tausendjährigen In- dustrie Bekanntschaft. Und gerade damals, ehe sie noch Zeit gefunden, all das fremdartige in sich aufzunehmen, tauchten die neuen Erfindungen auf, die das Wesen dieser Industrie von grund- auf umgestalteten und sich natürlich mit dem Schleier des Fabriks- geheimnisses umgaben. Wen sollte es Wunder nehmen, daß da der Legendenbildung Tür und Tor geöffnet war? Man denke nur an die Märchen, die sich im Zeitalter der Naturwissen- schaften an die F^ntdeckung der Dampf kraft, der Elektrizität, des Telephons, der Röntgenstrahlen knüpften, die sich vorher der Erfindung der Buchdruckerkunst, des vSchießpulvers, bemächtigt hatten!
Daß farbloses Krystallglas noch in Pompeji als etwas wSeltenes,. Fremdartiges und offenbar ganz Neues galt, geht aus dem kleinen Stilleben des Museo Borbonico hervor. Kaum hatte sich die Neu- gier etwas gelegt, wurden in Rom, zur Zeit des Augustus etwa, die Reliefgläser Sidons bekannt und regten allerlei Nachbildungen
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an. Diese Reliefg"läser waren es wahrscheinlich, welche dieVolks- phiintasie zu Erzeug'nissen aus hämmerbarem (jlase machte und die erwähnte Legende verursachten. Ihre Nachahmer behielten anfangs die feine griechische Formensprache bei. Dann folgten naturidistische Bildungen, zu welchen die Keramik die Muster lieferte, die Fläschchen mit Medusenmasken, die Gläser in Form von Menschenköpfen, Tieren, Früchten, die Karikaturen, wie Neros Schuhflickergläser und andere Erzeugnisse, in welchen sich die neue Technik des geblasenen durchsichtigen (ilases die Gunst des großen Publikums er- oberte. Es kann demnach wohl keinem Zweifel unterliegen, daß wir die Zeit des Tiberius, etwa die Jahre um 20 nach Chr., als diejenigen be- zeichnen müssen, in welcher sich das geblasene Glas in Rom ein- bürgerte und daß die Reliefgläser Sidons als die ersten und ältesten Erzeugnisse dieser Art in der Ge- schichte der Industrie dastehen. Da- mit wäre das Datum der Erfin- dung des Glasblasens auf einen Zeitraum von 40 Jahren, das Ende der römischen Republik und den Anfang der Kaiserzeit begrenzt.
Daß die Glasmacher Sidons sich dessen wohl bewußt waren, etwas Außerordentliches geleistet zu haben, geht daraus hervor, daß sie gegen die bisherige Gepflogenheit die in Formen ge- blasenen Gläser mit ihrem vollen Namen, häufig sogar in beiden Sprachen des Reiches, griechisch und lateinisch, an auffälliger Stelle, zumeist am Daumenansatze des Henkels, manchmal auch an der Seitenwandung bezeichneten. Sie waren offenbar auf diese Leistungen, die etwas eigenartiges waren und welche sie denen der Toreuten tds ebenbürtig an die Seite stellen zu können glaubten, sehr stolz und fühlten sich wie diese ganz als Künstler, im Gegensatze zu früheren (mit Ausnahme der Diatretarii, der Glasschneider) und s])äteren Glasmachern. Denn wenn auch vom II. Jahrhundert ab und schon früher auch andere Glas- stempel zahlreich auftreten, so haben diese doch nicht mehr
Aljb. 149. Cantharus mit farbigen Nuppen. Köln, Museum.
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den Charakter einer Künstlersignatur, sondern den einer Fabriks- marke zur Kontrolle und zum Schutze des geschäftlichen Eigen- tums. Es werden mit ihnen keine künstlerisch hervoragenden Leistungen bezeichnet — solche sind vielmehr fast niemals mehr gestempelt — sondern gewöhnliche Gebrauchsware, fabriksmäßige Massenerzeugnisse.
Aber ein Umstand bleibt dabei noch in Betracht zu ziehen. Die sidonischen Reliefgläser sind zwar gewöhnlich aus durchsich- tigem Glase geblasen, aber fast immer farbig, während unter ihren italischen und wohl auch alexandrinischen Nachbildungen die farb- losen überwiegen. Es scheint demnach, daß der weitere, an den Gebrauch der Glasj^jfeife gebundene Fortschritt, die Herstellung des völlig farblos-durchsichtigen Glases, im Anschluß an die sidonische Entdeckung in anderenWerkstätten gemacht wurde und da kommen in erster Linie die alexandrinischen Wettbewerber in Betracht. Diese bemächtigten sich alsbald der neuen Erfindung und vervoll- ständigten sie durch Herstellung eines absolut färb- und flecken- losen Materiales. Plinius rühmt gerade die alexandrinischen Gläser ob ihrer krystallenen Reinheit und noch Martial bezeichnet an der Wende des I. und IL Jahrhunderts die „crystalla" £Üs Sendung- vom Nil. Die vornehmste und reichste Handels- und Industriestadt der alten \Velt, der Vorort der (xlasindustrie und Erbe der ägyptischen Traditionen, wußte also mit dem Ruhme, die besten farbigen Gläser zu liefern, von nun an den der Er- zeugung der besten Krystallgläser zu vereinigen. Freilich standen im Anfange des 11. Jahrhunderts auch die Erzeugnisse Sidons noch sehr hoch. Lucian sagt einem jungen Mädchen als Schmei- chelei nach, daß seine Haut durchsichtiger sei, als das Glas von Sidon.^) Dieser Ausspruch, der sich offenbar auf farbloses Glas bezieht und nicht etwa, wie C. Friedrich meint, auf gefärbtes, stammt aus der Zeit der Antonine. Der Sänger der Liebe mußte schon als Asiate in Sidon Bescheid wissen, denn er war Sachwalter in Antiochia gewesen und kannte auch die ägyptische Industrie als Prokurator der Provinz Ägypten. Zu seiner Zeit war das farblos-durchsichtige Glas allgemein bekannt und auch beim gewöhnlichen Hausgerät überwiegend. Offenbar war Sidon neben
^) Lucian, amores cap. 25.
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Alexandria noch im II. Jalirhundert tätig, worauf sich die In- dustrie von der Küste mehr nach dem Binnenlande zu, nach Syrien und seiner Hauptstadt Antiochia, der Nebenbuhlerin Alexandrias, zurückzog. Aber noch aus dem III. Jahrhundert haben wir ein Zeugnis des Athenaeus, der mitteilt, daß man in Sidon geschliffene Gläser, d. h. Krystallgläser, sowie Becher mit Eindrücken und Rippen, hergestellt habe/) Plinius freilich sagt nicht einmal etwas von den Arbeiten des Ennion, Artas und ihrer Schule. Er hebt nur die schönen schwarzen, dem Obsidian ähnlichen Glasspiegel der Sido- nier hervor und betrachtet ihre Glanzzeit als eine vorübergegangene. „Ouondam his officina nobilis", sagt er von der Werkstatt Sidons, vielleicht weil er, wie alle Welt, gewohnt war die alten Gläser Ägyptens als phönizische Er- zeugnisse zu betrachten.'-) Aber wenn auch trotz Plinius die Glasindustrie Sidons noch lange achtungsgebietend dastand, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß Alexandrien die ältere Nebenbuhlerin überflügelte und die Früchte jener Entdeckung sich zu Nutzen zu machen verstand, indem es das Glasblasen vor allem auf farbloses, tadellos durchsichtiges Material übertrug. Daß uns die Schriftsteller der Alten nichts darüber berichten, braucht nicht Wunder zu nehmen. Das Glas blieb ihnen bei der Vielfältigkeit der Erscheinungsformen immer etwas geheimnisvolles, und die Hütten beeilten sich schon in Rücksicht auf ihre Wettbewerber nicht ihre Geheimnisse zu lüften. Über die technischen Vorgänge bei der Glaserzeugung wissen Plinius und die Anderen überhaupt nicht \icl. Auch sonst hat das Verschweigen einer so epochemachenden Erfin- dung, wenn sie vom Orient ausging, nichts auffallendes. Man war in Rom daran gewöhnt, aus den Zentren des Luxus
Abb. 1 50. Rüsselbecher.
Fränkisch. Wiesltaden,
Museum.
*) Athenäus, Gastmal der Sophisten, XI., S. 468.
*) „Sidone quondam iis officinis (vitri) nobili, si quidcm etiam specula ex- cogitaverit." Plinius 36, 26.
302
allerlei Verbesserung-en und Verschönerung-en der Lebensführung, eine Mode nach der anderen, hervorgehen zu sehen, die dann die Runde um das Mittelmeerbecken machte. Namentlich in der Glasindustrie drängten sich die neuen, Aufsehen er- regenden Erscheinungen in einer verhältnismäßig kurzen Spanne Zeit zusammen, so daß das Ausbleiben einer bestimmt datier- baren Naichricht über einen hier gemachten Fortschritt um so weniger zu überraschen braucht, als es den Schriftstellern so- wohl wie ihren Lesern an dem nötigen Interesse für technische Vorgänge gebrach.
Von den virsprünglich f^irblos-durchsichtigen, teils krystall- klaren, teils leicht getönten Gläsern der Antike haben sehr viele gegen die Absicht ihrer Erzeuger doch im Laufe der Zeit eine mehr oder weniger lebhafte Färbung angenommen. Einige schimmern und strahlen in allen Farben des Regenbogens, andere sehen aus wie blankpoliertes Metall, die dritten zeigen ein ge- wässertes Muster, meist weiß in weiß oder gelblich, wie die vStruktur des Alabasters, auch farbig manchmal. Gottfried vSemper, der geschworene Feind der Farblosigkeit, glaubt, wie oben be- merkt, feststellen zu können, daß sowohl die Arbeiten aus natür- lichem Krystall, wie deren Nachbildungen in krystallartigem Glase vielfach von außen mattiert, oft auch im Inneren mit einem un- durchsichtigen, milchglasartigen Cberfange versehen worden seien, um die plastische Wirksamkeit farbloser Gegenstände zu ver- stärken. In den antiken Gläsern, die jetzt ein gewässertes oder alabasterartiges Muster zeigen, erblickt er eine eigene Sorte, welche er die damaszinierten Bandgläser nennt. Nach seiner Darstellung ist ihre Oberfläche künstlich in Wellen mit einem gewässerten Muster verziert, das sich durch die ganze Dicke des Glases fortsetzt. Die angeblich sehr seltenen Stücke dieser Art — er nennt nur einige Scherben aus Vindonissa im Züricher Museum — denkt er sich ganz in der Art des damaszener Stahles gearbeitet, indem man feine Glasfäden oder Bänder nach ryth- mischer Gesetzlichkeit zu einer Fläche zusammenschweißte und so zum Formen oder Blasen eines Gefäßes verwendete.-^) In Wirklichkeit sind derartige Gläser gar nicht so selten, ihre
^) Scmpcr a. a. O. II. 178 f.
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Musterung- ist aber kein Ergebnis der Kunstfertigkeit, sondern eines natürlichen Verwitterungsprozesses, den man Irisierung nennt. Durch das Blasen mit der Pfeife gerät die anschwellende Glasmasse in eine drehende Bewegung, die einzelnen Teile ■gleicher Konsistenz schließen sich in kreis- oder wellenförmigen Zügen aneinander, etwa so wie die Streifen einer Seifenblase. Im erstarrten und abgekühlten Zustand unsichtbar, tritt die durch Rotation hervorgerufene Bewe- gung der Masse im Laufe der Zeit und unter besonderen Umständen in Form \on Wellenmustern wie- der hervor. Die kleinen \"erschie- denheiten in der Konsistenz der Masse äußern sich in verschie- denen Graden der Widerstands- fähigkeit gegen \"erwitterung, in einer Trübung und Färbung der schwächeren und weicheren Teile, welche sich in Ton und Durch- sichtigkeit leicht von den stärkeren Stellen abheben. Das so ent- standene gewässerte Muster geht selten durch die ganze Wandung hindurch, sondern beschränkt sich zumeist auf die äußeren Schichten. Die Iris erfreut sich bei Sammlern als Kennzeichen hohen Alters und damit der Echtheit,
derselben Wertschätzung wie die Patina der Bronze, obwohl sie ein Danaergeschenk der Xatur ist und nichts weniger als zur Kon- servierung der mit ihr geschmückten Gläser beiträgt. Sie wird hervorgerufen durch den Zutritt einer Säure aus dem Erdreiche des Grabes, in welchem die Gläser ruhen, wahrscheinlich der Kohlensäure. Unter Mitwirkung der Erd- bzw. der Sonnen- wärme verbindet sich diese in Gasform mit dem Alkali des Glases, zerstört dessen Oberfläche und dringt allmählicli immer tiefer
Abb. i;i.
Rüsselbecher. Köln, Museum.
Fränkisch.
304
ein.^) Manche antike Gläser haben dadurch heute etwa die Hälfte ihrer ursprünglichen Stärke, an manchen Stellen auch mehr, ein- gebüßt. An der freien Luft, in den Schränken der Sammlungen, wird dieser Prozeß verzögert, aber nicht aufgehalten, da schon die Sonnenstrahlen eine Verwitterung hervorrufen, wie man es an den modernen f>nsterscheiben beobachten kann. Nur gänzlicher Abschluß der Luft durch einen farblosen und durchsichtigen Überzug könnte eine weitere Zerstörung hindern, doch würde ein solcher den Gläsern nicht gerade zur Zierde gereichen, da er alle Feinheiten der Form, der Verzierung und Farbe aufhebt. Am leichtesten sind jene Gläser der Verwitterung ausgesetzt, welche durch Braunstein künstlich entfärbt und dadurch zugleich weich geworden sind, am widerstandsfähigsten die metallhaltigen, in erster Linie die durch Eisen- und Kupferoxyde gefärbten, dann aber auch gewöhnliche Sorten, eben wegen ihrer Zusätze von Eisen. In Ägypten, Italien und überhaupt in Gegenden von warmem Klima ist die \"erwitterung im Verhältnis zu unserem feuchten Klima gering.") Alabastra aus Pharaonengräbern, Mille- fiori- und Bandgläser haben oft nicht die geringste Spur von Iris und sehen, von dem anhaftenden Sand oder Lehm gereinigt, spiegelblank aus, als wären sie gestern aus der Hütte gekommen. Dasselbe kann man bei Gläsern von tiefer und starker Färbung beobachten, besonders bei den türkisblauen, rubinroten, smaragd- grünen und lasurblauen. Die von Natur aus farblosen Krystall-
^) Nach Razumowski bei Minutoli a. a. O. S. 29.
'^) Minutoli a. a. O. Doch liegt die Irisierung nicht an der Feuchtigkeit des Bodens, sondern an dem der Luft. Wasser konserviert vielmehr die in ihm liegenden Gläser ebenso ohne Iris, wie es Metallgegcnstände vor Rost und Patina schützt. Boulanger hat beobachtet, daß das Glas in der Picardie und im Artois nur in Kalk- boden und trockenem Sande irisiere, dal3 es sich aber in Lehm und feuchtem Boden nicht verändere. Manchmal zeigte sich Iris nur im Inneren oder nur im Äußeren, d. h. einseitig. Die Farben der Iris verändern sich unter dem Einflüsse des Lichtes. Boulanger besitzt ein Glas, das aus der Krde mit einer vollkommen schwarzen Iri- sierung des Inneren herauskam. Nachdem es zwei Monate lang sehr hellem Lichte ausgesetzt war, ging die schwarze Iris in eine perlmutterweiße über. Seitdem scheint aber die schwarze Färbung von neuem sich entwickeln zu wollen: sie blättert in Teilchen von äußerster Dünnheit ab, während die Zersetzung fortschreitet und die Regenbogen-Reflexe immer sichtbar bleiben. Die fränkischen Gläser irisieren weniger leicht als die römischen.
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f
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s^iästT (TschtMiu'ii oft durch die X'crwittcruns^" wir künstlich mat- tiert. Sie sind trotz ilires P>l(nzusatzi\s härter als die durch Braunstein entiVirl)ten und die Ver\vitti^runj4", w ie früher hervor- iJ"ehoben wurde, oft durch unijfenüg-ende X'orsicht bei der Ab- kühluni»- mit verschuldet.
Bei den künstlich entfärbten Gläsern zaubert die Iris manch- mal die seltsamsten und schönsten Farben- und Liniens])iele her- \-or. Um es soweit zu brintren, bedurfte es der Zerstörung mehrerer Schichten der Wanduniuf. Die äußerste von diesen ist zu einem schmutzig- braunen und rauhen Überzug aufgelöst, welcher schon bei bloßer Berührung in Staub zerfällt oder mit Leichtig- keit abblättert. Unter ilir konnnt eine zweite Schicht zum X^orschein,
kreidigweiß und rauh, welche '—x '%., 1, :/"'
etwas fester sitzt, schließlich eine dritte, in blankem Metallglanze "-^
oder in schimmernden, wechseln- den Regenbogenfarben erpran- ^1-,^ 152. gende. Auch sie fällt bei stärkerer Erschütterung ab und legt den
trüben Rest der Wandung bloß. Unter Umständen kann die dritte Schicht größere Festigkeit bewahren und das Aussehen \o\\ bkmk poliertem Silber mit bläulichen, grünlichen, violetten, bräun- lichen Bronzetönen annehmen. Im allgemeinen ist die Iris mit größter Vorsicht zu behandeln, namentlich wenn sie den dritten und letzten Grad erreicht hat. Durch trockene oder gar feuchte Reinigung ist sie unwidt^rbringlich dahin: nur der leichte Schimmer, wit^ er sich namentlich auf eisenhaltigen bläulich- grünen und auf Krystallgläsern zeigt, verschwindet zwar l)eim AnfeuchtiMi des Cilases, kehrt aber an der Sonne in kurzer Zeit wieder.
Bei far])igen Abbildungen antiker Gläser ist e-^ Sitte, sie mit der Iris möglichst treu wiederzugeben, meiner Ansicht nach mit wenig Berechtigung. .Vbgesehen da\-on, daß sich die metal- lischen Reflexe durch Aqvuirell- und selbst durch Ölfarben mit
Kisa, Das Glas im Akertumc. JO
Kugclbechur mit Stacheln. Köln, Museum.
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metallischer Unterlaj^e nur un^-enau nachahiiKMi lassen, wird hierbei das 1 laupt.tJi'ewicht auf etwas s^'elej^t, was dem Schö])fer des Glases g-anz fremd ist, mit der Industrie selbst nichts zu tun hat und deshal):) oft irreführend wirkt. Sammlern g"ilt allerding"s, wie bemerkt, die Iris für ein Merkmal der Echtheit, Museen aber brauchten auf diesen Umstand durchaus kein übertriebenes Gewicht zu les^"en. Künstlerisch gewinnen durch die Iris auch solche Gläser nicht, die sonst weder in der Form, noch in der Farbe, in der Verzierung- oder im Material irg-end etwas Be- sonderes aufzuweisen haben. Aber in den Sammlungen sind es g-erade simple Stücke ohne jedweden anderen Vorzug, die durch farbenprächtigfe Iris auffallen. So belinden sich z. B. in der Sammlung- M. vom Rath in Köln zwei g^anz gfleiche Kugel- becher, auf welchen die Verwitterung»- ein wundervolles Spiel von konzentrischen Ringen und Wellenlinien hervorgerufen hat, freilich viel zu gleichmäßig, als daß man jede nachträgliche Nachhilfe von menschlicher 1 hmd ausschließtm könnte (Abb. 44). Manche Antiquitätenhändler sind um solche Nachhilfen nicht verlegj-en; ätzende Säuren, das King-raben in feuchte Erde, namentlich in der Nähe von Abfallgruben, zau]:)ern in kurzer Zeit die schönsten Farbenspiele hervor. Aber im allgemeinen ist die künstlich zum Zwecke der Täuschung hervorgerufene Iris bei einiger in)ung von der natürlichen leicht zu unter- scheiden. Sie sitzt g-ewöhnlich fest, da sie nicht tief geht, blättert nicht ab, die Regenbog-enfarben sind matt und der Grund aufg-erauht.
Ohne Zweifel hat man im Altrrtume ebenso wie heute, die Iris mit Absicht künstlich hervorzuruf(Mi gesucht, indem man der Masse Knochenasche zustutzte. Auch die Beigaben von Seemuscheln, Schnecken mit Pcrhnutterglanz. von welchen antike Schriftsteller sprechen, hatten den Zweck, metallische und opalisierende Reflexe, Schiller und Regenbogenfarben zu erzeugen. Die Calices allassontes versicolores des Hadrian, deren Farbenspiel wechselte, haben wahrscheinlich, wie die heutigen Irisgläser, Zvisätze von Goldj)uriuir und chlorsaurem Kali erhalten. Das so legierte Glas duldet jedoch kein starkes Feuer, es bleibt weich und zieht die Feuchtig-keit sehr an, so daß man sich nicht zu \erwundern braucht, wenn von diesen
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künstlich irisierten (rläsern keines erhalten blieb und \ielleicht der urs])rüng-liche, bald zerstörte Farbenschiminer im Laufe der Zeit durch einen unbeabsichtig"ten, natürlichen ersetzt wurde. Außer den Rejrenbog'eng'läsern kannte man auch schon den Schmuck der Überfläche durch Haarrisse, die Krachg"läser oder craquelierten Gläser, wie zwei Becher aus dem ehe- malig-en 1 loubenschen .Vntiquarium zu Xanten zeiüfen, die später von Slade erworben wurden und mit dessen Sammlung- in das Britische Museum überg'ing'en. ^) Die feinen Risse und vSprünj^e des sonst undekorierten, durchsichtig-en und farblosen Krystall- glases sind durch Besprengen des noch heißen Gefäßes mit kalten Wassertropfen ganz in derselben Weise hervorgerufen, wie sie noch jetzt in venezianischen und böhmischen Glashütten, sowie bei den Chinesen befolgt wird.
') ^ gl- Fiedler, Iloubens .Antiquarium zu Xanten. Xesbitt, catalogue of ihe coUection of Glass formcd by Felix Slade. 1S71. Pcligot, le vcrrc, 1876.
a b cd
Abb. 153. Gruppe von Gläsern. a Ringnäschchen.
Mainz, Museum, b Ringkanne. Frankfurt, Historisches
Museum. c Baisamarium. Worms, Paalusmuseum.
d Becher. Worms. I'aulusmuscum.
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